• Laevina stand auf und ging zu ihm, setzt sich zu ihm auf die Liege und nahm seine Hand in ihre schmalen Hände. "Vater, was meine Mutter bewegte, mir keine Wahrheit zu sagen und dich nicht zu suchen, können wir nur raten. Sie nahm ihr Geheimnis ins Grab. Seitdem ich weiß, dass du am Leben bist, denke ich an meine Träume, wie wäre es, die Hand des Vaters zu spüren, mit ihm Gespräche zu führen, mit ihm zu lachen. Ja, ich habe für diese Reise das Haus verkauft, aber der Name der Helvetier ist schuldenfrei, Vater. Ich bin hier nicht um dir an deine Verantwortung mir gegenüber zu erinnern. Ich möchte, ich möchte es wirklich versuchen, dir eine Tochter zu sein und in dir den Vater zu haben, den ich nie hatte."


    Laevina gab nicht zu verstehen, wie tief diese Nachricht, dass der Mann, den ihre Mutter so stark liebte, sie auf diese Weise verletzt hat. Doch sie war nicht so gut in Sache Liebe unterrichtet, um die Schlüsse zu ziehen und jemanden zu verurteilen. Sie sah einen trauernden Mann, aufrichtig und ehrlich zu sich selbst. Laevinas Herz wärmte sich in seiner Nähe und sie legte seine Hand auf ihre Wange.


    "Sei bitte nicht traurig, Vater. Nur noch eins... Können wir zusammen.." Laevina macht eine Pause, sammelt ihre Kräfte und blickt flehend in seine Augen. "..können wir zusammen, wir beide, du und ich, nach Tarraco reisen. Meine Mutter wäre überglücklich" Sie erschuerte, denn sie sprach von Elva, als sei sie noch am Leben. "Ich meine ihr Grab" sagte sie und erschauerte noch mehr.

  • gerührt von ihrer Aufrichtigkeit und Tugendhaftigkeit strich er ihr mit seiner Hand durch ihr weiches Haar.
    "Laevina, ich stehe in Deiner ... und in Elvas Schuld. Ich werde mich so gut es geht um dich kümmern, doch was du da von mir verlangst..."


    Er zögerte etwas. Nahm einen kräftigen Schluck Wein und beugte sich etwas nach vorne. Er hielt ihrem flehenden Blick nicht stand.


    "Ich würde gerne ihr Grab besuchen, doch...


    Er holte tief Atem


    "doch ich werde dort gejagt. Ich bin in den Augen der meisten Römer ein Verräter. Die Kreuzigung ist mir sicher, wenn ich in die Hände der kaiserlichen Truppen falle. Du sprichst mit einem Todgeweihten. Ich habe hier etwas angefangen und ich muss es zu Ende bringen. Corduba braucht mich jetzt - es ist nicht die Angst vor dem Tod, die mich hindert. Es ist meine Verantwortung gegenüber den Menschen von hier. Ich werde steckbrieflich gesucht, in Tarraco würden man mich sofort festnehmen. Es tut mir leid, liebe Laevina, aber ich werde diese Reise, auch wenn ich es mir wünsche, wohl nicht machen können."


    Er blickte zu Boden und wagte es nicht ihr in die Augen zu schauen.

  • Laevina spürt, dass ihr die Kehle trocken bleibt. "Gesucht? Per Steckbrief?" Ihr Blick bleibt leicht verwirrt und ungläubig auf ihn gerichtet. "Ich glaube, ich brauche Zeit, alles zu überdenken. Es ist zu spät. Ich werde nichts von dir verlangen, was dich in Gefahr bringt, aber noch weniger, was deine Ehre beschmutzt, Vater. Es war töricht von mir... von mir... diese Bitte auszusprechen. Meine Mutter wird es verstehen. Doch versprich mir zumindest den Göttern ein entsprechendes Opfer zu bringen."

  • "Ach Kindchen, Deine Bitte war doch nicht töricht. Sie war und ist eine wundervolle Idee, die nur aus einem guten Herz kommen kann, doch die Umstände verbieten es mir, Leider"


    Sulla erhob sich und gab einem Diener den Wink, alles abzuräumen. Die Bediensteten und Leibwächter konnten sich nun über eine echte Festmahlzeit freuen, denn Laevina und er hatten nicht einmal 1/10 der Köstlichkeiten, die der Koch zubereitet hatte, gegessen.


    "Du musst erschöpft sein, ich werde für Dich eines der Gästecubicula herrichten lassen. Wenn du magst, kannst du auch noch ein Bad nehmen. Meine Sklavin Dasia wird Dir alles zeigen"


    Er strich noch einmal durch ihr Haar und sagte zu seiner Tochter


    "Gute Nacht Laevina, ich freue mich, dass ich auf meine alten Tagen noch in den Genuss der Freude ein Vater zu sein, komme "


    Daraufhin zog sich Sulla in seine Gemächer zurück, nachdem sich Dasia der neuen Bewohnerin des Hauses angenommen hatte. Sulla versäumte es nicht anschließend noch allen anderen Bediensteten zu sagen, dass Laevina fortan vorrangig behandelt werden sollte und möglichst jeder ihrer WÜnsche von ihren Lippen abgelesen werden sollte.

  • Laevina nickte und folgte der Sklavin, ein paar Mal drehte sie sich zum Vater und sagte sich selbst "Wir werden, so hoffe ich, noch viel Zeit miteinander verbringen. Nicht die Zeit beherrscht uns jetzt, sondern wir die Zeit"

  • Sulla verbrachte eine schlaflose Nacht. Unzählige Gedanken, Überlegungen und Sorgen raubten ihm den Schlaf. Er war glücklich und stolz darauf eine Tochter zu haben. Jedoch verkomplizierte dies seine ohnhin schwierige Situation weiter. Er hatte für Laevina zu sorgen und es war seine Pflicht als Vater und gerade in diesem Fall seiner Tochter ein gutes und behütetes Leben zu ermöglichen. Doch er war ein Verräter am Kaiser und die Kreuzigung oder der Tod auf dem Schlachtfeld sehr wahrscheinlich. Was würde dann aus Laevina werden? Konnte er ihr dies antun? Sie wäre Vollwaise. Eine gemeinsame Flucht wäre undenkbar und viel zu gefährlich. Deshalb müsste sie schnellstmöglich verheiratet werden, doch an wen? Er hatte oft genug in seinem Leben Ehen beobachtet in denen einer oder beide der Partner die Ehe nur aus Zwang vollzogen und jegliche Liebe fehlte. Daher kam eine Verheiratung nach Plan nicht in Frage. Im Übrigen fühlte er sich auch nicht berechtigt seiner Tochter in dieser Hinsicht Vorschriften zu machen oder gar den Partner auszusuchen. Er musste herausfinden, ob sie vielleicht nicht schon einen geeigneten Gatten in Aussicht hatte.


    Sulla ging auf und ab und grübelte fieberhaft nach einem Ausweg aus den Problemen. Der zweite Punkt war die Lage in Corduba. Der Plan die Schreckensherrschaft der Warlords zu beseitigen stand fest und er hatte einige Verbündete gesammelt. Doch mit seiner neuen Verantwortung für ein Kind musste er nun noch vorsichtiger agieren. Es war bald mit einem Angriff der kaiserlichen Truppen zu rechnen, doch die Chancen standen schlecht eine solche Schlacht zu gewinnen. Die Milizen waren einfach zu schlecht ausgebildet und undiszipliniert. Im Falle einer Gefangennahme Sullas würde er gekreuzigt werden - das stand außer Zweifel. Der Tod in der Schlacht wie vorher vorgesehen war nun ebenfalls nicht wünschenswert und mit einer Flucht könnte er Laevina ebenfalls kaum helfen. Allein ein Sieg war die einzig günstige Möglichkeit, doch den konnte er keinesfalls garantieren.


    Die einzige Person, der Sulla uneingeschränkt vertrauen konnte, war sein Bruder Gracchus. Dieser hatte selbst Kinder und wusste sicherlich gut wie man mit ihnen verfahren musste. Im Falle von Sullas Tod würde Laevina ohnhin unter die Patria Potestas von Gracchus fallen. Sulla beschloss seinem Bruder einen Brief zu schreiben, ihm von der neuen Situation erzählen und ihn darum zu bitten, für den Fall dass er sterben sollte, sich um seine Tochter zu kümmern. Es war viel um das er bat, doch es war seine einzige Möglichkeit Laevina abzusichern für den Fall seines Todes.


    Bald war die Nacht vorrüber und Sulla ordnete an bereits Essen aufzutischen. Er wollte warten bis seine Tochter von alleine wach werden würde.Er freute sich auf sie und hatte noch viel mit ihr besprechen.

  • Laevina erwachte und lag lange mit geöffneten Augen, suchte in ihrem Gedächtnis nach Fallen und fand keine. Ihr Vater schien aufrichtig zu sein und sie streckte sich, bis sich ihre zarten Knochen dabei entspannten. Dann stand sie und wusch sich, die Sklavin ging ihr zu Hand und somit war Laevina schnell angezogen, frisiert und geht auf die Suche nach ihrem Vater. Ihr junges Gesicht strahlt an diesem schönen Morgen besonders süß und rein.

  • Dasia führte Sullas Tochter in das Triclinium, wobei bereits das Frühstück zum Verzehr bereit stand. Sulla erblickte sie und empfand Stolz und väterliche Zuneigung. Sie sah noch edler aus als am Abend zuvor. Er begrüßte sie:


    "Guten Morgen Liebe Laevina, ich hoffe du hattest eine angenehme Nacht und konntest dich ein wenig von deiner anstrengenden Reise erholen. Setz dich doch und lass uns gemeinsam speisen


    Er wies ihr einen Platz auf einer der Liegen zu und setzte sich ebenfalls. Der Koch hatte erneut seine ganze Kunst beweisen müssen. Leckere süße und herzhafte Fladen, dazu viel exotisches Obst, standen bereit zum Verzehr.


    "Lass es Dir schmecken"

  • "Auch dir einen guten Morgen, Vater" Laevina zögerte zwar noch ein wenig, bevor sie "Vater" ausgesprochen hatte, doch ihr freudiges Lächeln hat dies schnell ausgeglichen. "Ich habe geschlafen wie auf einer Wolke. Ich muß Dasia loben, es war alles zu meiner Zufriedenheit." Sie ging zu ihm und stellte ihre Wange zu einem Kuss. Eher unbewußt, wie sie es immer bei ihrer Mutter tat.

  • Etwas überrascht über ihr Hinhalten der Wange, strich Sulla mit der Hand nur kurz über ihre Wange und fing an zu reden:


    "Ja, Dasia ist eine ausgezeichnete Sklavin."


    Er lehnte sich entspannt zurück und sprach weiter:

    "Wir beide haben ja gestern nur kurz Gelegenheit gehabt uns zu unterhalten, also gemessen daran, dass wir 18Jahre aufzuholen haben. Erzähl mir doch einmal von deinem Leben mit deiner Mutter. Abgesehen davon, dass du für sie in den letzten Jahren sicherlich sehr gut gesorgt hast, wie ist dein Leben bisher verlaufen? Wie steht es mit deiner Ausbildung? Hattest du einen paedagogus oder hast du eine Elementarschule besucht? Bitte denke nicht, dass ich dich geringer schätzen würde, wenn dem nicht so wär, denn was nicht ist, kann ja noch werden. Woran hast du Freude und was hast du gerne in deiner Freizeit getan?"


    Sulla wollte seine Tochter näher kennenlernen und erfahren, was sie für ein Mensch war.

  • "Wir haben zuerst im Rom gelebt. Danach , ich weiß nicht warum, da war ich etwa 4 Jahre alt, sind wir nach Griechenland gezogen. Dort lernte ich Claudia Dolabella kennen. Wir wurden Freunde und seine Familie erlaubte, dass wir sehr viel Zeit miteinander verbringen konnten. Sie ist miene beste Freundin geworden, Vater. Mein Griechisch stammt aus diesen Zeiten noch. 4 Jahre durften wir in diesem von Göttern gesegneten Land leben. Danach verkaufte meine Mutter alles und wir zogen nach Mantua. Meine Mutter erzählte mir wenig über die Hintergründe. sogar als sie krank war und sie wußte, sie wird sterben, so sagte sie mir immer - Laevina, mein Kind, je weniger du weißt, desto sicherer ist dein Leben. Ich weiß nicht, wovor sie mich dermaßen geschützt hat, Vater. Aber meiner Mutter zuliebe stellte ich keine Fragen. Meine Mutter war meine einzige Bezugsperson. Ab und zu besuchte uns meine Tante Mustella. Sonst kenne ich keine weiteren Familienverwandten. Wir... wir haben sehr zurückgezogen gelebt. Meine Mutter unterrichtete mich im Lesen und Schreiben. Ich hatte einen Pedagogus. Von ihm bekam ich Kenntnisse im Rechnen und Philosophie. In diesem Punkt scheute meine Mutter keine Ausgaben." Laevina lachte leise. "Meine Freude war und ist zu lesen und Harfe spielen." Fast wollte sie sagen und reiten!!! Doch sie erinnerte sich daran, wie ihre Mutter sie ausgeschimpft und geschlagen hat, als sie im Landsitz eine Stute geritten hatte. "und Briefe an meine Freundin schreiben" sagte sie stattdessen, was auch der Wahrheit entsprach. "Ich kann sticken und ich kann nähen, kochen, Haushalt führen..." sie wollte beim Vater einen guten Eindruck hinterlassen. Dass ihre Mutter jegliche Frage zur Politik, Verwandschaft und Vergangenheit verboten und verbannt hatte, verschwieg Laevina. Sulla sah ihr an, dass sie sich schämt, doch der Grund dazu war ihm unklar. Und Laevina schämte sich wirklich, ihre roten Wangen und gesenkter Blick zeigten das zu deutlich. Sie trank Wasser aus ihrem Becher und nahm einen Biß vom süßen Brot.

  • Sulla hörte interessiert zu. Sie war für ein Mädchen ihres Alters schon weit herumgekommen. Besonders gefiel ihm, dass sie zeitweise in Griechenland gelebt hatten. Zeitlebens war Sulla von großer Bewunderung für die griechische Kultur erfüllt. Daraus, dass sie erwähnte, dass sie mit einer Claudierin, also einer Patrizierin, befreundet ist, schloss er, dass Elva so wie es ihre Art war, nur mit Menschen aus den höheren Schichten verkehrt haben muss. Etwas verwundert stellte er fest, dass sie schamhaft den Blick gesenkt hatte. Wovor schämte sie sich?


    "Du bist viel herumgekommen, Laevina, und du bist für eine junge Frau sehr gut ausgebildet. Deine Mutter muss wirklich großartig für dich gesorgt haben, wenn du über derlei Fähigkeiten verügst. Du sagst, dass du gerne ließt? Da haben wir schonmal eine große Gemeinsamkeit. Welche Autoren bevorzugst du und welcher phillosophischen Richtung fühlst du dich verbunden?"


    Sulla hoffte, dass er sie mit solchen Fragen nicht überforderte, doch ihm war viel an ihrer kulturellen Bildung gelegen.


    "Wenn du magst, kannst du dich auch gerne in meiner Bibliothek umsehen. Ich habe viele Schriften großer Dichter und Philosophen zusammentragen lassen. Ich könnte dich auch selbst noch ein wenig unterrichten oder stelle einen Paedagogos an."


    Er nahm einen Schluck Wein und fuhr fort.


    "Dass du die Harve spielen kannst, gefällt mir gut, ich lausche gerne den Klängen dieses Instruments. Ich werde eine Harve für dich anschaffen lassen."


    Er leerte den Krug Wein und sprach weiter


    " So wie es scheint verfügst du bereits jetzt über einen Großteil, der Fähigkeiten über die eine heiratsfähige Frau verfügen sollte. Du bist in einem Alter, in dem man bereits an Heirat denken kann und auch sollte und wenn ich dich betrachte, so kann ich mir vorstellen, dass die Verehrer bereits jetzt Schlange standen."


    Das letzte sagte er nicht ohne Stolz


    "Gab es in dieser Hinsicht bereits ernsthaftere Bestrebungen oder gibt es Anwärter, die dir, sagen wir, nicht ganz egal sind?"


    Er lächelte vieldeutig und war gespannt auf ihre antworten und lehnte sich zurück.

  • Laevina lacht leise "die Geburt der Liebe zur Weisheit, nicht wahr, Vater? Besonders hat es mir die Lehre des Griechen Heraklit und seine Vernunftslogik. "Alles fließt" Vater! Ein Satz und daraus entstehen die philosophischen Richtungen" Ihre Augen strahlen begeistert "Ich habe zwar die Werke von Aristoteles und Platon gelesen, aber sie scheinen mir nicht so logisch durchdacht und vor allem geformt" Laevina errötet leicht. Sie bekommt nicht so oft die Möglichkeit, ihr Wissen und vor allem ihre eigene Meinung auszusprechen. "und ich habe keinen Anwärter, Vater. Das Wohl miener Mutter war für mich von höchster Priorität."


    "Es wäre mir eine Freude, mich in deiner Bibliothek ein wenig umzusehen" Laevina zwinkert Sulla, springt hoch, vital, voller Energie. "Was können wir beide unternehmen? Ich kann dir bei deiner Korrespondenz helfen, ich kann die Rechnungen für den Haushalt durchgehen, ich kann..." Dann blickt sie auf ihren Vater und ihre rosa Lippen lächeln ihn voller Vertrauen an.

  • Mit einer derart geistreichen Antwort, die von großer Belesenheit zeugte, hatte Sulla nicht gerechnet.


    "Dein Lieblingsphilosoph überrascht mich: Heraklitus - "Der Dunkle", die meisten Römer begreifen seine Philosophie nicht oder wie noch häufiger, sie kennen ihn nicht einmal, aber du hast recht, seine Lehre vom Logos ist richtungsweisend, doch mir sagt seine Theorie des Feuers als Urstoff der Erde nicht sonderlich zu. In deiner Ablehnung des Aristoteles stimme ich mit dir überein, doch als überzeugten Platoniker, wirst du es in dieser Hinsicht mit mir schwer haben, mich von der fehlenden Logik in seinem Werk zu überzeugen"


    Er lächelte sie freundlich an und erfreute sich an ihrem Interesse an der wunderbaren Wissenschaft von der Weisheit.


    "Wenn du Interesse daran hast, können wir gerne bei Gelegenheit ein wenig gemeinsam Philosophie betreiben. Bei den meisten Römern begrenzt sich das Interesse für die Philosophie immer nur darauf, sich entweder den Epikureern oder den Stoikern zuzurechnen. Wenn Du wählen müsstest, für welche der beiden philosophischen Schulen würdest du dich entscheiden?"


    Sulla lehnte eigentlich das starre Einteilen in Anhängerschaft zu einzelnen philosophischen Schulen ab, doch in diesem Fall, war er doch daran interessiert für welche Richtung sich seine Tochter entscheiden würde.


    "Übrigens, fühle Dich in der Bibliothek frei und lies alles was du magst. Welche Dichter begeistern dich denn am meisten?
    Und zu deiner Bitte Dinge für mich zu erledigen, du hast in deinem Leben für die Mutter treu sorgend schon viele Mühseligkeiten auf dich genommen, du brauchst hier gar nichts erledigen. Du hast es dir verdient auch einmal nur deinen Vergnügungen nach zu gehen. Leider ist Corduba derzeit kein besonders interessantes "Pflaster" für ein Mädchen deines Alters, und zudem noch ein sehr gefährliches"


    Er versuchte die tiefen Sorgenfalten auf seiner Stirn möglichst zu verbergen

  • "Gefährlich? Vater, wichtig für mich ist, dich zu sehen, deine Hand halten zu dürfen. Ich bin bereit, dafür zu sterben!"


    Ihre kindlichere Euphorie widerspiegelte sich im zarten Blau ihrer Augen.


    "Du hast mich schon allein mit diesem Gespräch glücklich gemacht. Die gefahr macht mir gar nichtas aus! Wirklich!"


    Und in dieser Minute schien es auch so. Sie war überzeugt, oder wollte mit diesen Worten sich selbst und nicht nur ihren Vater überzeugen.


    "Und du wirst mir die Philosophie von Platon näher bringen, damit ich es auch verstehe. Er sagt, dass die von uns wahrgenommenen materiellen Dinge bloßen Schatten glichen, denen keine wahre Wirklichkeit zukomme. Sie seien nur Abbilder der Ideen. Also ist dieser Tisch, diese Liege nur ein Abbild einer Idee? Aber dieses meine Abbild ist deinem Abbild gleich, obwohl wir ungleich sind... Ich hätte eher gesagt, dass das materielle Ding die Idee bestimmen und nicht umgekehrt. Ich will so viel von dir lernen, wir haben so viel Zeit vor uns!"


    Sie begann ihn zu besetzen, mit ihrer niedlichen, begeisterten Art. Es gibt jetzt wohl einen anderen Menschen, dessen Wille seine Wünsche überbrücken könnte.


    "Das Bewegte aber werde durch das Bewegte erkannt. Vater, alles bewegt sich und daran ist nichts zu ändern. Doch wir können unser Bott im fließenden Wasser steuern."

  • Als Sulla die Worte über das Sterben hörte, erwiderte er ernst:


    "Du musst und sollst doch nicht für mich sterben, mein Kind, schlage dir solchen Unsinn ganz schnell aus dem Kopf. Ich bin zwar dein Vater, aber du bist deine eigene Herrin und führst dein eigenes Leben und solltest in deinem zarten Alter lieber das Leben genießen. Du hast so viele schöne DInge noch vor dir. Mein Leben rückt dagegen unwillkürlich seinem Ende näher"


    Er versuchte sie alsbald an den Gedanken zu gewöhnen, dass es sein könnte, dass er nicht mehr lange zu Leben hat.


    "Deine Überlegung zu Platons Ideenlehre ist scharfsinnig und wird gerne von den Gegnern seiner Philosophie angeführt um ihn zu diskreditieren. Platon erklärt dies so: Es gibt neben unserer materiellen Welt ein Reich ewiger unveränderlicher Wesenheiten, der Ideen und das, was wir für die materielle Realität halten, ist nur nach diesen Ideen geformt. Das Reich der Ideen besteht unabhängig von unserer materiell-sinnlichen Wahrnehmung, welche ja wiederum nur die Ideen, die seit unserer Geburt in unserem Geiste eingeplanzt sind, repräsentiert. Wir erkennen in dem Tisch oder der Liege, die Uridee, welche hinter solchen Gegenständen steckt und die wir bereits in uns tragen. Und da dies bei jedem Menschen der Fall ist, erkennst du das gleiche wie ich, wenn wir diesen Tisch betrachten. Doch ich will dich hier nicht bekehren, jeder Mensch muss meines Erachtens seinen eigenen Weg auf der Erkenntnissuche finden, du hast für ein Mädchen deines Alters in dieser Hinsicht bereits bedeutende Kenntnisse. Schätze dich des Besitzes ihrer glücklich und - erkenne dich selbst - wie es der große Sokrates einst als wichtigste Maxime des Lebens ausdrückte."


    Sulla gab einem seiner Sklaven den Wink abzuräumen und machte Anstalten aufzustehen.


    "Meine liebe Laevina, ich muss nun einige geschäftliche Dinge erledigen und einige Briefe schreiben. Unter anderem werde ich sogleich einen Eilbrief an Publius Helvetius Gracchus, meinen Bruder in Rom verfassen, in dem ich ihm von Dir erzählen werde. Deine Mutter hat ihn nie kennengelernt, denn wir wurden bereits in der Kindheit voneinander getrennt und ich habe ihn erst vor nicht einmal einem Jahr in Rom wieder gesehen. Er ist ein guter Mann und besitzt drei Kinder. Zwei Söhne und eine Tochter, die ja zugleich deine Cousins und deine Cousine sind. Erhole dich heute und tu, wozu du Lust hast. Alle meine Sklavinnen und Sklaven stehen zu deiner Verfügung. Du kannst dich auch nach Herzens Lust in der Bibliothek vergnügen"

  • Ämüsiert, irritiert und erfreut über ihr Vorhaben, gab er ihr noch den Tipp:


    "ich empfehle Dir die Apologie des Sokrates als Einstieg, wenn du lieber etwas zur Ethik als zur Erkenntnistheorie lesen möchtest"


    Sulla schaute ihr nach und begab sich dann in sein Arbeitszimmer um den Brief an seinen Bruder zu schreiben.

  • Laevina ging in die Bibliothek und verbrachte dort die ganze Zeit. sie schrieb die Sätze, die ihre Aufmerksamkeit erweckten, auf ein extra Blatt und dazu ihre eigenen kurzen Kommentare. Es wird ihr Geschenk an den Vater, damit er versteht, wie ernst es Laevina meint. Dann aß sie Abendbrot. Den Vater hat sie diesmal nciht zu Gesicht bekommen. Der abendliche Spaziergang im kleinen Garten brachte ihr die nötige Ruhe und Gelassenheit. Sie schlief dann fest und glücklich. Am nächten Morgen traf sie die Nachricht, dass ihr Vater geschäftlich nicht zugegen sei. So ging auch dieser Tag ohne des gemeinsame Gespräche, die Laevina zu vermissen begann.

  • Am Abend traf Sulla wieder in der Casa ein. Er hatte einige Dinge regeln müssen und insbesondere erste Vorbereitungen zur Verteidigung der rebellierenden Städte und des weiteren Vorgehens der aufständischen Truppen getroffen, doch nebenbei hatte er viel darüber nachgedacht, was das beste für seine Tochter sei. Dabei war er zu einem Entschluss gekommen, den er mit ihr beraten wollte. Nachdem er die Casa betreten hatte, ließ er vom Koch das Essen zubereiten und ließ Laevina ins Triclinum rufen.

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