Cubiculum | Quartus Flavius Lucullus

  • "Es hat mich ebenfalls gefreut, wir werden dies nun sicherlich noch des öfteren tun."
    Gracchus erhob sich.
    "Ich wünsche dir eine angenehme Nachtruhe, Bruder."
    Nachdenklich, nicht gänzlich zufrieden, aber doch beruhigt, verließ Gracchus das Cubiculum seines Bruders. Ganz sicher war er sich über dessen Gedanken und Intentionen noch immer nicht, doch seine Befürchtungen hatten sich nicht bestätigt. Alles weitere würde die Zeit zeigen, doch Gracchus war vorerst zuversichtlich.

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  • Als ich am zeitigen Morgen mein Cubiculum verließ, um einen Happen zu Essen, lagen noch die Tautropfen auf den Pflanzenblättern. Heute würde ich den Reigen anführen, der die Feierlichkeiten zu Ehren des Volturnus einläutete...

  • Kaum mehr als ein stilles Abendmahl unter den Gensmitgliedern hatte ich in den letzten Wochen daheim eingenommen. Die Tage füllten sich in stetiger Arbeit zu Ehren des Quirinus und die anstehenden Festtage im October machten die Arbeit des allgemeinen Tempeldienstes nicht leichter.


    So erreichte ich auch an jenem Abend mein Reich erschöpft und müde. Trotz der Strapazen fühlte ich eine Genugtung und Freude, wenn ich an die nächsten Tage dachte und daran, wie ich vor einigen Monaten nach Rom gekommen war.


    Durch einen Sklaven entkleidet, gewaschen und ins Bett verpackt, starrte ich an die Decke. Soviel hatte sich in meinem Leben geändert und ich dachte wehmütig an die frischen Weiden des Lago Larius. An die Olivenplantagen, die Weinhänge, die Ähren, die sich sanft durch den Wind schoben. Was würde die Fischzucht machen, wie erging es Pulio dem Sklaven, der die Austernbänke überwachte, oder wie reichlich fiel die Obsternte aus. Das alles würde ich durch einen Brief erfahren. Monoton geschriebene Zeilen auf teurem Pergament. Doch die Heimat, meine zur Heimat gewordenen Ländereien blieben ungreifbar fern.


    Rom erfüllte mich damals mit Hoffnung, mit Freude, mit Vorfreude. Nun da ich hier war, erkannte ich die Tiefe die Rom teilte. Kaum mehr als den Gang zwischen den Tempeln und der Villa konnte man sich erlauben. Weit mehr als eine Heerscharr an Sklaven mußte immer bereit dabei sein. Die Stadt barst auseinander und kaum einer der sich in den Villen aufhielt erkannte jene Situation, die uns so angreifbar machte. Trotzdem würde mein Leben nicht am Lago Larius seinen Fortgang finden, sondern hier am Nabel der Welt. Ich müßte mehr in die Öffentlichkeit gelangen, wenn ich die Ziele meines Vaters zu erfüllen hoffte.


    Doch wie kam ich auf diesen Gedanken? Ist es doch ratsam nichts zu überstürzen. Die Jugend ist das höchste Maß an Leben, das uns bleibt. So würde ich meinen Dienst für die Götter noch intensivieren und mich in Riten und Ritualen ihren Wünschen hingebungsvoll geben.


    Mit einen Rucken drehte ich mich auf die Seite, schickte den Sklaven, der still in einer Ecke stehen geblieben war hinaus vor die Tür und blickte stumm dem Kerzenschein auf dem kleinen Lararium zu.

  • Wenn wir uns in den Alltagtrott geben, werden wir Pleibisch hatte Vater ab und an gesagt, um seine Söhne zu neuen Ideen anzuregen. Heute war einer jener Tage wo ich es mehr spürte als sonst. Ich wollte zurück an den Lago Larius und den Festen beiwohnen, die es dort zu jeder Jahreszeit und jedem Anlass gab. Rom dagegen eröffnete sich mir als pleibische Stadt. Wenig wurde gefeiert, gesungen und getanzt. Ich fühlte mich allein gelassen in einem langen Gang, dessen Ende schwarz und unkenntlich war.


    Zwischen meinen Schriften und Lesbaren blickte ich immer wieder hinaus in den Garten und freute mich an den wenigen Flugtieren, die diese Stadt aufwies. Kein Vergleich mit der Landvilla.


    Ich entsann einen Plan, wie ich das ländliche fröhliche Leben in die Villa Flavia tragen könnte und legte mir auf Gracchus zu animieren. Doch nicht heute Abend noch. Der Tag war üblich ausgedehnt oben am Tempelberg und meine Gedanken füllten sich genügsam in den Kurzschlaf. So entschied ich mich das Bett aufzusuchen und an einem anderen Tag darüber zu sinnieren...

  • Ich hatte Mühe aus den Stiefeln zu kommen. Zwei Sklaven zogen heftig daran, doch wollten die Dinger einfach nicht nachgeben. Soviel war ich eigentlich garnicht gelaufen. Zwar hatte ich am frühen Morgen auf die Sänfte verzichtet, um schneller auf den Quirinal zu kommen, doch sah ich darin nicht mehr Bewegungsbemühungen als sonst.


    Wir hatten einen jener Aufsteiger im Tempel zu Gast, der sich spät dazu entschieden hatte den Göttern dafür zu danken, was sie ihm als Geschenke das ganze Leben lang gemacht hatten. Ein Lebemann, der seine Frau verloren hatte und nun Zweifel daran bekam, ob die Götter ihm noch wohlgesonnen waren. Hätte ich es einschätzen müssen, ich wäre nicht umhin gekommen meinen Daumen nach unten zu recken. Zwar scheute er in später Einsicht weder Mühen noch Gelder, doch war diese Inszenierung mehr Schaum als wirkliche Liebe an die Götter. Natürlich durften wir uns dem nicht verschließen. Der Cultus war immer knapp bei Kasse und spontane Geldgeber nötig wie je. Aber ich hätte mich übergeben können, wenn ich sah mit welcher Selbstüberschätzung jener Mann auf dem Opferplatz erschien.


    Die Götter taten gut daran mehr römische Bürger auf die Probe zu stellen, um selbst nicht in den Kreis der Sünder und Atheisten zu kommen, setzte ich alles daran, um Quirinus an diesem Nachmittag mit einem besonders reichhaltigen Opfer zufrieden zu stellen.


    Auch hier in meinem Zimmer würde ich ihn noch etwas zum Abendmahl geben, dann noch eine kurze Wäsche durch einen der Sklaven ertragen und wenig später in den Schlaf gehen...

  • Wie ein dunkles Band durchfrohren meine Glieder den Tag. Grausame Träume aus des Hardes Schmiede durcheilten die Gedanken der Nacht. Schweiß, Kälte und Frieren quälten mich am Tag. Wären die Götter gnädig gewesen, so nähmen sie mir das bischen was mir noch blieb. Doch meine Sinne verstumpften. Kaum ein Mittelchen konnte mir helfen, kaum eine Seele war dort wo ich sein würde und kein Arzt fühlte sich dem Druck des Bösen gewachsen, bis das heilige Siegel der Macht an einem Morgen durch Gottes Hand gebrochen wurde.


    Ohne Schmerz wachte ich auf, die Träume hatte mein Laken kaum genässt und die scheinende Sonne, nur wenig gesehen durch einen Teil des Fensters, erhellte meinen Willen zu Leben. Noch als ich die Rituale des Morgens über mich ergehen ließ, wandte ich mich in Gedanken dem Leben zu. Schloss das Tor zur Unterwelt und warf den Schlüssel in die Wogen des Neptuns. Wie lange noch konnte ich verdrängen, konnte ich dies überstehen... wann würde das unaufhaltsame mich einholen, mich überholen und dabei entgültig packen?


    Wie aus den Gedanken gerissen wachte ich erneut auf. Der Atem ging schwer. Die Ohren lauschten in den Tag. Die Luft war drückend. Nein noch war ich nicht entkommen!

  • Bereits den fünften Tag in Folge hatte ich den Hauptteil der Zeit damit verbracht über den Latrinen zu hängen und all jenes heraus zu bringen, das mir während dem Mahl lieb gewesen war. Jetzt aber all meine Glieder und Knochen schmerzen ließ. Der eiligst herbei gerufene Medikus konnte wenig helfen. Verabreichte mir noch mehr dieser übelartig schmeckenden Pasten. Doch das Ende gleichte dem Anfang. Immer wieder verbrachte ich meine Zeit auf diesem mamorierten Loch. Mit gebeugtem Hals, den Kopf leicht nach vorn und würgte heraus, was nicht mehr kommen konnte, weil es bereits leer war.


    Doch wenn ich mich zurück in mein Reich geschleppt hatte, dauerte es nicht lang und eiligst wurde eine Schüssel gereicht. Und das seit fünf Tagen! Dazwischen gab es wenig zu Essen, irgendein Brotbrei, keinen Wein und keine Oliven, keine Datteln oder Feigen nur eklig schmeckende Brühe mit heißem, kaum nach Minze schmeckenden Wasser.


    Wenn ich nich brach, dann schwitzte ich. Bei keiner Arbeit hatte ich es je so derb getan, doch hier zwischen den Laken mußte ich leiden. Was hatte ich bei meinen letzten Opfern nich richtig bedacht, was strafte mich ob dieser Qualen? Dachte ich darüber nach, schmerzte mir der Kopf und die Müdigkeit trieb mich in einen unruhigen, von schlimmen Träumen gebeutelten Schlaf... mochten die Götter wissen, wann Hardes und Gomorra von meiner Seele ablassen wöllten.


    Mein Willen war schwach, meine Gedanken vergeblich und mein Körper erlegen...

  • Wieder einmal stand Gracchus vor einer der Türen der Villa Flavia und betrachtete stumm die Maserung des Holzes. Aus dem Cubiculum dahinter drang durch den Spalt der nicht ganz geschlossenen Türe leises Stöhnen, dann das Klappern einer auf einem Tisch abgestellten Schüssel, schließlich nur wieder Stille, die letzten Endes von sich leise nähernden Schritten durchbrochen wurde. Als die Tür sich öffnete und der Medicus heraus trat, hob Gracchus den Kopf. Der Medicus schüttelte leicht den seinen und zuckte mit den Schultern.
    "Keine neuen Erkenntnisse, Herr. Das Fieber hat ihn noch immer fest im Griff, er behält kaum etwas im Magen. Wenn er etwas isst, erbricht er bald die Hälfte davon vermischt mit grünlichem Schleim, dazu ..."
    Gracchus hob die Hand und winkte ab. Er wollte keine Details hören, die er ohnehin nicht deuten konnte. Die Medicina war ein Gebiet, welchem er sich nie gewidmet hatte, denn obwohl sie einen durchaus interessanten Wissensbereich bot, so graute es Gracchus vor dem Inneren des Körpers mit seinen Säften und Organen. Ein Tier auseinander zu nehmen, dies machte ihm nicht das Geringste aus, auch anatomische Studien am äußeren Erscheinungsbild eines Körpers hatten durchaus ihren Reiz, doch es hatte seinen Sinn, dass das Innere des Menschen hinter dessen Haut verborgen blieb.
    "Wie lange wird es dauern, bis sich sein Zustand bessern wird?"
    Er sprach leise, so dass man es im Inneren des Cubiculums nicht würde hören können. Doch zu Hören gab es ohnehin nichts, der Medicus zuckte nur wiederum ratlos mit den Schultern und schüttelte den Kopf. Gracchus schob ihn unwirsch zur Seite und trat in den Raum hinein. Die Luft war kalt, der Medicus hatte darauf bestanden, die Fenster weit zu öffnen um das Übel hinaus zu wehen, dennoch glänzten dicke Schweißtropfen auf Lucullus' Stirn. Gracchus trat zu seinem Bruder hin, der von dicken Decken bedeckt in seinem Bett lag, die Augen glasig, das Gesicht angespannt. Nicht viel verband Gracchus mit seinem Bruder außer seine Herkunft und womöglich ein Teil ihrer Profession, dennoch schmerzte es ihn, Lucullus in diesem Zustand zu sehen. Er zog sich einen Stuhl an das Bett und setzte sich an die Seite seines Bruders.
    "Wie geht es dir?"
    Er wusste nicht, ob Lucullus in seinem Fieber aufnahmefähig war, doch viel mehr, als mit ihm zu sprechen, konnte Gracchus ohnehin nicht für ihn tun.

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  • Serenus klopfte an der Tür von Onkel Lucullus, öffnete diesen einen Spalt und streckte den Kopf in den Raum. Hinter Serenus warteten Dido und sein Hund Nero, wobei letzterer ebenfalls den Kopf durch den Türspalt in den Raum streckte. Allerdings etwas weiter unten.


    „Salve Onkel Lucullus! Ich brauche deine Hilfe als Priester bei der Deutung einer Prophezeiung. Das sollte für dich gar kein Problem sein. Hast du Zeit für mich?“


    Serenus ging natürlich davon aus, dass Onkel Lucullus Zeit für ihn hatte. Jeder im Haus schien für Serenus Zeit zu haben. Das war einer der Vorteile, wenn man das einzige Kind in der Villa war. Und durch die vielen Onkel und Tanten in der Villa hielt sich auch der „ich bin genervt“-Aspekt in Grenzen, wenn er auf einen Erwachsenen zukam. Auch wenn sie mitunter erhebliche Schwierigkeiten hatten sich in die Welt und Gedankengänge eines 9jährigen Kindes hinein zu versetzen. Aber vielleicht lag das auch daran, dass alle Onkel und Tanten im Haus uralt waren.


    Die Onkels und Tanten hatten sich sicher nie zuvor Gedanken gemacht, wie kompliziert es war, wenn er, Serenus, etwas wollte. Die wendeten sich an ihre erwachsenen Leibsklaven oder direkt an diesen Sica und alles lief. Bei Dido und Serenus wurde es ja schon kompliziert, wenn es um die Organisation einer Sänfte und einen Ausflug in die Stadt ging.


  • Schwach drehte ich den Kopf zur Seite. Verschwommen nur sah ich Gracchus, der an meinem Bett stand. Dieses unheimliche Schwitzen, ließ meine Hand nach oben fahren und eine Schweißperle aus den Augen entfernen. Normal tat dies ein Sklave, der sich nun etwas zurückgezogen hatte.


    "Ich fühle mich schwach und es schmerzen die Glieder. In der nacht träume ich schlecht, am Tag schwitze ich. Wie soll ich meinen Zustand da als gut betrachten, ich hoffe der Medikus wird ein Mittel finden,das mir hilft."


    Ich drehte den Kopf wieder in die Senkrechte, das lange Muskelanhalten schmerzte mir.


    "Du kannst mir helfen Gracchus. Bring ein Opfer zur großen Mutter und hilf meine Leiden durch Gebete zu mildern."


    Mit einem sanften Ruck drehte ich mich erneut zu ihm hin. Es zeigte meinem Bruder den Willen der mich leben lassen sollte. Doch gelang es mir nicht die Gesichtszüge zu entspannen.

  • Minervina, die erst kurz davor vom Leiden ihres Bruders gehört hatte betrat still den Raum. Hinter ihr trottete ihre Liebskalvin, mit einem kleinem Schüsselchen Wasser. Ein paar Blätter schwammen darin. Die Sklavin stellte die Schüssel neben das Bett des Lucullus und brachte Minervina einen Stuhl. Es schien, als häten sich die beiden das schon vorher ausgeredet... denn niemand wollte den schwachen Lucullus aufregen oder gar aufwecken.


    Sanft legte sie die Hand auf seine kochend heisse Stirn, nahm das Tuch in die Hand und berührte damit seinen Kopf.


    Auch wenn es nur eine kleine Hilfe war, die Hoffnung stirbt zuletzt!


    Die Skalvin hielt sich im Hintergrund.

  • Zitat

    Original von Quartus Flavius Lucullus et Lucius Flavius Serenus


    Es war nicht zu übersehen, dass Lucullus mit aller Kraft gegen das zermürbende Fieber ankämpfte. Gracchus würde für einen neuen Medicus Sorge tragen, denn auch wenn sein Bruder auf die Künste des jetzigen vertrauen mochte, Gracchus tat dies nicht. Womöglich konnte Leontias Leibarzt einmal vorbei sehen, zudem würde Gracchus seinen Sklaven in die Stadt schicken.
    "Ich werde Apollon und seinen Sohn Aesculapius um Beistand bitten, dessen sei dir versichert. Wenn du sonst etwas brauchst, so zögere nicht, danach zu verlangen, es soll dir an nichts mangeln, Bruder."
    In diesem Augenblick öffnete sich nach einem leisen Klopfen die Türe und ihrer beider Neffe Serenus steckte seinen Kopf in den Raum hinein. Gracchus wandte sich der Türe zu und winkte ab.
    "Nicht jetzt, Serenus, deinem Onkel geht es nicht gut."
    Er wollte sich bereits wieder seinem Bruder zuwenden, als ihm ein Gedanke kam.
    "Geh und sag Sciurus, dass er ein Zicklein besorgen soll, ein weißes, und er soll sich sputen. Er weiß dann, was zu tun ist. Du, Serenus, warte hernach im Atrium auf mich, ich werde gleich bei dir sein."
    Sodann blickte er zu Lucullus und ein aufmunterndes Lächeln legte sich auf seine Lippen.
    "Besser jetzt, denn später. Bis spätestens zu den Parentalia musst du wieder auf den Beinen sein, ich werde mit etwas Glück dann Magistrat Roms sen und wir brauchen einen Sacerdos in diesem Haus, du weißt doch, einige unserer Vorfahren sind äußerst rastlos."

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  • Serenus kam ganz vorsichtig näher und gab Dido und dem Hund ein Zeichen etwas zurück zu bleiben. Er hörte die Instruktionen von Onkel Gracchus und sah sich Onkel Lucullus näher an. Als alter Literaturkenner der der thessalischen Horrorgeschichten erinnerte ihn Onkel Lucullus auf den ersten Blick an einen pickeligen Seuchenpriester aus der Unterwelt. Auf den zweiten Blick aber fing Serenus breit zu grinsen an.


    Er wandte sich an seinen scheinbar sterbenden Onkel.


    „Keine Sorge Onkel Lucullus. Die Masern sind harmlos. Letztes Jahr hatte mein Freund Cornelius Cicero die Masern und im Jahr davor seine drei Schwestern - Dick, Dicker und am Dicksten. Und Tiberius Antonius hatte sie sogar zusammen mit Keuchhusten. Selbst Arrecina hatte die schon. Und da ich sie nie bekommen habe, obgleich die eine irre lange Ansteckungszeit haben, bin ich immun. In ein bis zwei Wochen ist alles vorbei.“


    „Medicus“ Serenus wandte sich erklärend wieder an Onkel Gracchus.


    „Zuerst geht es los wie bei einer Erkältung. Der Hals tut weh, man hustet und die Nase läuft. Dann bekommt man einen schlimmen Ausschlag im Mund und kann nichts mehr essen. Und das Licht tut den Augen ganz schlimm weh. Dann kommt ein ganz, ganz, ganz hohes Fieber, wo dann die Wadenwickel kommen, die alle halbe Stunde gewechselt werden. Und ein Ausschlag breitet sich im Gesicht und am ganzen Körper aus, der ganz schlimm juckt. Und das Licht verbrennt die Haut wie bei einem Untoten. Und der Hals wird dick und tut furchtbar weh, vor allem wenn man immer mehr hustet. Und alle Jungen bekamen ganz schlimmen Durchfall, während die Mädchen keinen bekamen. Dann geht das Fieber zurück, dann geht der Ausschlag zurück und geht in braune Flecken über, die dann auch weggehen. Alles harmlos, aber man soll sich Scheisse fühlen.“


    Serenus wandte sich wieder an Onkel Lucullus.


    „Das ist doof, dass du jetzt schon krank bist, denn sonst hättest du nach Baiae reisen können, wo Oma dich gehegt und gepflegt hätte. Die kann das sehr, sehr gut. Ich weiß das, weil Arrecina und ich vor vier Jahren den Keuchhusten hatten. Dank Oma waren wir schneller gesund als die anderen Kinder in Baiae.“


    Serenus rannte aus dem Raum um Sciurus zu suchen.
    „He Dido! Mein Onkel Lucullus hat die Masern! Bin mal gespannt wen er vielleicht alles angesteckt hat.“


    Auf dem Gang waren leiser werdende Schritte zu vernehmen, als die Kinder und der Hund den Sklaven suchen gingen.

  • Verwundert zog Gracchus die Stirn in Falten und blickte zu seinem Bruder, als sein Neffe die ärztliche Diagnose abgab. Er spürte bereits, wie es ihm im Halse kratzte, ebenso fühlte sich sein Mund ein wenig trocken an, doch gerade noch rechtzeitig bevor die Krankheit ihn überkommen konnte, erinnerte er sich daran, die Masern bereits vor langer Zeit selbst durchlebt zu haben. Er war noch nicht lange in Achaia, da hatte es im Hause Exitius seinen Anfang genommen, Philo war der erste gewesen, sein Bruder Sophus folgte direkt, dann einige Tage später hatte Aquilius begonnen zu kränkeln, und schlussendlich war auch Gracchus an der Reihe gewesen. Er erinnerte sich nur äußerst diffus an die schmerzhaften Tage, doch soweit es ihm bekannt war, durchlebte man die Masern nur ein einziges Mal im Leben und mit Blick auf seinen Bruder konnte er dies nur hoffen. Er würde den Medicus dahigehend befragen, sollte Lucullus sich tatsächlich diese Krankheit zugezogen haben, so würde es dringend notwendig sein, dies einzudämmen. Obwohl er sich vor den Masern einigermaßen sicher fühlte, so hatte es Gracchus doch mit einem Mal eher eilig.
    "Nun, du hast deinen Neffen gehört, es wird schon wieder. Ich werde sehen, ob er beim Opfern ebenso geschickt ist, wie bei der Diagnose. Ruhe dich einfach aus, Lucullus."
    Kurz nach Serenus verließ auch Gracchus das Zimmer und begab sich zum Atrium.

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  • Ein schwaches Lächeln kommentierten die Worte des jungen Serenus. Mit einem Nicken hatte ich Gracchus zugestimmt und wartete bis ein aufmerksamer Sklave das Gesicht rein wischte. Meine Augen blickten zwischen gequält und entspannt. Mal war es ein Schmerz der durch den Leib fuhr. Mal ein Zucken das den Kopf durchpflügte. Dann wieder Ruhe, doch das allgemeine Schwitzen blieb immer.


    Als die Beiden meine Gemächer verlassen hatten, versuchte ich etwas zu schlafen. Trotz das ich Angst hatte vor den Träumen. Mit der Hand suchte ich im Laken. Nach einer Weile lehnte ich mich entspannt, so möglich das ging, zurück. Die kleine hölzerne Puppe war noch da. Ihre Schutzgeister mochten mich nicht retten können. Aber der beste aller Priester war auf dem Weg und ich würde nicht aufhören ihnen zu danken, wenn sie mich aus diesem Alptraum weckten.


    Die Stunden verstrichen nur langsam. In der Einsamkeit blieb mir nicht viel zur Auswahl. So drückte ich den Kopf ins Kissen. Döste, schlief mal einen Moment, beobachtete die Sklaven bei ihrer Arbeit mich zu trocknen und zu kühlen und freute mich über jeden Flavier der den Weg zu mir fand. So war auch meine Schwester ab und zu an meinem Bett. Was konnte einen Menschen nicht besser in der weltlichen Sphäre behalten, als der Rückhalt der eigenen Familie.


    Leider konnte ich nicht viel sagen. Entweder schmerzte der Rachen so, oder er wurde von einem Kräuterknäuel eingenommen, das aller paar Augenblicke mit gewärmten Wasser übergossen wurde und seine Extrakte an den Hals abgaben. Dazu kamen Wickel an allen Gliedmaßen. Sie kühlten sie und sorgten dafür, das die Hitze im Schwall auf der Stirn austrat.


    Schon nach der nächsten Nacht, welche ich ungewohnt in längeren Schlafphasen verbracht hatte, fühlte ich mich besser. Was war geschehen? Eine Frage die mich den Vormittag beschäftigte. Immerhin mußte ich nach nunmehr über einer Woche diese Leiden ertragen. Da war es nicht sonderlich verwunderlich, das ich den Taten des Medikus nur wenig Chancen auf Erfolg einräumte.


    Leise krächzend, versuchte ich Worte zu sprechen und selbst zu hören. Doch es war bei weitem noch nicht gut. Es klang schrecklich und schon bald kam ein Sklave herein und füllte meinen Hals erneut mit diesem Kräuterding. Während das Wasser hinunter rann und ich schmerzlich schluckte, dachte ich darüber nach, was Mutti in Oberitalien bei dieser Art Krankheiten immer angeordnet hatte...

  • Wenn ich die Tage in den Tempeln bei der Arbeit verbrachte, dann flogen sie nur so dahin. Hier auf meinem Lager jedoch schlichen sie sich durch die Zeit und so versuchte ich, nachdem sich das Fieber etwas gelegt hatte, mehr zu schlafen. Nur wenige unfreundliche Träume striffen mich noch in der Nacht. Am Tage langweilte ich mich oft. Konnte nur teilweise reden oder ergab mich den Versuchen des Medikus.


    Die wenigen Besuche versuchte ich mit Fragerei zum längeren Bleiben zu bewegen. Nur sehr selten gelang dies wirklich. Denn wer kam schon gern an ein Krankenlager?! Mein Bruder hatte sich noch nicht wieder gezeigt. Aber ich hoffte einfach, das er das Opfer hatte ausgeführt. Eine Besserung war zudem in Sicht, ich spürte sie. So mußte es einfach geglückt sein....


    Ab und an kam Minervina. Mal sah ich sie, mal spürte ich ihre Anwesendheit und immer war ich mir bewußt, das sie für ihren Bruder da war.

  • Ich hatte mir angewöhnt alle Sklaven im Haushalt nur als Dinge zu sehen. Viele in dieser Villa bauten persönliche Verhältnisse zu diesem Hausrat auf. Ich sah es als Schwäche an und schickte sie mit dem einfachen Wort 'Sklave' umher. Dies machte mich bei ihnen nicht beliebter. Nun vielleicht doch, denn meine Züchtigungen waren äußerst selten ausgeführt. Jene Akte der Befriedigung ein schwaches Glied leiden zu lassen, überließ ich gerne anderen Familienmitgliedern.


    Die Nächte waren so drückend heiß, das ich mich mit Wickeln kühlen ließ. Es bedurfte einiger Pflege, aber es tat gut jene frischen Binden am Leib zu fühlen. Dazu standen noch drei Wedler um das Bett, um ein wenig Luft zu bewegen. So siechte ich in der Nacht zum nächsten Tag und hoffte, das es bald einmal Regen geben würde...

  • Lucullus lag nun schon eine ganze Weile darnieder, und auch wenn wir einander nicht besonders gut kannten, war dies kein Grund, ihm nicht mindestens einen Besuch abzustatten. Ich wusste nur zu gut von mir selbst, wie lästig es war, krank zu sein und sich dauernd zu langweilen, weil man nur wenig tun konnte ausser herumzuliegen und abzuwarten, sodass ich mir für den heutigen Tag die Zeit genommen hatte, bei Gracchus' Bruder vorbeizusehen. Nicht zuletzt, weil ich versuchen wollte, die Stelle meines Vetters hier im Haushalt zumindest teilweise auszufüllen, solange er absent war, denn die Sorge um seine nahesten Verwandten war ihm stets wichtig gewesen.
    Eine Sklavin hatte auf meinen Befehl hin eine Schale Obst kleingeschnitten und ästhetisch in Kreisen und einem kleinen Stapel auf einem Teller angeordnet, einige Schriftrollen und eine Flasche Wein unter den Arm geklemmt schritt ich zum cubiculum des Lucullus und klopfte an die geschlossene Türe an.

  • Mir ging es einigermaßen besser. Zwar war ich noch immer auf das Räumliche in der Casa angewiesen. Mit jedem neu anbrechenden Tag wandte sich die Sonne allerdings wieder näher an mein Herz heran. Ich hörte das Klopfen. Wenige Stunden kam Besuch zu mir und so freute ich mich besonders, als ich jene dumpfen Laute vernahm. Immerhin schaffte ich es mich aufzurichten, bevor ich ein hoffentlich laut genuges: "Herein." sagte und erwartungsvoll zur Tür blickte.

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