ZitatAlles anzeigenOriginal von Maximus Decimus Meridius
Ach Mädel. Satzanalyse ist so eine Sache, vor allem wenn Nebensätze dabei stehen.
"Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist."
Damit wird nicht gesagt, dass das GG keine Verfassung wäre (dazu bitte das Geleitwort des Bundespräsidenten lesen, der es im selben Heftchen als Verfassung bezeichnet). Das GG heißt deshalb GG, weil es als Provisorium geplant war, bis eines Tages das Deutsche Volk wieder vereint wäre und sich dann eine "richtige" Verfassung gibt. Logischerweise war das GG eine Verfassung, wurde eben nur nicht so benannt, weil man den Status quo der Teilung Deutschlands nicht unbedingt zementieren wollte. Das GG wurde nicht durch das Volk ratifiziert, insofern ist die Aussage zu verstehen, dass es solange gilt, bis das deutsche Volk eine Verfassung beschließt.
In der Tat gab es im Zuge der Deutschen Widervereinigung auch Debatten darüber, ob es jetzt nicht an der Zeit wäre, diese Verfassung nun umzusetzen. Allerdings waren weder die Politiker in der BRD, noch die Menschen in der BRD und in den neuen Bundesländern dazu bereit, da man im Grunde mit dem GG gut gefahren war, es sich bewährt hatte und KEINER Lust darauf hatte in dieser Situation, Experimente mit einer "neuen" Verfassung zu versuchen. Kurz: Die Unterscheidung in GG und Verfassung ist Rhetorik. Gesellschaften können auch dann Verfassungen haben, selbst wenn sie begrifflich so nicht genannt werden.
Du sagst im Grunde selber, weshalb das Grundgesetz rein rechtlich keine Verfassung ist. Was der Bundespräsident so alles schreiben mag, ist vollkommen schnuppe, es zählt nur der Text des Grundgesetzes und der ist bei der Wiedervereinigung nicht erfüllt worden. Streng genommen stellte der BEITRITT, nicht die Wiedervereinigung, der DDR in den Geltungsbereich des Grundgesetzes der BRD einen Verstoß gegen das Grundgesetz dar. Darauf hat der damalige Verfassungsrichter Mahrenholz mehrfach und ausdrücklich hingewiesen. Das deutsche Volk hat diese angebliche demokratisch legitimierte "Verfassung" niemals in einer freien Abstimmung akzeptiert. Ob nun demokratisches Placebo hin oder her - in dieser Rechtsfrage gab es kein Ausweichen. Man war einfach zu bequem, um das GG einer Prüfung zu unterziehen, wobei dann auch 40 Jahre Rechtssprechung hätten revidiert werden müssen. Die Politik hat die Juristen überstimmt.