Sklavenunterkünfte

  • "Ist gut", sagte Mimithe einfach nur und sah Nadia dann nach, wie sie verschwand. Sie war verwirrt, denn Crassus hatte sie bisher nur als netten Mann kennengelernt. Dass er einen Sklaven schlug, weil er eine Vase fallen gelassen hatt, hätte sie nicht erwartet. Vielleicht log Nadia, vielleicht aber auch nicht. Mimithe jedenfalls beschloss für sich selbst, Crassus mit Vorsicht zu genießen.


    Sie musterte die andere Sklavin, die wohl Seia sein musste, und die nach Verres suchte. Mimithe sah sie mit gerunzelter Stirn an.
    "Ist Verres Mann mit wirres Haar?" fragte sie Seia.
    "Dann ich habe gesehen ihn wie er ging in die Waschraum."

  • Seia nickte Nadia zu und sah dann Mimithe an, die sie bislang auch nur vom Sehen her kannte. Sie gab ihr einen Tipp, wo Verres sich aufhalten könnte und nickte, als die andere Sklavin ihn mit seltsamer Aussprache beschrieb.


    "Ja, sein Haar ist kraus und lang. Im Waschraum? Gut, dann werde ich gleich dorthin gehen. Danke. Wir war noch gleich dein Name?"

  • Verres kam entkräftet und zerschlagen in den Sklavenunterkünften an. Hatte er sich erst noch immer Halt an den Wänden gesucht, um nicht einfach zusammen zubrechen, so ging er nun wieder halbwegs aufrecht und ohne Halt, doch er sehnte sich nach nichts weiter als nach seinem Bett und Schlaf und Vergessen.
    Noch nie hatte er sich so hundeelend gefühlt seit seinem Gedächtnisverlust, nicht einmal, nachdem ihn die Römer gefangen genommen und versklavt hatte. Heute war der schwärzeste Tag in seinem kurzen Leben der Erinnerungen ...


    Irgendwann kam er an seinem Bett an. Ungeachtet dessen, ob sich noch irgendwer im Raum befand, liess er sich schwerfällig auf die Schlafstatt nieder, welche dicht bei dem Vorhang stand, welcher den Teil der Unterkunft der Sklavinnen abgrenzte und hielt sich weiter die Nase. Er legte sich auf die Seite und starrte gegen den Vorhang, jedoch verlor sich sein Blick ins Leere.
    In seiner zerschlagenen Nase pochte der Schmerz immer noch, auch wenn schon nicht mehr so schlimm wie am Anfang.
    Er dachte in diesem Moment an fast nichts, außer die Demütigung und an seinen Hass und seine Wut, die, je mehr der Schmerz nachliess, in ihm wuchs.

  • Fabricianus trug die junge Sklavin runter in die Sklavenunterkünfte, immer noch in das Tuch gewickelt und er immer noch nass bis auf die Knochen. Mal sehen ob er sich einen Schnupfen holen würde, obwohl er das gar nicht gebrauchen konnte. Sanft legte er sie willkürlich auf einem der freien Lager ab ohne zu wissen ob es ihres oder ein freies war, aber das war ihm egal, dann griff er noch schnell nach einer der warmen Decken und deckte sie damit zu.
    Ja etwas Warmes wäre jetzt wohl die reine Wohltat, aber das musste noch einen Moment warten.


    "Ruh dich etwas aus, ich glaube ich werde mir gleich erst einmal etwas trockenes anziehen und dann wieder zu dir kommen mit etwas warmen zum Trinken, was hälst du davon?" fragte er die Sklavin leise und strich ihr mit der Hand sanft über ihre Wange. Ja er wusste, dass es hier nicht nach einem Sklaven und Herrverhältnis aussah, aber wenn man etwas von einem Sklaven wollte, dann sollte man ihnen auch etwas entgegen bringen und bei Seia war es grade etwas ganz anderes.

  • Carmen kehrte irgendwann im Laufe des Tages in die Unterkunft der Sklaven zurück und durchschritt den Raum, um zu ihrem Lager und ihrer Truhe zu kommen. Sie ließ sich auf ihrem Bett nieder und holte einige persönliche Erinnerungsstücke aus der Truhe. Lange betrachtete sie diese versonnen, bis sie Geräusche aus dem 'Nebenraum' hörte. Schnell legte sie ihre Sachen zurück in die kleine Kiste und streckte sich auf dem Lager aus. Doch niemand kam in den hinteren Teil des Zimmers und so erhob sie sich alsbald, um durch den Vorhang in den vorderen Teil des Raums zu blicken.
    Sie entdeckte auch recht schnell Verres, der apatisch auf dem Bett lag und vor sich hinstarrte. Carmen trat auf ihn zu und ließ sich neben seinem Bett auf die Knie nieder. Getrocknetes Blut klebte an seinen Händen und auch sein Gesicht wies Spuren davon auf, doch ansonsten schien er äußerlich unversehrt zu sein. Das er jedoch so ruhig war, irritierte und verunsicherte sie. Was war im Büro ihres Herrn vorgefallen?
    "Verres?" sprach Carmen ihn leise an und wartete auf eine Reaktion von ihm.

  • Verres hatte nicht bemerkt, dass jemand den Raum betreten hatte, obwohl die Frauen den hinteren Teil des Raumes bewohnten und Carmen so durch die Unterkunft der Männer musste. Er starrte vor sich hin.
    Die Schmerzen waren keine Schmerzen mehr, zumindest verspürte er sie nicht mehr als körperliche Schmerzen. Viel mehr war da ein gänzlich neues Gefühl, welches jedoch sehr unterschiedlich war. Es war ein Gemisch aus Haß, Stolz, Demütigung und vollkommenden Unverständnis.
    Verres war an sich schon jemand, der viel einstecken konnte, so glaubte er und so ward es ihm bewusst bei dem Kampf gegen die Römer, wo er bis zur Erschöpfung gekämpft hatte. Aber da hatte er ein Schwert in der Hand.
    Heute war es anders gewesen. Vollkommen anders. Eigentlich hatte er kaum etwas getan, was solcheBrutalität seitens seines Herren gerechtfertigt hatte. Nicht einmal war Verres seinem Herren gegenüber körperlich wirklich nahe gekommen: Er hatte ihn niemals tätlich angegriffen. Gut, er hatte in den Augen Crassus sich gegen ihn gestellt, als er Nadia zur Flucht verhelfen wollte. Gut, er hatte Widerworte geleistet.


    Aber alles hatte nur damit angefangen, dass er gestolpert war und diese verfluchte Vase hatte fallen gelassen. Er hatte es nicht mit Absicht getan. Und er hatte nicht einmal die Chance bekommen, sich zu entschuldigen. Nein, stattdessen schlug ihm sein Herr auf die Nase und brach sie ihn ...


    ...und dann war Nadia da. Am falschen Ort zu falschen Zeit und das Drama begann erst noch. Nicht, dass er ihr einen Vorwurf machte, sah er doch ihr edlen Geste, dass sie Crassus entgegen trotze, als dieser, als Nadia Verres helfen wollte, meinte, dass er ihn auch umbringen könne ... oder so.
    Verres erinnerte sich erst gar nicht. Es war alles nur irgendwie bizarr. So konnte doch die Wirklichkeit nicht sein?! Auch wenn Verres erst zwei Monate ein Sklave war, so wollte er es nicht glauben. Eben noch hatte er gedacht, dass wahrscheinlich sein Gedächtnis ihm wieder einen miesen Streich spielte. So, wie es mit seinen verlorenen Erinnerungen erging. Es war entsetzlich: Er wusste nicht, wer er war. Er kannte nur diesen einen Namen. Aber das war nichts gegen das, was er heute erlebt hatte.


    Und dann kam sie: Carmen! Mit ihr hatte er heute so wundervolle und magische Augenblicke erlebt, die ihn alles vergessen liessen .... bis er in Crassus Buro musste.


    Sie sprach seinen Namen so liebevoll auf und erst glaubte er zu träumen, bis er dann seinen Blick aus der Starre riss und sie ansah: Mit einer zerschlagenen Nase, unter der noch verkrustetes Blut hing. Er sah in ihre wunderschönen Augen, sah ihr anmutiges Gesicht.
    Er riss sich zusammen. Nein, es war alles kein Traum. Es war alles echt. Und dann spürte er wieder, wie übel ihm war. Doch er wollte nichts von seiner Schwäche zeigen.
    "Carmen ..." sagte er leise und versuchte zu lächeln, aber es war nur der gequälte Versuch, so zu tun, als wäre alles nicht so schlimm.


    War es das denn? Was waren schon ein paar Schläge, ein paar Demütigungen? Nein, Verres musste das alles erst in Ruhe verdauen. Und das auch nur, damit er nicht sofort aufsprang und zu seinem Herren lief, um diesen eigenhändig zu erwürden. Und er wusste, das er dazu in der Lage war.
    Nein, es war alles nur so neu und ihm so unverständlich. Und Verres war nicht dumm, auch wenn er sich teilweise in den Augen seines Herren so verhalten hatte.


    "Carmen ..." nun versuchte er ihr ein liebevolleres Lächeln zu schenken und streckte ihr seine Hand entgegen. Diese näherte sich ihrer Wange und als er diese erreicht hatte, umfasste er sie zaghaft. "Ich habs überlebt ..." versuchte er zu scherzen.

  • Einen Augenblick lang hatte Carmen gedacht, dass er sie nicht gehört hatte oder das sein Name, den sie leise und vorsichtig ausgesprochen hatte, nicht zu ihm vorgedrungen war, doch dann reagierte Verres auf ihre Stimme und ihre Gegenwart. Er blickte sie an, gequält, und versuchte mit einem Lächeln über seinen wahren Zustand hinwegzutäuschen. Der Versuch von ihm, so zu tun als wäre alles in Ordnung obwohl es bei Leibe nicht so war, und der gequälte Blick dazu schnitten ihr ins Herz. Körperlich mochte ihm nicht so viel passiert sein, doch was war mit ihm und seiner Seele, seinem Herzen, seinem Wesen? Was hatte ihr Herr dem Mann angetan, den sie so sehr mochte... den sie zu lieben glaubte? Mit anderen Worten konnte man die Gefühle die sie für Verres hegte nicht beschreiben und so gestand sie sich ein, dass sie ihn liebte... das sie es nicht nur glaubte, nein, sondern es auch wirklich tat. Als er fort war und im Büro ihres Herrn Qualen erlitt, von denen sie nichts wusste, hatte Carmen Zeit gehabt sich über ihre Gefühle für ihn bewusst zu werden. Sicher, es war alles so plötzlich passiert und doch konnte sie sich nicht dagegen wehren. Sie dachte ständig ihn, sorgte sich um ihn und wollte nur noch bei ihm sein. Und es machte sie unglaublich wütend, wie sehr ihr Besitzer den Verres veränderte, zerstörte, den sie so liebte. Den scherzenden und lachenden Mann, der sie neckte und mit charmanten Worten um den Finger wickelte.


    Carmen schmiegte ihr Gesicht gegen seine Handfläche, schloss für einen Moment die Augen, ehe sie seinem Blick mit einem warmen und zärtlichen Lächeln begegnete.
    "Ja, du hast es überlebt." Sie hauchte einen Kuss in die Innenfläche seiner Hand und umfasste diese dann mit ihren Händen. "Möchtest du mir erzählen was passiert ist?" fragte sie zögernd, da sie nicht ahnen konnte ob er es lieber vergessen oder sein Erlebnis mit teilen wollte.

  • Obwohl Carmen zeigte, mit Worten und Gesten, dass sie für ihn, Verres, da sein wollte, spürte Verres, dass es ihm unangenehm war, denn er spürte seine Verletzbarkeit und die er neu kennen lernen musste, wusste er doch nicht, wer er war. Und er musste erst selber herausfinden, wer er eigentlich war und wie er tickte.
    Dennoch tat es ihm gut, das Carme da war. Aber da gab es etwas, was er niemanden, nicht einmal ihr sagen wollte. Dabei wusste sie doch von seinem Gedächtnisverlust. Aber konnte sie es sich vorstellen? Er musste sich neu definieren. Wie war er früher. Wer war er früher? War er vielleicht gar nicht so liebevoll, wie sie ihn nun kennen gelernt hatte?


    Auf einmal nahm er ihre Hand und drückte sie fest und leicht hob er seinen Kopf und schaute sie fest an.
    "Carmen, vielleicht bin ich nicht der, den ich darstelle. Vielleicht bin ich jemand ganz anderes. Und nein, ich will nicht reden. - Ich will und kann es gerade nicht. Lass mich am besten in Ruhe." Es zerschnürte sein Herz, was er sagte.
    Kaum hatte er den letzten Satz ausgesprochen, tat es ihm schon wieder leid, aber er war so zerrissen. Er wollte, ja er brauchte sie und doch war sein Stolz und die Vorstellung, nicht zu wissen wer er war und dennoch sich ein Bild von sich zu gestalten, welches vielleicht nicht wahr war, grösser. Er wollte keine Schwäche zeigen.

  • "Verres... du tust mir weh." flüsterte sie leise und bezog diesen Ausspruch nicht nur auf ihre Hand, die er fest hielt. Seine Worten taten ihr auch im Herzen weh, verletzten sie und brachten sie dazu, sich innerlich vor ihm zurückzuziehen. Eine Schutzfunktion, die sie schon oft hatte anwenden müssen, wenn ihr jemand sowohl seelisch als auch körperlich weh getan hatte. Und sie wandte sie jetzt wieder an, nicht bewusst
    Carmen entzog ihm ihre Hand und rieb die schmerzenden Stellen, während sie zu ihm sprach: "Vielleicht warst du jemand anderes, vielleicht auch nicht... ich weiß es nicht. Doch weiß ich, dass du derzeit nicht der bist, der du warst als du dieses Haus das erste Mal betreten hast. Ich kann verstehen, dass du nicht darüber reden willst was vorgefallen ist, doch bestrafe mich nicht dafür, weder für deinen Gedächtnisverlust, noch für das was unser 'Herr und Meister' dir angetan hat. Ich will dir nichts böses, ich will dir nur helfen damit klar zu kommen."
    Carmen erhob sich langsam. Diesmal würde sie nicht bleiben, denn seine Worte hatten sie getroffen und auch sie verfügte noch über etwas Stolz, um nicht bei jemandem zu verweilen, der sie nicht brauchte oder ihre Anwesenheit wünschte.

  • "Ich weiss, und ich danke dir ..." spach er leise und sah sie an.


    Auf der einen Seite schmerzte es Verres zutiefst, dass sich Carmen von ihm löste, aber was erwartete er, nach dem, was er zu ihr gesagt hatte.
    Dabei war es viel komplizierter. Er schämte sich vor ihr, weil er so schwach war. Das sie es nicht so sah, daran dachte er nicht. So war es eben immer wieder zwischen Männern und Frauen. Die Missverständnisse.


    Gerne hätte er sie bei sich gehabt. Gerne hätte er ihr alles erzählt, doch da war etwas, wessen er sich schämte und was ihn in Mark und Bein traf. Er hatte versagt. Er hatte nachgegeben. Er hatte zum Schluss nicht mehr gekämpft. Und er wusste warum. Es ging um sein Leib und Wohl und um das Leib und wohl von einem anderen Menschen: Nadia. Oder es ging einfach darum, dass er merkte, dass es einfach nichts mehr brachte. Er und Nadia waren einfach Sklaven, so wie Carmen auch. Er hatte sich versucht aufzulehnen, aus seine Art. Zugegeben, vielleicht war sie zu defensiv, aber dennoch hatte er sein Fett abbekommen. Hätte er zu drastischeren Mitteln gegriffen, würde er vielleicht nicht mehr leben.


    Carmen hatte sich von ihm gelöst und war im Begriff, weg zugehen und da spürte er, wie sehr er sie doch brauchte. Doch er konnte einfach nicht sagen, dass er sich wünschte, dass sie blieb. Falscher Stolz? Angst? Er wusste es selber nicht. Stattdessen: Sprach er fast entschuldigend, als müsse er sich vor ihr oder sich rechtfertigen:
    "Er hat schon einmal einen Sklaven einfach so getötet, ich habe es erfahren. Aber ..." Es schnürte ihm die Kehle zu. Ja, er wollte sagen, das er an seinem Leben hing. Und das er keine Ahnung hatte, als Sklave ohne Rechte zu leben. Er hatte einfach keine Ahnung. Es verwirrte ihn, das Menschen so behandelt werden durften und doch hatte er kaum Ahnung von dem Leben, weil er sich an fast nichts erinnerte.


    Er wollte sie fortstossen, deswegen, weil er sich unsicher war und weil er sie nicht da mit reinziehen wollte. So war für ihn eine neue Erfahrung und alles war ihm neu.
    Doch verlieren wollte er sie auch nicht und so zerrten die Emotionen furchtbar an ihm und er glaubte, sich entscheiden zu müssen: Er musste sie von sich stossen, damit sie nicht mitbekam, wie schrecklich es ihm ging und weil er sie nicht mit darein ziehen wollte. Es mochte eine irrsinnige Entscheidung sein, aber Verres war nicht perfekt. Und doch war er doch so verliebt in sie und brauchte sie gerade jetzt. Aber nein, er musste sie von sich stossen, er wollte sie schützten und nahm dies zum Anlass als unbewusste Ausrede, dass er sich selber schützen wollte, vor was auch immer.


    Und so sprach er: "Es tut mir leid. Weh tun wollte ich dir nicht, aber bitte lasse mich alleine. Es ist besser so ..."


    Es tat ihm unendlich weh, dies zu sagen, aber es war leichter mit sich alleine halbwegs klar zu kommen, als wenn sie auch noch da gewesen wäre, denn er wollte sie wirklich schützen. Das er damit einen Fehler begann, ward ihm in diesem Moment einfach nicht bewusst. Gemeinsam wäre es für beide leichter gewesen, aber Verres war im Moment nicht dazu in der Lage

  • Carmen war neben dem Bett stehen geblieben, hatte auf ihn hernieder geblickt und gehofft, ja im stillen gebetet, dass er sie zurückrufen möge, doch er tat es nicht. Er stieß sie vielmehr von sich und wollte allein gelassen werden. Sie hatte seinen Worten gelauscht, versucht zu verstehen. Doch wie konnte sie etwas verstehen was sie nicht selbst erlebt und erfahren hatte? Sie wusste nicht wie es war, wenn man sein Gedächtnis verlor und von heut auf morgen vergaß wer man war und woher man kam. Carmen konnte nicht nachvollziehen wie er sich gerade fühlte, doch sah sie seine innere Verzweiflung, den Kampf den er ausfocht und dessen Ausgang offen war. Außer ihm beizustehen und für ihn dazu sein, wusste sie keinen Weg ihm zu helfen. Da er jedoch genau das nicht wollte und ihr Stolz es ihr verbat sich ihm aufzudrängen, blieb ihr keine andere Wahl als seinem Wunsch nachzukommen.


    Carmen entfernte sich einige Meter vom Bett, schritt zum Vorhang und blieb davor stehen. Langsam drehte sie sich zu ihm um, hielt den Stoff des Vorhangs umklammert und fragte mit leiser und trauriger Stimme: "Besser, Verres? Für wen?" Für Carmen sicher nicht.
    "Du fühlst dich verletzt, wegen dem was im Büro des Herrn geschehen ist und du fühlst dich verletzlich, wegen dem was du vergessen hast. Für letzteres weiß ich kein Mittel und auch keinen Rat, doch für erstes rate ich dir: beginne dein Schicksal zu akzeptieren. Du bist nun ein Sklave, das Eigentum eines anderen Menschen und er kann mit dir umspringen wie es ihm gefällt. Entweder du akzeptierst es oder er wird deinen Willen langsam aber sich brechen und glaube mir, dass ist schlimmer als sich in das Los eines Sklaven zu fügen und damit zu leben."
    Sie wandte sich von ihm ab, trat durch den Vorhang und ließ den Stoff los. Geräuschlos fiel der Vorhang, trennte den Teil der Männer von dem der Frauen und ließ sowohl Verres als auch Carmen allein zurück.


    Gerade erst hatte Carmen sich eingestanden ihn zu lieben und nun bereute sie es bereits. Sie hatte Verres erlaubt ihr Herz zu erobern.. nein, das stimmte nicht. Er hatte es ohne ihre Erlaubnis und ohne Vorwarnung erobert, für sich gewonnen und nun musste sie mit dem Schmerz leben, ausgerechnet von ihm zurückgestoßen worden zu sein. Carmen legte sich auf ihr Lager und starrte gedankenversunken zur Decke. Sie fühlte sich verletzt und ihre harten Worte taten ihr leid, doch leider entsprachen sie der Wahrheit. Entweder er würde sich fügen oder er würde noch schlimmere Strafen ertragen müssen.

  • Verres hatte ihren Worten gelauscht, doch dann war sie fort gegangen und er ahnte warum. Er hatte sie von sich gestossen. Er hatte er nicht gerne getan. Er tat es, weil er sich nicht anders zu helfen wusste, denn ja, er war verzweifelt und er würde jeden Mann erschlagen wollen, der ihn nicht verstand und der meinte, Verres wäre eine Memme. Darum ging es nämlich nicht. Aber welcher Mann, der nicht ein Sklave war, hätte ihn auch schon verstanden? Dürften Männer keine Schwäche zeigen?
    Es war nun einmal für ihn neu, nicht er selbst sein zu dürfen, zumal er nicht einmal auf den Stolz seines Lebens zurückblickend durfte, da er nicht wusste, wer er war. Er hatte so wenig Substanz. Er wusste nicht, wie er war, noch wer er war, und das alleine machte ihn so fertig.
    Die Marter, der Schmerz an sich war nicht das Schlimmste ... und dann spürte er, wie er Carmen Unrecht getan hatte. Er hatte sie von sich gestossen, aber sie schien ihn nicht zu verstehen. Er war nicht gegen sie. Im Gegenteil, aber er war zu verletzlich und spürte dieses Gefühl, allein sein zu müssen mit seinen Emotionen. Er wollte sie nicht mit in diesen Strudel ziehen. Es zerrte ihn an seinen Nerven. Doch dann gab er sich einen Ruck. Er brauchte sie. Und er wollte für sie da sein.


    Und sie hatte ihm schmerzlich zu verstehen gegeben, dass er nichts wert war, sondern nur ein Sklave, mit dem sein Herr umspringen durfte, wie er wollte. Das ihn diese Erkenntnis schmerzte, war klar und er wusste nicht, ob er sich dem jemals unterordnen wollte. Es würde sich zeigen, noch war er zu verletzt.
    Und so fragte er leise:
    "Carmen, bist du noch da? Es tut mir leid ..." Seine Stimme klang aufrichtig.

  • Noch immer lag Carmen auf ihrem Lager und blickte zur Decke hinauf. Ihre Gedanken rasten und immer wieder kehrten sie zu Verres zurück. Einige Tränen sammelten sich in ihren Augen und rannen ihr über die Wangen. Doch hier in der Abgeschiedenheit des Frauenbereichs ließ sie die salzigen Tropfen ungehindert fließen, es war eh keine der anderen Frauen anwesend. Und dann vernahm sie Verres Stimme und wie er nach ihr fragte. Carmen reagierte nicht sofort. Sie wusste nicht zu sagen, ob sie derzeit mit ihm sprechen wollte oder nicht. Es schmerzte noch immer, dass er sie fortgeschickt und sich geweigert hatte mit ihr zu reden. Dabei hatte sie ihm doch nur helfen, ihm beistehen und ihm ihren Trost anbieten wollen.
    "Ja, ich bin hier." antwortete sie nach einigem Zögern leise und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. "Wo sollte ich auch sein? Dies ist unsere Unterkunft und die Tür hinaus befindet sich in deinem Teil des Raums." fügte Carmen eine Spur bissiger hinzu, als sie beabsichtigt hatte und murmelte sogleich reumütig: "Tut mir leid... "
    Dann verstummte sie und wartet auf seine nächsten Worte.

  • Verres spürte, wie abweisend sie ihm nun gegenüber war, wenn er denn noch überhaupt eine andere menschliche Regung in seinem desolaten und melancholischen Zustand wahrnehmen konnte. Aber er versuchte von seinen Gedanken, seiner inneren Zerrissenheit fortzukommen, war es ihm doch so fremd, sich dermaßen schwach und hilflos zu fühlen.
    Und das war der Grund, warum er zuvor Carmen abgewiesen hatte. Es war reiner Selbstschutz. Doch diesen durchbrach er nun und gab sich einen Ruck. Vielleicht lag es daran, dass er ihre Traurigkeit spürte, ja, fast meinte er zu sehen, wie sie weinte, waren ihre Augen doch eben schon leicht glasig gewesen.
    Er verzieh ihr ihre leicht bissigen Worte, denn er fühlte sich mit ihr Verbunden. Auch sie trug diesen Stolz in sich, wie er ihn kannte. Und dann entschuldigte auch sie sich.


    Verres setzte sich auf. Das Bett knarrte leicht. Er zögerte noch, aufzustehen und zu ihr zugehen, hatte er sie doch eben weggeschickt. Und da er wusste, dass sie alleine im Raum waren, setzte er seine Füsse vor dem Bett auf den Boden, die Knie ein wenig von einander gespreizt und legte seine Ellenbogen auf seine Oberschenkel und verschränkte sie Hände in einander. So starrte er vor sich auf den Boden und sprach leise, aber aufrichtig:
    "Es tut mir leid. Du hast Recht. Es sind auch nicht die Schläge oder Schmerzen. Der Herr hat Nadia damit gefügig gemacht, dass er mich für ihre Widerworte strafte. Verstehst du? Er benutzt uns. Und als Beweis dafür, dass sie alles für ihn tun würde, musste sie sich ausziehen. Sie ist sehr stolz und ich glaube, wenn er mich nicht benutzt hätte, wäre es anders verlaufen ... es war mehr als demütigend. Besonders für sie ..."


    Verres wusste nicht, ob er sich verständlich ausgedrückt hatte. Immer und immer wieder schweiften seine Gedanken zu dem Szenario im Büro von Crassus. Er sah den verzweifelten Blick in Nadias Augen und sah sich schliesslich gekrümmt auf dem Boden liegen.

  • Während Carmen den Worten von Verres gelauscht hatte, war sie liegengeblieben, hatte den Kopf aber in seine Richtung gedreht und blickte den Vorhang an. Wie furchtbar musste er sich und auch Nadia während dieser Tortur im Büro des Herrn gefühlt haben. Wie erniedrigend und demütigend soetwas doch war. Carmen konnte es sich sehr gut vorstellen, insbesondere wie Nadia sich in der Situation gefühlt und wie entwürdigend es für sie gewesen sein musste sich vor fremden Menschen ausziehen zu müssen, nur um zu beweisen, dass sie gehorsam war. Und sie konnte verstehen, wie neu und unbegreiflich das Ganze für Verres sein musste. Auch sie hatte erst lernen müssen, wie das Leben als Sklavin aussah und was sie tun und vorallem was sie lieber lassen sollte.
    Schweigend hatte sie ihm zugehört und erst als er geendet hatte, da sprach auch sie:
    „Sie, unsere Herren, benutzen uns immer und zu jeder Zeit, Verres. Wir sind ihr Eigentum, ihr Besitz und wenn es sie danach gelüstet uns gegeneinander auszuspielen, so wie es bei dir und Nadia der Fall war, so tun sie es einfach. Für dich ist das alles noch neu und unvorstellbar, doch so ist nun einmal das Leben eines Sklaven. Es hängt jedoch auch immer vom Charakter eines Besitzers und auch des Verhaltens eines Sklaven ab, wie das Leben für jedermann verläuft. Ich hatte auch schon eine sehr nette und liebenswerte Herrin und bei ihr war das Leben erträglich und sehr beschaulich, auch wenn ich trotzdem nicht freiwillig bei ihr war.
    Doch mit diesem Herrn hier wird das Leben wohl nicht angenehm verlaufen. Es tut mir leid was du seinetwegen erleiden musstest und ich hege größtes Mitgefühl für Nadia und für das was sie erdulden musste. Ich hoffe, sie muss nun nicht...“ Carmen hielt inne und richtete sich im Bett auf.
    „Verres, wo ist diese Nadia derzeit? Noch immer im Büro des Herrn?“ fragte sie besorgt und hoffte, dass dies nicht der Fall war.

  • Verres nahm ihre Worte schmerzlich auf. Er wollte sie verstehen, aber er war noch nicht so weit. Viel ging durch seinen Kopf, aber richtig deuten konnte er es noch nicht und er spürte, wie Carmens Worte ihn schmerzten. Sie erwartete, dass er sich abfinden sollte? Sie kannte ihn schlecht und dies trieb sie ein wenig vor sich her. So sehr er Carmen auch glaubte zu lieben, ihre Worte waren ernstgemeint, aber er war anderer Ansicht. Mochte sie es besser wissen und es kennen, aber sie kannte ihn nicht, so wie er sich nicht kannte.
    Und mit einem Mal war der Zauber erst einmal verflogen. Er liebte Carmen, aber auf einmal spürte er, dass sie so verschieden waren.
    "Ja, du magst recht haben ..." sagte er leise, so dass sie es verstehen konnte, aber auf einmal fühlte er nichts mehr, auch nicht das Gefühl von LIebe. Sie sprach sicher die Wahrheit, aber ihm ging es zu schnell. Sie selber sagte, dass sie verstehen konnte, dass sie sie sich das alles mit seinem Gedächtnisverlust vorstellen konnte. Ebenso war er nich nicht wirklich bereit, sich als Sklave zu zusehen und so fügte er leise hinzu: "Du hast Recht, ich muss wohl noch viel lernen!"
    Und damit beschloss er dann auch das Gespräch. Carmen war weiter als er und er wusste, dass er sie erst lieben würde können, wenn er dies alles verstand.

  • Nach einer langen Pause beantwortete dann Verres Carmens Frage und hoffte, dass nicht doch eintrat, was sie beide befürchteten.
    "Sie durfte sich wieder anziehen. Aber ja, sie ist noch da. Er wollte mit ihr reden."


    Erst klang seine Stimme immer noch resigniert, doch er hasste diesen Zustand. Er wollte da heraus. Und er hasste Selbstmitleid. Ob es dies nun war oder nicht, er hatte nun am eigenen Leib zu spüren bekommen, was tausende Sklaven tagtäglich immer wieder über sich ergehen lassen mussten. Vielleicht nicht alle, da er irgendwie ahnte, dass es genug gab, die von vorne herein unterwürfiger, stiller oder einfach unauffälliger waren und sich eher mit ihrem Schicksal abfanden.
    Wie musste es wohl Carmen ergehen? Einen Eindruck hatte er ja von ihr bekommen. Sie schien sich dem Schicksal auf so elegante weise zu fügen und dennoch war sie stolz und stand irgendwie über den Dingen. Er würde eine Menge von ihr lernen können.


    Und dann raffte er sich auf, wischte sich den Rest Blut unter der Nase weg und trat zu dem Vorhang. Anklopfen konnte er schlecht, also fragte er, während er mit seiner Stirn leicht den Vorhang berührte: "Carmen? Es tut mir leid, wenn ich die weh getan habe. Ich war anscheinend vorhin nicht ich selber."

  • Carmen hatte sich bereits wieder im Bett aufgesetzt und wartete ungeduldig auf eine Antwort von Verres. Befand sich Nadia noch immer nackt im Büro des Hausherrn? Auch wenn Carmen die Frau nicht kannte, so betete sie doch für sie und bat die Götter um ihren Schutz. Doch als Verres dann sprach und dabei jedoch nicht auf ihre Frage einging, da versteifte sie sich umso mehr. Wieso beantwortete er ihre Frage nicht? Wusste er es nicht oder wollte er ihr die Wahrheit vorenthalten? Carmen stand auf, da sie nicht mehr in der Lage dazu war still liegen zubleiben. Die Anspannung ob der Antwort über die Lage von Nadia ließ sie nicht los und so schritt sie nervös im Zimmer auf und ab. Sicher man hätte sich fragen können, wieso es ihr so nahe ging, besonders da Carmen die Frau nicht kannte und ihr deshalb deren Schicksal im Grunde egal sein konnte. Doch so war Carmen nun mal nicht. Sie machte sich grundsätzlich um alles und jeden Sorgen. Insbesondere wenn es sich dabei um solch eine Situation handelt, die sie nur all zu gut und aus eigener Erfahrung her kannte.
    Doch dann vernahm sie erneut Verres Stimme und hörte mit einer gewissen Erleichterung seine nächsten Worte. Nadia war zwar immer noch im Büro des Herrn, aber sie hatte sich wieder anziehen dürfen. Das war ein gutes Zeichen, das musste ganz einfach ein gutes Zeichen sein. Carmen drehte sich zum geschlossenen Vorhang um, blieb stehen und starrte diesen an. Seine resignierende Stimme, die so traurig und selbstverloren erklang, drang tief in ihr Herz ein und ließ sie die eigenen Qualen bezügliche seiner Zurückweisung vergessen.
    „Verres...“ sprach sie leise und trat dicht vor den Vorhang. Seine Worte waren wie Balsam auf ihrer Seele. Carmen schob den Vorhang ein Stück weit auseinander und blickte in sein Gesicht. Noch immer schimmerten ihre Augen tränennass, doch stand sie aufrecht und stolz vor ihn. Sie hatte Verres längst verziehen, doch seine Entschuldigung zu hören tat ihr trotzdem sehr gut. „Danke Verres, doch auch ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich hätte dir Zeit lassen sollen. Zeit um damit fertig zu werden und zu versuchen zu verstehen was passiert ist.“ Reumütig senkte sie den Blick und sah starr seine Brust an. „Es tut mir leid.“

  • Als Carmen den Vorhang zur Seite schob, blickte Verres in ihr wunderschönes und stolzes Antlitz. Doch er sah auch ihre kleinen Tränen, welche sie nicht mehr so ganz hatte zurückhalten können. Und es tat ihm leid.


    Verres tat es zwar gut, was sie sagte, aber er wollte nicht, dass sie wegen ihm traurig war und sich entschuldigte. Und dann hob er vorsichtig seine Hand und sanft strich er mit seinem Daumen eine Träne unter ihrem Auge weg, während er sie fest ansah und sie konnte sehen, wie er versuchte, das Vergangene erst einmal zu ignorieren und für sie da zu sein. Ja, es war, als würde er sich für einen Moment im Positiven vergessen und schenkte ihr seine ganze Aufmerksamkeit.
    "Entschuldige dich nicht, aber danke. Aber das wird schon!" Er lachte, so, wie er es noch im Waschraum der Sklaven getan hatte, nur ein wenig dezenter.
    "Ich glaub, ich hab mich einfach etwas zu sehr selbstbemitleidet. Es war für mich neu. Vielleicht sollte ich mit Crassus reden. Mich entschuldigen. So was wollen die Herrschaften doch hören, nicht wahr. Ich kriege das schon hin. Mach dir einfach keine Sorgen. Und wenn sich hier jemand entschuldigen muss, dann bin ich es."


    Das alles sagte er, während ihm noch Blut unter seiner leicht deformierten Nase. Er sprach aus, was er glaubte, das es richtig wäre. In seinem Inneren jedoch sah es anders aus. Crassus hatte mit seiner Behandlung Verres Stolz angeknackst. Aber eben nicht gebrochen. Verres war sich sicher, dass er handeln wurde, wie auch immer das aussehen würde.

  • Ferun war von Crassus in die Sklavenunterkünfte geschickt worden, wo sich noch andere Diener des Hauses aufhielten und betrat etwas schüchtern den Raum im Keller. Sie sah sich um, sah mehrere Diener dort reden und war anfangs ein wenig schüchtern. "Heilsa." sagte sie etwas unsicher, das sie noch nicht wusste, wie die Anderen auf sie reagieren würde. Sie sah sich um, bemerkte die Gitter vor den Fenstern und sah, dass der Raum zumindest in zwei Teile getrennt war. Einige der Lager waren eingerichtet, einige wenige waren noch frei.
    Da Ferun keine Ahnung hatte, wo sie ihr Lager aufschlagen sollte, beschloss sie, die anderen Sklaven, die sie dort sah, anzusprechen. "Verzeiht bitte. Ich bin Ferah und Herr Crassus hat mir gesagt, dass ich hierher gehen soll und ab jetzt hier lebe. Er hat mich heute erworben und wenn ich ganz ehrlich bin, bin ich im Moment ein wenig verschüchtert." sagte sie mit einem gezwungenen Lächeln.

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