Seiana war immer noch etwas unschlüssig, ob es nicht besser wäre, wieder zu gehen. Erst recht, als klar wurde, dass ihre Sklaven draußen zu warten hatten, entgegen dem, was üblich war. Nicht dass sie vorhatte, diesen Besuch allzu lange andauern zu lassen... aber dennoch. Es rückte Seiana in die Nähe von irgendwelchen dubiosen Aktivitäten, und obwohl sie mehr als einmal darüber nachgedacht hatte – in diesen empfindsamen Momenten, in denen sie allein war und ihre übliche Maske, die sie sogar sich selbst gegenüber inzwischen häufig trug, fallen lassen konnte –, empörte es sie doch, rein aus Prinzip, dass so etwas von ihr angenommen wurde. Als ob sie sich rächen würde. Als ob sie – nur gesetzt den Fall sie wollte sich rächen – so plump vorgehen würde einfach hierher zu kommen!
Sie folgte dem Ianitor dennoch, ohne die Tatsache zu kommentieren, dass ihre Sklaven draußen zu bleiben hatten, und ließ sich ins Atrium bringen, wo die Iunia gerade dabei war, Blumen zu arrangieren. Im Verlauf ihres kurzen Weges von der Porta ins Atrium hatte Seiana dafür gesorgt, dass ihre Maske noch besser an ihrem Platz saß als für gewöhnlich. Ihr Gesichtsausdruck war nicht starr, aber völlig ruhig und scheinbar gelassen. Sie wollte sich keinen Ausrutscher leisten, keinen Faux-Pas. Sie wollte hier beherrscht, professionell und kühl auftreten, nicht so wie beim letzten Mal, als sie sich getroffen hatten. Und vor allem anderen wollte sie die Iunia nicht merken lassen, was sie dachte oder von ihr hielt. Und deshalb, weil sie so bedacht darauf war, blieb ihre Miene völlig ruhig, als sie, noch bevor der Ianitor sie vorstellte, ihren Cognomen hörte. Erst als sie den letzten Satz hörte, zuckte eine Augenbraue kurz nach oben – und das war von ihr gewollt. „Salve, Iunia. Um offen zu sein, hätte ich das auch nicht gedacht“, grüßte sie sie, während sich ihre Lippen zu einem schmalen, höflichen Lächeln verzogen, das aber sofort wieder verklang, um einer für die nächsten Worte angemessenen Miene Platz zu machen. „Mein Beileid zu deinem Verlust.“