Es war ein namensloses Lupanar, doch die meisten aus der Gegend kannten das Haus, welches zwischen den vielen verwinkelten Gassen der Subura lag. Jene, die sich auskannten, wußten auch, dass die Lupanare der Gegend, genauer gesagt in der Nähe des Venustempels, sauberer und anständiger waren als die sonstigen in der Subura. Man hielt dort noch etwas auf einen guten Ruf. Die Lupae waren meist gewaschen, nicht allzuviele von ihnen krank und einmal in der Woche wurde dort jeder Raum gründlich gesäubert. Trotzdem konnte sich jeder einigermaßen verdienende Mann dort ein Mädchen leisten.
Die Fassade des Lupanars war rot bemalt und mit vielen Schlangenmustern versehen. Doch hatte der Putz einige Risse. Am Rande des Lupanar war eine Alkove mit einem wachenden Geist, einem Genius Loci, dieser Strasse. Sein grimmiges verzerrtes Gesicht starrte auf die Passanten herunter. Zu seinen Füßen und seinem aufgerichteten Phallus, der schon ganz glatt gestrichen war, standen viele kleine tropfende Kerzen und einige Opfergaben. Ratten tummelten sich auch um die Statue herum und versuchten an die Dinkelkeckse auf dem Altar heran zu kommen. Ab und an wurden sie von Passanten verscheucht, doch nur für kurze Zeit.
An der Tür des Lupanars stand ein breitschultriger Römer, der ein Bein verloren hatte. An dessen Stelle war nur ein Holzbein, mit dem er immer wieder auf und ab trat und die Kunden mit einem warnenden Blick bedachte. Ein Blick, der besagte: Machst Du Ärger, schneid ich Dir dein 'bestes' Stück ab. Pullus hatte das auch ein oder zwei Mal schon machen müssen. Dahinter ging es gleich in einen Korridor, der zu einem Schankraum führte, aber auch zu den Räumen, die für den eigentlichen Zweck dienten. Zwar waren die Wände liebevoll mit erotischen Szenen bemalt, die jedem Geschmack etwas boten, doch war das gesamte Lupanar eher schlicht und zweckmäßig eingerichtet, dennoch sauber. Die Räume für die Kunden waren meist recht groß und durch halbe Lehmwände getrennt, so dass mehrere Kunden in den Räumen 'bedient' werden konnten. Auf diesen Lehmwände, die einem normalgewachsenen Mann bis zur Brust gingen, standen die Öllampen für die dunklen Zeiten.