Corvinus zu Besuch

  • Die Ankunft meines Sohnes erreichte mich auf einem Spaziergang. In den letzten Wochen machten mir Atembeschwerden zu schaffen, deswegen bewegte ich mich viel an der frischen Luft. Ich sah die Rückkehr als Lichtpunkt und kehrte zur Villa zurück.


    "Sei gegrüßt, Corvinus. Ich heiße dich herzlich willkommen."

  • Gerade wollte ich Deandre antworten, dass ich ihren Vorschlag nur zu gern annehmen würde, als der Onkel in persona auch schon den Weg ins Tablinum fand. Was für ein glücklicher Zufall! Ich erhob mich, um nicht unhöflich zu erscheinen, und wartete geduldig, bis Cicero und Deandra ihr kleines Gespräch beendet hatten. Dann trat ich vor und grinste.


    "Nun ja, ich möchte hoffen, dass man sich nicht nur an die Streiche erinnert, die ich als kleiner Junge getrieben habe", sagte ich amüsiert und griff meinem Onkel dann zur Begrüßung mit der Hand um sein Handgelenk, wie es Sitte war.


    "Es freut mich, dich wiederzusehen, Onkel", sagte ich, doch alsbald lenkte sich meine Aufmerksamkeit auf die schmale Gestalt meiner Mutter, die soeben meinem Onkel gefolgt war. Mein Gesicht erhellte mich und ich trat rasch auf sie zu, um meine - inzwischen kleinere - Mutter in die Arme zu schließen. Wie immer begleitete sie ein Duft nach wildem Mohn. Ich fühlte mich endlich zu Hause.
    "Mutter! Du hast mir gefehlt!" nuschelte ich noch in der Umarmung.

  • Ein warmherziges Nicken meinerseits war die Antwort gegenüber meinem Neffen, mit dem ich später reden könnte. Eine Mutter hatte schließlich stets das Vorrecht, und so schmunzelte ich indess meine Nichte an, die scheinbar ebenso viel Freude an diesem kleinen Familientreffen hatte. Groß ist der Junge geworden.

  • Zitat

    Original von Titus Aurelius Cicero
    Corvinus? Der kleine Corvinus? Leise flüsterte ich meiner Nichte ins Ohr.


    "DAS ist der kleine Corvinus? Der freche Lümmel, der sich als Knirps einen Spaß daraus machte, Trauben auf den Stuhl zu legen, kurz bevor man sich setzte?"


    In Erinnerung daran musste ich mir das Lachen verbeißen. Flugs hielt ich mir die Hand vor den Mund, damit ja kein Laut hervordrang. Aber offenbar war Onkel Cicero wegen dieser Späße nicht mehr gram und so erlaubte ich mir, ihn mit großem Vergnügen anzublinzeln.


    Dann jedoch trat Mutter hinzu und ich verfolgte mit einem glücklichen Lächeln die Begrüßung der beiden. Stets fand ich es schön, wenn die Familie zusammen war und wenn sie zusammenhielt.


    „Wir haben ein Anliegen an dich“, kündigte ich derweil meinem Onkel flüsternd an.

  • Noch immer bewegte mich das herzende Bildd er zusammengefundenen Familie. Zunächst nahm ich das Flüstern gar nicht war, und es erschien mir fast so, als wäre ich taub auf diesem Ohr ;)


    "Ich hoffe doch sehr, ihr benötigt nicht wieder einen Probanden, der sich auf einen Stuhl zu setzen wünscht?"


    "Im Ernst, was ist passiert?"

  • Zitat

    Original von Marcus Aurelius Corvinus
    Mein Gesicht erhellte mich und ich trat rasch auf sie zu, um meine - inzwischen kleinere - Mutter in die Arme zu schließen. Wie immer begleitete sie ein Duft nach wildem Mohn. Ich fühlte mich endlich zu Hause.
    "Mutter! Du hast mir gefehlt!" nuschelte ich noch in der Umarmung.


    Ich ließ mir gern die Umarmung gefallen. Komisch ist es aber schon, wenn die Kinder plötzlich keine Kinder mehr sind, wenn sie groß werden und man selbst plötzlich als Kleinste gilt, denn auch Deandra hatte mich überflügelt.
    "Als Junge hat dich dein Vater fortgeschickt und als junger Mann kommst du wieder", sagte ich stolz. "Du hast mir auch gefehlt, aber jetzt sind wir wieder beieinander."


    Wie früher strich ich einmal über sein Haar.

  • Ich löste mich aus der Umarmung und lächelte sie nicht minder stolz an. Es tat so gut, endlich wieder zu Hause zu sein! Die mütterliche Geste, mit der sie mir über den Haarschopf strich, ließ ich über mich ergehen, ehe ich auf die Sitzecke deutete.


    "Komm, setzt euch doch! Deandra und ich haben gerade über die Zeit gesprochen, in der ich fort war."


    Ich bot Mutter einen Arm an, um sie zu einer cline zu führen. Dann wandte ich mich Onkel Cicero zu.


    "Nun, da ich nun wieder zurück in Rom bin, möchte ich auch einer angemessenen Tätigkeit nachgehen. Du bist duumvir Mantuas, Onkel. Fehlt es dir vielleicht an einem magistratus?" fragte ich geradeheraus. Ich musterte Civero und ließ eine Traube in meinem Mund verschwinden.

  • Zitat

    Original von Marcus Aurelius Corvinus



    "Nun, da ich nun wieder zurück in Rom bin, möchte ich auch einer angemessenen Tätigkeit nachgehen. Du bist duumvir Mantuas, Onkel. Fehlt es dir vielleicht an einem magistratus?" fragte ich geradeheraus. Ich musterte Civero und ließ eine Traube in meinem Mund verschwinden.


    Durchaus gefiel es mir, das mein Neffe mittlerweile die Trauben in seinem Munde verschwinden ließ, und diese nicht an anderer Stelle deponierte. Doch diese ganz besondere Geradlinigkeit überraschte mich dann schon ein wenig.


    "Lernt die Jugend es nicht mehr, warten zu können?"


    Mit spielerischer Ernsthaftigkeit sah ich meinen lieben Neffen an. Auch begriff ich, was meine Nichte mir noch nicht beantwortet hatte. Doch dann wandte ich mich an meines Neffen Mutter.


    "Severina, mir scheint, Dein Sohn trägt so manche Tugend Deines Mannes in sich."

  • Ich schmunzelte. Es war irgendwie belustigend, dass mein Onkel mich mit seinem Bruder verglich. So nahm ich mir wieder eine Traube und drehte sie, während ich sprach, zwischen Daumen und Zeigefinger.


    "Verzeih meine Frage ohne Umschweife, Onkel, doch ich hielt es für klüger, gleich mit offenen Karten zu spielen", sagte ich ehrlich und ließ die Traube dann doch verschwinden. Gespannt wartete ich darauf, was er nun dazu sagen würde.

  • Zitat

    Original von Titus Aurelius Cicero
    "Ich hoffe doch sehr, ihr benötigt nicht wieder einen Probanden, der sich auf einen Stuhl zu setzen wünscht?"


    Wie soll man dabei ernst bleiben? Wenn ich nur strafend blicken könnte, würde ich es tun, aber mein Onkel würde mir den Ernst einer solchen Mimik ja ohnehin nicht abkaufen. Auf jeden Fall wollte ich das Wiedersehen Corvinus’ mit Mutter nicht mit Gekicher stören und beherrschte mich. Ich folgte den beiden zu einer Liege und setzte mich neben Mutter.


    „Siehst du, es wird alles gut. Ich habe es doch gesagt“, sagte ich mit leiser Stimme, während sich die Männer unterhielten. Ich lächelte Severina an und drückte ihre Hand. „Ich hatte übrigens mit Vater ein Gespräch und er hat bestimmt, dass wir zwei uns ab sofort in allem zurückhalten sollen. Er meint, nun, wo die Männer wieder zur Familie gestoßen sind, werden sie für die Interessen der Gens eintreten.“ Ich drückte nochmals die Hand meiner Mutter und streichelte sanft über ihre Wange. Sie sollte zur Ruhe kommen, es war wichtig für ihre Gesundheit.


    Sodann lauschte ich dem Wortwechsel der Männer.


    Zitat

    Original von Titus Aurelius Cicero
    "Lernt die Jugend es nicht mehr, warten zu können?" (...) "Severina, mir scheint, Dein Sohn trägt so manche Tugend Deines Mannes in sich."


    Als eine Pause eintrat, warf ich eine Bemerkung ein.
    "Er ist ein Aurelius, Onkel." Ich lächelte verschmitzt. Diese Worte drückten vieles aus - seine Abstammung allgemein und ein Teil seiner Ähnlichkeit mit unserem Vater; die Tatsache, dass er forsch und nicht gewillt war, auf unterster Ebene einzusteigen; sein Ehrgeiz und sein berechtigter Anspruch, als Patrizier besser gestellt als der Pöbel zu sein - der Onkel selbst fing schließlich auch nicht als Scriba an. ;)
    Der Hinweis auf Geduld, vielleicht sogar auf vornehme Bescheidenheit, stand dabei nie im Gegensatz zu Stolz und Ehrgeiz - die richtige Mischung machte den wahren Patrizier aus, insofern hatte mein Onkel Recht, aber an Corvinus' Auftreten gab es nichts zu bemängeln. Es war für mich höchst interessant, meinen Bruder bei all seinem Handeln zu beobachten.

  • Zitat

    Original von Marcus Aurelius Corvinus


    "Verzeih meine Frage ohne Umschweife, Onkel, doch ich hielt es für klüger, gleich mit offenen Karten zu spielen", sagte ich ehrlich und ließ die Traube dann doch verschwinden. Gespannt wartete ich darauf, was er nun dazu sagen würde.


    Ich wurde nachdenklich und schritt auf und ab. Dann schaute ich zu den Frauen und nickte.


    "Ja, ein echter Aurelius."


    Erneut einige Schritte tuend, aber die Traube aus dem Augenwinkel beobachtend, schüttelte ich den Kopf. Dem Jungen wird natürlich geholfen werden, aber -


    "Das geht nicht, ich kann nicht zum Wortbrecher werden. Ich hatte meinem Scriba längst den Posten hier versprochen, wenn er seinen Auftrag in Germanien gut absolviert. Nun, das scheint er zu tun. Auch wenn die Familienbande stärker geflochten sind. Das Wort gegenüber unserem Klienten ist bindend."


    Ich schaute die Runde an, und während ich mit harter Mine dastand, arbeitete ich schon an einer Lösung.

  • Ich stand schmunzelnd auf, trat an meinen Onkel heran, stellte mich auf die Zehenspitzen und flüsterte ihm etwas ins Ohr. :)
    Anschließend warf ich meinem Bruder einen aufmunternden Blick zu und setzte mich wieder neben Mutter.


    Genießerisch verspeiste ich ein paar Trauben und wartete auf die nächste Aussage meines Onkels.

  • Ich sah meine Nichte an und wiegte meinen Kopf hin und her.


    "Aber nur unter einer Bedingung."


    Dann flüsterte ich ihr etwas zu und ging dann zu meinem Neffen.


    "Mein lieber Marcus, lass uns beide mal ein wenig reden."


    Meine Schulter um ihn legend, hatte ich nun vor, ein Männergespräch mit ihm zu führen, so wie es ein Onkel ab und an tut.


    "Wie steht es denn mit Deinem Verhandlungsgeschick und Deiner Fähigkeit, mit anderen zusammenzuarbeiten?"

  • Weil ich vorhin ein wenig Zeit hatte, war ich mal so frei mir eine Schere zu nehmen und mir die Haare zu kürzen, ein bisschen schief geworden, aber was solls.
    Ich betrat schweigend den Raum, um für mögliche Anweisungen der Herrin bereit zu sein und postierte mich abseits der Herrschaften.

  • Ich legte meine Hand auf den Arm meines Sohnes und ließ mich zu einer Cline führen. Im Folgenden hörte ich den Gesprächen zu, äußerte mich aber nicht. Das waren keine Themen, an denen ich mich beteiligen wollte. Ich beugte mich zu Deandra.


    "Es ist gut, dass die Männer endlich am Ruder stehen. Natürlich haben sie viel zu verlieren, aber so macht es ein besseres Bild."


    Ich blickte Deandra an. Sie wusste von was ich sprach.

  • Zitat

    Original von Titus Aurelius Cicero
    Erneut einige Schritte tuend, aber die Traube aus dem Augenwinkel beobachtend, schüttelte ich den Kopf. Dem Jungen wird natürlich geholfen werden, aber -


    "Das geht nicht, ich kann nicht zum Wortbrecher werden. Ich hatte meinem Scriba längst den Posten hier versprochen, wenn er seinen Auftrag in Germanien gut absolviert. Nun, das scheint er zu tun. Auch wenn die Familienbande stärker geflochten sind. Das Wort gegenüber unserem Klienten ist bindend."


    Ich schaute die Runde an, und während ich mit harter Mine dastand, arbeitete ich schon an einer Lösung.


    Ich muss wohl ein recht enttäuschtes Gesicht gemacht haben. Ein Plebejer wurde einem Patrizier vorgezogen. Gut, er war ein Klient - aber ging denn nicht die Familie vor? So blinzelte ich nur irritiert und senkte mit einem "Hm." vorerst den Kopf. Ich fragte mich, warum es nicht zwei magistrati geben konnte, sagte jedoch nichts, weil Deandra in diesem Moment mit Onkel Cicero tuschelte. Fragend sah ich die beiden an.



    Etwas verblüfft runzelte ich die Stirn. Nicht nur wegen der Geheimniskrämerei, sondern auch wegen meines Onkels Verhalten.
    "Nun...ähm... Was letzteres betrifft, so sehe ich mich durchaus in der Lage, mit anderen gewinnbringend zusammenzuarbeiten. Zum Verhandlungsgeschick kann ich dir bisher nur von Händlern in Griechenland berichten, die ihre Ware wohl unter Herstellungswert an mich losgeworden sind", schmunzelte ich und sah meinen Onkel prüfend an. Was hatte er nur vor?

  • „Ich beabsichtige noch heute, also nach diesem Gespräch, zum Kastell zu fahren“, begann ich in flüsterndem Tonfall, um die Unterhaltung der Männer nicht zu stören. „Ich möchte mit Sophus sprechen und dafür gedenke ich etwas mitzunehmen. Schau mal im Garten, direkt neben dem Pavillon steht eine Pflanze. Sie ist etwa hüfthoch und sie sieht nicht besonders kräftig aus. Grabe sie aus – alles aber so vorsichtige wie möglich – schlage ihren Wurzelballen in ein Leinentuch und packe sie in eine Biga. Ich gedenke, dich als Lenker mitzunehmen, aber du musst dieses Mal vorsichtig fahren.


    Spanne also gleich nach dem Ausgraben zwei Pferde an, besorge mir eine Ampulla, fülle sie mit Wasser und verschaffe mir zusätzlich noch einen Dolch in einer Lederscheide. Hast du alles verstanden?“


    Abwartend schaute ich zu meinem Sklaven. Von den Vorbereitungen hing viel ab.

  • Flüsternd zählte ich auf:


    „Erst die Pflanze ausgraben, die Wurzeln in ein Leinentuch legen und in die Biga lege. Dann zwei Pferde anspannen, Wasser in eine Ampulla schütten und einen Dolch in einer Lederscheide besorgen. Wird erledigt!“


    Weil ich davon ausging das die Herrin ihre eigene Hüfthöhe meinte, schaute ich mir an, hielt meine Hand in der entsprechenden Höhe und hielt sie bei mir an. Dann nickte ich und trat ab.

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