• Nachdem er sich beiläufig für das, im Vergleich zu den letzten Wochen üppige Mahl bedankt hatte, begann er sofort sich an diesem schadlos zu halten. Nur den Wein lie er unangetastet. Dieses rote Gesöff hatte ihm immer erhebliche Kopfschmerzen bereitet. Da wäre ihm der aus der Heimat gewohnte Honigwein lieber gewesen. Nachdem er das Stück kalten Braten geschluckt hatte, das er gerade im Mund hatte, als Phaeneas ihn ansprach, antworere er:


    Nun ja. Das war in etwa die kurze. Aber viel mehr gibt es über mein Leben nicht zu berichten. Ausser vielleicht einige lustige oder kuriose Geschichten aus der Zeit als ich die Aufräge meines Herrn erfüllte.
    Du weißt doch schon allerhand über mich. Ich hingegen habe noch nichts von deinem Schicksal gehört. Was hat dich woher hierhin verschlagen?

  • Während Crinon aß, füllte sich Phaeneas etwas Wein in seinen Becher - und darauf eine Unmenge an Wasser. Dieses hohe Mischverhältnis hatte ihm schon oft spöttelnde Bemerkungen eingebracht, worauf er aber nie viel gegeben hatte, denn schließlich schmeckte ihm der Wein erst so. Arion* hatte ihn jedes Mal wieder ungläubig angeschaut und gefragt, wie er „dieses Zeug da“ denn trinken konnte. Doch Arion hatte sogar fast unverdünnten wein hinuntergebracht, eine Vorstellung, bei der Phaeneas erschauderte.
    „Verschlagen ist gut. Nun, meine Eltern stammten aus Bithynia. Sie wurden als Sklaven nach Rom gebracht, wo sie sich kennen lernten.“ Verrückt, dass ausgerechnet Phaeneas, der seine Eltern nur eine kurze Zeit gehabt hatte, die Erinnerung an seine Familie so in Ehren hielt. Ihre Geschichte gehörte so untrennbar mit der seinen zusammen, dass er immer damit begann, wenn er über sein Leben erzählte. „Als ich ein paar Jahre alt war, wurde mein Vater verkauft, wogegen ich mit meiner Mutter zusammenblieb. Sie kümmerte sich sehr gut um mich und brachte mir viel bei. Als ich etwa zehn Jahre alt war, wurde auch sie weggegeben; ich vermute, unser damaliger Herr hatte ziemliche Geldsorgen.“ Bei dieser Erinnerung konnte sich Phaeneas ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen. „Im Laufe meines Lebens jedenfalls wurde ich immer wieder gekauft und verkauft und diente den verschiedensten Herrn in den verschiedensten Städten von Italia.“ Das war eine sehr geraffte Darstellung von einer Zeit, die immerhin den größten Teil seines Lebens ausmachte. Sicherlich gab es darin einiges, was Phaeneas gefahrlos hätte erzählen können, ihm aber nur eingefallen wäre, wenn ihn etwas spezielles daran erinnert hätte. Doch es kamen sehr viel Dinge von so privater Natur vor, dass der Bithynier sie nicht einfach so jemandem eröffnet hätte, den er gerade erst seit kurzem kannte. „Ein Sklavenhändler nahm mich schließlich mit nach Germania, wo mich auf einem der dortigen Märkte mein jetziger Herr erwarb.“


    Sim-Off:

    *Siehe Link, dritter Beitrag von unten

  • Bithynia sagst du? Wo liegt denn dieses Land? Ich meine schon davon gehört zu haben, ich kann mich aber auch irren. Liegt weit südlich von hier an einer Küste, oder? Ein Händler sprach davon. Stimmt es, dass ... ach du warst ja nie dort oder? Ich könnte mir nicht vorstellen nie das Land meiner Ahnen gesehen zu haben.


    Währen er scheinbar völlig abwesend weiteraß, beobachtete er seinen Gegenüber. Es wurde langsam Zeit sich ein deutlicheres Bild von seinem "Kollegen" zu machen. Dieser schien von einer immerwährenden Melacholie gefangen zu sein. Nur allzu verständlich. Schließlich hatte er in seinem Leben wohl mehr schlechte als gute Tage gesehen. Doch allzu lange dachte Crinon nicht über seinen Gegenüber nach, denn er hatte genug gegessen. Ausserdem hatte er unauffällig ein Messer in seiner Kleidung verschwinden lassen. Nicht das er damit etwas vorgehabt hätte, aber er fühlte sich einfach wohler wenn er eine Waffe, auch wenn es eine improvisierte war, bei sich hatte. Man konnte schließlich nie genug Vorsicht walten lassen.


    Was gibt es als nächstes zu sehen?


    Als Leibwächter sollte er eingesetzt werden. Gut dann war es von Vorteil sich überall möglichst gut auszukennen um im Zweifelsfall, wenn er seinem Herrn gerade nicht auf Schritt und Tritt folgte, wenigstens den schnellsten Weg zu ihm zu kennen.

  • Auf Crinons Frage konnte er nicht wirklich eingehen, denn Phaeneas wusste – wie Crinon – nur das bisschen, das er mal hier und dort aufgeschnappt hatte. Die meisten einfachen Leute der Plebs wussten ja auch nicht wirklich bescheid. Ein Land wie Bithynia lag so weit weg von ihnen, von ihrem Alltagsleben, wie sollten sie auch von so etwas Ahnung haben?
    „Nein, ich war nie dort. Warm soll es sein und ein Meer liegt in der Nähe – aber mehr weiß ich auch nicht.“
    Tja ja, das Land seiner Ahnen. Phaeneas hätte es gerne einmal gesehen, doch er war realistisch genug zu begreifen, dass es wohl auf ewig ein Wunschtraum bleiben würde.


    Als Crinon fertig gegessen hatte, stand Phaeneas auf und räumte den Tisch ab.
    „Hm, das Tablinum solltest du gesehen haben.“

  • Gut. Dann will ich mir das mal anschauen.


    Je früher er sich hier zurechtfand desto besser. Im nachhinein bereute er, zuvor dieses sensible Thema angeschnitten zu haben. Schließlich wollte der die Melancholie Phaeneas' nicht noch weiter steigern.

  • Auch wenn es aufgrund beidseitiger Unkenntnis ein erschöpfliches Thema war, so war es in Phaeneas’ Augen eine freundliche Geste von Crinon gewesen, sich näher nach seiner Heimat zu erkundigen. Das taten nicht viele, denn was zählte schon eine Herkunft, wenn man ewig weit von eben jenem Land getrennt war. Eine Ansicht, die Phaeneas nicht teilte, denn ihm würde seine Heimat immer bedeutsam sein.
    Gerade war er mit dem Abräumen fertig geworden und so machte er sich mit Crinon auf, zum Tablinum.

  • Crinon trat in die Küche um etwas zu finden, das Phaeneas helfen würde und traf dabei auf Berenice.


    Kann ich dir helfen? Oder hast du es nur auf einen Happen zwischendurch abgesehen?


    Nein. Ich suche was für Phaeneas, der sich den Magen wohl verdorben hat. Das liegt sicher an dem verdünnten Wein den er trinkt.
    schließlich wollte er ja nicht der Küche die Schuld geben.


    Daran wirds wohl liegen. Ich mache ihm schnell einen Fencheltee.


    Crinon wartete auf den Tee, bedankte sich artig und zog dann los, um Phaeneas den Tee zukommen zu lassen.

  • Der Herr hatte gerade das Abendessen beendet und so kehrte das benutzte Geschirr in die Küche zurück und wartete darauf gewaschen zu werden.
    Der kleine Menyllus und seine um ein paar Jahre ältere Schwester Deidameia hatten sich heute wieder gekabbelt und wie eben jedes Mal endete es darin, dass Menyllus Meia quer durch das Haus jagte; ohne sie jemals zu erwischen. Obwohl Meia schon in dem Alter war, in dem sich ältere Schwestern nicht mehr mit ihrem Bruder abzugeben pflegten, liebte sie die Frotzeleien mit Menyllus nach wie vor und hatte auch bei den Verfolgungsjagden ihren Spaß; schließlich hatte sie die längeren Beine.
    Phaeneas hatte Menyllus jedenfalls aufgegeben, wenn sie schon im ganzen Haus unterwegs waren, dann sollte er doch bitte Crinon, wenn er ihn sah, bescheid geben in die Küche zum Abspülen zu kommen.
    Während also Menyllus Crinon – so sicher wie die Sonne jeden Morgen wieder aufging - früher oder später über den Weg laufen würde, begannen Phaeneas und Nicaea, die ebenfalls mithelfen sollte, mit ihrer Arbeit. Der Bithynier machte sich gerade daran eine Speiseplatte abzuwaschen, als er auch schon Schritte näherkommen hörte.

  • Die festen, nicht allzu eiligen Schritte stammte von Crinon, der dem Sklavenjungen nicht hatte entlocken können, warum er in die Küche kommen sollte. Als dieser dann seine Schwester hinter einer Ecke entdeckte gab es für ihn kein halten mehr und er verschwand schneller als er aufgetaucht war. Crinon hatte den Kopf geschüttelt und sich zügig zur Küche auf den Weg gemacht. Nun trat er ein und blickte Phaeneas fragend an, nahm dann das Geschirr wahr und fürchtete Böses. ;)

  • Phaeneas ahnte nicht im Geringsten, dass Menyllus sich einen Spaß daraus gemacht hatte, Crinon in Unwissenheit zappeln zu lassen. Er sah den fragenden Blick und ging nicht im geringsten darauf ein. „Ah, Crinon, gut dass du da bist, nimm dir von dem Stapel dort drüben ein Geschirrtuch und trockne die Sachen ab, die ich oder Nicaea dir geben.“

  • Mit einem Seufzen griff sich Crinon eines der Tücher und machte sich umgehend an die Arbeit. Je schneller er anfing, desto schneller würde er mit dieser leidigen Arbeit fertig sein. Hoffentlich gab es bald interessanteres zu tun.

  • Und Phaeneas reichte Crion gleich als erstes die Platte. Während er schließlich einen Becher ausspülte, erklärte er: "Im Regal dort müsstest du zu allem eine Entsprechung finden." Dann fiel ihm ein, dass es allerdings gerade bei der Speisenplatte nicht so war und fügte hinzu: "Ach ja, die Platte muss ganz unten an den freien Platz."

  • Ohne weiteres Stöhnen und Murren erledigte Crinon die ihm aufgetragene Arbeit. Zu den Anweisungen nickte er blos, während er sich voll und ganz seiner Beschäftigung widmete.


    Na hoffentlich ende ich hier nicht als Küchengehilfe. Ab und an ist das ja kein Problem, aber wenn das zu meiner Hauptbeschäftigung wird ...

  • Während allerlei Geschirr durch seine Hände wanderte, dachte Phaeneas an das, was Crinon als seine früheren Betätigungsfelder genannt hatte. Dabei kam eine Frage auf: „Hattest du bei deinem früheren Herrn immer ... draußen zu tun? Niemals im Haus?“ Diese Frage stellte er mehr aus Interesse, denn aus Verständnis heraus.

  • Das war eine Frage, die Crinons Laune augenblicklich hob. Ja das waren noch Zeiten gewesen. Er hing einen kurzen Augenblick seinen Gedanken nach, doch dann machte er sich daran die Frage zu beantworten.


    Das war ganz vom jeweiligen Auftrag abhängig. Es gab Monate im Sommer, da habe ich kaum eine Nacht unter einem Dach geschlafen. Aber es gab auch diese Monate letzten Winter in denen ich nur damit beschäftigt war in einem muffigen Kaminzimmer herumzusitzen, um mir das Wohlwollen und das Vertrauen eines Vetters meines Herrn zu erschleichen. Wie gesagt, es war ganz von der Auftragslage abhängig.


    Crinon freute sich darüber, ein wenig plaudern zu können. So ging die Zeit mit der unliebsamen Tätigkeit schneller vorbei.

  • Und Phaeneas freute sich über Crinons offene, unbefangene Antwort. Es gab nichts schlimmeres als ein gezwungenes Gespräch.
    Kaum eine Nacht unter einem Dach? „Herrje, das könnte ich mir nicht vorstellen, für diese Zeit ständig nur... unterwegs zu sein!“ In der Hinsicht war Phaeneas schlicht ein verwöhnter Haussklave!
    „Das Wohlwollen und Vertrauen eines Vetters deines Herrn zu erschleichen?“, wiederholte er. „Was hattest du mit ihm zu schaffen?“

  • Crinon überlegte kurz. Hatte er schon zu viel verraten? Normalerweise hatte er doch seine Zunge besser im Griff. Dann entschied er, dass niemand seinem ehemaligen Herrn einen Stick würde hieraus drehen können und sich ausserdem neue Prioritäten seiner Loyalität ergeben hatten.


    Nun, der Vater meines Herrn, seines Zeichens Rich, also ein nicht unwichtiger Anführer, näherte sich einem Alter, wo alle, denen etwas an ihm lag sich ernstlich Sorgen um ihn machen mussten. Einen weiteren Winter wird er wohl nicht mehr überleben. Eben darum kamen Gerüchte auf, dass eben jener Vetter plante seine Chancen auf das Amt zu erhöhen. Da er nicht gerade der Fähigste war, gab es für ihn nur einen Weg: Gewalt!
    Um diese Gefahr von meinem Herrn abzuwenden, war diese Operation nötig und wie sich zeigte war sie auch ebenso berechtigt. Denn obwohl der alte Rich diesen Winter noch überlebte, war ein Anschlag auf meinen Herrn geplant, den wir erfolgreich verhindern konnten. Leider konnte der Vetter sich der Gerechtigkeit durch Suizid entziehen.
    Doch ich hatte trotz der immerwährenden Anspannung Spass an der Operation. Es war mal was ganz anderes. Aber wochenlang nur unter dem Himmel und vielleicht ein paar Bäumen zu schlafen hat auch seinen Reiz. Man fühlt sich unendlich frei, auch wenn man es eigentlich nicht ist. Es ist einfach herrlich.

  • Nicaea stand wortlos daneben und kümmerte sich nur um ihre Teller. Es war schwer zu sagen, ob sie dem sich entwickelnden Gespräch und Crinons Erzählung lauschte oder ihren eigenen Gedanken nachhing.
    Eine spannende Geschichte, fand Phaeneas! Er ließ sich gern von allem betören, was anders war als sein eigenes Leben, das doch trotz allen Unannehmlichkeiten bisher immer gleich verlaufen war.
    „Das heißt, du versuchtest ihm seine Pläne zu entlocken?“, fragte Phaeneas nach.
    Interessant war das ‚wir’, das Crinon in dem Satz „den wir erfolgreich verhindern konnten“ benutzte. Phaeneas hätte in so einem Zusammenhang eher von ‚man’ gesprochen oder das Passiv verwendet.

  • Seine Pläne waren nur allzu offensichtlich. Plump wie er war versuchte er bei jeder Gelegenheit meinen Herrn schlecht zu machen und tönte in den Wirtshäusern herum, dass er bald etwas unternehmen wolle.
    Leider hatte er aber nur einen Gefolgsmann. Dieser Riese war fast noch unfähiger wie der besagte Vetter. Ich musste ihm also entlocken, wann er diesen Toren losschicken wollte. Allerdings hatte der Vetter zwei Talente die die Sache erschwerten. Zum einen war er enorm misstrauisch und zum anderen unheimlich verschwiegen, was die Details anging.
    Bis er mich schließlich einweihte, hatte ich ihn in mühvoller Kleinarbeit davon überzeugt, das er mehr Leute brauchen würde und das ich sein Mann sei, weil ich mich angeblich ungerecht behandelt fühlte. Ziemlich überstürzt ging es dann - zu meinem Erstaunen - zu dritt bei Nacht und Nebel los, ohne das ich meinen Herrn vorab informieren konnte. Also könnte man sagen, das ich eigentlich zu langsam war.


    Crinon gefiel es, sich an diese Tage zu erinnern. Es war schließlich erst ein paar Monate her seit sich diese Ereignisse abgespielt hatten. Doch er vergas darüber nicht seine Aufgabe. Stück für Stück trocknete er ab und seine Hände bewegten sich dabei schneller als die Worte seinen Mund verliesen.

  • Phaeneas schüttelte den Kopf über so viel Dummheit. Als Sklave hätte sich dieser Vetter wohl nicht lange halten können. Wenn man schon seine Absichten so laut herumposaunte...
    Dann schmunzelte er. Ja, der Trick mit der ungerechten Behandlung funktionierte immer wieder...
    Zu langsam? Sicherlich, doch Crinon hatte ja nichts dafür gekonnt. Aber im Grund kannte Phaeneas das von sich selber, wofür alles hätte er sich nicht die Schuld gegeben, sobald es schief gelaufen war?
    „Und was geschah dann? Wie stellte sich der Vetter denn das Weitere vor?“

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