[Lupanar] Am Stadtrand, in Schlagweite des Castellums

  • Als Alpina erkannte, in was für eine Art Gebäude sie geraten war, wollte sie bereits den Rückweg antreten. Das konnte nur Probleme mit sich bringen. Dies hier war mit Sicherheit ein Lupanar.
    Doch sie bekam keine Gelegenheit, einen Rückzieher zu machen. Die junge Frau, die sie aus der Taberna Medica für einen Notfall geholt hatte, hielt sie fest an der Hand und zog sie hinter sich her. An den Türen zu den kleinen Kammern standen die herausgeputzen Lupae und musterten Alpina von oben bis unten. Sie schienen nicht zu wissen, was sie von ihr halten sollten. Schließlich öffnete ihre Führerin die Tür zu einer Kammer und zog sie mit sich herein.


    Noch nie hatte Alpina ein Lupanar von innen gesehen. Die Kammer war klein. Außer einem Bett einem Tisch und einer Truhe war nicht viel zu sehen. Die Wände schmückten Kritzeleien und erotische Darstellungen von mäßigem Niveau. Auf dem Boden der Kammer waren Tonscherben und Kleidungsstücke verteilt. Im Eck des Bettes, an die Wand gelehnt, saß eine hübsche Blondine, die sie wild anstarrte und mit abwehrend mit den Armen fuchtelte.


    "Nein, nein, nein!", schrie sie. Sie trat und schlug um sich, als das Mädchen, dass Alpina geholt hatte, sie zu beruhigen versuchte.

  • Ein wenig hilflos betrachtete Alpina die Situation. In Hinblick auf die sich vehement wehrende Blondine versuchte sie Ruhe auszustrahlen. Sie besah sich den Zustands des Zimmers genau. Es sah aus, als habe ein Kampf stattgefunden. War die Lupa womöglich Opfer eines gewalttägigen Freiers geworden?


    "Bitte lass sie erst einmal in Ruhe und erkläre mir, was hier vorgefallen ist. Warum sieht es hier so aus und wie erklärst du dir den Zustand deiner "Schwester"?"



    Die junge Lupa, die Alpina aus der Taberna Medica geholt hatte, seufzte.
    "Ich weiß es auch nicht, wieso sie so irre ist. Sie hatte lange Zeit einen Kunden und es muss recht feucht-fröhlich zugegangen sein, denn sie hat mehrmals Wein nachgeholt. Aber irgendwann ist sie förmlich ausgetickt. Sie hat geschrien und um sich geschlagen. Der Kunde ist geflüchtet und Agnodice hat die Becher, den Kurg und die Waschschüssel zerschlagen. Naja, die Kleider hat sie auch durch die Gegend geschmissen. Sie war durch nichts zu beruhigen und hat sich wie eine Wahnsinnige gebärdet. Dabei hat sie keinen sinnvollen Satz herausgebracht."


    Alpina sah die Frau an, die Agnodice genannt wurde. Sie schien immernoch nicht wahrzunehmen, wo sie war und dass man ihr helfen wollte! Fahrig fuchtelte sie herum, als wenn sie Dämonen verscheuchen müsse.
    "Du sagtest etwas über ihre Monatsblutung. Was genau ist da los?"


    Die junge Lupa zuckte die Achseln. "Genau weiß ich es auch nicht, aber in den vergangenen Tagen hat sie sich darüber beklagt, dass ihre Blutung nicht aufhört..."


    Alpina erinnerte sich nur zu gut an die Abtreibung, die sie vorgenommen hatte. Ihr kam ein Verdacht.
    "Könnte es sein, dass sie versucht hat, einen Abort auszulösen?"


    Wieder hob sie die Schultern. "Keine Ahnung. Aber Julia, die Älteste von uns, mischt dem Wein immer etwas bei, das verhindern soll, dass wir schwanger werden..."


    Alpina hob die Augenbrauen. "Ah, das ist interessant. Du weißt nicht, was sie hineinmischt? Ich müsste es wissen. Kannst du sie herholen?"


    Das junge Ding nickte und zog ab. Alpina versuchte sich der offensichtlich schwer verwirrten oder traumatisierten Agnodice zu nähern, doch die begann sofort wieder zu schreien und um sich zu schlagen. Also gab sie zunächst auf und wartete darauf, dass sie mehr zu den Substanzen erfahren würde, die dem Wein zugesetzt wurden.

  • Die Frau, die kurz darauf in der kleinen Kammer erschien war Alpina durchaus bekannt. Sie hatte schon des öfteren in der Taberna Medica eingekauft.



    Alpina dachte angestrengt nach, was sie eingekauft hatte. Doch es wollte ihr nicht einfallen. Die ältere Lupa grüßte kurz angebunden und stellte sich mit verschränkten Armen auf.


    "Salve, Julia", machte Alpina den Anfang. "Soviel ich verstanden habe, gibst du den Mädchen hier einen speziellen Wein zu trinken, in den du etwas mischst, das die Empfängnis verhüten soll. Was ist das für eine Arznei?"


    Die Angesprochene nickte. "Es ist Weinraute. Nichts besonderes. Das mache ich schon seit Jahren. Mit gutem Erfolg. Bislang haben es alle gut vertragen..."


    Alpina runzelte die Stirn. Tatsächlich war die Raute eine beliebte Heil- und Gewürzpflanze, die gerne dem Wein zugesetzt wurde. Sie hatte eine leichte Bitternote, war verdauungsfördernd und galt sogar als gutes Gegengift gegen Aconitum und andere Gifte. Die leicht abortive Wirkung wurde von den Lupae genutzt, um Blutungen auszulösen. Alpina wußte aber auch, dass Raute in hohen Dosierungen Vergiftungserscheinungen auslösen konnte und bei Personen, die empfindlich waren, als Nervengift zu Erregungszuständen oder umgekehrt zur Lethargie führen konnte.
    "Hat Agnodice sonst noch etwas zu sich genommen, was ihre Erregtheit auslösen könnte?"
    Sie dachte an beliebte Aphrodisiaca wie Lotus, Efeu oder Mandragora.


    Julia schüttelte den Kopf. "Man muss aber sagen, dass sie dem Saft des Dionysos recht häufig und sehr großzügig zugesprochen hat, wenn du weißt was ich meine..."


    Natürlich wußte Alpina, was sie meinte. Die gute Agnodice hatte einen außerordenlichen Weindurst. Das konnte der Grund für die verstärkte und verlängerte Blutung, aber auch für den Wahnzustand sein. Gerade eine länger anhaltende Überdosierung konnte das Nervensystem stark beanspruchen. Womöglich hatte sie einfach über zu lange Zeit zuviel der gefährlichen Mischung konsumiert.
    "Nun, dann scheint das der Grund für ihren Wahnsinn zu sein. Wir wollen versuchen, dieses Nervengift so schnell wie möglich aus ihrem Körper zu eliminieren. Zudem müssen wir aufpassen, dass sie nicht sich oder andere in ihrem Wahn verletzt."


    Die Ältere nickte. "Brauchst du unsere Hilfe?"


    Alpina begann in ihrem Korb zu suchen. "Ich denke schon. Zunächst brauche ich einen Becher mit Essigwasser, dann bereite mir bitte einen Trank aus diesen Kräutern."
    Sie überreichte der älteren Lupa zwei Dosen mit Eisenkraut und Brennnessel. "Jeweils eine halbe Hand in kochendes Wasser. Und bring mir einen Löffel."
    In der Zwischenzeit bereitete Alpina aus Koriandersamen und Rizinusöl in einer Reibschüssel eine Paste.


    Agnodice strampelte unruhig mit den Füßen. Es schien als trete sie nach unsichtbaren Käfern. Sorgenvoll musterte die Kräuterfrau die Blondine. Sie hoffte, dass das Nervengift keinen bleibenden Schaden angerichtet hatte. Wer wußte schon, warum sie so ausgerastet war. Womöglich spielte doch Gewalt oder Psychoterror eine Rolle und hatte diesen Zustand erst ausgelöst.
    Als Julia mit den gewünschten Dingen zurückgekehrt war, wollte Alpina zur Tat schreiten. Vorsichtig näherte sie sich der jungen Lupa.
    "Agnodice, ich tu dir nichts! Mein Name ist Alpina, ich bin Kräuterfrau. Ich kenne mich gut mit Heilmitteln aus. Ich werde dir helfen, wenn du mich läßt."
    Sie wartete ab, ob ihre Worte ein Ziel fanden. Agnodice musterte sie mit weit aufgerissenen Augen. Ihre Unruhe verstärkte sich als Alpina sich während die Raeterin sich vorsichtig vorschob. Als sie die Blondine beruhigend streicheln wollte, begann diese wieder exaltiert zu schreien und um sich zu schlagen. "Nein, nein, nein, nein, nein..."
    Alpina machte einen Rückzieher. Doch sie wusste, dass sie schnell handeln musste. Wenn Agnodice nicht bald das Gift ausschied, würde es womöglich noch mehr Schaden anrichten. Also bat sie Julia und die zweite Lupa, ihr zu helfen.
    "Bitte helft mir. Haltet sie fest. Ich muss ihr diese Paste einflößen. Das ist wichtig, damit sie das Gift schnell ausscheidet."


    Nur mit vereinten Kräften gelang es, die sich wie eine Furie gebärdende Lupa zu bändigen. Die "Schwestern" hielten sie fest, Alpina hielt ihre Nase zu. Als Agnodice den Mund öffnete, um einzuatmen, steckte Alpina den Löffel mit der Öl-Samen-Paste hinein. Die Blondine verzog das Gesicht aber sie schluckte. Alpina gab ihr Essigwasser zum Nachtrinken ein.
    "Gut", atmete sie erleichtert durch. "Das Rizinusöl wird bald Durchfall auslösen. Der Koriander soll beruhigen und den Irrsinn beenden. Außerdem werde ich ihr aus dem Kräutersud und ein wenig Lattichsaft ein entgiftendens und blutreinigendes Getränk mischen, das außerdem noch beruhigt. Wenn sie es nicht freiwillig trinkt, müssen wir es wieder auf diese Weise versuchen."
    Alpina widerstrebte der Einsatz von Gewalt vor allem in so einem Zustand sehr, doch wichtiger war jetzt, die Arme von dem Nervengift zu befreien, das ihren Geist so verwirrte.


    Den ersten Becher mussten sie Agnodice noch mit Gewalt einflößten, dann aber änderte sich der Zustand der blonden Lupa. Sie schrie nicht mehr und wehrte sich auch nicht mehr. Stattdessen saß sie apathisch auf dem Bett und starrte die Wand an. Nun konnten die beiden Lupae sie loslassen. Alpina reduzierte den Lattichsaft und flößte der Blonden den Kräutersud schließlich pur ein.

  • Auch wenn ihr die Agonie der blonden Lupa ebensowenig gefiel wie die Raserei zuvor konnte Alpina nicht ewig bleiben. Der Betrieb des Lupanars lief weiter. Sie konnte die Stimmen der Freier im Hintergrund hören und hatte keine Lust mit einem von ihnen zusammenzutreffen. Also überließ sie Julia eine gewisse Menge an Kräutern für zwei weitere Kannen Tee, die entgiftend und reinigend wirkten.


    "Ich komme morgen wieder. Dann sehen wir, wie es ihr geht. Lasst sie nicht alleine."


    Missbilligend schnaubte die ältere Lupa. "Wie stellst du dir das vor? Wir können doch nicht die ganze Zeit ein Mädchen bei ihr lassen, es ist schon schlimm genug, dass Agnodice ausfällt. Auf eine weitere Lupa können wir nicht auch noch verzichten..."


    Alpina seufzte. "Nun, es ist eure Sache. Wenn ihr sie nicht beobachtet, kann es sein, dass sie erneut in Raserei verfällt und sich womöglich selbst verletzt. Das hilft euch doch auch nicht, oder? Wie auch immer... Bringt ihr einen Nachttopf. Sie wird bald Durchfall bekommen. Und lasst sie viel trinken. Bis morgen."


    Als sich Alpina der Tür näherte, wurde ihr bewußt, dass sie auf keinen Fall in diesem Etablissment gesehen werden wollte. Das Schlimmste was ihr passieren konnte war, dass jemand, der sie kannte, Alpina hier über den Weg lief oder sie beim Verlassen des Lupanar beobachtete. Das würde die Gerrüchteküche erneut befeuern. Davon hatte sie in der letzten Zeit mehr als genug gehabt. Sie drehte sich also noch einmal Julia zu.
    "GIbt es hier einen Hinterausgang?", fragte sie.


    Die Ältere nickte und führte sie hinaus.

  • Alpina begab sich an diesem Morgen sehr früh zum Lupanar am Stadtrand. Sie hoffte, dass sich der Publikumsverkehr zu so früher Stunde in Grenzen hielt und sie ein geringeres Risiko einging, entdeckt zu werden. Und tatsächlich war es sehr ruhig in dem Gebäude. Einige der Mädchen schliefen wohl noch oder waren mit der Morgentoilette beschäftigt. Julia aber kam Alpina gleich im Vestibulum entgegen.
    "Gut, dass du kommst, Alpina", sagte sie. "Es geht Agnodice schon besser, aber sie gefällt mir ganz und gar nicht. Sie spricht kaum und wenn, dann klingt es wirr und unzusammenhängend."


    Alpina ließ sich in die Kammer der blonden Lupa führen. Agnodice lag auf ihrem Bett und starrte die Decke an. Sie reagierte nicht, als die beiden Frauen eintraten. Alpina näherte sich vorsichtig und sprach sie mehrfach mit ihrem Namen an. "Agnodice?"
    Endlich drehe sie ihr den Kopf zu. Ein Blick in die Augen der Blondine verriet, dass die Pupillen unnatürlich geweitet waren. Vermutlich hatte sie zu dem mit Raute versetzten Wein auch noch andere, berauschende Substanzen zu sich genommen. Alpina tippte auf die Alraune. Sie galt als aphrodisisch und es gab genügend Rezepte, die einen höheren Lustgewinn versprachen. Doch die Nebenwirkungen waren nicht zu unterschätzen. Überdosiert konnte die Pflanze nicht nur hypnotische Zustände, Raserei oder Irrsinn auslösen, sondern sogar zum Tod führen.
    "Hat sie sich entleert gestern?", fragte Alpina die ältere Lupa.
    Julia nickte.


    Die Behandlung versprach schwierig zu werden. Artemisia, die Alpina gerne als Gegengift und Ausscheidungsmittel verwendete, fiel aus, da sie Gebärmutterblutungen förderte. Und die waren ja auch noch nicht ausgestanden. Also entschied sie sich zu einer Kombitherapie: äußerlich und innerlich.
    "Ich möchte, dass sie einen Kräutertrank zu sich nimmt, der entgiftend wirkt. Ich mische ihn dir in meiner Taberna Medica. Lass ihn bitte später abholen. Sie soll eine ganze Kanne voll davon über den Tag verteilt trinken, dazu viel Wasser. Dazu lassen wir sie ein Sitzbad machen. Wenn du mir eine Kochgelegenheit zeigst, stelle ich den Sud dazu her. Du kannst dich ja inzwischen um einen Bottich für das Sitzbad und um warmes Wasser kümmern."
    Alpina ignorierte den indignierten Blick der Lupa, die es offensichtlich unter ihrer Würde fand, sich um eine ihrer Mitschwestern zu kümmern. Sie kramte die passenden Kräuter aus ihrem Korb und begab sich unter Führung Julias in die Culina des Gebäudes.


    Dort saßen zwei weitere, noch sichtbar müde Lupae beim Frühstück. Alpina kochte auf der Feuerstelle Wasser in einem Topf auf und gab je eine Handvoll Eichen- und Ulmenrinde hinein. Das Wasser färbte sich schnell dunkel. Misstrauisch beäugten die Lupae Alpinas Tun. Das Sitzbad sollte die Blutung stoppen. Alpina ließ die Mischung einige Zeit köcheln. Währenddessen nutzte sie die Gelegenheit, die Lupae auszuhorchen.
    "Sagt mal, verwendet ihr manchmal Liebestränke? Mit Alraune?"
    Die Blicke der angesprochenen jungen Mädchen huschten zur Ältesten. Die setzte eine warnende Miene auf. Folglich schüttelten beide schnell die Köpfe. Alpina war klar, dass sie in Anwesenheit Julias keine ehrliche Antwort der Lupae erwarten konnte. Sie goss den Sud durch ein Sieb in eine Karaffe und trug das heiße Gemisch ins Zimmer Agnodices.


    In der Kammer der blonden Lupa goss sie den Inhalt der Karaffe in die bereitstehende kleine Wanne. Sie näherte sich der verständnislos dreinblickenden Agnodice.
    "Komm, Agnodice. Du darfst jetzt baden. Dieses Sitzbad wird die Blutung hoffentlich beenden."
    Nachdem die Blondine keine Anstalten machte, selbst aufzustehen und sich zu entkleiden, zog Alpina sie hoch und raffte auch ihre Tunika so hoch, damit Agnodice in der Wanne Platz nehmen konnte. Agnodice ließ willenlos alles mit sich machen. Als sie sich gesetzt hatte, erkannte Alpina großflächige Hämatome an den Innenseiten ihrer Oberschenkel. Sie war eindeutig vergewaltigt worden. Ob in jener bewußten Nacht oder schon zuvor, war schwer zu sagen. Aber dass dieses Mädchen das Opfer einer Gewalttat war, konnte man erkennen. Das erklärte auch, warum ihr Geisteszustand so arg mitgenommen war. Die Überdosis an Rauschmitteln und ein sexueller Gewaltexzess... eine ungute Kombination.

  • Auch wenn Agnodice die Behandlung wortlos über sich ergehen ließ, wirkte sie doch schon ruhiger als am Vortag. Alpina hoffte, dass sich der zerrüttete Geistes- und Seelenzustand bald bessern würde. Gemeinsam mit einer der jungen Lupae trocknete sie Agnodice ab und verfrachtete sie erneut ins Bett. Mit strengem Blick verordnete sie absolute Ruhe für die blonde Patientin und erinnerte daran, dass der Trank zur Entgiftung gegen Mittag in der Taberna Medica abholbereit sei.


    Auf dem Weg zum Hinterausgang begegnete Alpina erneut Julia. Sie baute sich vor der ätleren Lupa auf und erinnerte sie mit fester Stimme daran, dass Agnodie Ruhe bräuchte. Bevor sie das Haus verließ, schob sie noch eine weitere Erinnerung hinterher.
    "Du weißt hoffentlich, dass meine Dienste nicht kostenlos sind, oder? Ich komme gerne und werde auch morgen wieder nach Agnodice sehen - so lange wie es mir notwendig erscheint. Aber die Kosten für die Kräuter und die Behandlung müssen von irgendwem beglichen werden. Besprich dich mit dem Besitzer dieses Etablissements."

  • Zum dritten Mal machte sich Alpina auf den Weg ins Lupanar. Wieder versuchte sie früh dort zu sein und wie schon beim letzten Mal konnte sie ungehindert eintreten. Schnell bewegte sie sich auf das Zimmer von Agnodice zu. Sie klopfte an und als von drinnen die Aufforderung kam, einzutreten, öffnete sie die Tür. Die junge Lupa stand vor ihrer Waschschüssel und warf sich Wasser ins Gesicht. Als sie sah, wer gekommen war, lächelte sie.


    Alpina freute sich zu sehen, dass es Agnodice besser ging. Die bewußtseinsverändernden Stoffe waren offenbar soweit ausgeschieden und neutralisiert worden, dass ihr Geist wieder klar war.
    "Ich freue mich zu sehen, dass es dir gut geht, Agnodice. Erkennst du mich? Ich bin Alpina und habe mich in den vergangenen Tagen ein wenig um dich gekümmert. Kannst du mir sagen, was du zu dir genommen hattest, bevor es dir so schlecht ging?"


    Agnodice schüttelte den Kopf. "Ich kann mich an gar nichts erinnern. Weder an den Tag als es passierte noch an die vergangenen Tage. Aber ich erinnere mich an dein Gesicht."


    Alpina nickte. Sie hatte es befürchtet. "Wie steht es mit der Blutung?", fragte sie.
    "Die ist fast weg. Es geht mir gut."
    Es war erfreulich das zu vernehmen. Alpina deutete auf ihre Oberschenkel. "Ich habe dir eine Heilsalbe gegen die blauen Flecken mitgebacht."


    Agnodices Miene verfinsterte sich. "Ach das, das ist nichts", versuchte sie zu beschwichtigen.
    "Wieso ist das nichts?", fragte Alpina weiter. "Du hast da ganz üble Hämatome. Die Folgen einer Vergewaltigung. Mir brauchst du nichts vormachen. Ich sehe das."


    Die junge Lupa sah erschrocken weg. Sie hatte wohl nicht geahnt, dass Alpina über Kenntnisse verfügte, die ihr den Grund der Verletzung verrieten.
    "Ich will dazu nichts sagen", hauchte sie und wandte sich wieder der Schüssel zu. "Danke für die Salbe. Aber jetzt ist es wohl besser, wenn du gehst."


    Alpina blieb zunächst stehen und wartete, ob Agnodice noch etwas sagen würde, aber nachdem von ihr nichts mehr kam, stellte sie die Dose mit der Salbe auf den Waschtisch.
    "Nun gut, du musst es wissen. Aber wenn du mal wieder meine Hilfe brauchst, komm einfach in die Taberna Medica. Und halte dich von dem Wein fern, den man hier ausschenkt. Du verträgst die Raute nicht, die Julia hineinmischt. Versuche einen anderen Wein zu bekommen oder verdünne ihn hoch."
    Agnodice nickte aber blieb stumm.


    Seufzend trat Alpina vor die Kammertür. Sie hatte noch nicht vor zu gehen, sondern suchte nach Julia oder dem Betreiber des Lupanars. Zum einen wollte sie ihren Lohn einfordern, zum anderen ihn zur Rede stellen. Sie hatte genug Hinweise, um sicher zu sein, dass Agnodices Zustand in die Verantwortung des Lupanarbetreibers fiel....

  • Alpina ging den Gang mit den vielen kleinen Kammern entlang, als sich eine der Türen öffnete. Julia trat heraus. Die ältere Lupa erkannte Alpina und grüßte sie.
    "So, du bist noch einmal gekommen. Eigentlich war es nicht mehr nötig. Es geht Agnodice wieder gut. Sie kann wieder arbeiten."


    Die Kräuterfrau baute sich vor der Lupa auf. Sie stemmte die Hände in die Taille.
    "Ob sie "arbeiten" kann, werde ich nicht zu entscheiden haben. Ich erwarte allerdings heute meinen Lohn für meine geleisteten Dienste: für drei Hausbesuche, die Notfallbehandlung, die Kräutermischungen für Tränke und Sitzbad und die Heilsalbe."


    Julia hob die Augenbrauen. "Und? Da solltest du dich an Agnodice wenden. Schließlich hat sie ja von deiner Behandlung profitiert. Sie wird dich aus ihrem Ersparten entlohnen müssen."


    Alpina kam die Galle hoch. "Die arme, geschundene Agnodice, das Opfer physischer wie mentaler Gewalt soll für die Folgen einer ihr zugefügten Misshandlung zahlen? Soweit kommt es noch! Ich will ja noch glauben, dass sie zuviel von dem mit Weinraute versetzten Wein getrunken hat. Aber sie hat sicher nicht die andere bewußtseinsverändernde Substanz zu sich genommen und die Misshandlungen hat sie sich auch nicht selbst zugefügt. Für mich ist es eindeutig, dass man sie gefügig gemacht hat, weil sie einen Freier nicht bedienen wollte. Vielleicht wollte sie überhaupt nicht mehr die Beine breit machen. Vielleicht war das der Grund für den übermäßigen Weinkonsum..."


    Alpina war ohne es selbst zu merken zunehmend lauter geworden. Und was sie auch nicht bemerkte, war, dass sich ihr von hinten ein großer, breitschultriger Mann näherte. Sie war jetzt so richtig in Rage.
    "Wenn ich nicht gleich mein Geld bekomme, werde ich dafür sorgen, dass der zuständige Aedilis von den unhaltbaren Zuständen in diesem Lupanar erfährt!"


    Zu spät sah sie am Blick Julias, der an ihr vorbei ging, dass sich hinter ihr jemand befand.


    "Brauchst du Hilfe?", fragte eine tiefe Stimme drohend. Julia nickte.

  • Alpina wollte sich umdrehen, doch sie kam nicht mehr dazu. Ein behaarter, muskulöser Arm legte sich von hinten um ihre Kehle und zog sie brutal zurück. An einen massigen Körper gepresst, versuchte Alpina Luft zu bekommen. Sie versuchte zu schreien, bekam aber nur ein Gurgeln heraus. Verzweifelt und wütend grub sie ihre Fingernägel in die behaarten Arme. Ihre Hacke trat nach hinten aus. Sie traf das Schienbein des Kolosses. Kurzfristig lockerte sich der Griff. Sie holte tief Luft und versuchte sich zu befreien. Doch vergeblich.
    Der brutale Muskelberg fluchte und machte einen abrupten Schritt vorwärts. Hart traf Alpinas Kopf auf die Wand neben ihr. Ein heftiger Schmerz durchfuhr ihre rechte Gesichtshälfte, Taubheit breitete sich über die Augenbraue abwärts zum Jochbein aus. Sie gab ihren Widerstand auf.


    "Was soll ich mit ihr machen?", fragte der Kerl die ältere Lupa.


    Alpina sah Julia nicht. Sie hörte nur die Antwort.


    "Ich denke, das reicht erst einmal. Sie weiß jetzt, dass sie hier nicht frech werden braucht."


    "Und was, wenn sie wirklich den Aedilis auf uns hetzt?"


    Wieder vernahm Alpina Julias Stimme. Sie klang drohend. "Das wird sie nicht. Wir wissen wo sie wohnt. Hörst du, Alpina. Wenn du uns verpfeifst, werden Ursus und ein paar seiner Freunde dich besuchen können. Hast du verstanden?"


    Alpina sagte gar nichts. Sie konnte auch nicht, solange sie der Muskelberg im Schwitzkasten hatte. Es schien aber auch so, als erwartete Julia keine Antwort.


    Nocheinmal traf Alpinas Kopf auf die Wand zur Rechten. SIe sackte in sich zusammen. WIe durch einen Nebel spürte sie, wie sie hochgehoben und fortgetragen wurde.

  • Hart kam Alpina auf dem Boden vor dem Hinterausgang des Lupanars auf. Die Kühle des Morgens brachte sie schnell wieder zu Bewußtsein. Krachend fiel die Tür hinter ihr ins Schloss. Alpina hatte nicht vor noch einmal dieses Gebäude zu betreten, sie wollte auf dem schnellsten Wege zurück zur Casa Atia. Ihre rechte Gesichtshälfte war taub und spannte. Auch ohne sie zu sehen, konnte Alpina ahnen, dass sie zuschwoll. Sie zog also die Palla tief ins Gesicht und hastete durch diverse kleine Gassen heimwärts.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!