• Einige Tage nach Übernahme seiner neuen Aufgaben in Rom fand Sophus wieder Zeit, in den representativen Arbeits- und Empfangsräumlichkeiten des pater familias einige Belange jenseits der Arbeit zu erledigen. Nachdem er hinter dem altgedienten Schreibtisch Platz genommen hatte, entahm er einem mit inzwischen recht ledierten Malereien versehenen Holzkästchen diverse Schreibutensilien. Seit längerer Zeit griff er auch wieder zum teuren Papyrus, denn unter anderem gedachte er, sich über das Befinden seiner Klienten zu erkundigen. Die Schreibarbeit ging ihm wie gewohnt recht flüssig von der Hand - schon hatte er nach sorgfältiger Trocknung der Schrift einige Briefe zu seiner Rechten auf die dunkle Tischplatte ablegen können. Viele davon hatte er mit einer Einladung versehen können, denn etliche Klienten lebten in Rom und Umgebung.
    Froh, sich nicht verschrieben zu haben und um hässliche Ausbesserungsmaßnahmen herumgekommen zu sein, begann er schließlich das letzte Schreiben in seiner Funktion als Patron.



    Aurelius suo Didio salutem dicit.


    Mag es bislang als schmerzliches Versäumnis erschienen sein, einem trefflichen Freunde, sei es durch gelegentliche Unbedarftheit des Jugendalters, sei es durch geschäftliche Verrichtungen, derer sich die Zeit in bedrängten Lagen nicht erwehren kann, nicht stets regelmäßig und gewissenhaft Ohr geschenkt zu haben, so scheint mir nun doch wenigstens berechtigte Vorfreude auf deine baldige Rückschriften Anlass zum höchsten Genuss, ermangelt es ihnen doch nie an Witz und sorgfältig ausgearbeiteten Gedanken.
    Mit großer Freude vernahm ich dein tüchtiges Mühen um einen durchaus angemessenen Platz im Staate, welches, so erlaube ich mir zu schreiben, auch in Zukunft nur die glänzendsten Früchte tragen wird. Umso schärfer traf mich demnach das alte Los eines Soldaten, welcher dem Ruf seines Heerführers nach Rom folgte. Gleichwohl bleibt meine Begierde bestehen, jede Wendung deines Werdegangs zu verfolgen und nach besten Kräften zu fördern, denn kein Zögern soll dein Wohlergehen gefährden, über welches in regem Austausch zu verbleiben ich, diese eine Forderung sei ohne Rücksicht auf meine Laster im Umgang mit der freien Zeit gestellt, mit Nachdruck anzuregen pflege.


    Vale bene,
    Flavius Aurelius Sophus.


    Als er den Sigelring einmal mehr zum Einsatz gebracht und die Schriftstücke nochmals überflogen hatte, rief er nach einem schriftgelehrten Sklaven, welcher bereits unter seinem Vater Crassus im Besitz der Familie gewesen war und dem man scherzhaft, jedoch nicht unberechtigt, den Rufnahmen Tacitus gegeben hatte.

  • Tacitus, dessen Anwesenheit er in mancher Lehrstunde als Knabe hatte erleben dürfen, nahm sodann die Schriften entgegen, um sie später einem Boten auszuhändigen, der sie auf die Poststelle brachte. Sophus empfand ehrliche Freude, als er jenen Sklaven erneut begrüßen konnte, der ihm wie ein Freund, ja beinahe wie ein zweiter Sachverwalter mannigfaltiger Belange geworden war. Als er den Schriftgelehrten entlassen hatte, durchsuchte er die Unterlagen auf dem Schreibtisch nach den Ertragsauflistungen der Landbesitzungen, welche er in letzter Zeit nicht mehr sorgsam hatte pflegen können. Die Ernte war gut gewesen und so entschloss er sich, die Pachtgebühren für seinen Besitz auf der reichen Kornkammer Sizilien und für die Ländereien in Kappadokien und Gallia Transalpina beträchtlich zu erhöhen. In all diesen Provinzen war gutes Ackerland durch wirtschaftliche Engagements zahlreicher Ritter und Senatoren knapp geworden und da landwirtschaftliche Erzeugnisse gerade zu einem guten Preis verkauft werden konnten, zweifelte Aurelius nicht daran, seine Wirtschafter etwas mehr zur Adler lassen zu dürfen.

  • Eingegangen waren auch einige jammervolle Briefe seiner Verwalter in Etrurien, denen Aurelius einst Geld für erste Bewirtschaftungen des Landes geliehen hatte und die eine schlechte Ernte beklagten, um den Zinssatz zu drücken. Gelangweilt überflog Sophus, der die Prozedur allzu gut kannte, die Zeilen. Im Grunde war das Geschäft so simpel wie lukrativ - es erforderte lediglich ein gewisses Maß an führender Strenge. Dure in re, suaviter in modo - so schrieb er die Antworten, um sich schließlich den verbliebenen Besitzungen zuzuwenden, unter denen sich auch einige Grundstücke befanden, die keinen Ertrag abwarfen; sei es, weil sie erst vor kurzer Zeit aufgekauft worden waren und noch kein Pachtgeschäft eingerichtet war, sei es, weil er es für eigene künftige Unternehmungen reserviert gehalten hatte. Derlei selbst verwaltete Latifundien, welche den flächenmäßig weitaus größten Teil des ererbten und erworbenen Landes ausmachten, erforderten zwar besonders sorgfältige Pflege des Besitzers, waren in finanzieller Hinsicht aber ungemein ertragreich. Über das Schicksal mancher Objekte war noch nicht entschieden worden, aber Rom hatte man ja auch nicht an einem Tage erbaut. Mit Wohlgefallen registrierte Aurelius, dass sich weiterhin einige wenige Pächter eindeutig übernommen hatten und bei ihm hoffnungslos verschuldet waren. Sie würden über viele Jahre hinweg von ihm abhängig sein und er würde sie bis aufs Blut auspressen.

  • Spät am Abend, als sich die Flure der villa Aurelia von den leisen Schritten der Sklaven befreiten, legte Sophus noch das letzte Schriftstück beiseite. Eigentlich hatte er noch seinen Brüdern und dem Cicero schreiben wollen, doch er entschloss sich, diese Unternehmungen ein anderes Mal durchzuführen. Es drängte ihn, wie es häufig der Fall war, die Lust eines durstigen Geistes, der selbstsüchtig nach Erquickung strebt. Mit einer Tunika aus Wollstoff bekleidet, führten ihn die Schritte im Schein einer Öllampe in die Bibliothek des Hauses, in welcher teils sehr alte Abschriften berühmtester und weniger bekannter griechischer wie römischer Autoren, Dichter und Historiker, Politiker und Feldherren eingelagert waren...

  • "So, da wären wir. Meinen Glückwunsch übrigens zur erfolgreichen Wahl. Setz dich doch bitte. Ich bin Aurelius Corvinus, aber das weißt du sicherlich, sonst wärst du vermutlich nicht hier", sagte ich und lächelte.
    "Du hast Glück, ich wollte bald nach Mantua abreisen. Was kann ich denn für dich tun?"


    Camryn hatte mir nichts genaues dazu sagen können, also sah ich den quaestor neugierig an und deutete mit einer einladenden Handbewegung auf das reich verzierte Schüsselchen mit kernlosen Oliven, ehe ich mir selbst eine nahm und sie verspeiste.

  • Er nahm Platz und lächelte leicht. "Ich danke Dir für die Glückwünsche, Aurelius Corvinus. Ich bin froh, dass ich dann ja noch rechtzeitig Dich abpassen konnte," fügte er an und nahm dankend eine der Oliven, die er aber noch nicht zu sich nahm. "Wir sind uns indirekt schon vor ein paar Tagen begegnet, als Du auf dem Sklavenmarkt den Kelten ersteigertest. Ich nehme nicht an, dass Du Dich an mich als Mitbieter erinnerst," schmunzelte er leicht. "Aber genau um diesen handelt es sich, der mich heute hierher treibt." Er machte eine kurze Pause um zu sehen wie die Worte wirkten und fuhr dann fort.
    "Meine Nichte Matinia Sabina war ebenfalls zugegen und hat sich in den Kopf gesetzt in den Besitz eines, sagen wir natürlichen Barbarens zu gelangen. Dieser Kelte erschien ihr als genau jener, ursprünglich, wild, kann kein Latein wie es scheint. Leider warst Du etwas schneller als die Gute und so habe ich mich erboten mit Dir zu sprechen und Dir, bei Interesse, den Sklaven abzukaufen." Nun, nachdem er geendet hatte, schob er sich die Olive erst in den Mund und kaute langsam und geduldig abwartend.

  • "Hm, du hast recht, ich erinnere mich nicht. Aber das hat nichts zu sagen", grinste ich und zuckte mit den Schultern. Er wollte mir also ein Angebot für Cymry machen. Hm. Hmmmm. Ich überlegte. Was der Matinier da so erzählte, passte nicht recht zu dem Bild, das ich bisher von Cymry hatte.


    "Ich glaube, ich muss dich enttäuschen. Er ist Brite, kein Kelte. Und er spricht weder keltisch noch gallisch noch latein. Wir haben hier alles mögliche versucht, aber das Verständigungsproblem bleibt bestehen, bis wir einen britischen Sklaven finden, der übersetzen kann. Eigentlich schade, ich hätte ihn gern als Leibwache eingesetzt. Breit genug ist er. Trotzdem weiß ich nicht recht..."



    Sim-Off:

    Wir sollten Cymry fragen. Wenn ein Verkauf sein Wunsch ist, würde ich dem nachgeben. :)

  • "Mhm," machte er. "Ich war mir sicher Cymry sei ein keltischer Name, wie auch die Gegend, von der der Händler sprach keltischen Ursprunges entspricht. Aber wie auch immer, Barbar bleibt Barbar." Er zuckte leicht die Schultern udn nickte dann bestätigend. "Ja, als Leibwächter ist er sicher gut vorstellbar. Ich verstehe auch nicht so ganz die Faszination meiner Nichte für diese Art des "Exotischen", aber wenn sie damit glücklich wird und er auch noch seinen Zweck erfüllen kann, soll es mir schon recht sein."


    Sim-Off:

    Machst Du?

  • Sim-Off:

    Ja, ich habe gestern schon eine PN geschickt und gefragt. Er müsste sie nur noch lesen. Ich schlage vor, dass wir hier so lange pausieren. Ein Themenwechsel um die Zeit zu überbrücken wäre wohl sehr unlogisch. :)

  • Sollen wir gez fahren oder warten oder nich oder was. Nur der Herr und seine Sklaven fehlten noch. Das ging mir ja widder auf'n Sack. Darum ging ich durch das Haus um ihn zu suchen. Aus dem Tablinum hörte ich seine Stimme, klopfte und trat nach einigen Augenblicken ein.


    "Der Wagen nach Mantua ist abfahrbereit"


    Hä, wo is'n der. Ich hab doch seine Stimme gehört. Hier sitzten aber 2 andere Typen. Ich bin doch nicht bekloppt, das war doch seine Stimme.


    Edit: Rechtschreibung

  • Zitat

    Original von Manius Matinius Fuscus
    "Mhm," machte er. "Ich war mir sicher Cymry sei ein keltischer Name, wie auch die Gegend, von der der Händler sprach keltischen Ursprunges entspricht. Aber wie auch immer, Barbar bleibt Barbar." Er zuckte leicht die Schultern udn nickte dann bestätigend. "Ja, als Leibwächter ist er sicher gut vorstellbar. Ich verstehe auch nicht so ganz die Faszination meiner Nichte für diese Art des "Exotischen", aber wenn sie damit glücklich wird und er auch noch seinen Zweck erfüllen kann, soll es mir schon recht sein."


    Ich lachte. Barbar bleibt Barbar, das war eine treffende Aussage.
    "Also möchtest du ihn für deine Nichte erwerben? Hm, wie könnte ich eine Bitte im Auftrag einer Frau abschlagen", witzelte ich und trank etwas von meinem Wein.
    "Sagen wir also, eintausendfünfhundert Sesterzen und der Sklave ist dein?" fragte ich den quaestor.


    Sim-Off:

    Ich hatte 1501 bezahlt. ;)

  • Eine Moment überlegte er, aber er wusste ja, wie viel der Mann bezahlt hatte und so ersparte er sich das Feilschen. Deshalb nickte er nur und sagte: "Gut, 1500 sollen es sein. Ich werde nachher jemanden mit dem Geld vorbeischicken. Du kümmerst Dich um den Papierkram? Kann ich ihn gleich mitnehmen oder willst Du es bei Geldübergabe machen?"


    Sim-Off:

    Überwiesen

  • "Du kannst ihn gleich mitnehmen. Ich vertraue darauf, dass du mich als Mann, der das Amt eines quaestors inne hat, nicht vergessen wirst. Wäre es dir recht, wenn ich die Papiere später deinem Boten mitgebe, wenn er das Geld bringt? Ich denke, dass ich das bis dahin erledigt haben werde."


    Sim-Off:

    Ist angekommen, vielen Dank. Du müsstest Cymry jetzt glaube zu deinen Untergebenen zufügen können, wenn ich das richtig sehe. :)

  • Der Bote war beinahe vom Pferd gefallen und konnte sich kaum mehr halten. Italische Räuber hatten ihm unterwegs die ihm anvertrauten Waren abnehmen wollen, und der Bote war nur mit knapper Not entkommen, blutete dafür aber aus zahlreichen Schnittwunden. Leone hatte ihn sogleich verarzten lassen und suchte nun mit den Dingen, welche der Bote mit sich geführt hatte, den momentanen Hausherren auf. Er fand ihn im tablinium Und eilte sogleich auf ihn zu.


    "Mein Herr, ein Bote ist gekommen, mehr tot als lebendig. Aber er hat zuverlässig eine Botschaft des Herren Corvinus gebracht, sowie kleine Geschenke...hier", sagte Leone aufgeregt und drückte Cotta den Brief in die Hand.



    Ad
    Appius Aurelius Cotta
    villa aurelia in Roma
    Italia



    Marcus Corvinus suo Appio Cottae s.d.


    Appius, es erstaunt mich, schon so bald von dir zu hören! Sollten denn wirklich schon so viele Monate vergangen sein, dass du mir nun aus Rom schreibst und nicht mehr aus Athen? Nun, es muss so sein und mein Zeitgefühl scheint mich zu trügen.


    Da du nun also in Rom angelangt bist, freue ich mich, dass die Götter dir eine gute Heimreise beschert haben. Umso bedauerlicher sind die Zustände, mit denen du unmittelbar nach deiner Ankunft konfrontiert werden musstest. Von Ciceros absentia hörte ich bereits, auch, dass er sein Amt verwaist und ohne Nachfolger einfach aufgegeben hat. Auch legt man ihm wohl ein Vergehen gegen das Handelsgesetz zur Last, Genaueres allerdings vermag ich nicht zu sagen. Hier in Germanien ticken die Uhren anders, es dauert alles länger, das Denken mancher hohen Beamten und auch die Post. Ich setzte zwei Schreiben auf, eines an Cicero, um von ihm selbst seine Beweggründe zu erfahren, und eines an einen der zuständigen praetores in seiner Strafsache. Bedauerlicherweise habe ich von keiner Seite bisher eine Rückantwort erhalten. Du kannst dir nicht vorstellen, wie es mich aufwühlt, nicht in Rom vor Ort zu sein und mich eigenmächtig um alle Angelegenheiten diesbezüglich zu kümmern. Ich lege diesem Brief eine Abschrift des Briefes an den praetor Flavius Furianus bei, vielleicht kam der Brief auf seinem weiten Weg abhanden oder Flavius ist unpässlich. Ich hoffe, es ist nicht zu viel verlangt, wenn ich dich bitte, die praetores mit der Abschrift in meinem Namen aufzusuchen und um Einstellung des Verfahrens zu bitten? Alles weitere Wissenswerte zur Sache kannst du dem beigefügten Schreiben entnehmen.


    Nun zu Sisenna, deren Schicksal schließlich unmittelbar mit dem Ciceros zusammenhängt. Es tut mir in der Seele weh, dass meine arme kleine Cousine bis zu deinem Eintreffen vollkommen allein in der großen villa gehaust hat. Es wäre die Pflicht ihres Vaters gewesen, zumindest jemanden von seiner überhasteten Abreise zu unterrichten. Und es wäre meine Pflicht gewesen, mich nach Sisennas Wohlergehen zu erkundigen; diese Schuld muss ich also auf mich nehmen. Es mag die kleine Sisenna vielleicht nicht trösten, dennoch bitte ich dich, ihr meine besten Wünsche auszurichten und ihr das kleine, rot eingeschlagene Päckchen von mir zu übergeben. Richte ihr aus, dass ihre Schwester Helena sie ebenso vermisst wie Deandra, Prisca und ich selbst es tun. Vielleicht kannst du dich auch um einen engagierten paedogogus für Sisenna bemühen, der patrizischen Ansprüchen genügt und beginnen kann, die Kleine - vielleicht zusammen mit anderen Kindern ihren Alters, vielleicht sogar ihren Freunden - in den septem artes liberales zu unterweisen. Wir wollen einmal weniger streng sein, was gemische Klassen angeht, und Sisenna die Möglichkeit bieten, mit ihren Freunden gemeinsam zu lernen, wenn sie denn in ihrem jugendlichen Alter schon die schwere Bürde einer Halbwaise tragen muss, deren Vater unauffindbar herumreist.


    Einen weiteren Grund zur Trauer habe ich selbst zu beklagen. Die mir geschlagenen Wunden sind noch zu frisch um offen und leichtfertig darüber zu reden, daher nur so viel: Auch ich bin nun eine Waise. Ein senatorischer Tribun in der Fremde, seiner beider Eltern beraubt und bar jeden Verständnissen über die Unbill, die die Götter der gens aurelia dieser Tage auferlegen. Vielleicht bringst du ihnen auch ein Opfer dar, wie ich es hier in Mogontiacum bereits getan habe.


    Meinen bisherigen Worten kannst du entnehmen, dass auch Prisca wohlbehalten hier eingetroffen ist. Gleich am Tage ihrer Ankunft musste ich sie mit dem Tod ihrer Mutter vertraut machen. Sie freut sich sehr, bald wieder zurück nach Rom reisen zu können. Germanien ist weniger eine Provinz für sie, habe ich den Eindruck, es ist ihr zu kühl, die Menschen sind zu rauh und Prisca selbst ist angefüllt mit Vorurteilen. Dennoch bemüht sie sich redlich, und ich muss sagen, ihr frisches Wesen in Kombination mit dem Helenas und Deandras sorgt durchaus für einigen Wirbel hier im Hause.


    Meine Absicht, nach abgeleistetem Tribunat nach Rom zurückzukehren und mich zur Wahl zu stellen, besteht nicht nur, ich wurde sogar bereits vom amtierenden consul, Prudentius Commodus, zur Wahl zugelassen. Du kannst meine Ankunft also spätestens Ende August erwarten, vermutlich sogar früher. Den genauen Termin der Senatsvorladung bekomme ich noch mitgeteilt.


    Du fragtest nach Dingen, die zu erledigen sind. Nun, da gäbe es sogar eine ganze Reihe. Zum einen wurde ein treuer Freund und Klient der Familie zu Ciceros Nachfolger ernannt - Didius Albinus, du kennst ihn sicher noch von früher, er war lange Jahre in der Stadtverwaltung Mantuas tätig. Wenn es dir zusagt, könntest du ihn persönlich beglückwünschen und auch versuchen, von ihm etwas über Ciceros Verschwinden zu erfahren. Versichere ihm auch des Rückhalts der gens, selbst, da sein patronus, Sophus, ebenfalls unauffindbar ist. Er kann stets auf uns zählen.


    Weiter gäbe es diverse Möglichkeiten, dich einzubringen und dir die Zeit zu vertreiben - sofern dich Sisenna nicht ohnehin schon zu sehr auf Trab hält. Zum einen bietet die Schola Atheniensis in Rom ein breit gefächertes Angebot an Weiterbildungsmaßnahmen an. Einige Vorlesungen sollte man durchaus vorweisen können, wenn man den cursus honorum irgendwann beschreiten möchte - und ich nehme doch sehr an, du strebst einen Platz im Senat an? Darüberhinaus sind auch die Militärkurse an der Akademie für Militärwissen sehr empfehlenswert, auch wenn ich gestehen muss, bisher nu die Grundvorlesung absolviert zu haben, da mir zu allem weiteren die Zeit fehlte bisher. Wenn ich mich recht erinnere, Appius, bist du ein ebenso großer Anhänder des Rennsports wie ich selbst. Decimus Meridius, ein angesehener senator und ehemaliger Legat des Kaisers, hat die Leitung über unseren Rennstall inne, der factio aurata. So du dich bereit fühlst und willens bist, könntest du ihn und seine Gemahlin auf ein Essen laden und um die Mitgliedschaft bitten.


    Ehe ich es vergesse: Ich übersende dir neben diesem Schreiben, der Abschrift des Briefes wegen der Verhandlung gegen Cicero und des kleinen Geschenks für Sisenna noch ein wenig Geld, damit du deine Vorhaben durchsetzen und dabei nicht jeden Sesterz dreimal herumdrehen musst. Ich weiß nämlich noch zu gut, wie meine eigene finanzielle Lage damals aussah, nachdem ich von meinen Studien zurückgekehrt war.


    So, dann will auch ich nun schließen, nachdem dieser Brief schließlich doch um ein Vielfaches länger geworden ist als der deine, den du bereits lang nanntest. Ich hoffe, dass ich dich nicht mit den vielen erwähnten, teils großen, teils kleinen Aufgaben überfordern werde. Doch du bist ein Aurelius, und wir sind stark im Geist und - in den meisten Fällen - eben auch ehrgeizig. Halte die Stellung, mein lieber Vetter, und lasse bald wieder von dir hören.



    Vale bene.


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    MOGONTIACUM, PRIDIE ID IUL DCCCLVII A.U.C. (14.7.2007/104 n.Chr.)



    "Dieser hier war verschnürt bei einem ledernen Säckchen voller Geld und...diesem da. Achtung, es klebt etwas", erklärte Leone und reichte Cotta nacheinander die Abschrift des Gerichsbriefes, den Geldbeutel und das an der rechten Seite klebende Etwas in rotem Seidenpapier. Das rote Päckchen war sorgsam verschnürt, mehrfach verknotet und erhielt den Hinweis, für eine gewisse Aurelia Sisenna bestimmt zu sein.



    ABSCHRIFT


    Ad
    Lucius Flavius Furianus
    villa flavia in Roma
    Italia



    M. Aurelius Corvinus L. Flavio Furiano s.d.


    Sicher wunderst du dich, Flavius, warum gerade ich dir aus dem fernen Mogontiacum schreibe. Nun, der acta diurna konnte ich entnehmen, dass mein Onkel, Aurelius Cicero, das Amt des comes verwaist zurückgelassen hat und den Kaiser mit dieser Tat zutiefst enttäuscht haben muss. Des weiteren las ich von einer Gerichtsverhandlung, welcher du vor kurzem als praetor urbanus beiwohntest und zu der Cicero ebenfalls nicht erschienen war, und um jene geht es mir.


    Ich kann mir dieses ungebührliche, ja, dreiste Verhalten nicht im Mindesten erklären. Nach Kurzschluss mit Ciceros engsten Angehörigen und dem Rest der Familie komme ich zu dem Schluss, dass er Rom, dem Kaiser, seinen Verwandten und Freunden nun endgültig den Rücken gekehrt haben muss. Niemand weiß etwas über seinen Verbleib. Mir bleibt daher nichts anderes, als das Verhalten meines Onkels aufrichtig zu entschuldigen.


    Ich bitte dich, mir als der Strafsache zugeteilter Rechtsmann, die Vorwürfe gegen meinen Onkel genauer zu erläutern. Sollte eine Forderung gegen ihn vorliegen, werde ich sie selbstredend unmittelbar nach Rückantwort begleichen, doch hierzu wüsste ich gern von den näheren Umständen, welche zu jener eventuellen Forderung geführt haben.


    Vale.


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    MOGONTIACUM, ANTE DIEM III KAL IUL DCCCLVII A.U.C. (29.6.2007/104 n.Chr.)



    Nach einer ganzen Weile (Cotta musste den Brief längst gelesen haben), räusperte sich Leone. "Mein Herr, es gibt da noch etwas... Auf Geheiß des Herrn Corvinus haben Alexandros und ich heute früh eine Sklavin auf dem Markt ersteigert. Ihr Name ist Cadhla. Wir dachten, sie könnte Sisenna und dir etwas, nunja, Gesellschaft leisten..." Er gab Alexandros ein Zeichen, die neue Sklavin hereinzubringen.

  • Langsam schritt sie hinter Alexandros in das Tablinum hinein und gab sich größte Mühe, die prachtvolle Einrichtung nicht mit offenem Mund zu bestaunen. Wo war sie hier gelandet? Im Haushalt des römischen Kaisers vielleicht? So leuchtende Farben an den Wänden hatte sie noch nie gesehen, und die Vasen, die hochpolierten Möbel, all der Zierrat und die dezenten wie weniger dezenten Hinweise in der Einrichtung, dass die gens Aurelia sich das Repräsentieren zweifelsohne leisten konnte, ließen nur einen Schluß zu - eine sehr reiche Familie hatte sie ersteigert, und bisher schien ihr das schlimmste Schicksal für Sklaven, die harte Feldarbeit oder Arbeit in der Steinmühle, erspart geblieben zu sein. Und es sah hier nicht aus wie in einem lupanar - eins der wenigen lateinischen Worte, die sie sehr schnell gelernt hatte, denn damit hatten die Bewacher immer schnell gedroht, wenn man aufsässig war - sondern wie in einem Palast. Cadhla biss sich auf die Unterlippe und blieb schräg hinter Alexandros stehen, gekleidet in eine einfache wie saubere Tunika, die noch von der Vorbereitung zum Verkauf stammte, immerhin sollte die Ware einen guten Eindruck hinterlassen.


    Vorsichtig linste sie an der Gestalt ihres Bewachers vorbei in den Raum hinein, in der Hoffnung herauszufinden, mit wem sie es nun zu tun hatte - dass der schwarzhäutige Mann wohl doch nicht der Herr im Haus war, hatte sie inzwischen schon herausgefunden, auch dass der andere, der bei ihrem Einkauf mit von der Partie gewesen war, nicht zu den Befehlenden zählen mochte, war für sie klar geworden. Wer aber war nun dieser Mann, dem der Schwarzhäutige kleine Rollen und irgendwelche Beutel und Bündel gebracht hatte? Das kupferrote Haar der Sklavin glitt wie stets widerspenstig und in Strähnenform in ihre Stirn, grüne Augen glommen in diesem Halbschatten wachsam, und ihre fast kampfbereit zu nennende Körperhaltung deutete an, dass sie weit davon entfernt war, sich in irgendeiner Form zu entspannen. Vielmehr war sie ... nervös. Was würde jetzt passieren? Hoffentlich gab es in diesem großen Haus wenigstens irgendwen, der ihre Sprache konnte, das Latein war einfach zu verwirrend für Cadhla.

  • Es war bislang ein guter Tag für mich gewesen! Das Gepäck meines Dominus war nun endlich säuberlich und übersichtlich eingeräumt, er selbst vollständig eingerichtet, der kleinen Domina Sisenna hatte ich wieder eine Geschichte aus der griechischen Mythologie erzählt - wobei ich es als Thraker natürlich als meine Pflicht erachtete, diese Geschichten zu berichtigen -, und dann hatte ich mir in der culina einen kleinen Appetithappen geholt.


    Als ich die culina verließ, bemerkte ich in der Nähe der Porta einige Unruhe. Ich begab mich sofort dorthin und sah, dass dort ein Mann verarztet wurde, ein Bote des Herrn Corvinus aus Mogontiacum, wie sich herausstellte, der von dort Briefe und Geschenke mitgebracht hatte. Meine sofortige Nachfrage ergab, dass man alle diese Dinge bereits zu Aurelius Cotta gebracht habe und dass dieser sich im Tablinum aufhalte.


    Ich freute mich für meinen Herrn, dass er nun schon so schnell Nachricht von seinen Verwandten aus Mogontiacum erhalten hatte. Die vergangenen Tage hatte er doch einen etwas bedrückten Eindruck gemacht, den ich nur selten durch die Erzählung von Anekdoten aus seiner Zeit in Athen hatte vertreiben können. In der Hinsicht war mir die kleine Domina Sisenna tatsächlich voraus: Mit der hatte Aurelius Cotta nämlich häufiger gelacht.


    Als ich von dem Boten und seinen Mitbringseln erfahren hatte, ging ich sofort zu meinem Herrn ins Tablinum, da er mich sowieso bald würde rufen lassen, um mir erste Aufträge zu erteilen. Etwas verwundert war ich zunächst, als ich aus dem Tablinum bereits Stimmen hörte - Leones Stimme. Also hatte dieser sich tatsächlich wieder vorgedrängt! Das machte mich aber nur umso entschlossener, und in dieser Stimmung betrat ich denn auch den Raum, bereit, diesem Leone sofort einen funkelnden Blick zuzuwerfen.


    Es kam aber ganz anders. Mein erster Blick fiel nämlich nicht auf diesen Leone, aber auch nicht auf meinen Herrn, der, wie ich aus den Augenwinkeln heraus registrierte, in einem Korbsessel saß und etwas las - vermutlich den Brief des Aurelius Corvinus. Nein, mein erster Blick galt natürlich einer deutlichen Verschönerung dieser riesigen Villa: einer rothaarigen Sklavin, die meinem Herrn zugewandt stand.


    Blitzschnell und leise stellte ich mich nun meinem Herrn an die Seite, nicht ohne diesem Leone nun doch noch einen funkelnden Blick zuzuwerfen. Noch ganz andere Blicke warf ich allerdings der eindrucksvollen Schönheit zu - einer Keltin, da war ich ganz sicher, denn für sowas hatte ich einen Blick. Selbstverständlich aber verzog ich keine Miene, schließlich war ich dienstlich hier.


    Es dauerte noch eine ganze Weile, bis mein Herr endlich den Brief weglegte - eine ganz schön lange oratio. Ich hoffte natürlich, dass sich daraus jetzt nicht lauter Arbeitsaufträge für mich ergeben würden, denn schließlich musste doch auch noch diese junge Sklavin eingearbeitet werden - und dafür hätte ich nun wirklich niemand Besseren gewusst als mich.


    Endlich konnte dieser Leone die Keltin vorstellen, Cadhla, wie ich jetzt hören konnte. So, so, Gesellschaft leisten also. Während ich mich nach dieser Vorstellung noch fragte, ob meinem Herrn Keltinnen wohl zusagen würden - bisher hatte er eher Brünetten nachgeschaut -, trat eine Pause ein. Ich blickte zu meinem Dominus und sah, dass sich auf seiner Stirn eine Falte gebildet hatte. Und ich konnte es natürlich auch nicht fassen. Also, das war doch wirklich unglaublich! Nun erwartete dieser Leone wohl noch, dass sich Aurelius Cotta persönlich einer Sklavin vorstellen würde! Ich musste mich ziemlich zusammenreißen, um nicht den Kopf zu schütteln; stattdessen trat ich - nicht ungern - einen Schritt auf die Sklavin zu und nahm die Sache jetzt selbst in die Hand. "Dir ist sicher schon gesagt worden, dass du dich in der Villa der Gens Aurelia befindest. Dies ist eine der hochgestellten Familien des Imperiums; verhalte dich also entsprechend! Vor dir siehst du meinen Dominus Appius Aurelius Cotta."


    Ich hätte auch noch mehr gesagt, wenn dieser sich jetzt nicht selbst zu Wort gemeldet hätte.

  • Seit meiner Ankunft in der Villa Aurelia in Roma waren nun schon einige Tage vergangen, und langsam begann ich mich in meine neue Heimat, aber auch in meine neue Rolle einzufinden - so glaubte und hoffte ich jedenfalls. Etwas anderes blieb mir ja auch nicht übrig, da ich immer noch als einziger erwachsener Angehöriger meiner Gens hier in Rom bei Sisenna weilte. Ich fühlte durchaus die Schwere der Bürde, die auf mir lastete.


    Umso größer war meine Erleichterung, als Leone mich eilig im tablinum aufsuchte und mir die gute Nachricht mitteilte, ein Bote von Corvinus sei soeben an der Villa Aurelia in Roma eingetroffen und habe Briefe und Geschenke mitgebracht. Ich war so erfreut, dass ich in jenem Moment gar nicht auf die Bemerkung Leones einging, der Bote sei mehr tot als lebendig gewesen; eine spätere Nachfrage ergab dann aber auch, dass Leone sich vorbildlich um ihn gekümmert hatte.


    Stattdessen nahm ich also gleich den ersten Brief von Corvinus in Empfang, der an mich gerichtet war. Mit Erschütterung las ich dort von seiner Andeutung, dass auch er nun ein Waise sei. Ich konnte nicht umhin, mich zu fragen, wofür die Götter unsere Gens derzeit so hart straften; und ich nahm mir fest vor, sobald als möglich dem Rat meines Vetters zu folgen, ein Opfer in einem der Tempel Roms darzubringen.


    Auf der anderen Seite war ich natürlich froh, darüber zu hören, dass Prisca wohlbehalten in Mogontiacum angelangt sei. Dass die ganzen Frauen in Corvinus's Umgebung für ordentlichen Wirbel sorgten, konnte ich mir schon irgendwie vorstellen; ich musste bei diesem Gedanken schmunzeln und bewunderte meinen Vetter einmal mehr dafür, mit welcher Ruhe er sich solchen heiklen Situationen immer wieder gewachsen zeigte. Besonders froh machte mich aber seine Ankündigung, vielleicht noch vor Ende August schon wieder nach Roma zurückzukehren. Dies, verbunden mit den vielen Grüßen, würde ich natürlich auch gleich Sisenna sagen.


    Was die Aufträge anging, die Corvinus mir in seinem Schreiben anvertraut hatte, so deckten sich diese weitgehend mit den Plänen, die ich selbst schon geschmiedet hatte. Sie alle aber in einer solchen Aufzählungsform vor mir auf Papyrus zu sehen, führte mir allerdings im wahrsten Sinne des Wortes erst vor Augen, wieviel da eigentlich auf mich zukam. Aber Corvinus hatte natürlich Recht: Ich war ein Aurelius, und wir waren stark im Geist.


    Indem ich mir das sagte und dabei noch das zweite Schreiben überflog, das Corvinus beigelegt hatte - die Abschrift eines Briefes an den praetor urbanus Lucius Flavius Furianus -, wollte ich schon darangehen, erste Vorbereitungen für die Verwirklichung aller dieser Aufträge zu treffen und mich dafür mit Maron zu besprechen, der mittlerweile auch ins tablinum gekommen war. Da aber führte Leone eine Sklavin auf mich zu, deren Name Cadhla war und die, wie ich jetzt erfuhr, im Auftrag von Corvinus heute Morgen gekauft worden war.


    Ich war überrascht, fasste mich aber gleich wieder beim Anblick der jungen Frau mit roten Haaren und einer schmucken Tunika, die nun vor mir stand. Eine Sklavin? Das war natürlich vorzüglich! Ich dachte gleich an Sisenna, für die ich mir insgeheim schon länger eine weibliche Sklavin als Begleitung gewünscht hatte. Zwar wurde Sisenna immer noch von ihrer Amme betreut, doch ich mochte mir gar nicht vorstellen, welche Zoten und Sprüche das Mädchen in all den Wochen zufällig aus dem Munde der männlichen Sklaven hatte mitanhören müssen, als sie hier alleine gewesen war.


    Maron übernahm es nun, Cadhla meinen Namen zu sagen, ergänzt durch einige andere mahnende Worte. Diese Zeit nutzte ich, um mir die junge Frau genauer anzusehen. Dabei kam mir ein bestimmter Verdacht, und mein Blick verdunkelte sich kurz: Dies würde natürlich gar nicht in meine Pläne passen.
    Mit der linken Hand machte ich Maron ein Zeichen, dass nun ich mit ihr reden wollte, und mein Sklave trat zurück. Ich bemühte mich, die Sklavin trotz meines Verdachts wieder etwas freundlicher anzusehen, entging mir doch nicht, dass sie sich zu fürchten schien; bestimmt war dies ihre erste Stelle als Sklavin. Als ob das, wenn mein Verdacht sich bestätigte, irgendetwas nützen würde, beugte ich mich etwas vor und sagte langsam und deutlich:


    "Cadhla! Ich freue mich. Meinen Namen kennst du jetzt. Aber ich habe eine Frage an dich: Verstehst du unsere Sprache?"

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