Der Cursus Publicus auf Inspektion

  • Mit dem dritten Abend ziehen sie durch die massiven Stadttore in Antipyrgos ein. Die Mauern erinnern ihn ein wenig an die Mythen über Troja und die Wachen lassen sich auch von einem römischen Senator nicht den allgemeinen Diensttrott abgewinnen. So dauert es eine Weile, bis die Karawane endlich passieren kann.


    Erwarten tun sie unendlich verstopfte Straßen, in denen nur der Fluß gen Hafen sie trägt und eine Baukunst, die in jenen Breiten ihre Nachahmer sucht. Neben pompösen Villen am Stadtrand erwarten sie rießige Regierungsbauten und auch die Mansio der Stadt ist größer als jede vorher gesehene. Das Geschäft der Steuertreiber in der Stadt und im Umland mußte erträglicher als gedacht sein. Und dabei hatten sie auch in den letzten Tagen nur wenig grüne Flächen gesehen.


    Hier jedoch blühte der Handel und mit ihm die ganze Stadt. Avarus bezog eine Art Villa, als er vom Stationarius in das kleine Reich eingewiesen war, das demnächst seine Herberge für die Tage der Überprüfung sein würde. Neben einem Wasserbadebecken, befanden sich eine Massageliege, zwei großräumig angelegte Arbeitszimmer und ein Vergnügungssaal an den Räumlichkeiten. Aber auch jene anderen Zimmer waren üppig ausgestattet und mit feinen Materialien liebevoll verziert.


    Der Legatus Germanicus Avarus zog es vor sich einer Haarstutzung und einem ausgiebigen Bad zu unterziehen, bevor er der Einladung des Stationsvorstehers folge leitete und neben Lucilla auf einer der bequem anmutenden und etwas größer gestalteten Klinen platz nahm.


    Die Gespräche waren die Üblichen, wobei sich der Stationarii und seine Frau als weit herum gekommen darboten und neben den allgemeinen Gesprächen es so zu einem durchaus kompetenten wie intressanten Erfahrungsaustausch kam.


    Am nächsten Morgen sollte die Überprüfung stattfinden und dann würde sich auch zeigen, ob jener Cursus Publicus Mitarbeiter seine Qualifikation auch im Dienst anwendete...

  • Mit einem großen und vielen kleinen Hieben verteilte der Scriba mit hochrotem Kopf die relevanten Unterlagen der letzten Monate (und später auch Jahre) auf dem massiven Steintisch. Lucilla, Draba und Avarus saßen daran und machten sich sogleich darüber her. Schon bald war klar, das das abendliche Mahl wohl auch dem Zwecke des "Augenzu und durch" gelten sollte, doch da war man beim Legaten natürlich an der falschen Adresse angelangt.


    Die Listen stimmten vorn und hinten nicht. Hier waren Orte eingetragen, die schon zu lange keine Mansio mehr hatten, dort Wege durchgestrichen und durch wage Pinseleien übertünscht. Wieder ein Beispiel, wo die Namen der Tabellarii nicht auftauchten oder ihre Ausrüstungsgegenstände nie abgeglichen wurden. Einzigst am späten Abend gab es noch einen Lichtblick, denn das Geld stimmte komischerweise. Wahrscheinlich war der Stationarius vielmehr der Kaufmann, als der Buchhalter und da jener in gesetzen Alter war, entschied sich Avarus dafür zwei der Scriba mit dem nötigen Aufwand zu beschäftigen und eben besser jene Einzuweisen.


    Gut am Ende tat dies Lucilla, aber sie war dafür auch besser geeignet als Senator Germanicus, der wohl selbst heute noch so seine Schwierigkeiten mit dem einfachen Bürokratenleben hatte. Stattdessen hatte er es sich auf einer der unzähligen Außenterassen bequem gemacht und überprüfte die Wartungslisten der Station von Haus, Schuppen, Stall, Wägen und allerlei sonstigen Ausrüstungsgegenständen. Viel Arbeit, die er einige Stunden später mit einem zufriedenen Blick beendete, denn diese stimmten bis auf den Sesterz genau.


    So begab er sich wieder hinunter und ahnte ein Augenrollen bei Lucilla entdeckt zu haben. So setzte er sich dazu und hörte ihren Ausführungen zum Listenführen trotzdem eher nebensächlich zu. :D

  • Man mag gar nicht glauben, auf was es bei der Führung von einfachen Verwaltungslisten ankommt, doch Lucilla könnte endlos darüber reden, nicht umsonst ist sie mit hispanischer Verwaltung groß geworden und selbst dort gelandet. Die Scribae sind auch noch interessiert, machen sich munter Notizen und stellen immer wieder Nachfragen. Doch letztenendes ist alles geklärt, was sie wissen müssen und die zwei verlassen eifrig über die neuen Erkenntnisse diskutierend das Officium.


    Lucilla schaut lächelnd zu Avarus. "Fertig." Sie atmet tief durch. "Ich kann es gar nicht glauben, das war tatsächlich die letzte Station für diese Reise. Ich glaube, ich bin wirklich froh, wenn wir wieder in Rom sind. Nichts ist so schön an Zuhause, als wenn man nach einer langen Reise wieder zurückkehrt." Sie packt ihre Notizen zusammen und gemeinsam gehen sie zurück zu den Gästequartieren.


    Den Abend müssen sie schließlich auch alleine verbringen. Der Stationarius hat sich und seine Frau entschuldigen lassen, was er zutiefst bedauert, doch wichtige familiäre Umstände zwingen ihn dazu, dem Essen nicht beiwohnen zu können.
    "Vermutlich will er sich nicht deine Rügen anhören müssen." kichert Lucilla und nimmt sich eine Kirsche aus der Obstschale auf dem Tisch.
    Gerade werden erst die Getränke herbeigebracht, da kommt Postumius Figulus, der zweite Tabellarius aus Rom, in das Atrium. "Legatus, Praefecta." Er nickt beiden zu. "Ich war am Hafen. Es gäbe ein geeignetes Schiff nach Rom, allerdings hat es zwei Nachteile. Der erste ist, es fährt schon morgen früh, das Gepäck müsste also heute Nacht noch verladen werden. Es liegt noch ein weiteres Schiff im Hafen mit Ziel Rom, allerdings läuft das erst in zwei Tagen aus und legt noch einen längeren Zwischenstopp zur Warenübergabe in Carthago ein. Das nächste Schiff nach Rom wird für übermorgen erwartet, es würde jedoch auch noch zwei bis drei Tage im Hafen liegen, bis es sich auf den Rückweg macht."
    Lucilla rechnet schon einmal nach, wann sie in Rom sein könnten, wenn sie am nächsten Tag aufbrechen würden. Zwar würde das bedeuten, dass sie keine Gelegenheit mehr zum Einkaufsbummel in Antipyrgos bekommen würde, doch in weiser Voraussicht hatte sie auf der Reise immer wieder einmal ein paar Kleinigkeiten gekauft, so dass mittlerweile zwei Reisetruhen voll mit kostbaren Errungenschaften gefüllt sind. Die fehlende Gelegenheit wäre also zu verschmerzen. "Und der zweite Nachteil?" fragt sie vorsichtig nach.
    Figulus grinst verlegen. "Es ist ein Tiertransport."
    "Ein Tiertransport?" Lucillas Augen weiten sich.
    "Ja, allerdings ist das Schiff daher recht groß und robust. Und es wird nur ein einziges Tier an Bord sein."
    "Was für ein Tier?"
    "Ein Nashorn. Der Käfig steht schon auf dem Schiff und ich habe es gesehen. Es ist ganz friedlich, liegt in seinem Stroh und döst vor sich hin. Der Geruch hält sich wirklich in Grenzen und wenn das Schiff ersteinmal Fahrt aufgenommen hat und der Wind weht, dann wird man sicherlich nichts mehr davon bemerken. Ansonsten wäre das Schiff mehr als geeignet."
    Lachend greift Lucilla nach einer weiteren Kirsche. "Ich habe noch nie ein Nashorn aus der Nähe gesehen. Was meinst du, Avarus?"

  • "Ja Rom hat uns schon gefehlt die letzten Wochen, doch muß ich gestehen, das meine Sehnsucht nach Mogontiacum stärker war. Aber das liegt wohl an den unmenschlichen Temperaturen hier und daran, das es in Rom nicht viel anders sein wird." Ein leiches Lächeln überfällt ihn, bevor sie sich in ihre Gemächer zurück ziehen.


    Das Abendmahl nehmen sie dann alleine ein. Der Stationarius ließ sich entschuldigen und Avarus hatte dafür eine andere Erklärung, nämlich jene der eingestandenen Niederlage beim Versuch den Legaten zu bestechen. Aber er behielt dies für sich, denn auch Wände hatten hier Ohren. So nickte er nur Lucilla zu und wand sich dem Nachtisch zu.


    Die Ruhe wurde dann von Postumius Figulus gestört, einem emsigen jungen Mann, der durch sein Organisationstalent auf der gesamten Reise aufgefallen ist und wohl ein zwei Stufen im Verwaltungsapperat des Cursus Publicus aufsteigen würde, wenn sie ersteinmal Rom erreicht hatten und die Wellen geglättet waren.


    Avarus hörte den Ausführungen genau zu, konnte sich zwar nicht wirklich mit dem Nashorn anfreunden, denn ersteinmal in Rage sollte dieses wohl in der Lage sein, das Schiff zu zerlegen und auf den Grund des Mare Internum zu befördern. Doch war die Aussicht noch weitere geschlagene fünf Tage in Antipyrgos zu verbringen und das neben einem Stationarius der sie nicht wieder zum Essen lud, auch nicht gerade rosig.


    "Wir nehmen den Viehtransport, werden aber nicht bis zu seinem Ziel, ich nehme an es wird Ostia sein?! mitreisen, sondern in einem kleineren Hafen, vielleicht Ardea von Bord gehen."

  • Einen gemütlicheren Abend hätten sie haben können, wenn sie sich für eine spätere Passage entschieden hätten. Doch so wuselte der ganze Staat umher, packte Kisten und Bündel zusammen, schnürte Aufzeichnungen in Pakete und rollte wichtige wie unwichtige Papyrusrollen zusammen. Die vielen Gedanken der Reise waren erst spät in der Nacht zusammen geräumt und in Form von Geschenken, Andenken und Mitbringseln in dunklen Holzkisten verstaut.


    Die Sklaven und Tabellarii hatten noch fast bis zum Morgengrauen zu schaffen, während sich Lucilla und Avarus zu einem kurzem Schläfchen zurückziehen konnten.


    Als sie am recht frühen Morgen nur mit einem knappen Mahl gesättigt zum Schiff gingen, war die Wüste bereits hinter ihnen. Die Reise hingegen wartete noch mit einer langen Seefahrt auf.
    Der Transporter war wahrlich ein imposantes Schiff, das nur für ein Tier vorgesehen war, jetzt jedoch einige Weitere aufnahm. Dazu kamen noch Passagiere. Man hatte in der kurzen Zeit nur wenig Annehmlichkeit schaffen können, doch mit einer Zeltstadt in der tiefsten arabischen Wüste konnte es schon mithalten.


    So stand Avarus am Anlegeplatz und blickte den Vögeln beim Morgenmahl zu...

  • Etwas später trifft auch Lucilla am Anlegeplatz ein, sie hat mit Ambrosius im Schlepptau noch ein paar Kleinigkeiten auf dem Markt gekauft und anschließend Merkur und Neptun geopfert, damit nun, schon fast zuhause, die Reise nicht noch eine ungute Wendung nimmt. Sie stellt sich neben Avarus und schaut zum Schiff hin. "Hoffentlich gibt es keinen Sturm. Ich habe schon ein bisschen Angst davor, dass die ganzen Tiere aus ihren Käfigen ausbrechen könnten. Wenigstens gibt es für jeden von uns eine Kabine, eine davon soll sogar größer sein als die auf dem Schiff bei der Herreise."


    Die letzten Kisten werden an Bord geschleppt und der Kapitän winkt ihnen, dass sie so langsam auf das Schiff kommen sollen. Lucilla schaut sich nochmal nach der Stadt um und geht vor Avarus die Planke hinauf. Auf Deck herrscht noch etwas Chaos, das Nashorn tigert unruhig in seinem Käfig hin und her und steckt einige der anderen Tiere mit seiner Nervosität an. Überall werden die letzten Kisten verstaut, dann ist das Schiff endlich so weit abzulegen. Die Seemänner gehen auf ihre Posten, die Leinen werden losgemacht, die Segel gesetzt und das Schiff aus der Hafenmole manövriert.


    Lucilla und Avarus stehen am Heck des Schiffes und schauen der kleiner werdenden Stadt Antipyrgos und der Wüste darum herum nach. Lucilla lehnt sich unauffällig an ihren Verlobten. "Das war ein wirklich ein Abenteuer. Wenn du wieder mal eine Inspektionsreise machst, dann werde ich dich begleiten. Nicht mehr als Praefecta, aber als Ehefrau kann ich dich ja auch nicht so lange alleine weg lassen." Ein zufriedenes Lächeln legt sich auf ihr Gesicht. Trotz der Strapazen auf einigen Teilen der Reise und trotz der Tatsache, dass sie froh ist, dass es nun wieder nach Rom geht, sie möchte die letzten Wochen um nichts in der Welt missen.



    /edit: Link

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