[Atrium] Der Innenhof

  • Obschon es Sommer war, schienen die Tage in Mogontiacum länger geworden zu sein. Und auch ruhiger. Der Wind des Fernwehs schien die Stadt durchfegt zu haben, Schon bald nachdem Cara in ihrer Geburtsstadt angekommen war, hatte sie sich daran gemacht ihre Freunde aus Kindertagen zu besuchen, jedoch nur um festzustellen, dass die meisten von ihnen, vor allem die engeren Freunde, die Stadt verlassen hatte, um in der Weltgeschichte ihren Karrieren, Schicksalen und Träumen nachzujagen. Die Stadt war wie leer gefegt. Das an sich wäre ja nicht einmal schlimm gewesen, hatte die junge Frau immerhin ihre Verwandte an ihrer Seite. Die Götter schienen es mit Cara jedoch nicht gut zu meinen, denn Corona war unlängst ob eines Unfalls ihrer Mutter nach Roma zurück gerufen worden. Zwischen den einstigen Freundinnen schien noch immer ein geheimes Band zu bestehen, sodass wenn die eine sich krank meldete, die andere sofort nachzog und umgekehrt, Erstaunlich wie schlecht es offenbar um die Gesundheit der älteren Generation bestellt war. Noch allzu gut konnte sich Cara an das vor Schrecken erbleichende Gesicht ihrer Mutter erinnern, als sie ihr von Lucias Unfall berichtete. Abermals musste sie sich fragen, was zwischen den beiden Frauen vorgefallen war, dass sie eine solch unüberzeugende Abneigung gegeneinander empfanden. Zumindest Creticas erschien ihr zumeist eher wie ein Instrument, mit welchem sie andere Empfindungen überspielen wollte. Vielleicht war es Enttäuschung, Verletzung. Wer konnte es schon wissen – Cretica behielt schließlich eisernes Schweigen. Jedenfalls vermisste Cara Corona und sehnte sich schon nach dem ersten Brief der Verwandten. Zwar verbrachte sie einen Großteil ihrer Zeit außerhalb des Praetoriums, wo sie in Begleitung Phocylides oder eines anderen Sklaven durch die Stadt streifte oder ausgedehnte Ausflüge auf Pax´ Rücken unternahm. Dennoch fühlte sie sich vor allem Abends allein, wenn der Legat es nicht zur cena schaffte. Ein Mensch, der ihr zugeneigt war, fehlte.


    Es war einer jener Tage, an welchem es so schien, als habe die Iulia das große Anwesen für sich. Das stimmte freilich nie, denn er bedurfte einer großzügigen Anzahl an Sklaven, um Gebäude und Garten instand zu halten, sodass sich zwangsläufig immer ein oder zwei Leibeigene in ihrer Nähe aufhielten. Cara war damit beschäftigt im Atrium einige verwelkte Blumen aus der Vase zu Füßen der Statue der verstorbenen Frau des Decima zu zupfen. Aus einem ihr unerfindlichen Grund verspürte die junge Iulia den Drang der Didia Ehre zu erweisen, etwas Licht in die imaginären dunklen Schatten zu bringen. Die Blumen wechselte sie fast alle drei Tage. Natürlich nicht nur hier, sondern überall im Haus. Das würde es schon sehr bald erforderlich machen, dass sie irgendwo in einer hinteren Ecke des hortus ein eigenes Beet würde anlegen müssen. Dem Maior Domus würde es gewiss keine Freude bereiten, wenn das Peristy kahl war. Sie fischte gerade eine schlaffe Trompetenblüte aus dem Wasser, als die Eingangstür aufgestoßen wurde. Neugierig, aber auch misstrauisch hob die junge Frau den Kopf. Für den Legaten war es eindeutig zu früh. Vielleicht mochte es Aquilia sein, die ihrer Tochter zu Leibe rücken wollte. Der Ianitor, ein robuster, hoch geschossener Kerl kam herein, gefolgt von einer Frau. Von ihrem Stand aus hatte Cara einen guten Blick auf die Tür, ohne jedoch selbstleicht entdeckt werden zu können, weil er schwer vom Kopf des Raumes aus einsehbar war. Überrascht hob sie die Brauen, als sie feststellte, dass die Frau keinesfalls Cretica sein konnte, dafür war sie viel zu jung, das braune Haar zu voll und zu dunkel. Das war insofern ungewöhnlich, dass Besuch hier eher selten war. Von wem sollte er auch kommen? Alle Freunde und Bekannten waren sonst wo in der Welt verstreut. Noch ein Moment wurde Teil der Vergangenheit, in welchem Cara die Frau eingehend musterte, dann, als habe sie Iuppiter höchst persönlich mit einem seiner Blitze angestupst, erkannte sie, wen der Mann herein geführt hatte.
    „AEMILIA!!!“, rief Cara erfreut und stürmte ungläubig auf die langjährige Freundin zu, die ein ganz und gar verwirrtes Gesicht machte, als da ein wild gewordener Rotschopf auf sie zugehüpft kam und sie leidenschaftlich in die Arme schloss.
    „Was....Cara!“, stammelte die braunhaarige Sentia und brach dann in freudiges Lachen aus, Caras Umarmung erwidern. Wenn das mal keine Invasion war!
    „Ich dachte, du hättest Mogontiacum verlassen?! Zumindest sagte das euer Sklave – Mensch ist es schön dich zu sehen!“, sprudelte Cara und nahm ihre Hände, nachdem sie sie aus ihrer Umarmung entlassen hatte.
    „Nun, das stimmte auch noch bis heute Morgen“, bestätigte Aemilia lächelnd. „Ich war vor einiger Zeit in Confluentes, um einen Teil meiner Familie zu besuchen. Als ich zurückkehrte, sagte man mir, du seiest bei der Casa gewesen und hättest dich nach mir erkundigt. Da dachte ich, ich komme vorbei und sehe nach dir. Deine Mutter verwies mich hierher – was suchst du denn nur im Soldatenlager?“
    „Aaaaaach....das ist eine etwas eigenartige Geschichte...“, winkte Cara ab. „Komm, lass uns in den hortus gehen, dann erzähle ich dir alles – und natürlich musst auch du mir berichten, was hier so alles passiert ist! An den Ianitor gewandt sagte die Iulia : „Schick einen Sklaven zu uns. Er soll Wasser, Säfte und bisschen Gebäck bringen....“


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  • „Salve Mu...oh...was?“ Einer der Sklaven hatte Cara gemeldet, Aquilia Cretica erwarte sie im Atrium. So eben noch in einen ihrer Roxana-Romane vertieft gewesen, die es erstaunlicherweise auch fernab der Ewigen Stadt im tiefsten Germania zu erstehen gab, hatte sich die Iulia erhoben, um ihre Mutter begrüßen zu gehen. Jedoch nur, um sich nun mit einem schwarzen, flauschigen, kleinen Etwas konfrontiert zu sehen, dass die Aquilia ihr ein wenig unsanft in die Hände drückte. Es bewegte sich und gab einen fiependen Laut von sich.
    „Das ist ein Hund, meine liebe Tochter – alles Gute zum Geburtstag.“ Sie drückte ihrer Tochter einen Kuss auf die Wange.
    Cara hielt das Bündel auf Armlänge von sich. Zwei dunkle Knopfaugen sahen sie an. Ein Welpe. Tatsächlich. Tiefschwarz und kuschelig.
    „Danke...“, erwiderte die Iulia abwesend.
    „Ich dachte, ich bleibe heute einmal zur cena – zur Feier des Tages...“ Caras Kopf zuckte herum. In die Betrachtung des kleinen Hundes, der gerade so in ihre Hände passte – wie früh man ihn von seiner Mutter getrennt hatte! – hatte ihr Verstand es dennoch fertig gebracht, die Worte „cena“ und „bleiben“ heraus zu filtern.
    „Hast du mir nicht beigebracht, dass es unhöflich ist, sich selbst einzuladen?“ Sie hob herausfordernd eine Augenbraue. Doch noch ehe die Aquilia Einwände erheben konnte, sagte Cara: „Bleib ruhig...“ Ihre Mutter konnte sie schließlich nur sehr schlecht der Tür verweisen.
    „Na komm...Hier entlang...“


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  • "Salve Legatus Decimus," erwiderte Sermo die Begrüßung. "Ich bin hier in einer Angelegenheit deine Gens betreffend. Bevor ich viel erzähle, empfehle ich dir die Lektüre dieses Schreibens, das ich dir mit besten Grüßen von deiner Nichte Seiana überbringe." Mit diesen Worten überreichte er auch gleich den Brief, den er wohl behütet mit sich geführt hatte.


    Geschätzter Onkel,


    ich danke dir für deinen Brief, sowohl für die Nachricht, dass es offenbar zu Verstimmungen gekommen ist aufgrund eines Berichts in der Acta, als auch für die Offenheit, in der du mit mir sprichst. Ebenso möchte ich mit dir sprechen – und so verzeih mir bitte die folgenden Worte, wenn sie zu viel der Offenheit in sich tragen.
    Es betrübt mich zu hören, dass ein Bürger Roms sich durch die Acta derart angegriffen gefühlt hat. Noch mehr betrübt mich, dass dieser Bürger es ganz offensichtlich nicht wagt, mit seinen Vorwürfen zu mir persönlich zu kommen, sondern dich bemüht – daher sei an dieser Stelle versichert, dass ich das Gespräch mit dem Iulier suchen werde. Am meisten betrübt mich jedoch die Tatsache, dass du auf diese Beschwerde in dieser Form reagiert hast.


    Eingedenk meiner Worte zu Beginn dieses Briefs möchte ich in aller Offenheit weiter fortfahren, auch wenn dies vielleicht unangemessen erscheint.
    Allen voran steht die Tatsache: die Acta, und mit ihr ich als Auctrix, ist allein dem Senat verpflichtet, und damit dem Volk von Rom. Ich urteile nach bestem Wissen und Gewissen, welche Berichte ich veröffentliche – sollte mir hierbei ein Fehler unterlaufen, so werde ich mich meiner Verantwortung, die dieses Amt mit sich bringt, nicht entziehen und die Konsequenzen dafür tragen. Aber ich kann und werde Berichte nicht ignorieren und unter den Tisch kehren, nur weil sie unangenehm sind oder sein könnten, wenn sie in meinen Augen eine ausreichende Grundlage haben.
    Ein weiterer kritischer Punkt, den du erwähnst, ist deine Freundschaft mit dem Iulier, die offenbar sogar in einer Hochzeit gipfeln soll. Abgesehen davon, dass ich mich als Auctrix nicht der Parteilichkeit schuldig machen darf: in meinen Augen sind die Iulier nicht die beste Wahl für eine eheliche Verbindung. Iulius Centho, so ist zu hören, steht nicht auf dem schlechtesten Fuß mit Vescularius Salinator, der nicht wirklich als Freund unserer Familie zu bezeichnen ist. Darüber hinaus wird die Gens Iulia von einer derartigen Verbindung weit mehr profitieren als dies umgekehrt der Fall ist. Um nur einmal dich als Beispiel anzubringen: Du bist nicht nur Senator, du bist Legat und Kriegsheld, hast an der Seite des Divus Iulianus gekämpft. Ich maße mir nicht an, deine Entscheidungen in Frage zu stellen, jedoch können die Iulier in meinen Augen froh darum sein, wenn sie eine eheliche Verbindung zu einer Gens wie der unseren in Aussicht haben. Mit der Drohung, eine womöglich schon geplante Verlobung doch nicht durchzuführen, würden sie sich nur ins eigene Fleisch schneiden, Onkel, dies solltest du bedenken.


    Wo wir allerdings gerade bei unangenehmen Themen sind, die unsere Familie betreffen: ich muss dich leider auch über etwas informieren, was Titus Verus betrifft, ein Abkömmling der griechischen Linie der Decima. Bereits vor einiger Zeit hat er mir mitgeteilt, er habe sich mit einer Octavia verlobt, Octavia Varena, um genau zu sein. Ich habe bis dato nichts von weiteren Planungen gehört; nachdem jedoch der Prozess gegen dich zu Ende war, den, wie du weißt, Octavius Macer gegen dich geführt hat, habe ich das Gespräch mit Verus gesucht – leider erfolglos. Er beharrt darauf, die Octavia zu heiraten, unabhängig von dem Signal, dass eine solche Aktion setzen würde; bei unserem Gespräch ließ er verlauten, er sehe sich selbst außerhalb jeglicher Politik und der gesellschaftlichen Kreise, die sie betrifft. Stattdessen sprach er in einer Weise von Liebe, dass fast schon zu befürchten ist, er gehöre den Christianern an.
    Ich habe versucht, ihm ins Gewissen zu reden – jedoch scheint augenblicklich unser einziger Hoffnungsschimmer der zu sein, dass sich ein Verwandter der Octavia gegen die Verbindung stemmt. Vielleicht könntest du ihm als Familienoberhaupt schreiben und dein Gewicht in dieser Sache geltend machen. Ich denke doch, dass das Ansehen unserer Familie auch für Verus etwas zählen sollte.


    Nun aber zu erfreulicheren Nachrichten. Der Überbringer dieser Botschaft, Quintilius Sermo – wohl ein Verwandter des Mannes, den du zu mir geschickt hast mit deinem großzügigen Geschenk, für das ich dir an dieser Stelle übrigens ein weiteres Mal danken möchte –, trägt sich mit dem Gedanken mich zu heiraten. Er hat in Rom bereits mit mir darüber gesprochen, und ich stehe seinem Ansinnen durchaus positiv gegenüber. Die Gens Quintilia mag derzeit keine wirklich herausragenden Männer zu den ihren zählen, im Gegensatz zur Decima, jedoch denke ich in meinem Fall, dass dies durch mein Alter durchaus aufgehoben ist. Davon abgesehen wirkt Quintilius Sermo auf mich vernünftig und ehrgeizig – genug, um noch einiges zu erreichen, was unserer Gens zuträglich sein wird. Ich bitte dich, dich ebenso mit ihm zu unterhalten und sein Ansinnen wohlwollend zu prüfen. Sofern weder du noch Faustus gravierende Einwände habt, würde ich seinem Antrag zusagen.


    Von Faustus habe ich vor einiger Zeit einen Brief erhalten, und allem Anschein nach geht es ihm so weit gut. Die Legio XII ist derzeit auf einem Feldzug unterwegs; ich denke, du musst dir keine Sorgen machen, wenn du nichts von ihm hörst. Es dürfte äußerst schwierig sein, unter diesen Umständen Briefe zu versenden und zu überbringen. Das war es schon zu besten Zeiten des Cursus Publicus, und nun sind bei dieser Institution, wie du vermutlich gemerkt haben dürftest, andere Zeiten angebrochen. Kannst du dir vorstellen, dass sie den Postverkehr nach Germanien im Augenblick gänzlich eingestellt haben? Ich bin froh, dass ich diesen Brief dem Quintilius mitgeben kann, und ich denke, in Zukunft werde ich mich häufiger auf private Boten verlassen.


    Mögen die Götter deinen Weg stets behüten!


    [Blockierte Grafik: http://img77.imageshack.us/img77/1586/seianaunterschrift2aj2.png]

  • Livianus war überrascht, dass dieser Fremde einen Brief seiner Nichte bei sich trug. Er nahm das Dokument neugierig entgegen und entrollte es. Danach las er sich die Zeilen in aller Ruhe durch und schien auf den Überbringer vorerst nicht mehr einzugehen. Lediglich als er kurz an den Absatz betreffend der Heirat erreicht hatte, sah er kurz auf und blinzelte über den Rand des Papyrus, eher er wieder weiter las. Als er fertig war rollte er das Dokument wieder zusammen und setzte eine nachdenkliche Miene auf.


    "Quintilius Sermo.…………. Vielleicht wäre es gut wenn wir uns setzen."


    Mit einem leisen Seufzen deutete er auf zwei Korbsessel und einen kleinen runden Tisch, die in der Ecke des Atriums standen.

  • "Gern," stimmte Sermo schlichtweg zu. Während Decimus den Brief gelesen hatte, war es Sermo möglich gewesen den Mann etwas näher zu betrachten. Der Legat war gewiss zwei Dekaden älter als er selbst und hatte bereits viel mitgemacht. Der Krieg in Parthia und die Gefangenschaft als daraus resultierende Folge hatten ihre Spuren hinterlassen. Dennoch musste Sermo seinem Gegenüber lassen, dass er sich gut gehalten hatte. Regelmäßiges Training im Lageralltag schien zu wirken, wogegen wohl selbst die Zeit als 'ziviler' Senator in Rom nichts hatte ändern können. Als sie sich gesetzt hatten, sah der Quintilius den Senator erwartungsvoll an. Keinerlei Überraschung, kein Entsetzen, kein skeptischer Blick, gar nichts. Der Decimus schien einfach nur müde und entkräftet zu sein. Hatte ihn das Exil wirklich so hart getroffen, dass er seines Amtes müde geworden war?

  • Nachdem sich sein Gast gesetzt hatte, nahm auch Livianus ihm gegenüber platz und legte das Papyrus vor sich auf den Tisch. "Also Sermo. Wie mir meine Nichte in diesem Brief geschrieben hat, möchtest du sie heiraten. Es bedarf natürlich nicht meiner Zustimmung, da ich nicht Seianas Vormund bin, doch als ihr Onkel und Adoptivvater ihres Bruders liegt mir ihr Wohl und ihre Zukunft sehr am Herzen. Und wo du schon die lange Reise auf dich genommen hast und hier bist - erzähl mir über dich. Was hast du bisher getan, welche Pläne hast du in Zukunft und warum möchtest du ausgerechnet meine Nichte ehelichen?" Vermutlich hatte der Qunitiler damit gerechnet, dass er nicht einfach so wieder mit dem Segen des Decimers hinaus marschieren würde. Livianus lehnte sich in den Sessel zurück und wartete gespannt auf die Ausführungen seines Gegenübers.

  • Aha, da war ja die erwartete Reaktion. Sermo nickte zunächst bestätigend, bevor er zu einer Erläuterung ansetzte. Wobei ihn nicht wenig wunderte, dass der Legat direkt zur sehr persönlichen Anrede über den Cognomen übergegangen war, was letztendlich aber nur ein gutes Zeichen sein konnte. "So ist es, ich gedenke Seiana zu ehelichen. Und ich habe auch einiges vorzuweisen, das dich davon überzeugen wird, dass diese Vermählung nicht zu ihrem Nachteil sein soll." Was jetzt kam, war ein kurzer Abriss seines Lebensweges, der Livianus hoffentlich zufrieden stellen würde. "Ich wuchs auf in Rom, absolvierte ein umfassendes Studium in Graecia, woraufhin ich vor einigen Jahren in die ewige Stadt zurückkehrte. Dort führten die Parzen mich zum Senator Purgitius Macer, den ich als meinen Patron erwählte und unter dem ich daraufhin sogleich als Liktor diente, als er die Praetur bekleidete. Nach Ablauf seiner Amtszeit verschlug es mich nach Ostia, wo ich als Magistrat und Duumvir meine Amtszeiten verbrachte und als Neuerung insbesondere eine Lex Municipalis für die Civitas einführte. Nach einiger Überzeugungsarbeit erwirkte mein Patron bald danach meine Erhebung in den Ritterstand und ermöglichte es mir, ein geeignetes Grundstück zu erwerben. Und jetzt bin ich hier, in Mogontiacum, um ein ritterliches Amt in der Provinzverwaltung anzutreten. Wie du siehst bin ich keine schlechte Partie, wenn du so willst." Ein Grinsen nahm dem letzten Satz seine Ernsthaftigkeit, auch wenn Sermo es genau so meinte wie er es ausdrückte. "Und jetzt zu deiner Frage, warum ausgerechnet Seiana: Sie entstammt einer ehrbaren Gens, die sich seit vielen Generationen um das Imperium verdient gemacht hat. Sie ist eine der wenigen Frauen im Imperium, die Einfluss ausüben können aufgrund ihres Postens als Auctrix der Acta Diurna. Und: Sie ist wunderschön. Ich kann mir keine bessere Partie vorstellen."

  • Im Großen und Ganzen war es das, was ein Mann wie Livianus hören wollte. Natürlich hatte der Quintilier sich auf diesen Besuch vorbereitet und wählte seine Worte nun mit bedacht, um einen möglichst guten Eindruck auf den Senator zu machen. Als Livianus jedoch hörte, dass der Mann nicht nur in Germania war um ihn einen Besuch abzustatten, sondern um ein Amt anzutreten, musste er einhacken.


    "Du wirst also hier in Germanien bleiben? Was ist mit Seiana? Wird sie nachkommen?"

  • "So ist es," bestätigte Sermo zunächst, bevor er ausführlicher wurde. "Ich werde hier bleiben. Erstmal zumindest. Der Posten des Procurator Civitatium stellt für mich den Einstieg in die Ritterlaufbahn dar. Ich werde wohl einige Zeit hier verbringen, doch nicht ewig. Rom ist meine Geburtsstätte und dorthin werde ich letztendlich wieder zurückkehren." Rom. Die ewige Stadt war für Sermo jetzt erst einmal weit weg. Er würde das beste daraus machen. "Das halte ich für das Sinnvollste," kommentierte er daraufhin Livianus' Frage, ob Seiana nachkommen sollte. "Zumindest natürlich für die Vermählung und eine gewisse nachfolgende Zeit. Wie lange das sein wird, wird man dann sehen." Ein schmales Lächeln begleitete seine letzten Worte. Für ihn stand fest, dass Seiana nach der Vermählung zumindest neun Monate oder etwas länger in Mogontiacum bleiben würde. Er wollte seine zukünftige Frau nach der Hochzeit erst einmal etwas genauer kennen lernen und hegte den Wunsch selbst vor Ort zu sein, wenn er einen Erben aus ihrem Schoß in den Armen würde halten können.

  • Livianus nickte zufrieden. "Ich verstehe. Dann soll dieser Verbindung auch von meiner Seite nichts im Wege stehen. Ihr habt meinen Segen." Auch wenn sie diesen eigentlich gar nicht brauchten.


    "Eines jedoch, möchte ich dir mit auf den Weg gehen" fügte der Senator nach einer kurzen Pause noch an "Seiana ist eine einflussreiche Frau wie du bereits gesagt hast. Sie hat es weit gebracht und ich bin sehr stolz darauf, sie meine Nichte nennen zu dürfen. Wäre sie ein Mann geworden, hätte sie es vermutlich viel weiter bringen können."


    Er winkte einen Sklaven herbei und trug ihm auf eine Wachstafel zu bringen, ehe er das Gespräch fortsetzte. "Trotz der Heirat ist es mir wichtig, dass sie ihre Unabhängigkeit bewahrt. Sie verwaltet in meinem Namen einige Landgüter und hat dadurch auch eine solide finanzielle Absicherung. Diese Ländereien möchte ich auch weiterhin im Besitz der Gens Decima sehen. Nur das wir uns da richtig verstehen. Ich sehe natürlich ein, dass es vielleicht unangenehm ist, wenn eine Frau mehr Wohlstand in eine Ehe mitbringt als ihr Mann….."


    Der Sklave kehrte zurück und reichte dem Senator die Wachstafel.


    "Ich werde dir daher zwei meiner Landgüter überschreiben. Sie sollen sowohl als Mitgift dienen, als auch dir neben deiner Laufbahn als Ritter einen höheren Status einbringen. Ich denke es wird auch dabei helfen eine wundervolle Hochzeit auszurichten und es soll ein regelmäßiges Einkommen für dich absichern. Natürlich nur sofern du damit einverstanden bist…." Livianus sah den zukünftigen Mann seiner Nichte fragend an und wartete auf dessen Antwort, ehe er einen Vertrag aufsetzen wollte.

  • Perfekt. Livianus' endgültige Absegnung der Verbindung Decimae Quintiliaeque stimmte Sermo so zufrieden, wie er es schon lange nicht mehr gewesen war. So war es ein nicht zu unterschätzender Akt der Selbstbeherrschung nicht gleich in lauten Jubel auszubrechen oder vor herausplatzender Freude auf den Tisch zu hauen. Lediglich das typische schmale Lächeln, das nun ausnahmsweise etwas breiter und strahlender war, verriet eine Spur seiner Freude.
    "Davon bin ich überzeugt," bestätigte Sermo daraufhin des Legaten Worte, die Seiana in einer Weise hervorhoben, dass der Quintilier beinahe amüsiert geschmunzelt hätte. Eine einflussreiche Frau war sie, gewiss. Und man konnte wohl nicht bestreiten, dass sie das nicht ohne Intellekt und Ehrgeiz geworden war. Doch letztendlich war sie immer noch 'nur' eine Frau...


    Ein Sklave wurde herbeigewunken, während Livianus fortfuhr. Und wie er fortfuhr! Seine Erläuterungen ließen Sermo erst fragend aufhorchen, war ihm doch nicht gleich klar worauf der Decimus hinauswollte, als er die Unabhängigkeit seiner Nichte betonte und die Möglichkeit des Umstandes, dass dies Sermo nicht behagen mochte. Was der Senator dann jedoch tat, riss Sermo beinahe aus den Latschen. Er schenkte ihm zwei ganze verfluchte Landgüter?!?! Bona dea, dem Mann schien seine Nichte wirklich sehr viel zu bedeuten, wenn er ihrem Zukünftigen mal eben Land schenkte, obwohl er als Onkel ja nicht einmal eine Mitgift zu erbringen hätte. Sermo ertappte sich nach einem Augenblick der Verblüffung dabei, wie er mit halb offenem Mund und hochgerissenen Augenbrauen in erstauntes Starren verfallen war. Reiß dich am Riemen, Mann!


    "Äh..." machte er höchst eloquent, bevor er hastig zu Dankesworten und Zustimmung ansetzte. "Deine Großzügigkeit ehrt dich, Senator! Ich danke dir zutiefst, denn gern nehme ich dein Angebot an!" Beinahe hätte er noch gesagt: "Ich wäre ja auch schön blöd, wenn nicht." Aber das ließ er lieber, denn selbiges dachte Livianus sich gerade wohl auch oder zumindest ähnlich. "Du bist ein hochanständiger Mann, Senator. Es erfüllt mich mit Stolz, eine Verbindung mit deiner Gens eingehen zu dürfen." Selbstverständlich konnte Sermo es nicht unterlassen noch eine weitere kleine Portion Schleim dazuzugeben, um die anstehenden Verhandlungen fließend über die Bühne zu bekommen.

  • Livianus reichte nach wenigen Minuten die Wachtafel an seinen Gesprächspartner.



    ~ CONVENTIO ~


    Mit diesem Schreiben wechselt die beiden Landgüter des Marcus Decimus Livianus bei Mantua zum Preis von 5000 Sesterzen per heutigen Datum in den Besitz des Iullus Quintilius Sermo über. Das Geschäft wird gültig durch Unterschrift beider Parteien auf diesem Dokument, welches sich in dem Besitz des Verkäufers befindet und einer Zweitanfertigung, welche im Besitz des Käufers verbleiben wird.


    ANTE DIEM XV KAL MAR DCCCLXI A.U.C.
    (15.2.2011/108 n.Chr.)


    gezeichnet
    MARCUS DECIMUS LIVIANUS


    gezeichnet




    "Du brauchst hier nur noch unterzeichnen."


    Sim-Off:

    WISIM

  • ~ CONVENTIO ~


    Mit diesem Schreiben wechselt die beiden Landgüter des Marcus Decimus Livianus bei Mantua zum Preis von 5000 Sesterzen per heutigen Datum in den Besitz des Iullus Quintilius Sermo über. Das Geschäft wird gültig durch Unterschrift beider Parteien auf diesem Dokument, welches sich in dem Besitz des Verkäufers befindet und einer Zweitanfertigung, welche im Besitz des Käufers verbleiben wird.


    ANTE DIEM XV KAL MAR DCCCLXI A.U.C.
    (15.2.2011/108 n.Chr.)


    gezeichnet
    MARCUS DECIMUS LIVIANUS

    I. QVINTILIVS SERMO



    Mit Freuden unterzeichnete Sermo die Übereignungsurkunde. "Wunderbar," lächelte er zufrieden. "Es ist mir eine Freude, mit dir Geschäfte zu machen," scherzte er, denn eigentlich ging es ja immer noch um Seiana. Wieder etwas ernster erklärte er dann: "Nungut, dann werde ich mich jetzt wohl am besten daran machen, ein Schreiben an deine werte Nichte aufzusetzen, um sie von unserem Übereinkommen zu unterrichten." Das war Sermos Signal zum Aufbruch, denn jetzt wo alles unter Dach und Fach war, wollte er nicht länger als Nötig hier im Castellum seine Zeit vertrödeln, die er auch gewinnbringender einsetzen konnte.

  • "Gut! Dann belassen wir es für heute dabei." Livianus winkte einen Sklaven herbei, der den zukünftigen Ehemann seiner Nichte nach draußen begleiten sollte. "Solltest du irgendetwas brauchen, kannst du dich gerne jederzeit an mich wenden Sermo. Und unterrichte mich bitte, wenn du etwas von Seiana erfährst." Dann erhob sich der Legat. "Ich wünsche dir noch einen guten Tag."

  • Vor dem Praetorium herrschte bereits reges treiben. Wagen wurden entladen und eine menge Tuhen und Möbel herumgeschleppt. Livianus betrat das Atrium, in der Hoffnung, irgendwo seinen Nachfolger zu Gesicht zu bekommen.

  • Die Einweisungen lagen hinter Menecrates, als Decimus Livianus eintraf. Da Menecrates nach dem Auspacken und der Pferdeversorgung ohnehin alle Sklaven in das Atrium bestellt hatte, begab er sich bereits dahin, weil sein Zimmer erst eingeräumt werden sollte, bevor er es aufsuchte. Als er im Atrium eintraf, entdeckte er seinen Vorgänger und trat auf ihn zu.


    "Salve Decimus Livianus. Nun treffen wir Jahre später wieder, wenn auch in einer anderen Legion und unter anderen Umständen. Ich hoffe, es geht dir gut." Menecrates wusste nicht, ob der Decimer eventuell aus gesundheitlichen Gründen abberufen wurde.

  • "Willkommen in Mogontiacum Claudius Menecrates! Es freut mich dich unter so positiven Umständen wiederzusehen." erwiderte der Decimer freundlich. "Mir geht es gut, danke der Nachfrage. Vor allem seit ich erfahren habe, dass mein Ansuchen auf Abberufung von Rom bestätigt wurde. Leider hat es die Administratio bis heute nicht geschafft mir persönlich eine Nachricht zukommen zu lassen. Erst durch dein Schreiben habe ich davon erfahren."


    Aus Rom war nichts gekommen. Weder eine Antwort auf sein Schreiben, noch eine Belobigung oder sonst irgendein Wort des Dankes für seinen jahrzehntelangen Dienst an Rom. Doch der Decimer hatte sich an die Schlamperei der kaiserlichen Verwaltung gewöhnt, war dies schließlich nicht sein erstes, sondern sein viertes militärisches Kommando das er bestritten hatte, wenn man seine Zeit als Preafectus Urbi miteinschloss. Doch wie auch schon bei den Anderen zuvor, erwartete er auch hier nicht, dass man ihn mit einer Hasta Pura oder ähnlichem ehrte. Vor allem nicht jetzt, wo der Vescularier an der Macht war. Er hakte diesen Gedanken geistig also sofort wieder ab und widmete sich wieder ganz seinem Nachfolger.


    "Doch was soll´s. Nun bist du ja hier. Ich hoffe hier ist alles zu deiner Zufriedenheit. Das Praetorium ist weitestgehend geräumt und mein Scriba personalis kümmert sich gerade um das Officium in der Principia. Ich werde dich nicht lange aufhalten und habe vor möglichst bald abzureisen."

  • Die Begrüßung verlief herzlich, das freute Menecrates. Er war sich nicht sicher gewesen, denn ihre Lebenswege hatten sich vor Jahren nicht nur gekreuzt, sondern waren sogar ein Stück parallel verlaufen. Schön, dass sie beide die Vergangenheit Vergangenheit sein ließen.


    "Es freut mich auch", betonte Menecrates. Doch die Eile, mit der der scheidende Legat abzureisen gedachte, erstaunte Menecrates. Die Ungeduld, das Herbeisehnen des Abreisetages konnte selbst ein Unaufmerksamer nicht überhören.


    "Wenn es keine gesundheitlichen Gründe gibt, weswegen du um deine Abberufung gebeten hast, dann ist es vielleicht Ermüdung, die nach dem langjährigen Dienst für Rom eingetreten ist?" Mehr Frage als Feststellung, denn bislang wusste Menecrates nicht einmal, dass Decimus selbst um seine Abberufung gebeten hatte. "Manchmal braucht ein Mann auch Zeit für Erholung und Stärkung", fügte er an. Er selbst lag längere Zeit im Krankenbett und wusste, wovon er sprach. Dann ging er auf die Übergabebedingungen ein.


    "Es ist alles bestens! Ich habe nicht erwartet, dass das Praetorium bereits geräumt ist. Das sind nahezu perfekte Bedingungen, die ich hier vorfinde. Eine Bitte habe ich jedoch noch und ich hoffe, du schlägst sie mir nicht ab."

  • "Ermüdung beschreibt es eigentlich Recht gut Menecrates. Ich bin müde und ich bin es vor allem Leid, dabei zuzusehen was rund um uns geschieht, in Rom, im Senat und im ganzen Reich, und letztendlich dabei feststellen zu müssen, dass ich keinerlei Einfluss mehr darauf nehmen kann.


    Ich habe daher beschlossen mich zurückzuziehen und nach Hispania zu gehen, um dort im Kreise meiner Lieben meinen Lebensabend möglichst ruhig zu verbringen. Es gibt mittlerweile wesentlich jüngere und aufstrebende Männer, die sich um Rom und das Reich kümmern können – und das nicht nur in meiner Familie. Ein Mann sollte wissen wenn seine Zeit überschritten ist. Und ich spüre dies in den letzten Monaten ziemlich deutlich was meine Zeit anbelangt. Daher habe ich Rom um meine Abberufung gebeten und sie wurde bestätigt. Mehr kann ich wohl in Zeiten wie diesen nicht erwarten." erwiderte Livianus freundlich und ruhig auf die Frage des Claudiers. Er hatte sich in den letzten Monaten viel zu oft den Kopf darüber zerbrochen, als das er noch recht emotional auf diese Frage reagieren konnte. "Was kann ich also noch für dich tun vor meiner Abreise?"

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