Glücksspielverbot in der Provinz Italia

  • An diesem Tag im September herrschte in der Curia Iulia dieselbe schläfrige Stimmung, wie sie Quarto bereits seit einiger Zeit wahrgenommen und an der er durch gelegentliche Nickerchen während der Sitzungen auch tatkräftig mitgetan hatte.


    Doch heute schlummerte er nicht. Vielmehr erhob er sich von seinem Platze und ergriff das Wort:


    “Verehrtes Kollegium, verehrter Princeps Senatus, wie ich erfahren habe, hat die Curia Italica im Namen des Kaisers ein Decretum verabschiedet und bereits in Kraft gesetzt, mit dem in der Provinz Italia das Glücksspiel verboten wird.
    Ich bin der Meinung, dass dieses Decretum wert ist, im Senat diskutiert zu werden.“

  • Es war wieder so ein Tag, an dem nicht wirklich Wichtiges besprochen wurde und die Herren Senatoren, mehr oder weniger, ihrer Pflicht nur durch Anwesenheit nachkamen.


    Doch dann eröffnete Senator Quarto ein Thema, welches mein Interesse weckte....


    "Senator Quarto....hast du zufällig eine Abschrift dieses Decrets?"

  • “Ja, dass habe ich.“, sagte Quarto und fuchtelte mit einer Wachstafel herum. Dann las er laut vor:



    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    WIRD
    PER DECRETUM PROVINCIALE


    GLÜCKSSPIEL UNTER STRAFE GESTELLT


    GLÜCKSSPIEL PER DECRETUM PROVINCIALE BETRIFFT ALLE SPIELE UM EINEN VERMÖGENS – ODER SACHWERT, DEREN AUSGANG IM WESENTLICHEN VOM ZUFALL ABHÄNGT UND NICHT VOM GESCHICK ODER DEN ENTSCHEIDUNGEN DER SPIELER



    ZUWIDERHANDLUNGEN WERDEN MIT


    FREIHEITSSTRAFE ZWISCHEN EIN UND DREI MONATE ODER MIT GELDSTRAFE VON FÜNFZIG BIS FÜNFTAUSEND SESTERZEN


    GEAHNDET.



  • Ich nickte dankend, lauschte den Worten und schüttelte den Kopf.... 50 bis 5000sz..... wer hatte sich das denn ausgedacht.... dieser Spielraum stand in keiner Relation zu dem Ausmass der Freiheitsstrafe....


    "Senator Quarto....aus welchen Grund legst du uns dies vor?"

  • “Nun, dieses Decretum kommt für mich nicht überraschend. Denn es wurde mir und einigen anderen bereits vor einigen Wochen im Rahmen einer privaten Unterhaltung angekündigt. Ich habe schon damals meine größten Bedenken gegen ein solches Verbot zum Ausdruck gebracht.
    Einmal davon abgesehen, dass mir der Zweck dieses Verbots bis heute nicht wirklich klar geworden ist, greift es in sehr lieb gewonnene Gewohnheiten großer Teile des Volkes ein und ich befürchte, dass dieses Decretum unnötigerweise großen Unmut herauf beschwören wird, ja, vielleicht gar zu Aufruhr im Volk führen kann.“


    Er machte eine wegwerfende Handbewegung.


    “Nun kann man sagen, was geht das den Senat an. Damit müssen sich dann eben die Curia und die Ordnungsorgane der Provinz herum schlagen, schließlich gilt es nicht in der Stadt Rom, sondern nur auf dem Lande.
    Aber was ist, wenn morgen ein Senator auf seinem Sommersitz verhaftet wird, nur weil er dort mit Freunden um ein paar Sesterzen gewürfelt hat?


    Außerdem fürchte ich um die Arbeitsfähigkeit unserer Gerichte, welche sich wohlmöglich in Zukunft mit Massen von Verfahren werden herumschlagen müssen, weil sich kein Plebejer sein Würfelspiel oder eine kleine Wette verbieten lassen will. Ganz davon abgesehen durchbricht das im Decretum festgesetzte Strafmaß die Grenze zwischen Vergehen und Verbrechen. Ist in diesen Fällen nun das Iudicum Minor oder das Iudicum Maior gefordert?


    Und nicht zuletzt wird man den Imperator Caesar Augustus für dieses Verbot mit verantwortlich machen, denn die Curia beschießt das hier…“ – er hielt die Tafel nochmals hoch – “…natürlich in seinem Namen.
    Vielleicht erinnern sich die Älteren unter uns noch daran, wie lange die Menschen auf Flavius Vespasianus geschimpft haben, nachdem er beschlossen hatte, Urin zu besteuern. Geld stinke nicht, sagte er damals, aber er selbst wurde den üblen Geruch der Raffgier niemals mehr ganz los.“



    /edit: da fehlte ein "die"

  • Hungi rieb sich die Schläfen. Ausgerechnet er, einer seiner besten Schüler stellte so eine Frage... Definitiv, der Cursus Iuris gehörte reformiert... Er seufzte.


    Das Iudicium Maior. sagte er nur kurzangebunden, die Leute würden schon wissen, was er meinte.


    Dieses Verbot ist Schmarrn. Eine Ausgeburt eines alten Mannes, dessen Hirn langsam vertrocknet und das einiger Curienmitglieder, die anscheinend zu wenig zu tun haben.


    Hungi nahm sich vor, in der Curia Italia seine Berufung als Beisitzer in Zukunft ernster zu nehmen, als er es die letzten Monate getan hatte.


    Ich würde dieses Verbot nicht einmal beachten. Halten wird sich eh keiner dran. Und wenn ich Prätor wäre, würd ich solche Anzeigen gleich zurückweisen. Aber bitte... Er winkte mit der Hand ab.

  • Ich lauschte den Worten und konnte nur zustimmen..... abgesehen davon, dass dieses Decret sowieso idiotisch war, war das Strafmass in Relation zur Geldstrafe unrealistisch....


    "Ich kann euch nur zustimmen! Ich möchte gar nicht weiter auf das Strafmass eingehen! Der Senat sollte dem kaiser empfehlen, dieses Decret für nichtig zu erklären."


    Dann blickte ich zu Hungi....


    "Aber eine Frage am Rande, Princeps! Mit welcher Begründung würdest du eine solche Anzeige zurückweisen?"

  • Macer lauschte der Debatte höchst interessiert. Nicht wegen des eigentlichen Themas, aber wegen der juristischen Diskussion, die für ihn als zukünftigen Prüfling des Cursus Iuris sicher nur lehrreich sein konnte.

  • “Man stelle sich das vor: Ein komplettes Iudicum Maior, ein Praetor Urbanus und zwei senatorische Iudices verhandeln wohlmöglich einen ganzen Tag lang über eine solche Nichtigkeit und am Ende steht ein Urteil von lächerlichen fünfzig Sesterzen für ein Vergehen, das über Jahrhunderte keines war und von dem keiner versteht, warum es jetzt in Arretium oder Ostia eines sein soll, in Rom oder Massilia aber nicht.“, schimpfte Quarto weiter vor sich hin.

  • Zitat

    Original von Marcus Vinicius Lucianus
    "Aber eine Frage am Rande, Princeps! Mit welcher Begründung würdest du eine solche Anzeige zurückweisen?"


    Hungi wies auf Quarto. Genau aus diesem Grund. Es kann doch nicht angehen, daß zwei Menschen vor Gericht stehen, die zwei Kuben auf die Erde geworfen haben und deswegen zu solchen Strafen verurteilt werden können. Iustitia mag zwar blind sein, erbarmungslos ist sie nicht.


    Wie man so eine Anzeige zurückweist? Zunächst würde ich an ihre Ethik apellieren, sie an die Mühen erinnern, die solche Anzeigen dem Gericht aufgehalst werden und wenn das alles nichts nützt, kann man noch immer argumentieren, daß die Jurisdiktion an den Codex Iuridicialis gebunden ist, so wie es im Prolog im besagten Codex steht.

  • Ich lauschte den Worten von Quarto und Hungi...... nickte an....


    "Einleuchtend..... abgesehen davon....wer kommt auf die Idee eine Geldstrafe zwischen 50 und 5000 Sz anzusetzen? Ein überaus grosser Spielraum, wie mir scheint!"

  • "Nachdem sich die Wetteinsätze und Dreistigkeiten der Betrüger dabei auch zwischen 1 Sesterze und oben offen bewegen, ist eine große Strafbreite auch einleuchtend.
    Ich sehe es doch bei unserem Kaiser alleine als Wächter über das Sittenwesen, es zu erlauben oder zu verbieten."

  • "Werte Senatorin, hier geht es aber nicht um Betrug beim Glücksspiel sondern um das Glücksspiel an Sich!
    Bei Verdacht auf Betrug könnte ein Geschädigter ohnehin Anzeige erstatten!


    Allerdings stime ich dir zu deiner letzten Anmerkung Voll und Ganz zu!"

  • “Besonders ärgerlich an der Sache ist, dass Octavius Dio, der Initiator dieses Decretums, vorab einige Senatoren von seinem Vorhaben in Kenntnis gesetzt hat und um ihre Meinung bat. Ich erwähnte es eben. Mehrere consularische Senatoren rieten ihm daraufhin dringend davon ab. Aber nein, dieser Octavier meint, er könne das einfach ignorieren, ganz so, als hätte er seinen Tonsor gefragt.
    Das, ich muss es schon sagen, ist geradezu beleidigend.“

  • "Und auch die Beisitzer in der Curie konnten ihn nicht davon abbringen?"
    Sie blickte in die Runde und versuchte sich zu erinnern, wer von den Senatoren das betraf. Ihr blick blieb bei Hungaricus hängen.

  • Hungi fühlte sich beobachtet. Im Grunde genommen nichts Neues, denn sowohl von der Curia als auch von seiner Ex-Frau im speziellen wurde er stand er oft unter Beobachtung. Dennoch fand Hungi es immer wieder interessant, daß seine Ex-Frau eine enorme Kenntnis von Hungi's Aktivitäten außerhalb des Senats innehatte und sich nicht scheute, diese auch - wenn auch auf eine sehr subtile Weise - preiszugeben. So wie jetzt.


    Ich selbst habe bei der Gelegenheit, die Quarto erwähnte, dieses Vorhaben negativ konnotiert. Doch als Beisitzer in der Curia habe ich kein Stimmrecht, das weißt du. antwortete Hungi knapp, aber in seinen Augen ausführlich genug.

  • "Ich schlage vor, dass wir einen Boten in die Curia Provincialis entsenden... Hungaricus, du bist für diese Rolle als Sprecher des Senates und Mitglied der Curia prädestiniert!
    Teile den Decurionen mit, dass ein derartiges Gesetz eine Senatssitzung überdauern würde - wenn es der Kaiser nicht vorher schon auflöst - und zeig ihnen auf welche Schande eine derartige Aktion über das Gremium bringen würde. Ich bin mir sicher die Curia hört auf den Rat des Senats."

    QUAESTOR CONSULUM
    DIRECTIVUS SCHOLAE ATHENIENSIS PHOEBI APOLLONIS DIVINIS

  • Erstaunt ob des Tonfalls des Konsulars hob ich eine Augenbraue.


    "Nicht ich, werter Vinicius. Der Senat, so er meinen Vorschlag annimmt.


    Ich blickte mich um, und versuchte Zustimmung oder Ablehnung aus den Gesichtern der mich umgebenden Senatoren zu lesen.


    Sim-Off:

    Das ist euer Stichwort. :D


    "Denn wer wäre geeigneter als der Princeps Senatus selbst, besonders wenn er schon der Provinzkurie beisitzt?"

    QUAESTOR CONSULUM
    DIRECTIVUS SCHOLAE ATHENIENSIS PHOEBI APOLLONIS DIVINIS

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