Auf den Straßen von Mogontiacum

  • Es war schon später Nachmittag als Lucius vom Markt kommend durch die Strassen der Stadt marschierte. Wie so oft hatte er seine Ausrüstung dabei, denn er hatte nur kurz ein paar Kleinigkeiten gekauft bevor er nun zur Villa Rustica Albia weiterreiten wollte. Den Gescheckten führte er am Zügel. Die Luft roch heute rauchig, es war recht kalt und viele der Bewohner hatten mehr Holz auf ihre Feuer gelegt als an anderen Tagen. Der Himmel war eine einzige weisse Masse, hinter der die Sonne nur dadurch zu erkennen war, dass sie einen Teil des scheinbar unendlichen Weiß heller erscheinen ließ.
    Als der Duplicarius an einer Seitengasse vorbeiging wurde er auf eine Gruppe von Männern aufmerksam, die im Kreis um einen anderen herumstanden. Einer der Beistehenden redete auf ihn ein. Sein Gegenüber, ein offensichtlich älterer Mann mit weissem Haar, stand an die Wand gedrückt da und atmete offenbar recht schnell. Lucius wurde mißtrauisch, besonders als er bemerkte, dass die meisten der Männer Messer oder andere kleine Waffen in den Händen hielten, die sie ungeschickt unter ihren abgerissenen Mänteln zu verbergen versuchten.
    Lucius band den Gescheckten kurzerhand fest und begab sich in die Gasse, wobei er versuchte, recht leise zu sein. Trotzdem wurde er natürlich bald bemerkt. Der Mann, der auf den Greis eingeredet hatte, drehte sich zu ihm um und kam seinerseits ein paar Schritte auf den Duplicarius zu. "Sei gegrüßt Soldat!" begann er in vermeintlich freundlichem Ton, in dem jedoch eindeutig Ungeduld mitschwang. "Meine Freunde und ich verhandeln über einen Hauskauf. Ich bitte dich, uns nicht zu stören. "
    Lucius entging nicht, dass die anderen Männer nervös wurden, ein paar nästeltn an ihrer Kleidung oder traten von einem Fuß auf den anderen. Er wandte sich an den Sprecher. "Sechs Männer kaufen ein Haus von einem alten Mann? Oder seid ihr alle Teilhaber und er will es erstehen?" Er wartete garnicht auf eine Antwort sondern blickte zu dem Alten, der sich immernoch gegen die Wand drückte. "Stimmt was er sagt?" Der Angesprochne antwortete nicht sofort sondern blickte stumm zwischen Lucius und dem anderen Sprecher hin und her. Dieser redete wieder auf Lucius ein. "Es ist alles in Ordnung, Tullius ist nur etwas müde..." sagte er. Der Duplicarius sah ihn forschend an. "Wenn der Mann müde ist werde ich ihn zur nächsten Taverne begleiten und dafür sorgen, dass er etwas Warmes zu trinken bekommt. Mit warmen Gliedern schläft es sich besser..." antwortete er schließlich. Sein Gegenüber schüttelte den Kopf. Lucius sah, dass die Hand des Mannes unter seinem Gewand zum Gürtel wanderte. "Erst müssen wir das Geschäft abschliessen..." sagte der Mann. Der drohende Unterton in seiner Stimme war unüberhörbar. Lucius trat einen Schritt zurück und zog seinen Gladius. "Gut, bringen wir dieses Geschäft zu einem Ende!" Einen Moment lang dachte er, er hätte vielleicht doch einen Fehler gemacht, doch dann kamen auf ein Zeichen hin zwei der Männer mit gezogenen Waffen auf ihn zu. Sie trugen lange Messer. Ein kurzer Blick über die Schulter sagte Lucius, dass er allein war. Also dann... dachte er. Ihr Götter, schaut auf mich herab... Dann trat er den Straßenräubern entgegen.


    Sim-Off:

    Wer mitmachen will sei herzlich eingeladen! ;)

  • Lucius wich dem ersten etwas unbeholfen kommenden Angriff eines der beiden Männer aus und rammte ihm den Griff des Gladius in den Bauch. Wie zum Teufel kamen diese Taugenichtse eigentlich auf die Idee, dass sie einfach so einen Soldaten überwältigen könnten?! Der zweite vollführte eine Attacke, die militärische Ausbildung erahnen ließ, landete nach einem gut platzierten Tritt in die Weichteile aber wie sein Kumpan auf dem unebenen Pflaster der Gasse. Die verbliebenen Schurken starrten ihn wütend an, die Fäuste geballt, hatten aber keine Lust, ihn ebenfalls anzugreifen. Nur ihr Anführer stieß einen wütenden Fluch aus und warf sein Messer nach dem Duplicarius, der jedoch rasch auswich. Die Klinge zischte knapp an seiner Schulter vorbei und traf einen der Räuber, der hinter Lucius wieder auf die Beine gekommen war, in den Hals. Er taumelte Blut spuckend von den anderen weg und fiel unweit des Eingangs der Gasse zu Boden, was die Aufmerksamkeit einiger Frauen erregte, die daraufhin schreiend davonliefen...

  • Die anderen Straßenräuber erinnerten sich an eine gesündere Umgebung irgendwo in der Stadt und suchten mit weit ausholenden Schritten das Weite. Ihr Anführer schnappte sich den alten Tullius und stieß ihn in Richtung des sich nähernden Lucius auf die Straße. Dann nahm auch er die Beine in die Hand. Lucius vergewisserte sich, dass mit dem Mann alles in Ordnung war, bat ihn, kurz auf den Gescheckten zu achten und nahm die Verfolgung auf...



  • Naha
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    Sie war nicht die Größte. Sie war auch nicht die Stärkste. Sie war ebenfalls nicht die Älteste.
    Aber sie war die lauteste.
    Naha, Tochter des Lando, hatte ein souveränes Gespür dafür, wie man sich bemerkbar machte. Und dafür sorgte, dass andere taten was man wollte. Das hatte sie von ihrer Mutter abgeschaut, die die Casa Duccia mit natürlicher Bestimmtheit regierte. Im Tagesgeschäft des Regierens war es natürlich nicht möglich, dauernd ein Auge auf den eigenen Spross zu haben, besonders jetzt, wo Landulf da war.
    Naha fand Landulf im gleichen Maße faszinierend wie blöd. Er war der Sohn ihres toten Vaters, den Naha immernoch brennend vermisste, gleichzeitig mit seiner Existenz aber der kindlichen Logik in Naha widersprach. Das kleine Balg raffte alles an Aufmerksamkeit an sich, was es bekommen konnte. Und Nahas bescheidener Meinung zu einem großen Teil ihr zustand. Aber: Landulf war ein Sohn. Und damit irgendwas wie ein Stammhalter. Wobei Naha nicht verstand, warum Männer Stämme halten mussten. Wahrscheinlich, wenn Bäume nicht selbst stehen konnten. Wer wusste das schon? Das, was Naha schon sehr früh von ihrer Mutter gelernt hatte hatte, war, dass Männer generell sehr seltsame Sachen taten, die kein Mensch verstand.


    Heute zum Beispiel. Iring, jüngster Sohn des Iring und kleiner Bruder von Nahas kindlicher Flamme Sönke, seines Zeichens Anführer einer zwanzigköpfigen Bande von Kindern aus dem südlichen Vicus, hatte heute zum Krieg gegen die Legion gerufen. Nicht gegen irgendeine Legion, nein, gegen die zweite Legion. In Form der Kinder aus dem Castellcanabae, Bastarde und legitime Nachkommen der Legionssoldaten, die es mal wieder gewagt hatten ihre Grenzen zu überschreiten.
    Naha war in der seltenen Lage, mit ihren kaum vier Lenzen dieses Spektakel zu beobachten. Zuhause hatte man wieder wichtigen Besuch, deshalb war Naha in die Obhut von Lanthilda gegeben worden, die ihrerseits den Besuch zu bedienen hatte, und demnach die kleine Naha an ihren gerade zehnjährigen Bruder Iring gegeben hatte. Und der hatte nicht vor, sich seinen Krieg von einem kleinen Mädchen madig machen zu lassen.


    Zwei Stunden später flogen Steine und Kugeln aus gepresstem Schlamm (einzigartige Rhenusuferqualität) über den Kopf der kleinen Duccia, die mit einem schrillen Lachen in Deckung ging. Straßenkampf war angesagt als die beiden Trupps aufeinander trafen und sich nicht lange mit Wortgefechten aufhielten. Weinend ging gerade Boreus, sechsjähriger Sohn eines Schreiners, nieder als er von einer Schlammkugel am Hals getroffen wurde während der in einer Ecke Deckung nehmende Iring wütend das Feuer erwiderte. Von drüben hörte man Flüche in vulgärstem Latein und wenige Brocken des hiesigen Dialekts, von der Straßenseite der Truppe Irings wurde derbe in der Sprache der Urbevölkerung zurückgeflucht.
    Ein Stein prallte von einer Hausmauer ab und knallte auf Nahas Kopf, die sich erst den Schädel rieb und dann mit Tränen auf den Augen einen sehr unkindlichen Fluch zurückschleuderte.
    "GIB MIR DAS.", war der unmissverständliche Befehl an einen neben ihr hockenden Jungen, der zu verdattert um sauer zu reagieren den Stein rüberreichte. Nahas Wurf ging natürlich fehl, wie ein solcher Wurf nur fehl gehen konnte. Er reichte nicht einmal über die Hälfte der Straße. Aber Naha hatte sich aktiv mit in den Krieg eingemischt, was eine vollkommen neue Erfahrung für das junge Wicht darstellte. Sie fühlte sich auf einmal wie Tante Eila, die auch schon einhundert Männer erschlagen hatte. Das machte Spaß!


    "ATTACKEEEEEEEEE!!!!!", brüllte Naha mit schrillen Kreischen, packte sich den nächstbesten Stein und stürmte in die Straße hinaus, zwanzig verdutzte Kinder hinter sich und noch verdutztere fünfzehn vor sich.

  • Naha
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    Es folgte eine Niederlage, die markerschütternder nicht sein konnte.
    Von Nahas Sturm in die feindlichen Barrikaden erschreckt, folgte der Großteil von Irings Truppe ohne wirklich nachzudenken, wer wollte sich von einer nicht einmal Vierjährigen schon vorführen lassen? Es folgte also ein Sturmangriff auf die gut gesicherten Stellungen der zweiten Legion, die aufgrund der überraschenden Attacke einer kaum drei Fuß großen Zwergin für einige Sekunden verblüfft das Feuer einzustellen.
    Um dann mit noch größerer Energie das Feuer wieder aufzunehmen. Die Kinder aus Irings Bande, die nicht noch im Sturm von den fliegenden Steinen und Matschklumpen aufgehalten wurden, stürmten zwar mit furioser Energie auf die provisorischen Barrikaden und Deckungen, doch der folgende Kampf war kurz und schmerzvoll. Die Kinder der Soldaten zeigten keine Gnade bei der Bekämpfung der Einheimischen, mit Matschverkrusteten Fingernägeln, nurnoch teilweise vorhandenen Milchzähnen und winzigen Fäusten und Füßen wurde gekämpft und gerangelt, an den Haaren gezogen und getreten, bis die Legionskinder sich zurückzogen um von weiter hinten das Feuer wieder aufzunehmen. Naha in ihrer noch nicht so wirklich ausgeprägten Größe wurde in dem ganzen Getümmel eher übersehen als ignoriert, ihre Schläge und Tritte waren selbst für die kaum größeren Kinder kaum Mückenstiche. Mal hier mal dort wurde zugetreten und geschlagen, aber ausrichten konnte sie nicht wirklich etwas. Als sie sich an ihr nunmehr sechstes Opfer rangepirscht hatte, um es mit mitten im Kampf mit einem anderen Gegner zu traktieren drehte sich dieses erschreckt um, es war ein etwa neunjähriges Mädchen mit dunklen Haaren und schiefer Nase; der Schreckensmoment dauerte nur den Ansatz einer Sekunde, dann holte die Italikern aus und schlug mit flacher Hand einfach zu.
    Der Aufschlag der Hand auf Nahas kindlicher Wange war markerschütternd: erst sah die Kleine nur noch eine riesige Hand, dann Sterne, dann den Erdboden und schließlich war da nurnoch Schmerz. Die Tränen kamen schließlich von ganz alleine. Dann war auf einmal die Nase zu, und schließlich bebten die Lungen und drückten mit einer Urgewalt, die normalerweise nur Vulkanen inne war, ein Mädchenheulen der Stufe 5 an die Oberfläche. Nahas Gebrüll erfüllte binnen einer Sekunde die Gasse und übertönte selbst den lautesten Schlachtenlärm. Flüche, Drohungen, Verwünschungen, Beleidigungen, Beschwerden: in der alles verschlingenden Wand aus Nahas Geheule verschwand alles zur Lautlosigkeit. Das laute Gebrüll machte selbst die Handwerker hellhörig, die einige Ecken weiter ihr Tagewerk verrichteten und das Tun und Lassen der Kinder bisher geflissentlich ignoriert hatten, und das Erscheinen weiterer Erwachsener verpasste der kindlichen Schlacht ein Element, mit dem keiner sich anlegen wollte: große Leute bedeuteten normalerweise großen Ärger.


    Binnen einer Sekunde zerstob die Wolke an kampfeslustigen Kindern zu einem Tröpfchenregen flüchtender Kinder mit blutigen Nasen, und nur die am Boden hockende Naha blieb mit blutiger Lippe und geschwollener Backe übrig, immernoch aus ganzem Herzen heulend.


    Sim-Off:

    Wer sich erbarmen möchte, sich der Kleinen anzunehmen ist herzlich eingeladen das zu tun.. :)

  • Eigentlich war Eila auf dem Weg zurück in ihre Buchhandlung, für welche sie gerade auf dem Markt neue Tinte gekauft hatte. Völlig in Gedanken über die nächsten Anschaffungen versunken, riss ein markerschütterndes Geräusch sie innehalten. Ein Weinen, das sie auf Kilometer Entfernung erkannt hätte und welches sie auch jetzt, sicher 20 m entfernt, erkannte.


    Das konnte doch nicht... oder doch? Sie drehte sich um, blickte in die Richtung aus der das Weinen kam, konnte aber nichts erkennen und ging daher einige Schritte in eben jene. Und es dauerte auch nicht lange, als sie überrascht die feuerroten Haare erkannte, die sie so schmerzlich an ihren Bruder erinnerten. Augenblicklich beschleunigte sie ihre Schritte, bis sie Momente später vor ihrer Nichte in die Knie ging.


    Genauestens musterte sie die Kleine, nahm ihr Gesicht in die Hand, registrierte die aufgeplatzte Wunde und die rote Wange aber konnte darüber hinaus keine Verletzungen ausmachen. "Naha!", meinte sie dann ernst und besorgt. "Was machst du denn hier??", kam direkt im Anschluss die Frage, während derer sie das kleine Mädchen jedoch bereits unter die Arme packte und an sich zog.

  • Naha
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    Es war eine Szene von fast epischer Präsenz: Naha hockte, in all ihren Helden- und Herrschaftsträumen erschüttert, am Boden und heulte Rotz und Wasser als aus dem Tränenschleier eine große wie strahlend blonde Person auf sie zugetreten kam. Unter der ganzen Schicht an Salzwasser konnte die kleine nicht erkennen wer es denn eigentlich war, und so heulte sie erst einmal unvermittelt weiter, das war immer die beste Taktik wenn man nicht wusste, was man als nächstes tun sollte. Dann spürte sie weiche Hände auf den Wangen, und etwas verschnupft hielt die Tochter Landos erst einmal mit dem Jammern inne um herauszufiltern, wer sich da eigentlich um sie kümmerte. Dann wurde sie auf einmal hochgehoben und dann war da nurnoch glückselige Wärme und blondes lockiges Haar.


    "Eila!", realisierte Naha, und die Erkenntnis trieb sie zu einem neuerlichen Heulkrampf. Welch Schande! Welch blamable Szene! Wie peinlich! Die Heldin ihrer Kindheit, die in Nahas Vorstellung mit ihrem jeden Tag ein wenig glorifizierteren Vater Schulter an Schulter durch wahre Heerscharen an Feinden schritt, mit jedem Schlag mindestens fünf niedermachend, sie war jetzt die Zeugin von Nahas Schmach geworden. Noch viel schlimmer! Sie musste Naha trösten!
    Wenn das kein Grund zum heulen war, dann gab es wirklich keinen anderen. Naha grub ihr Gesicht in die Schulter ihrer Tante und wimmerte aus vollem Herzen, erfasst von einer Scham, die nur Kinder empfinden konnten denen man den Kopf mit Geschichten von heldenhaften Vätern und blutrünstigen Tanten vollgepropft hatte.


    "I... i... i...", schnupfte sie und zog geräuschvoll die laufende Nase hoch, "..ik wolld so sein wie duuuuuuuuhuhuhuhhuhuuuuuuuuuuuuu.." Ein neuer Heulkrampf unterbrach den Erklärungsversuch, die Kleine traute sich garnicht den Kopf zu heben um der Heldin ihrer Kindheit in die Augen zu blicken. Was für eine Schande!
    "Iring... Iring hat Kieg erklät. Gen Mileskinner, sagt er... wollt auch kämpfn.. kämpfn wie du... aber tut so weeeeheheheheheeeheheheh..."
    Der Rest war Heulen.

  • Zitat

    weeeeheheheheheeeheheheh...


    Schon als ich die Via Borbetomagna entlang ging und auf der Höhe der Via Principalis war, hörte ich dieses seltsame Geräusch. Neugierig bog ich in die Via Principalis ein und versuchte, die Quelle dieses infernalischen Geheuls ausfindig zu machen. Da sah ich eine Frau, die ein Bündel in den Armen hielt. Als ich näher gekommen war, sah ich, dass es Duccia Flamma war.


    Ich ging zu ihr hin, "Salve Duccia Flamma", dann aber bemerkte ich, dass es das Bündel in ihren Armen war, welches, nur unterbrochen durch gelegentliches Luftholen, der Ausgangspunkt des Geheuls war. Und dann sah ich, dass das Bündel einen mir bekannten roten Haarschopf hatte: Naha!


    "Was ist Naha passiert? Bei allen Göttern, warum heult sie, dass die Eichhörnchen von den Bäumen fallen?"

  • Oh wie er diese Abende hasste.


    Das Blut rauschte in seinen Ohren so laut, dass er nicht einmal mehr den Regen hörte der eiskalt auf ihn niederprasselte, weil es zu spät für Herbstregen und noch zu früh für Schnee war, der diesen verdammten Landstrich im Winter heimsuchte. Sein Kopf schmerzte von dem Fall gegen die Mauer, und seine Nase fühlte sich an wie eine glühende Kohle die ihm jemand mitten ins Gesicht gesetzt hatte.
    Als seine Finger sich zitternd an seinem Kinn nach oben arbeiteten spürte er, dass seine Unterlippe geplatzt war. Allerdings wohl nicht vom letzten Schlag, welcher ihn in die sprichwörtlichen Bretter und auf die wortwörtlichen Steine geschickt hatte, sondern von einem der davor. Die Feuchtigkeit unter seiner Nase war ein wenig zu warm für den Regen, allerdings war er sich da nicht so sicher... in der Dunkelheit der kaum länger dauernden Abends konnte er nicht ausmachen was man ihm erneut aus dem Gesicht geprügelt hatte. Gebrochen war die Nase wohl nicht, bei den Göttern, allerdings würde sie ihm sicher noch einige Tage weh tun. Wäre da nicht das billige Bier aus dieser noch billigeren Taberna, würde es ihm wahrscheinlich jetzt schon die Hölle bereiten.


    "Hascht.. do jetsch jenoch??", stöhnte Silanus, als er sich das nasse Haar aus den Augen strich und unbeholfen versuchte sich an der dreckigen Mauer hochzuziehen um seinem klar überlegenen Kontrahenten ein weiteres Mal entgegenzutreten.

  • "Nöpp.", wischte Sönke sich das Blut von der Faust, was gar nicht so einfach war wenn man es zeitweise mit zwei Fäusten zu tun hatte, und sich partout keine von beiden greifen lassen wollte. Naja, der Regen tat eigentlich die Arbeit, denn der bombardierte gleich das ganze Areal und gab sich nicht mit der Suche nach flüchtigen Fäusten ab. Er hatte gewonnen.. mal wieder. Das wurde so langsam zur Angewohnheit, aber irgendwie konnte er sich nicht darüber freuen. Seit einiger Zeit hatte er damit begonnen seinen Groll gegen sich selbst im Suff zu ertränken, und wenn dieser daraus wieder auftauchte, ließ er ihn einfach an anderen aus. Das war die bequemste Variante.


    Am Anfang war er noch oft genug selbst geschlagen und gezeichnet nach Hause gekrochen, aber auch wenn er kaum eine der Keilereien nüchtern erlebt hatte so hatte er doch stetig hinzugelernt. Nun war er noch nicht zu einem absoluten Könner des Faustkampfs geworden, und gewissen Leuten ging er immernoch aus dem Weg... aber für den kleinen schwachen Schreiber vor ihm hatte es bisher immer gereicht.


    "Na, do Baschdard...", versuchte er sich mit seiner ziemlich schwer gewordenen Zunge zu artikulieren, "..stescht schon wieder uff? Bleib... bleeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeib liegön. Datttttt erschbaard dir meh Äger."
    Um seine Aussage zu unterstreichen machte er einen weiteren unbeholfenen Schritt nach vorne um dem Spurius noch einen Schlag auf die Brust zu verpassen, aber selbst die verdammte Schreiberbrust schien geschrumpft zu sein, denn der Schlag ging glatt an ihr vorbei und knallte in die Mauer neben dem Mann.


    "Autschn...", kam es dabei wenig intelligent über Sönkes Lippen als der Schmerz erst seinen Arm und dann den Rest von ihm durchzuckte, "...dasch dad weh."

  • Wer jagte bei diesem Wetter einen Hund vor die Tür? Keiner wäre die richtige Antwort. Was trieb ein junges Mädchen vor die Tür ? Ahnungsloses Schulterzucken des Lesers. Der Besuch in der Taverne? Ein kategorisches Nein. Doch, ein bekräftigendes Nicken.


    Einen Krug in der Hand, lief sie an der Hauswand entlang. Die Straße war aufgeweicht, matschig und schmierig durch den Regen. Es war kalt, der warme Atem produzierte kleine Wölkchen feinen Dunstes. Alwina zog ihren Wollmantel tiefer ins Gesicht. Sie hatte ihn über den Kopf gelegt. Die Haare sollten nicht durch das Wetter leiden. Frisch geflochten am Hinterkopf zu einem Knoten gedreht und mit einem Kamm festgesteckt.


    Der Regen prasselte unaufhörlich herab. Die Straßen waren um die Zeit leer. Nicht mal das Gesindel ließ sich bei diesem Wetter blicken. Es gab sowie so nichts zu holen. Alwina, hatte keine Angst, die Taverne war gleich um die Ecke.


    Ein Schnaufen und Stöhnen, unverständliches Gemurmel, ließ sie anhalten. Vor ihr schemenhaft im halbdunkel, sah sie zwei Männer, die sich prügelten. Der eine prügelte den anderen, der an der Mauer lag und sich versucht aufzurichten, das traf es genauer. Sie presste den Krug an ihre Brust. Vorbei gehen? Dann wurden sie auf sie aufmerksam und ...Das gleiche , wenn sie die Seite wechselte. Ungesehen kam sie an den beiden nicht vorbei. Alwina drückte sich an die Hauswand und hoffte, dass das Wetter die Raufbolde bald davon abbrachte sich weiter zu prügeln und von der Straße vertrieb.

  • Selbst wenn Silanus gesehen hätte, dass Sönke mal wieder zum Schlag ansetzte, hätte der Alkohol augenblicklich verhindert, dass er auch nur in die Nähe einer adäquat schnellen Reaktion gekommen wäre. So allerdings blieb sein Gesicht an Ort und Stelle, was ihm wohl einigen Ärger erspart hätte, denn beinahe in Zeitlupe bewegte sich die Faust des Germanen an seinem Kopf vorbei und krachte in die Wand. Hatte er da etwas knirschen hören? Bei den Göttern, er HOFFTE dass er da etwas knirschen gehört hatte, nur damit dieser Idiot etwas mehr von seinem Suff überbehielt als einen Kater.


    "Hah!", schlich sich ein Kichern über seine Lippen, das sich alsbald in ein Röcheln und dann in ein Husten verwandelte. Mit seinem Handrücken strich er sich Schnott und Blut aus dem Gesicht, und wer weiß was ihn dazu trieb, dieser kleine Moment des Erfolgs brachte ihn dazu, den tumben Germanen noch ein wenig mehr zu reizen: "Do schaaaauscht duh. Hättescht du meh drau alsch dasch, wäscht duh nun inn där Leschion!!"
    Mit einem Lachen lehnte er sich an die Wand, und beobachtete mit großem Vergnügen wie der Germane sich wandte, dann fiel ihm jedoch in den Augenwinkeln eine Bewegung auf. Noch mehr Ärger, oder gar die Schergen der Curia. Da Sönke gerade mit sich selbst beschäftigt war sah Silanus noch einmal genauer hin, und erkannte im Dunkel der Nacht schließlich die Formen einer Frau, was ihn dann doch stutzig machte. Eine Frau, mitten in der Nacht alleine auf den Straßen? Ohne Begleitung oder gleich in einer Gruppe? In der Nähe einer Taberna, dem Unruheort Nummero Uno in einer Stadt?
    Konnte nur eine Lupa sein.. und die genossen per se seine Sympathie, nicht nur weil einige von ihnen wirklich nett anzuschauen und noch viel netter anzufassen waren (was für einen Bastard oft die einzige Möglichkeit war überhaupt in den Genuss weiblicher Wärme zu kommen), sondern weil ihr gesellschaftlicher Status in etwa dem seinen entsprach. Und weil die meisten Spurii eben Söhne von Lupae waren.. wobei seine Mutter keine gewesen war. Glaubte er zumindest. Vielleicht eine Hetäre, aber keine Lupa. Solche Gedanken schob er stets zur Seite, er ging mit seiner Herkunft sowieso oft genug schon hart ins Gericht, da musste das fröhliche posthume Mutter-Bashing nicht auch noch sein. Oder nicht allzu oft.


    "Mädchen...", nuschelte Sönke daher, "..du scholltescht schuschauen, dasch duh heimm scho deinem Lenone kommsch. Hiä gibt es für disch scheut keein Scheld scho verdienen."
    Nicht, dass er nach dem Ende der Balgerei nicht Lust gehabt hätte.. andererseits machte er sich keine Illussionen über seine Finanzen (Lupae waren an gewisse Sympathien gewohnt, und gaben daher auch so kleinen Würmern wie ihm keinen Armutsrabatt). Und je nachdem wie Sönke heute noch so drauf war, würde er das Geld morgen wahrscheinlich besser bei einem Medicus lassen als heute Nacht bei einer Lupa.

  • Die zwei Raufbolde waren Sturz betrunken. Alwina hielt ihren Krug fester, wickelte sich mehr in ihren Umhang. Die Bewegung hatte sie verraten. Geld verdienen? Er dachte sie sei eines von den Mädchen die sich an Männer verkauften. Das war eine Unterstellung die ihr gewaltig missfiel. Anstatt zu gehen, näherte sich Alwina den Raufbolden. Ungeachtet des Regens und des Modders blieb sie neben dem der ihr zugerufen hatte stehen. „ Du kennst nur solche Mädchen? Da bist du bei mir an die Falsche geraten.“ Sie sah ihn mit ernster Mine an. Eine Ohrfeige hätte er verdient. „Schämt euch ihr Nichtsnutze. Wie ihr ausseht. Geht nach Hause. Macht euren Müttern und Frauen nur Ärger. Eure Väter müssen ja stolz auf euch sein.“ schimpfte sie und besah sich das Gesicht des Iunius. Das Geräusch reißenden Stoffes. Sie hielt mit festem Griff sein Kinn und wischte es, nicht gerade zartfühlend, sauber. Es war nichts großes, Schwellungen und eine blutige Nase. Sie wusch das Tuch aus. Von den Dächern lief der Regen in kleinen Bächen herunter „ Gib deine Hand her.“ ranzte sie den anderen an, duldete keine Widerrede. Die Knöchel waren von der Wand aufgerissen. Nichts gebrochen. „ Geht nach Hause.“ Sagte sie bestimmt.

  • Da der Schmerz über die hoffentlich nicht gebrochene Faust (die Sönke noch brauchte) auch in seinen Ohren schrie, bekam Sönke zum Glück für den frechen Bastard nicht mit, was dieser über seine Legionsaffäre sagte. Stattdessen lehnte er einfach nur an der nassen Wand und rieb sich mit zusammengebissene Zähnen die Hand, zögerlich versuchend sie zu öffnen und immer wieder nach Blitzeinschlägen des Schmerzes wieder zusammen zu ziehen.


    Er folgte den Worten des Iunius und blieb auf der schemenhaften Gestalt hängen, die sich im Dunkel zwar als Frau identifizieren ließ, jedoch nicht wer das da sein konnte. Wahrscheinlich lag Silanus gar nicht mal so falsch, und unwillkürlich griff Sönke sich an den Gürtel um zu schauen wie seine monetäre Leistungskraft im Moment aussah. Es war der Alkohol, der ihn vergessen ließ, dass seine Schlaghand gleichzeitig die war mit der er den meisten anderen Kram erledigte... die Quittung bestand in einer weiteren, jedoch hoffnungsvoll schwächeren Welle von Schmerz, die ihn weiter an der Wand zusammensacken ließ.


    "Na, ischt dasch net süß...", kalauerte er, als er sah wie rührend mütterlich sich das Mädchen um Silanus kümmerte, "...da ham sich aba zwee gefundn... die Lupa un' der Baschtard. Wenn dasch ma net pascht, solln die Feldgaschter mi fressn..."

  • Wie, an die falsche? War sie jetzt keine Lupa, oder einfach zu teuer für ihn?
    Der Alkohol in seiner Zentralmembran machte es außerordentlich schwer, die Worte der jungen Frau in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen, aber es wollte ihm nicht gelingen.. die Moralpredigt war an einem solchen Ort zu einer solchen Zeit eher abstrakt, denn wer sich zu eben jenen Umständen hier einfand hatte sicherlich anderes im Kopf als Mütter die sich einer schämten... oder Väter. Der Stich saß, auch wenn Silanus sich kaum vorstellen konnte, dass die Frau mit Absicht auf ihm herumtrampelte, es tat einfach weh, weil Silanus sich jedes Mal bei einer dieser nächtlichen Zechtouren innerlich wünschte einen Vater zu haben. Egal ob der einen grün oder blau prügelte weil man das spärliche Erbe versoff oder einen schlechten Eindruck auf etwaige Heiratskandidatinnen machte, hauptsache Vater.


    In eben diese Bresche schlug Sönke, als er begann sich über die Frau und ihn lustig zu machen, und Silanus wusste nicht einmal genau warum es ihn so anging, jedoch konnte er sich einen Moment später selbst dabei beobachten wie er die Hand der Frau zur Seite schob und sich mit einem Schrei auf Sönke warf... bereit mit dem wenigen zuzuschlagen, was ein einfacher Schreiber an Körperkraft zu bieten hatte.

  • Die größte Freude war auch in antiken Zeiten immernoch die Schadenfreude, und so amüsierte Sönke sich prächtig über seinen Witz auf Kosten der beiden Ausgestoßenen, bot dies doch eine gute Möglichkeit von den Schmerzen in seiner Hand und dem beschissenen Wetter abzusehen. Je düsterer das Leben anderer, umso heller leuchtet selbst der armseligste kleine Stern, und Sönke war mehr als nur dankbar dafür, dass er der eigenen Düsternis nicht nur mit Wein und Bier mehr Farbe verleihen, sondern sie neben die Finsternis anderer Universen stellen konnte.
    Mitten in seinen Moment der selbstgewonnenen Glückseligkeit krachte jedoch der Iunius, erwischte ihn freilich auf dem vollkommen falschen Fuß und hatte daher keine Mühe Sönke von den Füßen zu reißen. Der Schlamm und Unrat der Gasse nahm sie nur allzu gerne auf, und der Alkohol in seinem Blut sowie die Überraschung führten dazu, dass Sönke sich ein paar Schläge einfing bevor er überhaupt daran dachte sich zu wehren. Was ziemlich schwierig war, immerhin lag er unten und der Iunius drosch wie ein Berserker auf ihn ein, für einen Schreiber sogar ziemlich kräftig. Bald war auch sein Gesicht nicht mehr frei von Laesionen, und je schmerzhafter der Ausbruch des Schreibers für ihn selbst wurde, so verzweifelter wurden auch seine eigenen Versuche dem Einhalt zu gebieten.
    Den einen Arm angewinkelt um zumindest einen Teil der Schläge von seinem Gesicht fernzuhalten versuchte er mit dem anderen, irgendwie einen Griff an den Kragen des Gegners zu bekommen, jedoch machte ihm das Wirbeln seines Kontrahenten da einen Strich durch die Rechnung. Aufgeben konnte er allerdings auch nicht, die Schande gegen einen Schreiber im Zweikampf verloren zu haben wäre fast noch unerträglicher als das eigene Scheitern im Angesicht der Rekrutierung.

  • Wie gelähmt stand sie da. Der Schmächtige hatte sich auf den Schläger gestürzt und teilte Schlag um Schlag aus. Sollte das nie ein Ende finden? Sie lehnte an der Wand, die Regen prasselte immer noch herunter. Am Boden die zwei unverbesserlichen. Mit einem Knüppel dazwischen schlagen, das wäre das vernünftigste. Alwina bückte sich nach ihrem Krug, ohne die zwei aus dem Auge zu lassen, drückte sich wieder an die Wand. Einen Moment dachte sie daran hier zu bleiben und die Streithähne zu trennen. Besser sie ging und überließ die beiden ihrer sinnlosen Prügelei. An der Wand entlang schlüpfte sie an dem Knäuel vorbei. Der Krug blieb leer. Nichts zum aufwärmen. Sie wollte nur nach Hause. Ihr war kalt, die Nässe stieg in ihren Sachen hoch, sie fror.

  • Zu seiner eigenen Überraschung gelang es Silanus tatsächlich, den kräftigen Germanen umzureißen. Mehr aus irgendeinem Instinkt denn aus wirklicher Kampffähigkeit schlug er in der Folge mehrere Male zu, ohne darauf zu achten wo er eigentlich hinschlug. Der Germane versuchte sich zu wehren, und je vehementer er dies tat, desto härter schlug Silanus zu. Der Kerl durfte nicht wieder aufstehen, wenn er dies täte, war Silanus geliefert, das wusste er. Irgendwann fingen seine Hände an weh zu tun, von dem Gerangel, immer wenn er anstelle von Muskeln aus harten Knochen schlug.. und dann war die Frau aus einmal weg.
    Nicht, dass er das wirklich mitbekommen hätte, es war auch keine Bewegung in den Augenwinkeln.. mitten in dem Hagel an Schlägen, den er verzweifelt austeilte, fiel ihm auf einmal ein, dass da noch jemand war, was irgendwie seltsam war, denn mitten in einer Schlägerei an einen Passanten zu denken war dann doch irgendwie.. unangebracht.
    Wie dem auch sei, Silanus wandte sich, um zu schauen wo das Weib, Lupa oder Hetäre, oder was-auch-immer, abgeblieben war. Sie war nicht da... und was auch nicht mehr da war, war der Hagel an Schlägen, denn auf einmal hatte er eine auf Hochgeschwindigkeit beschleunigte Faust an seiner Schläfe, die ihm ziemlich effizient das Licht ausknipste, und ihn wie ein nasser Sack auf dem Germanen zusammenfallen ließ.

  • Wie hatte er das denn geschafft? Mitten in dem wütenden Hagel aus Schlägen, der ihm selbst das Gesicht blutig geprügelt hatte, fand seine eigene Faust anscheinend eine Lücke.. so wirklich mitbekommen hatte Sönke das nicht. Nur hatte es auf einmal geklappt, und der schmächtige Schreiber war auf ihm zusammengebrochen. Jetzt lagen sie, zugegebenermaßen recht unorthodox, miteinander im kalten Straßenmatsch, und spielten Liebespaar. Seine Arme taten weh, soviel hatte der Schreiber geschafft, und so brauchte Sönke auch gleich drei Anläufe um den leblosen Körper des Jungen von sich runterzuschieben, und sich selbst erstmal sitzend aufzurichten.. sie waren wieder alleine, die Lupa hatte ihren Liebling anscheinend alleine gelassen... soviel zum trauten Paar.


    Ächzend zog Sönke sich selbst an der Wand auf die Beine, tastete sein Gesicht ab, und fand schließlich eine Stelle die nicht so weh tat. Ansonsten hatte ihm der Schreiber wohl wirklich nur ein paar halbgare Blessuren verpasst, aber die taten eben auch weh... apropos Schreiber.
    Sönke blickte nach unten, der Schreiber lag immernoch mit dem Gesicht zur Seite im Matsch, ein wenig verdreht aber so wie er den Schatteninterpretierte noch an einem Stück. Auch wenn sich der Schlag so angefühlt hatte, er hatte ihm nicht den Kopf abgerissen.
    "Unn...watt ma ich nu mit di?", fragte Sönke den immernoch ohnmächtigen Schreiber, bekam allerdings keine Antwort. Als er dem Jungen die Hand an den Hals legen wollte, um zu checken ob der Schreiber nicht doch ein wenig toter war als nur ohnmächtig verlor er das im Moment sowieso arg in Mitleidenschaft gezogene Gleichgewicht, stürzte über seinen Kontrahenten und landete mit dem Gesicht im Matsch. Eine kurze Weile des Spuckens und Prustens folgte, und den nächsten Versuch der Lebenszeichenprüfung beging Sönke einfach im Liegen, neben Silanus. Nicht wenig erleichtert darüber, dass sich in den Adern des Schreibers doch noch etwas tat, raffte er sich schließlich auf, auch wenn die Müdigkeit ihn am Boden halten wollte. Sie würden erfrieren, soviel war klar, denn auch wenn noch kein Schnee lag, würde es im weiteren Verlauf der Nacht sicherlich frieren...


    "Gottvödammd... schisse...", fluchte Sönke, als er sich mit gequältem Keuchen wieder hochzog, und noch einmal lauter, als er erkannte, dass er den Schreiber nicht einfach hier liegenlassen konnte, "Wu bi Logi... wohnschn do? I ..off.. nett to wit wech.."
    Der erste Versuch, den Schreiber am Kragen zu packen ging gehörig fehl, denn Sönke landete wieder einmal mit dem Gesicht im Straßenmatsch. Oder dem, wovon er hoffte, dass es Matsch war. Beim zweiten Mal schafften sie es ganze dreissig Schritte weit, bis die dicke Tunika des Römers sich entschloss, das ganze nicht mehr mitzumachen.
    "Oh bi de.. Norne, ik bringi och een janze Hun dar, wenne de Jung no opwaschen laasst.", betete Sönke verzweifelt gen Himmel, jedoch kam keine Antwort, und der Schreiber blieb so ohnmächtig wie zuvor, "Blöde Shiete."
    Er wollte gar nicht wissen, wieviele Blessuren er sich und dem Schreiber zusätzlich noch beifügte, als er sich den schlaffen Körper einfach über die Schulter warf.. was genau sechs Versuche brauchte, und noch einmal vier um zu checken, wie man volltrunken mit einem anderen Kerl auf den Schultern mehr als zwei Schritte schaffte. Aber er schaffte es, irgendwann... allerdings hatte er keine Ahnung wo Silanus jetzt genau wohnte, aber er hatte eine leise Ahnung, schließlich wohnten die Leute mit dem wenigsten Geld, die keine Bauern waren, in der Nähe des Flusses. Nur diejenigen mit Geld konnten es sich leisten in der Oberstadt zu wohnen.. und für die anderen Vici war Silanus definitiv zu römisch. Also Hafen, wahrscheinlich...

  • Weil ohnmächtig, träumte Silanus nicht eine Sekunde lang. Keine nackten Weiber, keine Berge voll Gold, keine lebenden und vor allem kompletten Eltern, kein gar nichts. Als sich Licht bahn brach und er blinzelnd die Augen öffnete war er demnach ziemlich frustriert.. andererseits kaum angepisst darüber, über das seltsame Geruckel aus seinem Schlummer gerissen worden zu sein.
    Erst als die düstere Welt sich nach links neigte und gleichwohl wieder aufrichtete, roch Silanus dass irgendwas verdammt faul war. Und entfernte sie sich auch von ihm, ohne dass er dafür seine Beine bewegen musste. War er tot? Hatte der dämliche Suffbauer ihn tatsächlich umgebracht? Wenn dies die elysischen Felder waren, so hatten sie mit Felder weniger gemeinsam als mit einer dreckigen, düsteren Stadt. Moment... die Ecke da, auch wenn verkehrt herum, kannte er. Zwei Ecken weiter war ein Lupanar mit sogar halbwegs sauberen Weibern. Was machte das in den elysischen Feldern? Hatten auch Tote gewisse Bedürfnisse? Er konnte sich das kaum vorstellen.


    Als bei dem nächsten Weltknick sein Kopf gegen die Ecke eines hölzernen Aufbaus schlug, war es vorbei mit der elysischen Glückseligkeit. Sich den Kopf reibend, bemerkte er ein paar marschierender und nicht allzu zielsicherer Füße unter ihm, und darüber einen in Hose gepackten Arsch.
    "Do... dooo beschissneeer Baaarbaaar...", jammerte Silanus, als er sich seines seltsamen Status gewahr wurde, und versuchte sich von diesem zu lösen in dem er begann rumzuzappeln, "..lassch misch runner... schofoooort."

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