"Man muss nicht das tun, was einem aufgetragen wird, sondern nur das, wass man wirklich will. In Sklavenschaft wird man von Ketten vor Taten zurückgehalten - aber in Freiheit gibt es keine Hindernisse. Sklaven, die großes errungen haben, mussten sich vorher befreien - Spartacus zum Beispiel. Aber ich bin keine Gladiatorin... ich bin schwach. Der einzige Ruhm, den ich noch habe, besteht aus meinen Namen. Und hie und da ein Paar Akte der Auflehnung gegen die Römer."
Ein freier Nachmittag
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„Aber was wären das für ruhmreiche Taten in Freiheit? Was würdest du machen um Ruhm zu erhalten? Politik in deinem Volk? Als Tochter des Häuptlings, als Frau? Wodurch erlangt man Ruhm?“
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"Eine uralte Frage... uralt." Sie schwieg für einige Sekunden. "Ruhm ist, wenn man Gutes für Menschen tut, woran man sich noch erinnert."
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„So ist es, aber sie ist genauso alt, wie das streben nach Ruhm!“
Ich überlegte kurz
„Aber was ist gut für die Menschen? Soll es gut für alle Menschen, gut für einige Menschen, gut für die Menschen aus dem eigenen Umfeld sein? Wie lange muss man sich daran erinnern, damit es ruhmreich ist? Gibt es eine bestimmte Anzahl an Menschen die sich daran erinnern muss, damit es ruhmreich ist oder reicht nur einer?
Auch an Caesars taten erinnert man sich heute noch. Die Römer sprechen von seinem Ruhm? Hat er entsprechend Gutes für sie getan? Die Gallier halten ihn wahrscheinlich nicht für ruhmreich?! Ist es wichtig für wen man Gutes tut?“
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Solch tiefgründige, philosophische Gespräche hatte sie schon lange vermisst.
"Ich denke, auch die Gallier müssen zugeben, das Caesar ruhmreich war, denn er hat sie ehrlich in offenen Schlachten besiegt. Außerdem hat er sie augenscheinlich milde behandelt... Gutes hat er aber nur für die Römer getan, das stimmt - er hat ihnen ein noch größeres Imperium gegeben.
Oder hast du Antworten auf deine eigenen Fragen?" -
„Nein, Antworten habe ich nicht, darum stelle ich so viele Fragen! Von Ruhm weiß ich nichts und strebe auch nicht danach. Was ich über Ruhm weiß ist, dass es in den vielen Völkern die es gibt, viele verschiedene Meinungen existieren, was Ruhm ist und wie man ihn erlangt. In den einzelnen Volksgruppen gibt es auch verschiedene Ansichten darüber, ein römischer Legionär wird eine anderen Meinung über Ruhm vertreten als ein römischer Kyniker.
Es ist für mich typisch, dass ich viele Fragen stelle. Oft versuchen Menschen etwas zu erklären was ich nicht verstehe. Daraus ergeben sich immer mehr und immer mehr Fragen. Aber letztlich sind eindeutige Antwort selten!“
Ich zog leicht die Schultern hoch, als wolle ich sagen: So bin ich eben!
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"Eindeutige Antworten sind selten, das stimmt. Jemand hat mir einmal gesagt: Sobald jemand versucht, seine Gedanken auszusprechen, fängt er sich an, zu irren!
Aber ich glaube auch nicht, dass ich Ruhm will. Ich will nur ein paar Sachen... zum Beispiel Freiheit. Und Respekt." Sie machte eine Pause, um zu überlegen. "Vielleicht ist es ja Ruhm, wenn man frei und ungebunden ist und vor allem respektiert wird." -
"Frei ist man doch nur, wenn man sich nicht um die Adiaphora kümmert!"
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"Also, in anderen Worten - man soll nie sittlich neutrale Dinge tun? Das verstehe ich nicht."
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„Kümmert man sich um die Dinge, die in der eigenen Macht stehen oder die man beeinflussen kann, ist man frei. Auf die Adiaphora haben die Menschen keinen Einfluss. Warum sollte man sich also um sie kümmern? Ist denn nicht der frei, der sich darum keine Sorgen machen muss, der der nur Dinge anstrebt die in seiner Macht liegen? Zwang ist schlimm, aber es gibt keinen Zwang unter Zwang zu leben!“
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"Das weiß ich. Man muss nichts tun außer sterben.", meinte sie düster.
"Aber was wäre die Alternative zu Zwang? Der Freitod. Oder die Flucht. Ersteres ist wohl keine ernsthafte Alternative. Zweiteres ist mit einem unheimlichen Risiko verbunden."
Gleichzeitig hatte sie einen neuen Gedanken. "Ruhm ist, wenn man alles richtig macht, was in der Macht eines jeden einzelnen steht, und dafür Anerkennung bekommt. Aber diese Annahme bringt uns zur Frage: Was ist richtig?" -
„Aber warum sollte jemand, der sich nur um die Dinge kümmert, die auch in seiner Macht stehen, um Ruhm kümmern. Und warum sollte er sich mit Dingen wie richtig und falsch auseinandersetzten?“
Ich senkte den Kopf ein wenig und grinste. Dann sah ich Aintzane wieder an.
„Solche Gespräche führe ich oft! Fragen ragen über Fragen, statt Antworten nur noch mehr Fragen und immer mehr Möglicherweise oder Vielleicht. Bestimmt bin ich deshalb Christ geworden, weil ich mir dort solche Fragen nicht mehr stelle.“
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"Hat das Christentum die Antworten auf alle Fragen parat?", fragte sie interessiert.
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"Nein, das nicht, aber es sind auch andere Fragen die man sich stellt. Alles was wichtig ist, ist sich zu fragen, was Gott gefällt und entsprechend zu handeln. Falls es dort Unsicherheit gibt, sollte man auf die Worte des Gekreuzigten zurückgreifen."
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"Gekreuzigt? Bei den Göttern, ist euer Gott ein Krimineller? Und welche Worte? Gibt es da ein Buch, wo man die nachlesen kann?"
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„Nachlesen wie in einer Anabasis z.B. nicht. Es ist nichts öffentlich. Unser Gott ließ seinen Sohn durch eine Frau gebären, ähnlich wie bei Romulus. Dieser Sohn verkündete den Willen Gottes. Es gibt Schriften, in denen der Lebensweg dieses Christos aufgezeichnet ist und einige Briefe seiner Anhänger. Dort würde ich nach Antworten suchen.
Wenn du mich fragst, war er kein Verbrecher. Es kann ja kein Verbrechen sein zu sagen, liebt eure Feinde, gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist. Sein einziges Verbrechen bestand darin zu sagen, das er der König der Juden sei. Deshalb schlug man ihn an ein Kreuz.“ -
"Wieso denn nicht? Wenn ein Gott Dinge verkündet, muss das öffentlich sein. Obwohl man den Göttern natürlich nichts vorschreiben kann. Aber kann man aus Briefen und Biographien Antworten erkennen?
Nun, es ist wohl ein Widerspruch. Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist? Nun, dem Kaiser gehört Judäa. Und wenn jemand darauf Anspruch erhebt, muss er mit den Konsequenzen rechnen." -
"Moment, Moment. Er sagte nicht, dass er der König von Judäa sei, sondern der König der Juden. Er ist nicht der König des Landes, sondern der Seelen. Oder gehören dem Kaiser denn auch die Menschen und deren Seelen? Jeder soll das bekommen was ihm gehört, der Kaiser kann das Land haben, aber die Seelen sind Gottes.
Wenn in einer Biographie Antworten auf Fragen stehen, die er selbst gegeben hat, dann ja.“
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Aintzane senkte den Kopf. "Der Kaiser... ihm gehört sowieso alles, warum nicht auch die Seelen. Nimm mich, zum Beispiel. Ich gehöre jemanden, so wie jemanden ein Stuhl oder eine Goldkette gehört."
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Die Goldkette und der Stuhl scheinen nicht alles zu sein was jemandem gehört.
„Und wem gehört deine Seele?“
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