Hauptverhandlung IUD IMP I/DCCCLVI - Imperium Romanum vs. Caius Helvetius Tacitus

  • Sim-Off:

    oha, das war dann wohl wirklich 6. Sinn.
    bestens :)


    /edit: soll heißen: gewartet bis Tacitus gesundet wird nicht sondern wenn nötig mit pflichtvertreter Balbus ;)

  • Wie in dem Brief des Praetors gefordert, fand sich Balbus in der Basilica Ulpia ein. Sein erster und bisher einziger Auftritt vor Gericht lag schon eine Weile zurück und war nur unzureichend erfreulich gewesen. Doch der Kaiser hatte gerufen und so war er gekommen.


    Er betrat den Gerichtssaal und nahm ersteinmal in der ersten Reihe des Zuschauerraumes Platz.

  • Der Kaiser betritt den Verhandlungsraum, hinter ihm Sklaven mit Unterlagen.


    "Salvete!
    Ich sehe, der hierher bestellte Vertreter für den Angeklagten hat sich wie gewünscht eingefunden."
    Er hebt seinen Kopf und blickt sich um.
    "Hat der Angeklagte, Caius Helvetius Tacitus, einen eigenen Vertreter geschickt oder wird Prudentius Balbus dafür eingesetzt werden?"

  • In Begleitung seines Advocatus, Prudentius Balbus, erscheint ein älterer, gebrechlicher Mann im Gerichtssaal. Das Gehen fällt ihm schwer. Erschöpft lässt er sich auf seinem Platz nieder.


    Als der Kaiser das Wort an ihn richtet, erhebt sich Tacitus.


    "Ehrenwertes Gericht, ich möchte als Beklagter in diesem leidigen Verfahren betonen, daß Tiberius Prudentius Balbus als mein persönlicher Rechtsvertreter und Berater hier erschienen ist. Er ist KEIN vom Gericht beauftragter Anwalt. Wenn das Gericht der Meinung ist, meine Chancen stünden so schlecht, daß ich einen zweiten Vertreter bräuchte, soll es mir einen zweiten advocatius zur Seite stellen."


    Er schmunzelte.


    "Prudentius Balbus ist auf meinen persönlichen Wunsch, ihn als advocatus in diesem Prozess zu gewinnen, in diesem Saale. Er ist kein vom Gericht bestellter Advocatus."


    Tacitus sagte diese Worte mit der nötigen Schärfe und Ruhe.


    "Ferner werde ich bemüht sein, mich weitgehend selbst zu verteidigen. Prudentius ist nur als mein Berater an meiner Seite."

  • Auch Durus war wieder gekommen. Wie das letzte Mal, als er unverrichteter Dinge hatte abziehen müssen, saß er an der Bank, die der Anklage vorbehalten war, neben ihm Ulpianus, sein Scriba.
    Wieder hatte er sich die Zeit bis zum Beginn der Verhandlung damit vertrieben, den Tisch vor ihm höchst ordentlich aufzuräumen und in Gedanken seine Rede durchzugehen.

  • Aus persönlichem Interesse, und weil ich fürchtete, eventuell als Zeuge auftreten zu müssen, versuchte ich ebenfalls in den Saal zu gelangen. Ich war nicht sicher, ob ich Zugang erlangen würde, denn öfters schon waren Zuschauer nicht gerne gesehen gewesen, wenn delikate Dinge verhandelt worden waren.


    Vorsichtig näherte ich mich daher dem Saal, immer darauf gefasst, dass mich eine Wache ansprechen würde.

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    CIVIS

    SODALIS FACTIO ALBATA - FACTIO ALBATA

  • Nachdem der Scriba dem Kaiser endlich die richtigen Unterlagen vorgelegt hatte, erhob er sich und las vor.



    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI
    DECRETUM IMPERATORIS


    eröffne ich die Hauptverhandlung im Fall
    IUD IMP I/DCCCLVI
    Imperium Romanum vs. Caius Helvetius Tacitus an.


    § 105 Volksverhetzung
    sowie
    § 113 Mißbrauch der Amtsgewalt


    § 2 Iudicium Imperialis
    (2) Dem Iudicium Imperialis gehören der Imperator Caesar Augustus und zwei Iudices an.


    Als solche Iudices werden benannt:
    - Marcus Vinicius Lucianus
    - Lucius Aelius Quarto


    § 31 Vorführung
    (2) Wird der Beschuldigte nicht vorgeführt, so muss ein Advocatus seine Rechte wahrnehmen. In diesem Falle ist ihm ein Advocatus zu bestellen, wenn er noch keinen solchen hat.


    Als Advocatus für den Angeklagten wird benannt:
    Tiberius Prudentius Balbus




    - DCCCLVI AB URBE CONDITA -



    "Die Anklage lautet auf


    § 105 Volksverhetzung
    Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder die Würde anderer dadurch angreift, dass er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von 3 bis 5 Monaten oder mit Geldstrafe von 1.500 bis 2.500 Sz. bestraft.


    sowie


    § 113 Mißbrauch der Amtsgewalt
    Ein Beamter oder Amtsträger des Cursus Honorum, der mit dem Vorsatz, dadurch einen anderen an seinen Rechten zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Imperiums, einer Provinz, einer Regio, einer Gemeinde oder einer anderen Person des öffentlichen Rechtes als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, wird mit Freiheitsstrafe von 5 bis 7 Monaten oder mit Geldstrafe von 800 bis 1.200 Sz. bestraft.



    Ich bitte die Anklageseite zu beginnen."

  • Durus ging noch einmal kurz alle Gedanken durch, die er sich zu Hause lange eingeprägt hatte. Dann erhob er sich und begann, mit lauter Stimme zu sprechen.


    „ANTE DIEM XIII KAL SEP DCCCLVI ab urba condita veröffentlichte der damalige amtierende Aedilis Plebis Caius Helvetius Tacitus ein Edikt, das am Aushang der Basilica Iulia und kurz darauf in allen Provinzen ausgehängt wurde. Ich zitiere:“


    Er holte ein Schriftstück hervor, das wohl das Edikt war, denn die Verwendung eines Siegels war sogar auf der Rückseite zu erkennen.
    “Der Aedil warnt: Römer, Söhne des Romulus. Seht nicht tatenlos zu!
    Kauft nicht bei Germanen!
    Schmäht germanische Produkten, denn sie wollen euch schaden!
    So, wie sie unseren Legionen zusetzen, so setzt auch ihnen zu!
    Lasst sie spüren, was Solidarität und das Wort „Römer“ bedeutet!
    Vergesst nicht die Söhne Roms, die durch des Germanen Klinge starben!“


    Zwischen jedem der Aufrufe machte Durus eine kurze Pause, um sie besser wirken zu lassen.


    “Im Besonderen raten die Officia Civilia zur vollständigen Abweisung von Produkten oder Dienstleistungen der romanisierten und eingegliederten Germanen. Ihre Ahnen aßen noch Fleisch vor dem Lagerfeuer, ihre Ahnen spießten römische Soldaten auf, einige tun es immer noch. Beweist Solidarität und erinnert euch der gefallenen Römer an der Grenze zu diesem Land.“


    Wieder machte er eine kurze Pause und blickte in die Runde, dann legte er das Edikt weg und fuhr fort.


    “Gesiegelt war dieses Edikt mit dem offiziellen Amtssiegel der Magistrate des Cursus Honorum.


    Dieses Edikt stachelt zum Hass gegen einen Bevölkerungsteil des Imperium Romanum, namentlich gegen die Germanen, auf und und ruft zu einer Willkürmaßnahme, nämlich dem grundlosen Boykott germanischer Produkte auf. Zusätzlich verleumdet es die romanisierten Germanen, die hier auf eine Stufe mit ihren rebellischen Stammesgenossen gestellt werden, obwohl sie bekanntermaßen in zahlreichen Ämtern treu dem Imperium dienen. Die Anklage sieht somit sogar mehrfach den Tatbestand des § 105 des Codex Iuridicialis bestätigt.


    Weiterhin schädigt dieses Edikt schädigt die genannten Germanen in der Ausübung ihrer Rechte, namentlich des Rechts auf lauteren Wettbewerb, der dadurch, dass das Edikt germanische Produkte als schädlich deklariert. Dieses Edikt wurde vom Beklagten als Amtsträger des Cursus Honorum ‚per procura plebis’ veröffentlicht. Da das Edikt mit dem Amtssiegel des Cursus Honorum gesiegelt ist, muss davon ausgegangen werden, dass das Edikt bewusst veröffentlicht wurde. Weiterhin fordert der Inhalt des Edikts so deutlich zum Boykott germanischer Produkte auf, dass eine Benachteiligung dieser Produkte auf dem Markt zwangsläufig erscheinen muss und somit der Vorsatz zur Tat erfüllt ist. Damit macht sich der Beklagte ebenfalls schuldig im Sinne des § 113 Codex Iuridicialis.“


    Endlich endete der Advocatus Imperialis und wartete darauf, wie sich Tacitus wohl verteidigen würde.

  • Der Kaiser hatte den Vortrag der eine Darstellung des Sachverhalts lieferte verfolgt und blickte zu zu Tacitus.
    "Die Verteidigung darf sich dazu äußern."

  • Ohne Aufzustehen bemerkt Tacitus im ruhigen Ton.


    "Die Verteidigung zeigt sich befremdlich über die Tatsache, daß der amtierende Quaestor hier vor Gericht die Anklage führt. Ich habe wohl in meiner irrigen Annahme angenommen, die advocatio imperialis würde die Anklage vertreten." ;)

  • In nicht gerade freundlichem Ton gibt der Kaiser Antwort auf diesen Einwand.
    "Der Antrag auf Anklage wurde noch in der letzten Amtsperiode gestellt, zu der er noch als Advocatus Imperialis.
    Der Angeklagte gestatte mir doch hoffentlich, meinen Quästor nun dort einzusetzen wo er gebraucht wird.


    Weiter."
    Mit einer Handbewegung fordert er die Verteidigung auf zu sprechen.

  • Tacitus ignoriert das Gehabe des "mächtigsten" Manne des Imperiums. Mit dem Imperator sich anzulegen, würde eh keine Früchte tragen. Unter Mühen richtet er sich auf und stützt sich dabei auf der marmornen Tischplatte vor ihm mit beiden Händen ab.
    Gemächlich und in aller Ruhe bewegt sich Tacitus um das Pult der Verteidigung herum, steigt die zwei Stufen hinab in die Mitte des Raumes und steht nun unterhalb des Platzes der Verteidigung.


    Mit sicherer Stimme setzt er zum Sprechen an.


    "Erhabener Imperator, ehrenwertes Gericht, verehrter Staatsanwalt, geschätztes Publikum !


    Ein Frevel wurde begangen, ein ungeheuerlicher gar, der mich, Caius Helvetius Tacitus, zwingt vor diesem Iudicium zu erscheinen, um im Angesicht des Imperators und den Augen der Götter meine Unschuld zu beweisen.
    Die Schuld eines Mannes bemißt sich an seinen Taten, an seinen Worten erkennt man die Unschuld. Meine Unschuld will ich euch darlegen, so gut ich es vermag.
    Ich bin kein advocatus und zu meinem Glück - oder meinem Unglück - mußte ich noch nie in einem Gerichtssaal erscheinen. Daher verzeiht, wenn meine Worte nicht jener iuristischen Eloquenz entsprechen wie sie der Staatsanwalt hier so vorbildlich vorzutragen vermochte."


    Tacitus machte eine Pause, die Reaktionen abwartend.


    "Der Staatsanwalt wirft mir vor, ein Edikt veröffentlicht zu haben, und er ließ es sich nicht nehmen, den Wortlaut in aller Einzelheit hier vorzutragen. Der Volksverhetzung und des Amtsmißbrauchs bezichtigt er mich. Was soll ich sagen ? Überlassen wir doch die iuristischen Auslegungen den advocati und iudices.
    Vielmehr sollte sich der advocatus imperialis die Frage nach der Urheberschaft dieses Pamphlets stellen. Richtig, es wurde während meiner Amtszeit veröffentlicht, es trägt das offizielle Siegel des amtierenden Magistraten, und doch es ist nicht von mir !!"


    Tacitus wendet sich zu dem Pult des Verteidigers und greift ein bereitliegendes Papyrus.


    "Wie ich durch meine Recherchen ermitteln konnte, wurde das Edikt ANTE DIEM XII KAL SEP DCCCLVI A.U.C. (21.8.2006/103 n.Chr.) in den Aushängen der basilica iulia veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt war ich allerdings gar nicht in Rom. Wie dem Gericht vielleicht bekannt sein dürfte, verlegte ich vor längerer Zeit meinen Wohnsitz nach Ostia, an jenem Tag als das Edikt am Abend zwischen der 10. und 12. Stunde des Tages bekanntgemacht wurde, hielt mich in meiner Casa in Ostia auf, wo ich auch die letzten fünf Tage aufgrund eines Leidens, das ich schon seit geraumer Zeit mit mir führe, die Zeit verbrachte. Der medicus Hortenius aus Ostia sei mein Zeuge. Er ist ein rechtschaffender, ehrlicher Mann, der an die Götter, sowie die Heilkraft der medicinae glaubt.
    Zwischen der Erstellung eines Edikts und dessen Bekanntmachung vergehen in aller Regel aber nicht mehr als drei Tage. Die Edikte werden eingesammelt und durch einen scriba des Verwaltungstrakts kurz darauf veröffentlicht.
    Ihr seht die Diskrepanz von zwei Tagen, die es mir unmöglich macht dieses Edikt geschrieben zu haben.


    Aber das soll nicht alles gewesen sein, denn ich hätte ja das Edikt in Ostia verfassen und durch einen Boten nach Rom bringen lassen können, oder gar anders, das Edikt bereits sechs Tage zuvor veröffentlicht haben.
    Aber diese Logik scheitert schlicht an der Plausibilität. Wäre ich etwa so unvorsichtig gewesen, und hätte ein Edikt mit einem solch brisanten Inhalt über einen Dritten versendet ? Jemand, der vor Veröffentlichung von dessen Inhalt hätte Kenntnis erlangen können und sich an entsprechende Stellen wenden würde ? Zumal es doch recht ungewöhnlich erscheint, ein Edikt auf einem solchen Wege zu veröffentlichen. Es bestünde ja kein Zeitdruck. Ich hätte ein solches Edikt auch nach meiner Rückkehr nach Rom veröffentlichen können.
    Die zweite Variante scheidet ebenso von vornherein aus. Es ist nicht möglich, ein solches Stück Papier über fünf Tage unbemerkt in der basilica iulia zu lassen. Außerdem stellt sich auch hier die Frage, wenn ich es vor meiner absentia in Ostia geschrieben hätte, warum hätte ich das Edikt dann auch nicht sofort zur Öffentlichkeit bringen sollen ?


    Doch um restliche Zweifel des Gerichts zu beseitigen, will ich mich nun diesem Pamphlet selbt augenscheinlich widmen."


    Tacitus entrollte die Papyrusrolle, die er in der Hand hatte und zeigte sie einmal im Saale rum.


    "Mir fallen auf den ersten Blick zwei Dinge ein, die darauf hinweisen, daß dieses Edikt nicht aus meiner Feder geflossen ist. Da diese Dinge nicht leicht auszumachen sind, nehme ich es der Staatsanwaltschaft nicht übel, wenn sie diese nicht selbst erkannt hat. ;)
    Richten wir unser Augenmerk auf die Überschrift, so fällt auf, daß das entsprechende Datum fehlt. Alle meine Edikte weisen aber - wie sich unzweifelhaft überprüfen lässt - das Datum ihrer Veröffentlichung auf. Daß diese hier fehlt, ist ein eindeutiges Zeichen, daß diese Worte nicht von mir sind.
    Selbst der inhaltliche Wortlaut des Schriftstückes ließe mich selbst an mir zweifeln, da ich doch selbst von mir annehme, über keine solch "blumige" Ausdrucksweise zu verfügen. :P Doch ich schweife ab.
    Desweiteren wurde in diesem Aushang die eindeutige Titulatur, daß es sich um ein EDICTUM AEDILIS PLEBIS handelt, - absichtlich oder ausversehen - weggelassen. Diese beiden Merkmale sind mir Beleg genug, daß es sich bei diesem Schriftstück um eine zugegeben nicht fehlerhafte Kopie durch fremder Hand handeln muß. Denn was für einen Grund hätte ich denn, ein solches im krassen Gegensatz zu meinen anderen Edikten stehendes Pamphlet herauszubringen ?"


    Mit diesen Worten endete Tacitus seine erste Ansprache. Er schaut kurz zum Gericht, dann zum Staatsanwalt und schließlich wieder zum Gericht, deutet per Kopfnicken eine leichte Verbeugung an und bequemt sich wieder auf seinen Platz.

  • Durus lauschte interessiert den Worten des ehemaligen Ädils. Interessante Argumentation...wäre da nicht eine Sache...


    "Da bleibt nur noch eine Frage: Wie kommt dein Siegel auf das Edikt?
    Nur die Magistrate des Cursus Honorum besitzen ein solches."


    wandte er deshalb ein.

  • Der Kaiser folgt den Ausführungen des Beklagten konzentriert und macht sich Notizen. Die Frage des Advocatus Imperialis begleitet er nickend, die Antwort des Beklagten mit einem Kopfschütteln.


    "Zweifellos werden wir auch das herausfinden müssen, wenn du uns erklärt hast, ob und vor allem warum du das dir anvertraute magistratische Siegel nicht immer bei dir trägst."

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