Cubiculum | Caius Flavius Aquilius

  • Dass sie ein Amulett unter dem Bett versteckt gehabt hatte, überraschte mich dann doch - aber im Grunde durfte es mich nicht wundern, war das doch eine fast typisch weibliche Angewohnheit, überall und an jeder Ecke irgendeinen nutzlosen Tand auszustreuen. Auch meine Mutter hatte dieser Unsitte gefröhnt, und nicht nur einmal hatte ich als Junge den ganzen Kram unter meiner Matratze hervorgekramt und weggeworfen - um dann übel ausgeschimpft zu werden. So hatte ich eine gewisse Übung darin, nicht allzu unerfreut auszusehen, als sie mir das Ding überreichte - zumindest als Handarbeit war es hübsch anzusehen, offensichtlich hatte sie geschickte Finger. Vielleicht würde es sich lohnen, sie ein Handwerk lernen zu lassen - etwas, wofür man eine gute Fingerbeherrschung benötigte. Beispielsweise das Mischen von Düften oder etwas in der Art, solche Kenntnisse waren immer gefragt.


    "Danke," sagte ich und betrachtete das 'Sonnenrad' eingehender. Nunja. Wenn es sie beruhigte, warum nicht. Frauen waren, was solche Dinge anging, ohnehin sonderbar. "Sei so gut und leg es auf den Tisch am Fenster, damit es hier nicht herunterfällt," meinte ich nach einer Weile und reichte es ihr zurück. Direkt neben dem Bett musste ich so etwas wirklich nicht haben, es würde sich noch ein Platz dafür finden lassen, damit es nicht im Weg war. Wie immer ein Kompromiss, wie ich ihn auch schon mit meiner Mutter letztendlich hatte eingehen müssen. Vielleicht sollte ich eine Mars-und-Venus-Statuette aufstellen lassen, beizeiten.
    "Was Deine Kleidung angeht, bin ich nicht zufrieden, in den nächsten Tagen werden wir dem abhelfen und dich neu einkleiden, wie es diesem Haushalt angemessen ist."

  • Nun, ich hatte so meine Zweifel, ob er wirklich etwas mit Brigids Sonnenrad anfangen konnte. Wenigstens versuchte er ja etwas Interesse zu zeigen. Schließlich hatte er von meinem Göttern genauso wenig Ahnung, wie ich von den Seinen. So legte ich es sorgfältig hinüber auf den Tisch, damit es nicht Schaden nehmen würde.
    Nachdem er mir auch nun noch angekündigt hatte, es würde für mich neue Kleider geben, konnte ich nicht mehr an mich halten und ging zu ihm und legte mich, doch recht eng neben ihn.
    Ich liebe das Meer! Ich liebe den salzigen Geschack auf meinen Lippen. Oft habe ich Stunde um Stunde am Strand verbracht und den tosenden Wellen zugsehen, der donnernden Brandung gelauscht und bei Ebbe am Strand Muscheln gesucht. Die See ist wild und stürmisch an unserer Küste. Oftmals nimmt sie von uns, doch sie beschenkt uns auch reichlich. Ich würde mir gerne dein Meer ansehen.
    Wohlig streckte ich mich und legte einen Arm auf seine Brust.


    Warum tust du das alles?


    Genau diese Frage kreiste schon die ganze Zeit in meinem Kopf herum. Was bezweckte er damit? Das konnte doch nicht alles von einem schlechten Gewissen herrühren!

  • Ihre gute Laune schien zurückgekehrt, und das liess mich ein wenig entspannter liegen. Ich mochte es nicht unbedingt, von sauren Mienen umgeben zu sein, und gerade in meinen privaten Räumen störte mich so etwas besonders - es war schon anstrengend genug, sich tagtäglich die Sorgen anderer anzuhören. Dass sie dann aber so von dem Ausflug zum Meer begeistert schien, ließ mich kurz lächeln.
    "Das mare internum ist nicht ganz so stürmisch, denke ich," relativierte ich ihre Erwartungen vorsichtig. Zumindest in der Gegend um Ostia war es zu dieser Jahreszeit nicht ganz so durcheinander, wie es anderswo sein mochte. "Warum ich was mache?" Die Verblüffung war mir sicherlich anzuhören, was genau wollte sie nun eigentlich wissen? Aus Frauen würde ich niemals wirklich schlau werden, soviel war sicher. Severus' Abscheu vor Römern und Einstellung generell zum Leben war bedeutend vorhersehbarer als Bridhes schwankende Stimmungen.


    "Glaubst Du denn, der Herr einer Sklavin zu sein bedeute allein, sie herumzukommandieren und ihr zu sagen, was sie zu tun hat?" hakte ich schließlich nach, als mir aufging, dass sich die Frage nicht allein auf den Ausflug beziehen musste. "Man übernimmt, wenn man einen Sklaven kauft, immer eine Verantwortung für sein oder ihr Wohlergehen, für die Entwicklung, für alles, was das tägliche Wohl betrifft. Es mag jene geben, die einen Sklaven als eine Art besseres Haustier betrachten, aber das war nie die Art meiner Familie. Ich möchte, dass Du Dich hier wohl fühlen kannst, dass Du nicht auf Dinge verzichten musst, die Dir das Leben angenehmer gestalten. An Deinem Stand lässt sich vorerst nicht viel ändern, aber es heisst nicht, dass Dein Alltag schrecklich sein muss. Du hast darin ebenso eine Wahl wie ich sie habe." Eine kurze Pause kehrte ein, dann fügte ich an: "Außerdem mag ich das Meer auch."

  • Es klang alles so einfach, so selbstverständlich, was er sagte. Konnte er denn nicht im geringsten ahnen, wonach ich mich sehnte und wonach ich mich immer sehnen würde, solange ich hier war? Es gab etwas, was wertvoller und teurer war, als jedes Schmuckstück oder jede Annehmlichkeit. Ich sollte eine Wahl haben? Das hörte sich doch gut an! Das dumme war nur, in Wirklichkeit gab es gar keine Wahl!
    Doch ich wußte, daß eine solche Diskussion aussichtslos sein würde.


    Ich weiß nicht, was es bedeutet, Herr einer Sklavin zu sein. Doch ist es nicht so, daß du befiehlst und ich gehorchen muß? Was passiert, wenn ich es nicht tue, habe ich bereits erlebt!
    Du überschüttest mich heute Abend mit Geschenken und Versprechen. Gestern noch mußte ich in der küche schuften, mußte die Launen des Kochs ertragen und heute das. Ist das die Wahl, von der du sprichst? Dann ist der Preis für dieses angenehme Leben wohl absoluter Gehorsam? Ist es nicht das, was du von mir verlangst?

    Immer noch lag ich neben ihm. Inzwischen hatte ich aber meinen Kopf angehoben und sah ihn fragend an.
    Mir ist bewußt, daß ich auf dich angewiesen bin. Ich weiß auch, daß ich wahrscheinlich nie wieder frei sein werde. Doch ich weiß nicht, ob ich es immer schaffen werde, deinem Wunsch zu entsprechen.


    Ihm jetzt zu versprechen, immer alles zu tun was er wollte, dazu war ich nicht fähig. Denn ich wußte genau, dieses Versprechen würde ich nicht halten können. Dafür hing ich noch zu sehr an der Freiheit.
    Ich wollte diese "positive" Stimmung nicht gleich wieder zerstören. Deshalb wollte ich von diesem Thema ablenken.
    So wie es aussah, neigte er wohl noch dazu, sich unterhalten zu wollen. Oder wollte er noch unterhalten werden?


    Was für Fische hast du gefangen? Leben auch Lachse in euren Gewässern und ziehen sie in euren Flüssen hinauf zum Ort ihrer Geburt?

  • "Es bedeutet vor allem, dass Du und Severus Teil meines Haushalts seid, Teil meiner Familie - ich denke, in Deiner Heimat spricht man von eine Sippe - und dass ich als der pater familias derjenige bin, der für diesen Haushalt entscheidet. Natürlich fehlt Dir etwas, das Dich von peregrinae oder einer Bürgerin unterscheidet - Deine Freiheit - aber ansonsten wirst Du in meinem Besitz andere Möglichkeiten erhalten, die andere Menschen in ihrem Leben niemals erblicken werden. Würde Dich Dein Vater oder der Sippenälteste nicht für eine Lüge bestrafen? Würdest Du nicht auch Aufgaben innerhalb Deiner Familie erfüllen müssen? Wärst Du nicht gehalten, Dein Können für das Wohl der Familie mit einzubringen, so gut Du kannst? Und wenn Du Dich bewährst, so steht es mir immernoch frei, Dir die persönliche Freiheit zurückzugeben, dann trägst Du meinen Namen, der öffentlich kennzeichnet, wie sehr Du Dich ausgezeichnet hast. Einige der reichsten Männer in dieser Stadt sind ehemalige Sklaven, Freigelassene - die durch Klugheit und Loyalität ihren Herren gedient haben und dann freigelassen wurden. Ich erwarte Ehrlichkeit und Gehorsam, und gleichzeitig hast Du mein Wort darauf, dass ich dafür sorgen werde, dass Du hier angenehm lebst, dass Deine Aufgaben keine bittere Arbeit sein werden. Ich habe Dich nicht gekauft, um Dich zur Konkubine zu machen, ich habe Dich gekauft, weil ich Deinen Mut bewunderte und es mir als zu schade vorkam, diesen Mut zu verschwenden, an irgend ein lupanar oder Schlimmeres." Ruhig hatte ich gesprochen, die Worte bedacht formuliert, die sie ohnehin sicherlich nicht so empfinden würde, wie ich es meinte, aber letztendlich würde sich dies nicht ändern lassen.


    Kurz strich ich ihr mit einer Hand über ihre Wange, bevor ich mich wieder zurücksinken ließ. Dass wir eine Grundsatzdiskussion über Freiheit und Gehorsam beginnen würden, hätte ich auch nicht erwartet. "Nein, Lachse haben wir hier nicht, diese Fische müssen gefangen und gepökelt importiert werden. Aber wir haben andere Fische, Süßwasserfische, die sehr delikat schmecken. Ich habe mir eine Fischzucht gekauft und sie macht einen guten Gewinn, Rom schätzt frischen Fisch ... wenn Du willst, kannst Du mich auch einmal dorthin begleiten. Aber der Fischfang am Meer ist immernoch spannender, und vor allem schöner." Kurz lächelte ich bei der Erinnerung an die Fahrten in diesem kleinen, schon mehrfach geflickten Boot, und an die langen Stunden der stillen Gedankenwanderung, während man darauf wartete, genug einzuholen ... ja, es war ein ganz anderes Leben gewesen.

  • Meinen Vater müßte ich auch nicht anlügen.,
    murmelte ich fast unhörbar.
    So,so, wegen meines Mutes hatte er mich gekauft. Das hatte ihm also imponiert! Und ich war ein Teil seiner Familie! So hatte ich es noch gar nicht gesehen. Na schön! Allerdings bei uns würde man einem Familienmitglied niemals die Freiheit nehmen!
    Die Freiheit stellte er mir in Aussicht. Aber was hatte da Severus erst kürzlich über seine Versprechungen gesagt? Er macht ständig solche Spielchen!
    Doch genug davon. Ich wollte mich nicht schon wieder aufregen. Deshalb begann ich stattdessen, ein wenig zu erzählen.


    Die Boote unserer Fischer nennt man Curragh. Sie bestehen aus einem Holzgerippe und sind mit Leder bezogen. Es gibt viele Fischer in meinem Dorf.
    Mein Vater ist aber kein Fischer, sondern Schmied. Meine Mutter starb vor fünf Jahren im Kindbett, als ich gerade dreizehn Jahre alt war. Von da ab mußte ich mich um meine Geschwister kümmern. Mein Leben änderte sich von da an grundlegend. Sozusagen über Nacht mußte ich erwachsen werden. Womit ich nicht sagen will, daß ich von da an kein schönes Leben mehr hatte. Es war eben alles anders geworden. Ab und zu nahm mich mein Vater mit, wenn er mit meinen Brüdern zur Jagd ging. Er hat mich vieles gelehrt.
    Ich gehöre zum Clan der Ui Néill. Die Ui Néill beherrschen fast den ganzen Norden der Insel. Es ist ein starker Clan.
    Meine Familie lebt dort, wo die Boinne ins Meer mündet. Unser Dorf ist nicht weit vom Hügel von Tara entfernt. Dort ist der Sitz des Ard Rí, des Hochkönigs.
    Dort wo ich lebte, gibt es nicht viele Wälder. Man sagt, sie wurden in früherer Zeit alle abgeholzt. Stattdessen gibt es viel saftiges Weideland für unser Vieh und Moore. Aus den Mooren gewinnen wir den Torf. Den benutzen wir, um unsere Herdfeuer anzuheizen. Kennst du den Geruch des Torffeuers? Wahrscheinlich nicht.
    Unsere Hügel sind grün. Es heißt, auf meiner Insel gäbe es über vierzig Grüntöne. Es regnet oft aber nicht beständig. Blitzschnell kann das Wetter umschlagen.
    Unsere Sommer sind meist kühl und feucht. Doch die Winter sind mild. Nur selten bleibt der Schnee länger, wenn es einmal schneit.


    Meine Augen leuchteten, als ich von meiner Heimat erzählte. Vor meinem inneren Auge sah ich alles vor mir. Meine Familie, mein Dorf, das Meer, der Fluß.
    Wäre ich nur an jenem verhängnisvollen Tag nicht zum Strand hinunter gegangen! Dann hätte ich dies alles noch. Dann müßte ich nicht hier sein. Dann....hätte ich aber auch nicht Severus getroffen, den ich liebte und der mich immer und überall beschützen wollte.
    Plötzlich kam es mir in den Sinn, es wäre wohl jetzt noch die Zeit, für ein bißchen mehr Wahrheit oder ein weiteres Geständnis.
    Der Mann, den ich liebe und bei dem ich in jener Nacht war, ist Severus.


    Schließlich wußter er das ja noch gar nicht. Denn wer sollte es ihm denn gesagt haben! Doch mir fiel dann auf, er hatte gar nicht mehr danach gefragt! Interessierte es ihn etwa überhaupt nicht? Warum hatte er mir dann damit gedroht, es mir verbieten zu wollen, wenn ich mich mit ihm traf? Eigenartig.

  • "Ich denke nicht, dass ich Dich zwang, mich anzulügen," erwiederte ich gelassen, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lauschte ihrer Erzählung von ihrer Heimat. Die bunten Bilder eines fernen Landes tanzten im Halbdunkel meines cubiculums vor meinen Augen, machten das Erzählte lebendig, als hätte ich es selbst erlebt. Es schien mir ein wildes Land zu sein, ungezähmt, und doch voller Leben, voller interessanter Einblicke, die man nur gewinnen konnte, wenn man sich wirklich auf das Land selbst einzulassen imstande war. "Hast Du auch gelernt, Fische zu fangen, Bridhe? Diese Boote klingen mir recht abenteuerlich, ist es nicht gefährlich, mit einem Boot zu fahren, das eine so dünne Wand besitzt?" Eine Klippe und man landete mitsamt dem Fang im Wasser - oder fischte man damit eher in ruhigen Gewässern? Auf See konnte ich mir das nicht wirklich vorstellen.


    "Torffeuer ... nein, das kenne ich nicht, hier benutzt man Öllampen und Talgkerzen, wenn es keine Öllampen gibt, aber es ist ohnehin zumeist sehr lange am Abend hell, so sehr besteht der Zwang nicht, alles zu erleuchten. Mir scheint Deine Heimat sehr wechselhaft zu sein, wenn man bedenkt, wieviel Regen es zu geben scheint. Ich wuchs in Hispania auf, und dort ist es zumeist warm, im Sommer fast zu trocken, um gute Feldfrüchte ohne Bewässerung hervorzubringen. Und Schnee ..." ich ließ wieder die Gedanken schweifen. "Schnee ist für mich eine Erzählung aus der Literatur, vielleicht sollte ich die Reise über die Alpen wirklich einmal antreten, um einmal Schnee zu sehen." Weder in Hispania noch hier in Italia hatte es geschneit, wenn ich dort war, und auch Athen und Achaia waren vom Schnee verschont geblieben, während ich dort gereist war. Vielleicht umwanderte mich der Schnee auch einfach.
    Ihr Geständnis kam plötzlich, und durchaus unerwartet, und wieder wandte ich den Blick zu ihr. "Ich weiss," meinte ich nur schlicht und lächelte für einen Moment lang.

  • Es schien wohl bei ihm auf Interesse gestoßen zu sein, was ich ihm über Éire erzählt hatte. Besonders, über das was ich ihm über das Curragh sagte.
    Ein Curragh ist ein sehr robustes und sicheres Boot. Es ist so gut wie unsinkbar und hält der stürmigsten See stand.
    Wenn man bedachte, daß viele der Fischer ihr Leben einen Curragh anvertrauten, weil sie nicht schwimmen konnten, mußte es doch ein aüßerst sicheres Boot sein. Natürlich kam es immer wieder zu Unglücken, doch dies war meist menschliche Unvernunft.
    Als ich noch ein Kind war, haben meine Freunde und ich, Fische mit angespitzen Stöcken an den seichten Ufern der Boinne gefangen. Wenn die Lachse den Fluß hinauf ziehen, ist es ein Leichtes, sie zu fangen. Wir haben auch oft Camógaíocht gespielt. Das ist ein Spiel bei dem zwei Mannschaften, die aus jeweils 12 Spielerinnen bestehen, gegeneinander spielen. Man versucht dabei mit Hilfe eines Camán, eines Schlägers einen Ball ins gegnerische Tor zu schlagen. Dieses Spiel spielen aber auch Männer, dann nennt man es allerdings Iománaíocht.
    Ja, das Wetter ist sehr wechselhaft. Doch ab und zu gibt es auch Tage, ganz ohne Regen. Dann scheint manchmal die Sonne und im Sommer kann man auch im Meer schwimmen. Dann ist das Wasser nicht zu kalt. Doch nichts ist schöner, wenn es aufgehört hat zu regnen, und die Sonne kommt wieder hinter den dunklen Wolken heraus. Manchmal überzieht auch der Nebel das Land und alles wirkt irgendwie gespenstig."

    Ich erzählte und erzählte, war wieder im Geiste zu Hause und hörte beinahe gar nicht diese letzten beiden Wörtchen Ich weiss, die er sagte. Dabei grinste er auch noch. Doch dann wurde mir bewußt, was er damit gemeint hatte.
    Ich hielt inne, es war als würden meine Glieder gefrieren. Mit ernster Miene sah ich ihn an und fragte vorsichtig, in einem ruhigen und leisen Ton,
    Was? Was hat du da gesagt? Wer... wer hat dir das verraten?


    Außer Severus selbst, konnte doch niemand davon gewußt haben.
    Ich spürte, wie es begann innerlich in mir zu kochen. Eine Wut, von ganz tief unten schien ihren Weg nach oben zu suchen. Noch bevor er antwortete schnaubte ich bereits vor Wut. Und dann noch dieses Lächeln in seinem Gesicht. Doch ich wollte es aus seinem eigenen Mund hören, wer der Verräter war!


    Sim-Off:

    Iománaíocht = Hurling /Camógaíocht = Frauenhurling
    Hurling ist der irische Nationalsport, der seine Wurzeln bereits in vorchristlicher Zeit hat!

  • "Meinst Du, Du könntest so ein cu ... currghh bauen?" Diese Sprache fühlte sich an, als würde man sich rein beim Aussprechen schon einen Knoten in die Zunge machen - zumindest für mich. Wie man sein ganzes Leben lang so sprechen konnte, war mir wirklich schleierhaft, aber anscheinend war es möglich. Dennoch, Bridhes Sprache schien mir keinen Vergleich zu bieten, wenn man die Wohlklänge des Achaischen bedachte, oder die klare, strukturierte Logik des Latein. "Ich würde gerne ausprobieren, wie weit diese Technik auch auf dem mare internum Anwendung finden könnte, wenn Du sagst, es sei so stabil." Vielleicht taugte es ja wirklich etwas, und die Sklaven in meinem Fischereibetrieb würden damit einen größeren Ertrag einbringen als mit den traditionellen Booten - einen Versuch war es jedenfalls wert. Es musste einen Grund geben, warum man in Bridhes Heimat solche Dinge benutzte.


    "Welche Jahreszeit war Dir die liebste? Bei einem so wechselhaften Wetter kann ich mir gut vorstellen, dass einem alles gefällt, alle verschiedenen Dinge zu betrachten und zu erkunden," eine leise Sehnsucht nach einer neuen Reise drängte sich mir auf, die ich in der letzten Zeit sehr gut unterdrückt hatte. Aber mit den Erzählungen Bridhes war dieser Wunsch zurückgekehrt, und auch die Hoffnung darauf, durch neue Blickwinkel wieder etwas zu erkennen ... wie mir Athen doch fehlte, die müßigen Diskussionen mit all den Denkern dort! Als sie nachfragte, von wem ich es wüsste, hob ich die Brauen etwas, und noch immer lächelte ich dabei, entspannt, ruhig, ohne Arg. "Es ist letztendlich eine fast logische Entwicklung, und Du hast sie mir mit Deinen Worten nur bestätigt. Severus ist attraktiv, und ich denke mir, dass man in ihm sehr leicht einen Halt an einem fremden Ort sehen kann. Bisher scheinst Du mir mit den anderen Sklaven des Haushalts noch nicht viel zu tun gehabt zu haben, wer bleibt dann noch außer ihm?"

  • Beinahe hätte es mich belustigt, als er versuchte Curragh auszusprechen. Doch die Antwort, die er auf meine letzte Frage gab, befriedigte mich absolut nicht! Es fiel mir wirklich schwer, daß zu glauben! Deswegen konnte ich mich auch nicht wirklich wieder abregen, sondern ließ stattdessen nicht locker.


    Das halte ich ehrlich gesagt, für ein Gerücht, daß es eine logische Folge ist! Es könnte genauso gut auch Pallas sein. Er spricht eine Sprache, die meiner recht ähnlich ist. Es könnte auch jeder andere sein, der einigermaßen gut aussieht und nicht so bescheuert ist, wie Sciurus!
    Also, wer hat es dir gesagt, hmm?!


    Meine Augen hatten sich verängt, sie hafteten an ihm und wollten nicht mehr von ihm ablassen.
    In meiner Wut hatte ich mich völlig vergessen.
    Schließlich kreuselte ich meine Lippen, atmete tief durch und räusperte mich dann.
    Ich versuchte, mich etwas zu entspannen und begann, seine Fragen zu beantworten.
    Also ein C U R R A G H kann ich selbst wahrscheinlich nicht bauen. Dies müßte es jemand tun, der etwas mehr handwerklich geschickter ist, als ich. Aber ein Modell könnte ich sicherlich anfertigen und dir eine Anleitung geben.
    Ich versuchte zu lächeln, doch das mißlang mir völlig, denn immer noch brodelte es in mir.


    Am liebsten war..., ist mir der Frühling und der Sommer.
    Wenn Brigid im Frühling wieder alles erwachen läßt, wenn die Lämmer geboren werden und sie die ersten wärmenden Sonnenstrahlen zur Erde schickt, dann ist es sehr schön dort, auch wenn es oftmals regnet.
    Im Sommer kann es gelegentlich auch einmal heiß werden. Dann ist auch das Meer meist nicht so stürmisch. Wir feiern zwei sehr schöne Feste im Frühling und im Sommer- Bealtaine und Lughnasadh. Bealtaine ist eine Art Fruchtbarkeitsfest. Manch junge Frau opfert ihre Jungfräulichkeit zu diesem Fest, wenn sie sich für ihren Zukünftigen entschieden hat.
    Lughnasadh ist ein Erntefest. Man feiert es zu Ehren Lughs, unseres Lichtgottes.

    Meine Gedanken wanderten zurück zu meinem letzten Lughnasadh- Fest, das nun über ein Jahr zurücklag. Damals hatte ich mich hübsch gemacht um auf das Fest zu gehen. Schließlich war ich schon siebzehen und hatte immer noch keinen zukünftigen Ehemann gefunden...Doch das war jetzt so unglaublich weit weg.
    Als ich endlich wieder zurück in die Gegenwart gefunden hatte, nahm ich ihn wieder ins Visir.


    Severus hat mit dir gesprochen, nicht wahr?!
    Noch war ich einigermaßen ruhig. Doch ich wollte es jetzt endlich wissen.

  • Ich schmunzelte nur, dann schüttelte ich den Kopf und zuckte die Schultern, bevor ich mich bequemer hinlegte. "Ist das so wichtig? Ich muss euch beide nur beobachten, um zu wissen, was ich wissen muss - Severus verrät sich auf seine Weise, genau wie Du. Über Menschen erfährt man vieles, wenn man nur ein bisschen dei Augen offen hält." Eine Braue hebend, wandte ich den Blick wieder zu ihr. "Warum ärgerst Du Dich denn so? Macht doch meinetwegen, was ihr wollt - solange Du mich nicht deswegen anlügst und meine Anweisungen ausgeführt werden, wie es mein Wunsch ist, kümmert mich das nicht." Frauen. Ich würde sie nie, nie, nie verstehen, und Bridhe bildete da keine Ausnahme. In einem Moment friedlich, im anderen zornspeiend - wie erquicklich und ruhig vergingen da die Stunden in Gesellschaft meines Vetters oder auch im Gespräch mit Corvinus. Glücklicherweise wandte sie sich wieder unserem vorherigen Thema zu und diese Severus-Sache fiel unter den Tisch, respektive unter das Bett.


    "Ich denke, das sollten wir verfolgen. Ich werde Dir Geld geben, damit Du Dir die Materialien für das Modell anschaffen kannst - und Du versuchst dann, es zu bauen und so zu bauen, dass man damit auch etwas anfangen kann, einverstanden?" Ihr Nicken abwartend, ließ ich meine Gedanken weiter driften. Was erzählte sie mir da von irgendwelchen wilden Feiern, bei denen sich Frauen Männern in Leidenschaft hingaben - zur Ehre der Götter? Für mich klang das eher wie ein billiger Vorwand für eine Orgie, aber im Grunde hatten die Kelten das recht klug gedreht. Man konnte sich amüsieren, ohne eine gesellschaftliche Ächtung zur Folge zu haben - oder irgendwelche Probleme. "Und bei Beltaine lernt man dann den zukünftigen Ehepartner kennen? Wer sagt denn, dass nicht beim nächsten Fest der Mann oder die Frau wieder einen anderen Partner sucht? Es ließe sich sicherlich auch missbrauchen, das Fest als Vorwand."

  • Was?
    Verständnislos schaute ich ihn an, wie er so da lag, völlig ahnungslos, wenn es um unsere Gebräuche ging und sich höchstwahrscheinlich auch noch darüber lustig machte!
    Dementsprechend scharf war meine Antwort.
    Dieses Fest ist kein Vorwand! Für was hälst du uns? Für Wilde, die sich kreuz und quer amüsieren, so wie es ihnen gerade gefällt?
    Wenn man sich an Bealtaine findet, gibt man sich das Versprechen, im nächsten Jahr zu heiraten! Wenn man natürlich während dieses Jahres merkt, daß man doch nicht füreinander bestimmt ist, trennt man sich eben wieder!

    Ich tat so, als sei ich beleidigt und schwieg eine Zeit lang.
    Du willst also wirklich wissen, warum ich mich so ärgere? Weil dieser, dieser, zu dumm ich kenne das Wort nicht! Also weil dieser, ähm, ach Mist, an óinseach mallaithe seo, weil er mir versprochen hat, nichts zu tun! Er sollte werde jemanden den Schädel einschlagen, noch zu dir rennen und weißichwas erzählen! Warum muß er meinetwegen ständig den Helden spielen? Glaubt er denn, ich könnte mir nicht selbst helfen? Sehe ich etwa so schwach aus? Na warte, wenn ich dich morgen sehe! Ach, Männer sind einfach zu blöd!


    Warum eigentlich bis morgen warten? Jetzt war ich gerade richtig gut in Fahrt! Morgen würde er mich wieder mit seinem Schwanenmädchengeschwätz umgarnen!
    Wie vom Blitz getroffen sprang ich aus dem Bett, ging zur Tür, riß diese auf und schlug sie hinter mir zu. Als ich auf dem Korridor schon ein Stück gegangen war, wurde mir plötzlich klar, daß ich ja eigentlich splitternackt war. Sicher wäre das lustig geworden, wäre ich so ins Sklavenquartier gegangen. Lustig, aber nicht für mich! Also stampfte ich wieder zurück, riß erneut die Tür auf, schlug sie wieder hinter mir zu und lief im Raum auf und ab, die übelsten Flüche aussprechend, die meine Muttersprache hergab.
    Als ich dann langsam wieder runter kam, bemerkte ich, daß er ja immer noch da war!
    Ich räusperte mich, steuerte zielstrebig wieder das Bett an und legte mich wieder hin.


    Es geht mir gut!


    Einige wortlose Minuten verstrichen. Dann sprach ich weiter, so als ob nichts gewesen wäre.
    Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, das Curragh? Warum braucht ihr hier eigentlich Curraghs? Ihr habt doch genug Holz! Und eure Boote? Sind die nicht gut? Und du willst es selbst bauen? Na, das will ich aber sehen! Und ich will auch sehen, ob du tatsächlich fischen kannst!


    Es schien, als sei meine Heiterkeit wieder zurückgekehrt. Dann sah ich ihn sehr eindringlich an, wurde völlig still und näherte mich ihm.
    Dieser Abend hatte so viel neues für mich gebracht. Es war, als hätte ich ihn neu kennengelernt. Ich untwerhielt mich so frei mit ihm, so wie ich es mit einem Freund oder Bekannten tun würde. Nur gelegentlich erinnerte ich mich, was ich war.


    Wenn du möchtest, könnte ich dir meine Heimat zeigen. Es kommen immer wieder Schiffe mit römischen Händlern an unsere Küsten. Ich könnte dir all das zeigen, wovon ich heute Abend gesprochen habe. Und ich könnte dir noch viel mehr zeigen! Wir könnten durchs Land reisen, bis zur anderen Seite der Insel, dort wo das unendliche Meer beginnt. Es ist im Westen ganz anders als bei uns. Dort gibt es hohe Berge und spitze Felsen, die aus dem Meer herausragen.

  • Frauen. Warum konnte keiner unserer so hochgerühmten Dichter, die sich so sehr auf die Liebeshändel zu verstehen schienen, einmal ein Gedicht oder eine längere Elogie über das Verhalten von Frauen allgemein verfassen? Zumindest hätte man dann einen Anhaltspunkt, warum sie bisweilen so zart schnurrten wie Kätzchen und andererseits sich wie fauchende und missgelaunte Löwinnen benahmen. Wehe dem Mann, der sich davon einschüchtern ließ, er würde wohl auf ewig eine wenig befriedigende Ehe führen müssen wie beispielsweise Claudius Menecrates mit seiner Drachin. So blickte ich ihr einfach nur verdutzt nach, wie sie splitternackt auf den Korridor rannte und wenig später zurückkehrte, offensichtlich immernoch wütend und beleidigt.
    "Es geht, denke ich, nicht darum, ob Du schwach bist oder stark. Auch nicht darum, dass Du Dir nicht selbst helfen könntest, wenn Du in Schwierigkeiten steckst. Ich glaube auch nicht, dass er Dich für schwach oder hilflos halten würde, Bridhe. Aber wenn ich nicht irre, empfindet er viel für Dich, und dann ist es ganz normal, dass er Dich schützen will, wo es ihm eben möglich ist. Was, wenn nicht der Schutz der Menschen, die wir lieben, kann ein Mann größeres tun? Das ist letztlich die Aufgabe eines Mannes, für seine Familie, seine Frau, seine Kinder zu sorgen und sie zu schützen. Wenn Dir wirklich an ihm liegt, solltest Du ihm das nicht vorwerfen, sondern es hinnehmen, Dir klar machen, wieviel er Dir damit über seine Gefühle offenbart, ohne es auszusprechen," sprach ich in ruhigem, freundlichen Ton, und tatsächlich hatte ich mich kaum gerührt, als sie hinaus- und wieder hereingestürmt war.


    "Was Beltaine angeht - ich denke, dass ein Mensch, der etwas missbrauchen will, auch ein solches Fest missbrauchen kann, das in guter Absicht gefeiert wird. Allerdings sind hier Verlobungen bindet, wer sich die Ehe verspricht und dann von diesem Versprechen zurücktritt, hat empfindliche Strafen zu erwarten. Letztlich sollte man sich schon bei einer Verlobung relativ sicher sein - und Liebe ist für uns keine zwingende Voraussetzung für eine Ehegemeinschaft," meinte ich sinnierend, um dann bei ihren Worten zum Fischen leicht zu schmunzeln. "Es spricht doch nichts dagegen, eine funktionierende Technik anzusehen und zu schauen, ob man sie gewinnbringend adaptieren kann. Eine Zivilisation, die sich zu lernen weigert, wird niemals groß und mächtig werden, Roms Größe beruht vor allem darauf, dass wir uns neuen Ideen nie verschlossen haben. Große Bauwerke erschafft man nicht, wenn man an kleine Hütten denkt." Ihre Schwärmerei von ihrer Heimat ließ mich kurz lächeln, als ich ihr lauschte, diese Begeisterung für dieses mir so ferne Land ließ mich fast nachempfinden, wie sehr sie es vermissen mochte. "Warum nicht ... ich werde wohl, sollte ich in ein Amt gewählt werden, erst einmal nicht reisen können, aber im Anschluss an diese Amtszeit sollte es genug freie Wochen geben, eine solche Reise anzugehen. Ich war noch nie im Norden ... nur immer im Süden."

  • Seine letzte Bemerkung ließ mich etwas stutzig werden.
    Ein Amt? Du möchtest dich zu etwas wählen lassen? Aber du bist doch Dru, ähm, ich meine Priester. Willst du das aufgeben?
    In meiner Heimat ist es für einen Druiden eine Lebensaufgabe, das zu werden, was er ist. Es vergehen Jahre, bis er alles gelernt hat, was man wissen muß und dann lehrt er selbst und gibt sein Wissen weiter. Wir schreiben nichts über unsere Götter und deren Geschichten auf. Auch unsere Lieder nicht. Nichts! Alles wird mündlich weiter gegeben. Doch das tun wir nicht, weil wir zu ungebildet sind, sondern weil es unsere Götter beleidigen würde, wenn man sie auf Stein oder sonstiges bändigen würde. Es gibt einige, die des Schreibens mächtig sind. Das sind meist Handeltreibende. Manche von ihnen kommen bis an die Nordküste Spaniens. Doch die meisten reisen nach Britannien oder Gallien. Ich fand es immer spannend, wenn die Fremden in unser Dorf kamen. Sie hatten oftmals ganz exotische Ding mit dabei. Das meiste davon war aber unerschwinglich für uns. Einmal habe ich diese grünen Dinger gegessen, die so widerlich schmecken. Damals wußte ich nicht, daß sie Oliven heißen.
    Es wäre wirklich schön, wenn du diese Reise machen würdest und ich dich begleiten könnte. Ich denke dabei auch nicht an meine Freiheit, die ich dann vielleicht wieder hätte, sondern...

    Natürlich dachte ich daran, wieder frei zu sein, wäre ich erst einmal wieder zu Hause. Die große Frage wäre dann, was meine Leute wohl mit ihm anstellen würden?
    Sicher mußte für ihn einiges eigenartig und vielleicht auch widersprüchlich erscheinen, wenn ich über mein Volk und seine Gebräuche erzählte. Doch auch bei uns gab es feste Regeln und Gesetze, die in seinen Augen vielleicht barbarisch waren.


    Was meinst du damit, daß Liebe für eine Ehe nicht zwingend ist? Könntest du etwa ein Leben lang mit einer Frau verheiratet sein, die du gar nicht liebst?
    Wer sich an Bealtaine bindet, weiß meist schon genau, was er oder sie für den Anderen empfindet. Warum sollte man bestraft werden, wenn man während dieser Probetzeit feststellt, daß man sich geirrt hat? Ich würde wahnsinnig werden, wenn ich ein Leben lang in einer unglücklichen Ehe gefangen wäre. Doch mal ganz nebenbei, wenn ich die Schnauze voll hätte, von meinem Liebsten, könnte ich mich auch jeder Zeit von ihm trennen. Wir Frauen genießen hinsichtlich der Ehe und der Partnerwahl doch wesentlich mehr Freiheiten, als es bei euch üblch ist. Oder? Würdest du deine Tochter, sofern du eine hättest, einem Geringeren überlassen, wenn sie sich für ihn entschieden hätte? Wohl nicht! Bei uns ist das kein Problem. Es schmälert das Ansehen der Frau nicht. Sie verliert auch dadurch nichts von ihrem Besitz.
    Außerdem würde es auch niemand wagen, die Götter zu erzürnen und Bealtaine als einen Vorwand zu benutzen.


    Einen Moment schwieg ich. Mir gingen nocheinmal seine Worte über Severus durch dem Kopf. Hinsichtlich dieses Themas hatte ich mich wieder beruhigt. Trotzdem ärgerte es mich immer noch.


    Es ist ja schön und gut, wenn er mich schützen will. Doch ich möchte nicht, daß er für mich bettelt oder noch schlimmer, für mich den Kopf hinhält! Außerdem hatte er es mir versprochen! Ich werde morgen trotzdem mit ihm reden! Das hat dann nichts damit zu tun, ob ich etwas für ihn empfinde oder nicht. Es hat etwas mit Achtung zu tun. Ich kann niemanden lieben, der mich nicht achtet, für den ich nur eine Affaire, eine Sache bin. Und wenn er mich auch liebt, wovon ich eigentlich ausgehe, wird er das verstehen und auch akzeptieren, worum ich ihn gebeten habe.


    Eigentlich tat es mal richtig gut, mit jemanden darüber zu reden. Doch das verrückteste war wohl, das er es ausgerechnet war, mit dem ich darüber sprach.

  • "Wenn ein Römer ein Amt übernimmt, bedeutet das nicht, dass er gleichzeitg aufhört, ein Priester zu sein - man dient so oder so letztendlich vor allem der Gemeinschaft, und das ist das Ansinnen, das unsere Ahnen uns überliefert haben. Die Götter Roms und das Volk, vertreten durch den Kaiser, den Senat und jeden einzelnen Bürger, bilden eine Einheit, eine Gemeinschaft, und indem wir den Göttern dienen und ihren guten Willen für unser Volk erhalten, gewähren sie uns ihren Schutz und ihre Aufmerksamkeit, um unsere Probleme zu lösen zu helfen. Letztendlich bin ich dadurch nicht weniger Priester, wenn ich für ein Jahr ein Amt übernehme, ich gehe dann nur nicht jeden Tag in den Tempel, wie ich es sonst tun würde," erklärte ich und musste für einen Moment lang schmunzeln, als sie mir ihre Erfahrungen mit den Oliven schilderte. Ja, als Kind hatte ich diese Früchte auch nicht besonders geschätzt, meine Mutter hatte sie regelrecht in mich hinein zwingen müssen - mit den Jahren allerdings hatte sich mein Geschmack geändert, heute genoss ich sie sehr gerne mit einem guten Wein.
    "In Rom selbst wirst Du sicher vieles sehen, was Dir fremd erscheint, und ich denke, es wird einiges hier geben, das ich Dir auch so zeigen kann, ohne dass wir reisen müssten - aber Deine Heimat, überhaupt Britannia reizen mich, und diese Reise werde ich mir im Gedächtnis halten."


    Als das Gespräch auf die Liebe kam, seufzte ich leise und lehnte mich dann wieder auf das Kissen zurück. Wie sollte man dies alles erklären? Ich musste es auf der sachlichen Ebene versuchen. meinte ich dann. "Gefühle sind, wenn man sie hier rational betrachtet, kein Grund für eine Eheschließung, jeder Ehebund unter Patrizierfamilien ist zumeist eine politische Entscheidung und kann ein Bündnis, gegenseitige Hilfe und ähnliches bedeuten - manchmal beendet eine Ehe auch eine langgehegte Feindschaft zwischen zwei Familien. Ob sich beide Ehepartner lieben, ist nicht von Bedeutung, denn das Wohl der Familie steht vor dem Wohl des Einzelnen. In sofern werde auch ich eine Frau nehmen, die ich nicht vorher wirklich kennenlernen kann, ohne ihre Ehre zu beschmutzen, und ich weiss auch nicht, ob ihr irgend etwas an mir liegen wird," meinte ich sinnierend und hob dann die Schultern.


    "Gefühle verschleiern oft die Sicht auf das Tatsächliche. Liebe neigt dazu, eine Weile vorhanden zu sein und dann zu entfliehen, und was ist eine Ehe dann, wenn die Liebe weg ist? Oft beginnt dann der Hass zu wachsen, und in einer solchen Umgebung kann kein Kind, kein Erbe gedeihen, ohne zu verderben oder unglücklich zu werden. Hätte ich eine Tochter, würde ich sie dem angesehensten Patrizier zur Frau geben, von dem ich wüsste, dass er sie und ihre Sklaven, ihre Kinder und ihren Haushalt angemessen versorgen kann, und auch, dass er ihr viele ihrer Wünsche erfüllen kann. Wenn er ein hohes Amt bekleiden würde, umso besser. Aber Liebe .. nein, Bridhe, Liebe ist nichts, worauf man eine Ehe baut in Rom, denn sie ist flüchtig, und selten ein treuer Freund und Begleiter." Dann, nach einer weiteren Pause, fügte ich ernst an: "Severus reagiert so, gerade weil Du keine Affaire bist. Wärst Du ihm egal, eine unter vielen, würde er sich weit weniger für Deine Probleme und Sorgen interessieren. Nimm ihm das nicht zu übel, denn es verrät Dir doch wie nichts sonst, dass er es ernst und aufrichtig zu meinen scheint."

  • So langsam kam mir das etwas spanisch :P vor! Irgendetwas mußte doch dahinter stecken, warum ihm plötzlich soviel daran lag, daß Severus und ich zusammen waren! Das konnte doch nicht sein! Er gab mir hier fast schon väterliche Ratschläge. Mir fiel dann auch noch ein, was Serverus erst kürzlich gefragt hatte. Ist er denn blind?
    Nun, ich war ja nun wirklich nicht selbstsüchtig! Doch ich konnte von mir behaupten, recht gut mit allem ausgestattet zu sein und ich lag nackt neben ihm im seinen Bett! Hallo?! Jeder Andere hätte sich wohl auf mich gestürzt. Doch er lag friedlich, wie ein Lämmchen neben mir und unterhielt sich mit mir.
    Außerdem fiel mir auch auf, daß bei ihm alles einen Nutzen haben mußte. Das Erbauen eines Curraghs hatte für ihn einen Nutzen, Schreiben und Lesen können hatte für ihn einen Nutzen, selbst die Ehe hätte für ihn einen Nutzen. Was nutzte es ihm also, wenn Severus und ich... Mir kam ein schrecklicher, widerwärtiger Gedanke. Doch ich wollte es genau wissen.
    Sag mal, wieso ist es dir plötzlich völlig egal, mit wem ich zusammen bin? Was bezweckst du damit, wenn du mich noch darin bestärkst, mit Severus zusammen zu sein? Weil du es sooo gut mit deinem Sklaven meinst, darf er mit deiner Sklavin schlafen? Und warum läßt es dich augenscheinlich völlig kalt, wenn ich hier so neben dir liege? Sehe ich so unatraktiv aus?
    Provokant sah ich ihn an. Provokant waren auch meine Fragen. Ich wollte jetzt endlich herausfinden, was er wirklich spielte!

  • Meinem Gesichtsausdruck musste man nun, in diesem Augenblick, sicherlich ansehen können, dass ich mich doch einige Zeit lang fragte, ob sie vollkommen verrückt geworden war oder ob das einfach nur ein wirklich schlechter Scherz gewesen war. Langsam hob ich meine rechte Augenbraue an, und meinte dann, der Klang meiner Stimme schwankend zwischen einem guten Maß an Empörung und Amüsement.
    "Sag mal, Bridhe, was willst Du eigentlich? Zuerst machst Du mir mehr als deutlich, dass Du nicht in irgendeiner Weise daran interessiert bist, mein Bett mit der Leidenschaft einer Geliebten zu teilen - und ich akzeptiere das - und jetzt bist Du wütend darüber, dass ich nicht über Dich herfalle, weil sich gerade die Gelegenheit dazu bietet?" Leicht schüttelte ich den Kopf über so viel fehlende Logik, aber in diesem Punkt ging ich durchaus mit Aristoteles konform, der Frauen ein gerüttelt Maß an Unvernünftigkeit von Natur aus zugestand. Oder war es Sokrates gewesen? "Sei ehrlich, was genau ärgert Dich gerade wirklich? Dass ich nicht wie ein sabberndes Hündchen danach giere, Deinen Körper auch nur anzusehen? Oder was soll das nun?" Im Grunde konnte man dazu nur eines denken: WEIBER!

  • Seinem Blick und auch seiner Art, wie er sich gerade ausgedrückt hatte, ließ mich vermuten, daß ich mich auf einen sehr schmalen Grat zwischen Drecksarbeit in der Küche oder weiter hier bleiben, begeben hatte. Doch so wie es aussah, war dies die einzige Möglichlkeit, hinter seine Gedanken zu kommen.


    Ich? Aber ich ärgere mich doch nicht! Weswegen denn? Du siehst doch, ich bin die Ruhe selbst!,
    antwortete ich unschuldig, mit dem Gesichtsausdruck eines kleinen süßen Lämmchens.


    Aber entschuldige bitte mal, vor wenigen Tagen, um genau zu sein, vor fünf Tagen, machst du mir hier eine Szene. Bist stinksauer, nachdem ich gebeichtet habe, mit einem Anderen die Nacht verbracht zu haben. Erklärst mir, du könntest es mir verbieten, so nach dem Motto wenn ich sie nicht haben kann, dann soll sie auch kein anderer haben! Und heute gibst du mir auch noch Ratschläge, wie ich mich bei Severus verhalten soll. Es muß doch einen Nutzen für dich haben!
    Also für mich paßt da was nicht zusammen!


    Schweigend schaue ich ihn an um seine Reaktion zu erkennen.
    Schließlich füge ich dann noch hinzu,
    Außerdem, du hättest ja fragen können! Ich habe nur so reagiert, weil ich es nicht mag, einfach so überfallen zu werden. Oder glaubst du, es macht Spaß, wenn man festgehalten wird, so daß man sich kaum noch bewegen kann, während man spürt, wie der eigene Körper mißbraucht wird?
    Du mußt nicht über mich herfallen! Keine Ahnung, wie das hier läuft, doch bei uns lernt man, wenn man etwas möchte, dann fragt man eben und nimmt sich nicht einfach!


    So jetzt ist es raus! Ehrlich und frei herausgesagt. Und ehrlich soll ich ja schließlich sein, auch wenn die Wahrheit vielleicht etwas unbequem ist.

  • Dieser Gesichtsausdruck war es, den Männer immer hassen würden, egal, ob sie ihn nun bei ihrer Mutter, ihrer Schwester, Ehefrau oder Geliebten sehen würden - denn er bedeutete letztendlich nur eines: Dass die jeweilige Frau glaubte, in diesem Augenblick obenauf zu sein, und sich nicht einmal dafür schämte. Im Grunde war es amüsant zu sehen, wie geschickt sie mit der Wahrheit umging, sie dehnte, drehte und wendete, als könnte man damit alles mögliche veranstalten - unter anderen Umständen wäre sie sicherlich eine gute Patrizierin gewesen.
    "Vor fünf Tagen, wenn Du Dich recht entsinnst, habe ich dir zu verstehen gegeben, dass es mir nicht gefällt, angelogen zu werden, und vor allem nicht, so dreist angelogen zu werden. Meinetwegen kannst Du Dich ganz Rom hingeben, solange Du dabei nicht krank wirst und es nicht in diesem Haus geschieht, Bridhe! Glaubst Du ernsthaft, dass Du meine Eifersucht geweckt hättest? Ich kann es nicht leiden, angelogen zu werden, und entdecke ich auch in der Zukunft Lügen von Deiner Seite, dann werde ich mir etwas überlegen müssen, um Dir das lügen abzugewöhnen, sei Dir dessen sicher. Aber ob Du nun mit Severus schläfst, mit einem meiner Vettern, mit dem halben Haushalt oder mit gar niemandem, das ist mir wirklich gleich."


    Leicht schüttelte ich den Kopf und betrachtete sie ebenso wie sie es bei mir wohl tat, wenngleich mit einem amüsierten Zucken der Mundwinkel. Glaubte sie wirklich, sie könnte meine Eifersucht wecken? Es gab nur einen Menschen auf dieser Welt, dem diese Macht gegeben sein würde, und der war nicht sie und würde sie niemals werden. "Weisst Du, warum ich dies tat, an unserem ersten Morgen? Ich hielt es für an der Zeit, Dir zu zeigen, dass der Name eines Sklaven nichts im Bett seines Herrn verloren hat - und wie ich sehe, kam diese Lektion offenbar an. Mehr war das nicht, und mehr wird es nicht sein. Ich lege keinen Wert darauf, eine Frau zu etwas zwingen zu müssen, was eigentlich gegenseitig Spaß bereiten sollte."

  • Aha, der werte Herr legte also kein Wert darauf, eine Frau zu etwas zu Zwingen, aber er wird sie auch auf gar keinem Fall um etwas bitten! , dachte ich und spürte in mir wieder dieses Gefühl, ihm gleich ins Gesicht springen zu müssen!


    Na dann ist ja alles Bestens!


    Diesen schnippigen Unterton konnte ich mir einfach nicht verkneifen! Dann drehte ich mich um und schmollte kurz. Eifersucht? Hatte er eben Eifersucht gesagt? Was dachte der sich eigentlich? Eingebildet war er ja überhaupt nicht!
    Sofort drehte ich mich wieder zu ihm hin.


    Hast du wirklich daran geglaubt, ich wollte dich eifersuchtig machen? Dann sag ich dir jetzt mal was! Am ersten Tag, an dem ich hier ankam, war Severus der Erste, der sich um mich gekümmert hat. Vielleicht habe ich mich ja auch deswegen in ihn verliebt! Nicht um dir eins auszuwischen, sondern weil er für mich da war! Weil er ein Herz hatte! Vom ersten Tag an, hatte ich hier nicht sehr viele Freunde. Alle tuscheln sie nur hinter meinem Rücken! Bridhe, die nicht genug bekommen kann. Wenn ich daran denke, was ich für eine Scheißangst davor gehabt habe, daß du von unserer Liebe etwas erfahren könntest. Ich könnte mir jetzt glatt in den Hintern beißen! Oder was glaubst du, weswegen ich gelogen habe? Weil das meine Lieblingsbeschäftigung ist? Ein Paar Stunden vorher, hat mir dieser Blödmann die wildesten Geschichten erzählt, was ihr mit Meinesgleichen macht, wenn ihr davon überdrüssig seid!


    Erst schluchzte ich noch, doch dann hatte er mich mal wieder so weit gebracht, daß bei mir einfach nur noch die Tränen flossen. Ich vergrub mein Gesicht im Bettlaken. Was um mich herum geschah, war mir jetzt ziemlich gleich!

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