• Zitat

    Original von Roxane


    Seiana erwiderte das Lächeln, wenn auch nur auf ihre typische, kühle Art. „Das klingt gut“, antwortete sie. „Falls es sich doch verzögern sollte, wäre es gut du würdest mir eine kurze Botschaft zukommen lassen.“* Wieder ein kühles Lächeln, wieder keine Bemerkung zum Hintergrund, der für Seiana so offensichtlich war, dass sie es nicht für nötig hielt ihn zu erwähnen – Zuverlässigkeit war ein weiterer Punkt, auf den es bei einem Subauctor ankam. Freie Mitarbeiter hatten da ein wenig mehr Freiheiten, aber auch bei diesen erwartete Seiana ein Mindestmaß an Zuverlässigkeit, insbesondere dann, wenn sie sich bereits für das ein oder andere Thema gemeldet hatten. „Dann bin ich bereits gespannt auf deinen Beitrag. Vale“, entließ sie Roxane anschließend mit einem leichten Nicken, und widmete sich wieder ihrer Arbeit, als diese gegangen war.



    Sim-Off:

    *SimOff kannst du natürlich gern so lang brauchen, wie du möchtest

  • Zitat

    Original von Caius Columnus


    Eine einzelne zarte Falte erstreckte sich über die gesamte Stirn des jungen Flaviers, die sich mit jedem Wort des Subauctors tiefer einzugraben schien. Im Grunde war er gewillt, sofort aufzustehen und zu fordern, zu einem Auctor geführt zu werden, doch irgendetwas - und das waren nicht seine guten Manieren - hielt ihn davor zurück. Womöglich war dieser Mann, so sonderbar er Flaccus auch anmutete, doch eine ergiebige Informationsquelle, doch das würde sich schon in Kürze offenbaren. Er brachte also die Wachstafel aus dem sinus seiner toga zum Vorschein, schnappte den Griffel und blickte Caius Colomnus an. Der war jedoch offenbar nicht gewillt, einfach loszuplaudern, sondern schien Namen hören zu wollen. Nun gut, dann sollte er Namen haben. "Nun, zum Beispiel Medicus Germanicus Avarus, was weißt du über ihn?", begann er, "Oder Lucius Annaeus Florus, Lucius Aelius Quarto ... kannst du mir etwas über diese Männer berichten?" Neugier sprach aus dem Blick des Flaviers, denn er war in der Tat neugierig, ob der GROSSE Caius Columnus ihm etwas über den momentanen Einsatz dieser Männer würde berichten können.

  • Sie nickte kurz bestätigend und machte sich eine geistige Notiz deswegen, allerdings würde es wohl nur Zeitprobleme geben, wenn ihr nichts einfallen wollte oder sie plötzlich noch weitere Aufgaben finden würde. So versprach sie denn noch einmal eine baldige Lieferung und erwiederte knappaber freundlich die Verabschiedung, ehe sie wenig später das Haus verließ, tief in Gedanken und bei der ein oder anderen Idee.

  • "Moment, moment, moment...", bremste Caius mit väterlich-hochmütiger Miene den jungen Mann, und schaltete augenblicklich auf die verschwörerische Geschäftsmanier um, die er sich in tausenden Mauscheleien zur Informationsgewinnung autodidaktisch (und nur allzu oft sehr schmerzhaft) selbst beigebracht hatte, "..damit wäre erst einmal klargestellt, was du verlangst. Aber offen steht immernoch was du bietest. Es gibt nicht viel, womit man die Acta beeindrucken könnte. Geschweige denn mich... aber damit du weißt, was du dir da leistest hier ein kleiner Vorgeschmack: Senator Medicus Germanicus Avarus hat zum letzten Mal vor mehr als zehn Jahren Spiele ausgerichtet, die letzte Volksspeisung ist wohl mindestens genauso lange her. Sein Engagement richtet sich unseres Wissens nach vor allem auf die manigfalten Ämter die er... ausfüllt.. aber seit seiner Ernennung zum Legaten des Cursus Publicus, interessanterweise direkt nach den letzten durch ihn abgehaltenen Spiele, ist es recht still geworden um den alten Mann. Achja... seit acht Jahren ist er nun Patron der Civitas Mogontiacum, allerdings haben sich unsere Quellen aus eben jener über die Tätigkeit des Stadtpatrons als Stadtpatron bisher ausgeschwiegen. Was im Endeffekt bedeutet: seine Tätigkeit als Stadtpatron ist nicht unbedingt der Tätigkeit eines Stadtpatrons als Stadtpatron darzustellen. Allerdings hält der Mann sich gerade in Mogontiacum auf, daher gehe ich davon aus in nächster Zeit Nachricht von seinem Treiben dort zu erhalten, wenn du verstehst was ich meine."
    Das sollte als Vorgeschmack reichen, und Caius war mehr als nur gespannt darauf wie der Flavier es vergelten wollte. Billig waren Informationen nicht...

  • Keineswegs war Quintus Flavius Flaccus ein solch naiver junger Mann, weltfremd und verklärten poetisch-kindlichen Gemütes, dass er erwartet hätte, seine Informationen der bloßen Ehre wegen, einem Flavius zu Diensten zu sein können, zu bekommen. Zwar war er in seine liebste Beschäftigung durchaus im musischen Bereich und auch die poetische Gedankenwelt jene, die ihm am meisten zusagte, doch hatten ihn die Götter mit messerscharfer Intelligenz in ebensolchen Maßen wie kombinatorischem Geschick und einer nüchterner Sicht der Dinge bestückt. Und tatsächlich schien dieser Columnus eine brauchbare Quelle zu sein, begann er schließlich spontan, gerade für den jungen Flavier, der die letzten drei Jahre nicht in Rom, ja nicht einmal in Italien geweilt hatte, überaus kostbare Informationen wie ein Wasserfall auszuspucken. Gar nicht schnell genug konnte Flaccus mit seinem Griffel in die mitgenommene Wachstafel ritzen, um sich zumindest die wichtigsten Fakten zu notieren, so zügig und in solchem Überschwang sprudelten die Worte des seltsamen Auctors Subauctors. Schließlich jedoch schien das gewaltige Strömen des Flusses langsam abzunehmen, ehe die letzten Tropfen schließlich noch aus dem Munde des Columnus zu triefen schienen, bis die Quelle gänzlich versiegte. Etwas verdutzt und mit großen dunklen Augen blickte Flaccus abwechselnd auf seine bis zur letzten Ecke vollgekritzelte Wachstafel und den Mann vor sich. Nur einen Augenblick jedoch währte dieser kurze Moment des Erstaunens, ehe Flaccus sich wieder gänzlich unter Kontrolle hatte, langam zurücklehnte, die Hände vor der Brust verschränkte und Columnus mit leicht gerunzelter Miene anblickte.
    "Ich sehe, du bist tatsächlich nicht der Falsche für diese Aufgabe, und doch ...", wandte er sofort ein, und ließ seinen Blick nochmals über die Notizen schweifen, " ... und doch sind diese Informationen gänzlich eigentlich nichts besonderes. Nichts allzu detailliertes, ja nichts sensationelles ... Ich könnte sie sicherlich auch von jedem beliebigen bekommen, den ich auf der Straße treffe ... Was aber ist es, das mir nur der große Caius Columnus bieten kann?", fuhr er mit bedächtiger Miene fort. "Und falls es tatsächlich so etwas geben sollte, was mir nur der große Caius Columnus und nicht jeder Acta-Laufbursche geben könnte ...", meinte er berechnend, " ... Was würde der große Caius Columnus dafür erwarten?"

  • Durch den Aufenthalt in Ostia hatte sie erst verspätet von dem Schreiben erfahren und wurde dann noch durch einige andere Dinge zwei weitere Tage aufgehalten, doch nun hatte sie sich die Zeit herausgenommen und zum Domus der Acta begeben. Sie hoffte, dass ein persönliches Schreiben der Auctrix etwas Gutes verhieß und so klopfte sie einmal mehr an die Türe des Hauses. Nach einer kurzen Aufklärung ließ man sie eintreten und führte sie in die Nähe des Officiums und bat sie zu warten, da zu klären wäre, ob Decima Seiana Zeit habe. So saß sie nun dort und wartete ungeduldig geduldig - nun es war wohl sogar leichte Nervosität in ihr - und bedachte zugleich die Geschehnisse in Ostia, welche doch teilweise sehr eigenartig waren. Schließlich trat man wieder auf sie zu und sie sah fragend auf.

  • Es hatte ein wenig länger gedauert, als Seiana erwartet hatte – aber schließlich bekam sie die Meldung, dass Roxane gekommen war. Sie beendete noch die Arbeit, an der sie gerade saß, dann ließ die Frau zu sich hereinbitten. „Roxane. Salve“, grüßte sie sie und bedeutete ihr mit einer Handbewegung sich zu setzen, bevor sie ihr etwas zu trinken anbot. „Hab dank für die Artikel, die du abgeliefert hast.“ Seiana lächelte knapp. Dass sie bereits veröffentlicht worden waren, bemerkte sie nicht extra. Sie ging davon aus, dass Roxane das bereits wusste. Einen Augenblick musterte sie die Frau schweigend, bevor sie unvermittelt fragte: „Wie war das Schreiben für dich?“

  • Sie betrat den Raum und grüßte die Frau ihr Gegenüber. "Ich grüße Dich, Decima Seiana," erwiderte sie die Begrüßung und nahm dann sowohl Platz als auch dankend das Getränk entgegen. "Nichts zu danken. Es war so ausgemacht und ich pflege mich an mein Wort zu halten." Eine wichtige Lektion ihres Großvaters. Eigentlich die Wichtigste: gebe nie Dein Wort, wenn Du nicht voll und ganz dahinter stehst oder es nicht zu halten gedenkst. Die nächste Frage kam überraschend, andererseits aber war sie wohl durchaus berechtigt. "Nachdem ich erst einmal zu Themen gekommen bin, war es nicht weiter schwer. Man könnte fast sagen, die Worte fanden fast von selbst auf die Schreibtafel."

  • Seiana nickte leicht, während Roxane sprach. Wort gehalten hatte sie in der Tat, mehr noch, sie hatte mehr als einen Artikel abgeliefert. Und sie war eine Schreiberin von dem Format, die die Acta gebrauchen konnte. „Fast von selbst?“ wiederholte Seiana und lächelte erneut, diesmal nicht ganz so höflich reserviert wie zuvor – aber undurchschaubar. „Die Formulierung ist interessant.“ Das Lächeln verstärkte sich ein wenig und wurde hintergründig, aber Seiana verzichtete auf eine weitere Diskussion darüber. „In jedem Fall klingt es danach, als hättest du Freude am Schreiben. Bei deinem letzten Besuch warst du dir allerdings noch unsicher, ob du für einen Posten als Subauctrix geeignet bist. Hast du deine Meinung in der Zwischenzeit geändert?“


    Natürlich hätte sie das Ganze anders formulieren können. Sie hätte eine positive Sichtweise wählen können, hätte darauf hinweisen können, dass Roxanes Artikel ein gewisses schreiberisches Können bewiesen, hätte sagen können, dass sie es der Peregrina zutraute. Dass sie sie als Subauctrix wollte. Aber Seiana hielt nicht viel davon, ihren Mitarbeitern freundlich zuzureden. Sie hatte genug zu tun, sie konnte nicht auch noch den Kummerkasten für die Acta-Schreiber spielen. Wenn ein Subauctor darauf angewiesen war, Mut zugesprochen zu bekommen, um gute Leistung zu liefern, dann war er in ihren Augen nicht sonderlich geeignet. Natürlich motivierte sie ihre Mitarbeiter – aber sie hatte ihre eigene Art. Und diese hatte wenig damit zu tun, ihre Leute zu hegen und zu pflegen. Seiana war eher der Auffassung, dass sie sie förderte, indem sie sie forderte. Wer sich seine Motivation und sein Selbstvertrauen auf andere Art holen musste, konnte das tun, aber von ihr konnte das niemand erwarten. Entsprechend verhielt sie sich nun. Wichtig war Seiana zu wissen, dass Roxane es sich selbst zutraute, als Subauctrix tätig zu sein.

  • Sie nickte leicht. "Ja, das stimmt. Ich war mir unsicher, weil ich darin wenig Erfahrung hatte. Geschäftsberichte, Zahlen, Statistiken, ja, damit bin ich groß geworden, aber sowas hatte ich bisher nicht. Aber ja, es hat mir Freude gemacht und ich denke, ich würde es gerne als Subauctrix versuchen."
    Viel mehr konnte sie da noch nicht zu sagen, denn es war noch abzuwarten, welche Bedingungen und Vorgaben daran geknüpft waren, prinzipiell war sie jedoch sehr offen für das Thema und gespannt darauf, was Decima Seiana dazu noch zu sagen hatte.

  • In ihrem Stuhl zurück gelehnt lauschte Seiana den Worten der Peregrina. Ihre Miene blieb dabei ausdruckslos, verriet nichts darüber, was sie wohl denken oder von Roxanes Worten halten mochte. Sie antwortete auch nicht sofort, nachdem die andere geendet hatte, sondern ließ einen Moment verstreichen.


    „Nun“, machte sie dann. „Als Subauctrix solltest du regelmäßig schreiben. Solltest du dafür keine Zeit haben, wäre es angebrachter, wenn du zunächst einfach als freie Mitarbeiterin tätig bist. Deine Artikel lieferst du hier ab. Sollten sie den Ansprüchen nicht genügen oder in irgendeiner Form zu weit gehen, werden sie überarbeitet werden, oder gegebenenfalls auch nicht publiziert. Ein wie auch immer geartetes Recht auf Veröffentlichung hast du nicht, das sollte dir klar sein.“ Seiana musterte die Peregrina einen Augenblick lang schweigend, bevor sie fortfuhr: „Wenn du also die Zeit hast, regelmäßig zu schreiben, und mit den weiteren Vorgaben einverstanden bist, dann versuchen wir es mit dir als Subauctrix.“

  • Sie lauschte den Worten und nickte verständig. "Ich würde mich da nach den Bedürfnissen der Acta richten. Wenn Regelmäßigkeit gefordert ist, sollte dies wohl drin sein. So denn die Regelmäßigkeit nicht täglich ist," schmunzelte sie leicht. "Ich hätte auch schon einige Ideen, wenn ich diese mit Dir denn besprechen dürfte?" Sie sah sie fragend an.

  • Seiana musterte die Peregrina bei ihrer Antwort, aber aus ihrer Miene – oder ihrem Tonfall – konnte sie nicht entnehmen, ob sie mit den Anforderungen ein Problem hatte, oder mit den deutlichen Worten. „Nein, täglich wird nicht vonnöten sein“, antwortete sie, ohne das Schmunzeln zu erwidern. Anschließend allerdings hob sie leicht die Augenbrauen, als Roxane davon anfing, bereits Ideen zu haben, die sie mit ihr besprechen wollte. Sie nickte auffordernd. „Gerne.“

  • "Nun," begann sie. "Mir ist aufgefallen, dass die Nachrichten aus den Provinzen recht wenige derzeit sind. Dies ist sicher dem Wetter geschuldet aber vielleicht auch, dass zu wenig Möglichkeiten bestehen Leute dort hin zu senden. Ich bin mir nicht sicher, wie lange zum Beispiel eine Reise nach Germanien dauern würde, aber ich würde mich durchaus bereit erklären bei Bedarf nach Germanien oder Gallien zu reisen und zu berichten. Nicht dauerhaft, muss ich gestehen, aber doch für aktuelle Ereignisse. Des Weiteren musste ich feststellen, das die Römer selber nur sehr wenig über ihre eigenen Monumentalbauten und großen Menschen wissen. Ich würde dies gerne ändern, angefangen mit einem Bericht über das Flavische Amphitheater, vielleicht zu den nächsten Spielen und bis dahin "nur" normale Berichterstattung." Aufmerksam betrachtete sie Decima Seiana ob ihre Vorschläge Anklang fanden.

  • „Nun... nach Germanien wirst du einige Wochen unterwegs sein. Lediglich für aktuelle Ereignisse nehmen die meisten eine solch lange und beschwerliche Reise – die noch dazu mit erheblichen Gefahren verbunden ist – nicht auf sich. Die Acta arbeitet mit den Informanten und Schreibern vor Ort, aber wie du richtig bemerkt hast, dauert es eine Weile, bis Botschaften ankommen.“ Sie machte eine kleine Pause, bevor sie fortfuhr: „Wenn es dir tatsächlich ernst damit ist, werde ich dich selbstverständlich nicht daran hindern. Du solltest nur die Gefahren einer Reise mit dem jeweiligen Nutzen sorgfältig aufwiegen.“ Erneut eine kleine Pause, bevor sie sich dem nächsten Themenvorschlag zuwandte. „Was das Wissen der Römer um ihre eigene Geschichte, ihre herausragenden Bauten oder Menschen geht – ich weiß nicht, mit welchen Römern du gesprochen hast, aber ich bezweifle doch stark, dass das Wissen über elementare Bereiche unserer Kultur so minimal ist, wie du offenbar denkst.“ Jetzt zeigte sich ein vages Lächeln auf ihren Zügen, das eine winzige Note Herablassung in sich tragen mochte. Noch weniger konnte sie sich vorstellen, dass eine Partherin mehr wusste über Rom als ein Römer, auch wenn sie das scheinbar selbst glaubte. Aber mit etwas Recherche traute sie ihr dennoch zu, vernünftige Artikel zu diesem Thema zu schreiben. „Selbstverständlich kannst du dennoch über diese Themen schreiben. Sie eignen sich sehr gut für den kulturellen Teil.“

  • "Mhm," machte sie nachdenklich und nickte schließlich. "Gut, wenn mich meine anderen VErpflichtungen nicht zu sehr beanspruchen, würde ich gerne für eine Weile dann dorthin gehen wenn es nötig sein sollte." Die kleine Abenteurin steckte halt immer noch in ihr. "Nun," meinte sie nachdenklich. "Ich hatte so den Anschein, denn viele konnten mir zwar etwas erzählen über die Bauwerke, aber irgendwie schienen diese auch immer nur Teile zu wissen. Aber ich werde gerne etwas dazu verfassen. Persönlich finde ich es sehr spannend." Dann fiel ihr noch etwas ein. "Gibt es etwas, wo Du sonst wünschst, dass ich da aktuell drüber schreibe?"

  • “Und wie alt ist die Meldung?“
    Als gegen Mittag der Bote aus Mantua gekommen war, mit der Bitte der dortigen Stadtverwaltung, die Todesliste der Stadt doch einfach öffentlich zu drucken, stand Axilla etwas neben sich. Natürlich hatte sie auch die Gerüchte gehört, in Mantua solle es eine Seuche geben. Aber über das genaue Ausmaß und die Schwere war einfach nichts bekannt gewesen. Es waren eben Gerüchte, und denen konnte man nicht trauen. Schon gar nicht zu einer Zeit, wo Nemi wieder in aller Munde war, da der Senat endlich mal etwas unternahm. Da konnte man sich nicht auf Meldungen verlassen, Pluto würde umgehen. Das waren meist Übertreibungen.
    Eine Todesliste aber war keine Übertreibung. Die war greifbar, wertbar, unumstößlich. In Mantua starben wirklich Menschen an der mysteriösen Krankheit. Viele Menschen. Sehr viele Menschen. Die Liste der Verstorbenen war lang, und vermutlich würde sie noch länger werden.
    “Immernoch drei Tage.“ Inzwischen war der ein oder andere Schreiberling im Domus der Acta von Axilla schon etwas genervt. Sie fragte nicht zum ersten Mal. Noch nicht einmal zum zehnten Mal. Vermutlich war sie inzwischen beim zweiundvierzigsten Mal angelangt, und auch dem geduldigsten Subauctor ging irgendwann die Gelassenheit aus.


    Axilla nickte stumm und malträtierte wieder ihre Unterlippe. Wieder ging sie die Namen durch. Jeden einzelnen, damit sie den einen Namen, den einzigen Namen, der sie interessierte, nicht überlesen würde. Sie hatte die Liste zwar mindestens ebenso oft gelesen, wie sie nach deren Aktualität gefragt hatte, aber vielleicht hatte sie ihn ja dennoch überlesen? Und überhaupt, wenn die Meldung schon so alt war, was hieß das dann schon, wenn er nicht auf der Liste stand? Was er nicht tat. Und er war ja auch im Legionslager vor der Stadt und nicht mitten in Mantua. Aber wer konnte schon sagen, dass die Seuche nicht auch dahin gelangen würde? Wer wusste schon, warum sie überhaupt ausgebrochen war? Wenn es wirklich Pluto war, der so durch die Straßen wandelte...
    “Und wann kriegen wir neue Meldungen?“
    “Na, woher soll ich das denn wissen? Ist sowieso erstaunlich, dass wir überhaupt welche bekommen, wo die da doch sterben wie die Fliegen.“
    Der metallische Geschmack von Blut breitete sich in Axillas Mund auf, als sie ihre Unterlippe nach langer Tortur doch endlich blutig gebissen hatte. Nur in diesem Moment erstarrte sie kurz und sah den Subauctor vor ihr erschreckt an. “So schlimm ist es?“
    “Na, aber hallo! Mach doch mal die Augen auf! Lies dir die Namen durch! Wieviele sind es? Fünfzig? Sechzig?“
    “Sechsundachtzig“, murmelte Axilla halblaut. Sie musste überlegen.
    “Ist noch einer von uns da?“
    “Wie, einer von uns? Von der Acta? Bist du verrückt?“
    “Ja, aber... ich meine, das interessiert die Leute doch, wie es nun da aussieht, und wie schlimm es ist, und... so.“
    “In Ordnung. Du BIST verrückt. Sicher interessiert das die Leute, aber die können ja gerne hingehen und sich anstecken und dann selber tot im Graben liegen.“
    Bilder formten sich in Axillas Geist. Graue Augen, starr ins Nichts blickend, scharfe, starke Züge, nun blass und leer und tot, kalte Erde und Raben, die auf ihre Mahlzeit schon warteten. Es schüttelte sie. “Ich könnte gehen.“
    Es folgte ein Moment des Schweigens, in der ihr Gegenüber Axilla einfach nur anstarrte. “Gut, jetzt ist es amtlich. Du bist durchgeknallt. Du willst gehen? Nach Mantua? Wenn du Todessehnsucht hast, kannst du dir auch die Pulsadern im Bad öffnen.“
    Verlegen kratzte sich Axilla am Unterarm. “Ja, aber... ich meine, ich muss ja gar nicht krank werden. Wenn ich nur kurz nachschaue, bei der Legio vielleicht, ganz in Sicherheit...“
    Ihr Gegenüber bekam einen sarkastischen Lachanfall. “Ja, genau. Iunia packt ihre Koffer und schnappt sich höchstselbst einen Wagen, mit der sie die ganze Strecke bis nach Mantua hinaufrollt und berichtet dann sehr ausführlich über das Leichenfeld und die Reste unserer Legion.“
    Eigentlich hatte Axilla vor, sich ein Pferd zu kaufen und zu reiten. Vielleicht. Sie könnte sich als Junge verkleiden. Würde sicher keiner merken. Und zum Schutz konnte sie Malachi mitnehmen. Sie würde nicht mehr als vier Tage brauchen. Vielleicht fünf.
    “...Und diese werden sie natürlich mit offenen Armen empfangen, weil alles, was Ihnen zu ihrem Glück fehlt, ein Subauctor der Acta ist. Damit sind natürlich alle Probleme gelöst, weil ja JETZT jemand da ist, dem sie ihr Leid klagen können. Genau.“
    Axilla fühlte sich gerade elend dumm und einfältig. Natürlich hatte der Mann hier recht. Natürlich konnte sie nicht nach Mantua gehen. Natürlich hatten die da ganz andere Sorgen. Aber sie konnte doch nicht hier sitzen und nichts tun. Was interessiert er dich überhaupt. Du interessierst ihn auch nicht. Du bist niemand...
    “Ja, ich denke, du hast recht.“ Es klang nicht einmal für sie überzeugend. Und auch, wenn sie noch so sehr daran dachte, dass er sie vermutlich nicht einmal sehen wollte, sie konnte nicht aufhören, darüber nachzudenken, ob er noch lebte, und ob es ihm gut ging. Wenn er tot wäre... Axilla wusste nicht, was dann passieren würde. Sie wollte nicht einmal darüber nachdenken.

  • „Wenn du das gerne möchtest, kannst du das selbstverständlich tun“, nickte Seiana. Die Subauctores arbeiteten weitestgehend selbstständig, wenn die Peregrina also das Risiko eingehen wollte, war es ihre Sache.
    Bei den folgenden Worten zog Seiana nur eine Augenbraue hoch. Sie wusste nicht, mit welchen Römern Roxane gesprochen hatte, aber sie konnte nicht so recht glauben, dass tatsächlich jeder nur Teile darüber gewusst hatte. So oder so hielt sie es jedoch für müßig, mit ihr darüber zu diskutieren. Wenn sie über die Bauwerke schreiben wollte: wunderbar. Derartige Texte fanden immer ihren Platz in der Acta. „Wie gesagt: du kannst gerne darüber schreiben. Ich würde mich freuen, wenn wir einige Artikel dieser Art in der Acta veröffentlichen können.“ Diesmal folgte ein knappes Lächeln, gefolgt von einem angedeuteten Kopfschütteln. „Nein, im Augenblick nicht. Politische Themen bieten sich immer an. Berichte über laufende Gerichtsverfahren. Aber aktuell kann ich dir kein spezifisches nennen.“

  • "Gut," nickte sie nur. "Dann werde ich mich, Dein Einverständnis vorausgesetzt, nun verabschieden und Dir in naher Zukunft meinen ersten Artikel bringen." Sie wartete noch, dass Seiana sie verabschiedete und machte sich dann auf den Weg. Es lag viel Arbeit vor ihr.

  • Ein Botenjunge trat an die Tür heran und wartete darauf, das man ihn einließ. Er hatte Order den Brief nicht nur einfach abzugeben, sondern darauf zu bestehen, dass er ungeöffnet bis zu einer gewissen Person vorgelassen zu werden hatte. Nun, zumindest der Brief. Ihm selber wars egal. Die Bezahlung war gut gewesen und das hier sein heute letzter Auftrag. Noch einmal klopfte er vernehmlich, weil sein erstes Klopfen wohl in Gedanken zu leise war, dann übte er sich in Geduld.

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