Ein abgelegener kleiner Park am Rande der Stadt...

  • Sie waren eine Weile zu Fuß unterwegs gewesen bis sie diesen entzückenden abgelenen Park am Rande der Stadt gefunden hatten. Und auf Anhieb wusste Albina, dass dies der Platz war, nach dem sie sich gesehnt hatte. Es kam ihr so vor als wäre es der einzige Ort in Rom, an dem es keine Menschen gab. Aber vermutlich fühlte sie sich in der Stadt nur so bedrängt, weil sie noch an die Freiheit auf dem Land gewohnt war, wo sie aufgewachsen war.


    Albina erblickte in einem hinteren Teil des Parks eine von Blumen umgebene Marmorbank, die vor der Sonne geschützt im Schatten lag. Sie schritt darauf zu und ließ sich von der Anstrengung erschöpft dort nieder. Wie für die Dauer des Weges ignorierte sie Verres auch jetzt. Es war kein einziges Wort zwischen ihnen gefallen. Und dennoch war sie sich seiner Anwesenheit die ganze Zeit über bedrückend bewusst.


    Nun sah sie ihn an...

  • Auf dem Weg hier her, zu diesem lauschigen Platz, hatte Verres sich zurückgehalten und war der jungen Frau wortlos gefolgt. Überhaupt hielt er sich sehr zurück und dann, nach dem sie einen Platz gefunden hatte, der ihr gefiel und sich setzte, blieb er in angemessenen Abstand stehen, schweigsam.


    Auch als er ihren Blick auf sich merkte, trat er nicht näher und sprach auch nichts. Im Gegenteil, er drehte sich etwas weg und schaute irgendwo hin.


    Er war nicht gewillt, sich noch unbeliebter zu machen. Das er nicht glücklich war, war sein Problem. Das er an Carmen dachte, ebenso. Und so wartete er ab.

  • Sie sah wie er ein Stück von ihr entfernt stehen blieb, ja , sich sogar von ihr abwandte. Es störte sie, aber sollte es das. Sie war es nicht gewohnt, dass irgendein männliches Wesen sich von ihr abwandte, dann doch erst recht kein Sklave. Oder doch gerade ein Sklave? Sie wusste einfach nicht, was sie denken sollte, und auch nicht, was sie nun tun sollte.


    Er hatte ihr gehorcht, hatte sie seiner Aufgabe entsprechend zu diesem Park begleitet, wo sie sich Ausruhen wollte. Doch war an Ausruhen gerade irgendwie nicht zu denken. Irgendetwas an ihm faszinierte sie.Etwas zog sie beinahe magisch zu ihm hin.


    "Verres", sprach sie ihn seinem Namen an, was ihr ein seltsames Gefühl entstehen ließ, "irgendwie ist mir diese Abgeschiedenheit doch ein wenig zu langweilig. Erzähl mir von dir, bist du als Sklave geboren oder versklavt worden? Wo kommst du her, und wie bist du in die Dienste meines Cousins gekommen?" fragte sie ihn in einem deutlich zu freundlichen Tonfall. Doch es war ihr seit Tagen ein Bedürfnis, mit irgendwem zu sprechen. Und auch wenn sie wusste, dass ein Sklave mit Garantie der falsche Ansprechpartner war, hatte sie einen Punkt erreicht, an dem sie garnicht mehr anders konnte.

  • Verres war nun wirklich vollkommen überrascht, als sie diese Fragen stellte.
    Und er sah sie an, ein wenig hilflos und zweifelnd.


    »Willst du das wirklich wissen?« fragte er, bevor er vielleicht reden würde. Es war so ungewohnt.
    »Ich bin doch nur ein Sklave. Warum interessierst du dich auf der einen Seite, wünscht aber auf der anderen Seite etwas anderes?«
    So war Verres: Offen und aufrichtig.

  • Er sprach so offen, dass sie zunächst nicht so recht wusste, was sie sagen sollte. Doch so oft hatte sie in den letzten Tagen nicht das sagen können, was sie wirklich meinte, dass sie sich jetzt einfach entschloss, eben dies zu tun.
    "Ja, das will ich wirklich wissen." , gestand sie leise.


    "Und obwohl mir Anstand, Erziehung und Bildung genau das sagen, was du gerade gesagt hast, dass du nur ein Sklave bist, so kann ich es doch nicht so sehen."


    Was tat sie hier bloß? Wie konnte sie denn nur auf diese Weise solche Themen mit ihm besprechen? Oh mein Gott, fiel ihr ein, wenn ihr Cousin davon erfahren würde. Nicht nur zum Schutze ließ er sie nur in Begleitung raus. Was nun?


    Sie musste ihn danach fragen. Und auch wenn sie wusste, dass seine Anwort, wie immer sie sein mocht, auch gelogen sein könnte, hatte sie es satt immer überlegen zu müssen, welche Auswirkungen Dinge die sie sagte haben könnten.
    Mit traurigen Augen blickte sie ihn an . "Kann ich dir vertrauen?"

  • Verres war froh, dass Tiberia Albina sich mit ihm unterhielt und tatsächlich wissen wollte, wo er her kam und wie er das wurde, was er war. Sie gab ihm dadurch das Gefühl, ein Mensch zu sein und so lächelte er sie freundlich an.


    Doch bei ihrer letzten Frage stutzte er dann doch. Ob sie ihm vertrauen konnte? Was meinte sie wohl damit? Wollte sie ihm vielleicht etwas erzählen, worüber er schweigen sollte.


    Vor allem bemerkte er nun aber ihren traurigen Blick und sofort wurde er ernst.
    Und er trat nun ein wenig näher zu der Bank, auf dem dieses reizende Geschöpf saß und am liebsten hätte er irgendetwas Lustiges zum Besten gegeben, um ihr so ein Lächeln oder Lachen auf die schön geschwungenen Lippen zu zaubern.


    Doch es wäre im Moment etwas unpassend.


    Da er nun quasi vor ihr stand und so auf sie herabsehen musste, hockte er sich einfach vor die Bank, so dass er zu ihr aufsehen musste und antwortete: »Du kannst mir vertrauen. Aber eigentlich musst du dir die Frage selber beantworten, denn ich könnte ja auch lügen und wir kennen uns ja kaum ...«


    Ihre Frage bezüglich seines Sklavendaseins stellte er erst einmal nach hinten und blickte sie sanft lächelnd, aber sehr aufrichtig an.

  • Auf ihre Worte hin war er näher gekommen und vor ihr in die Hocke gegangen, sodass er ihr jetzt ziemlich nahe von unten ins Gesicht blicken konnte.


    "Das weiß ich doch selbst." antwortete sie innerlich mit sich selbst ringend. "Doch habe ich es satt mir überlegen zu müssen, was mein jeweiliger Gesprächspartner wem erzählt. Das mag hier vielleicht Usus sein, aber mich macht es krank. Diese Dinge sind dort wo ich aufwuchs völlig anders." erzählte sie ihm.
    "Aber" , und das war ihr Ernst," irgendetwas sagt mir, dass du die Wahrheit sprichst. Und dennoch kann ich es nur hoffen. Du kannst dir denken, was andereseits geschehen würde, für den Fall mein Cousin bekäme mit, wie ich mich mit dir unterhalte, und das darf nicht geschehen."


    Oh, diese Augen. Es kam ihr unvorstellbar vor, dass der Mensch dahinter nicht aufrichtig war. Er lächelte sie leicht an, und diese sanfte, aber deutlich Geste , ließ sie den Kopf wieder leicht heben. Es lag etwas in seinen Blicken, dass ihr gut zu tun schien.


    "Bitte," bat sie ihn erneut ,"erzähle mir von dir. Ich würde gerne deine Geschichte hören. Ich würde mich gerne einfach mal wieder mit jemandem unterhalten, ohne dass mein Ansehen und meine Erziehung auf dem Prüfstand stehen." lächelte sie ihn nun auch zaghaft an.


    Würde sie bereuen, was sie hier tat? Sie wusste es nicht, doch die Wärme die er zu verströmen schien, ließ sie auch ihre letzten Bedenken vergessen.

  • Irgendwie wirkte Tiberia Albina auf einmal hilflos und zerbrechlich und er verstand bei ihren wenigen Worten, was sie meinte, dass sie darunter litt, dass hier so viel getratscht wurde.
    Am liebsten hätte er seine Hand ausgestreckt und die ihre sanft umschlossen, als freundliche Geste, doch natürlich unterliess er es.


    Er nickte dann bei ihren Worten, was ihren Cousin anging und sprach: »Ich verspreche dir, dass es niemand erfahren wird. Du hast mein heiliges Ehrenwort!« Aufrichtig und ernsthaft kamen diese Worte über seine Lippen und er schenkte ihr ein charmantes Lächeln.


    Und dann seufzte er ein wenig auf und starrte schliesslich auf einen Punkt, der eher neben Tiberia Albina lag und sammelte kurz seine Gedanken.
    »Nun, was meine Geschichte angeht, so ist sie nicht sehr lang.« Er verzog leicht seinen Mund und wirkte nun ein wenig betrübt, als er vorfuhr, ohne sie dabei anzusehen. Er hockte weiter vor der Bank und hatte seine Ellenbogen auf seine leicht von einander weg liegenden Knie gelegt und verschränkte seine Hände in einander.


    »Mein Problem ist, dass ich mich an die Zeit vor einigen Monaten nicht mehr erinnere. Ich wachte mit heftigsten Kopfschmerzen in einem dakischen Dorf auf. Wie ich erfuhr, hatte man mich halb tot und halb nackt im Wald gefunden und in dem Dorf über lange Zeit gesund gepflegt. Da ich keine Ahnung hatte, wer ich war, auch wenn ich mich an den einen Namen erinnerte, lebte ich in diesem Dorf einige Monate und half den Bewohnern aus Dankbarkeit bei vielen Arbeiten. Eines Tages kam eine Cohorte römischer Soldaten. Es kam zum Kampf.« Er schluckte und senkte seinen Blick, der nun vor ihren Füssen zur Ruhe kam. Ganz nebenbei fielen ihm ihre schön geformten Fussknöchel auf, doch dann riss er sich zusammen und erzählte weiter.
    »Man nahm die, die überlebten, gefangen und so landete ich als Sklave hier in Rom ... « Er seufzte schwer und wandte seinen Blick den nächsten Moment nicht vom Boden ab. Doch schliesslich hob er seinen Kopf, blickte sie geradeaus an und fügte hinzu in einem Ton, der deutlich machte, wie sehr er darunter litt, was geschehen war: »Das ist die volle Wahrheit. Deinem Cousin hat mir geglaubt und nach einem langen Gespräch kam raus, dass ich vielleicht als römischer dort gedient hatte ...«


    Kaum hatte er das letzte ausgesprochen, biss er sich leicht auf die Lippe. Hatte Tiberius Vitamalacus nicht gesagt, er sollte darüber lieber schweigen? Naja, nun war es raus.



    Edit: Tippfehler

  • Seine Art tat ihm so schrecklich gut. Er schenkte ihr ein Lächeln, dass alle ihre Sorgen zu vertreiben schien. Sie konnte ihm vertrauen, sagte er, und sie gedacht eben dies zu tun. Egal mit welchen womöglichen Konsequenzen.


    Als er begann ihr das zu erzählen schien er in eine andere Welt zu versinken. Er blickte an einen fernen Punkt und begann zu erzählen und sie hatte das Gefühl jeden Funken seiner Verzweiflung spüren zu können. Seine Worte schienen ihn selbst zu quälen und er nahm einen traurigen Ausdruck an.


    Sie war von seiner Offenheit beeindruckt und gerührt zu gleich.Seine Geschichte unvorstellbar, und es war ihr kaum möglich sich in seine Lage reinzuversetzen.


    Bei seinen letzten Worten blickte er ihr direkt in die Augen und sie wich diesem Blick nicht aus. Hatte sie je solche Augen gesehen? Sie wusste es nicht.


    "Auch ich glaube dir, Verres, wenn es dir ein Trost sein sollte. Und deine Geschichte tu mir unsagbar leid. Ich kann mir kaum ausmalen, was dieser Zustand für eine QUal für dich sein muss."


    Sie blickte wieder weg, denn auf einmal schämte sie sich, dass sie selbst in Anbetracht ihrer doch geringen Sorgen schon so litt.


    Sie schenkte ihm ein zaghaftes aber aufrichtiges Lächeln. "Kann ich dir irgendwie helfen?`"


    Wohin hatte sich diese Unterhaltung bloß entwickelt. Sie war weder der zwischen Herrin und Sklaven noch der zwischen einer Dame und einem ihr nicht bekannten Mann mehr angemessen. Doch beide Verhältnisse schienen auch nicht auf die hier gegebene Situation zu passen.

  • »Ein Trost?« Er sah sie traurig an und doch lächelte er, auch wenn seine Augen dieses Lächeln nicht erreichte. »Es ist schon in Ordnung. Ich werde damit leben müssen.« Und doch wieder strahlten seine Augen vergeblich. Doch es war auch unsagbare Trauer in seinen Augen zu sehen. Die Sehnsucht nach Wissen, nach Information, die er nicht wusste.
    «Sei mir nicht böse, aber lass uns ein anderes Thema wählen ...«


    Und so versuchte er von sich abzulenken: »Wo bist du aufgewachsen?«

  • Sie erkannte den Schmerz in seiner Stimme und hatte das Gefühl all das Leid ebenfalls zu fühlen, dass ihn zu bedrücken schien.
    „Nein, natürlich stört es mich nicht, ich kann verstehen, dass du nicht weiter darüber reden willst. Eigentlich ist es ja auch ein viel zu schöner Tag für solch düstere Gedanken.“, versuchte sie ein zaghaftes Lächeln um ihn wieder aufzuheitern.


    Ihr war bewusst, dass sie ihm nicht wirklich würde helfen können. Außer ihm zu helfen, dass Hier und Jetzt besser zu ertragen.


    „Du möchtest wissen, wo ich aufgewachsen bin? Nun ja… meine Eltern sind kurz nach meiner Geburt aufs Land nach Illyricum gezogen. Ich habe bis auf die letzten Tage mein gesamtes Leben dort verbracht. Unser Haus ist groß und hell. Es liegt an einem Hang, sodass man an einem klaren Hang sogar aufs Meer blicken konnte. Das Pristylum glich im Sommer einem Regenbogen, so viele verschiedene Bunte Blumen gab es dort. Und den ganzen Tag über zwitscherten die vielen Vögel, die mein Vater sich zu seinem Vergnügen hält.“


    Ihre Worte versetzten ihr einen kleinen Stich. Wie lange würde es wohl Dauern, bis das Heimweh völlig verschwand? Bei ihren Worten blickte sie ihm in die Augen und offenbarten ihm die Mischung aus Sehnsucht nach ihrem Zuhause und ihrer Freude, diesen Moment zu erleben.


    „Die ganze Stimmung war bei uns anders, die Menschen auf dem Land sind offener. Selbst meine Eltern trugen ihre Nase dort nicht so hoch, wie so manch ein Plebejer es hier zu pflegen scheint. Ja, irgendwie ist alles dort ganz anders als hier. Und auch wenn es vielleicht für manche langweilig zu sein scheint, so ist es dennoch angenehm. Man kann sein Glück auch in der Ruhe und dem Frieden auf dem Land finden.“ Zumindest hatte sie das lange gekonnt.


    „Rom ist beeindruckend und sehr abwechslungsreich und ich bin froh hier zu sein. Aber es ist auch eine Gewöhnungssache, denke ich.“


    Ihre Hände, die bei einigen ihrer Worte erklärend Bilder in die Luft gezeichnet hatten sanken wieder an ihre Seite. Sie lehnte sich zurück und blickte Verres nun genauer an. Noch immer hockte er vor ihr und das erste Mal musterte sie die Formen seines Körpers, die sich unter seiner Tunika abzeichneten. Wie würde es wohl sein, ihn zu berühren oder von seinen schönen männlichen Händen berührt zu werden… Augenblicklich errötete sie und blickte weg. Sie suchte etwas, dem sie ihre Aufmerksamkeit widmen konnte und entdeckte eine Bacchus-Skulptur. Sie hoffte, dass er das nicht bemerkt hatte. Aber eigentlich war diese Hoffnung mehr als naiv. Einen Moment später, als das Blut wieder aus ihren Wangen gewichen war, blickte sie ihn an. Diesmal aber direkt in die Augen. Was mochte er wohl denken?

  • Verres war froh, dass sie beeide nun das Thema wechselten. Ihm war gar nicht aufgefallen, dass er ihre Frage, ob sie ihm irgendwie helfen könnte, vollkommen ignoriert hatte. Er war so in Gedanken gewesen, dass er einfach nicht mehr dran denken wollte und ausserdem war er von ihrem hübschen Gesicht fasziniert. Hübsch war dabei noch weit untertrieben. Engelsgleich war es und elegant umrahmten ihre dunklen, gepflegten Haare ihre helle, samtweiche Haut. Blau erstrahlten ihre wachen Augen, die seinen Blick immer wieder streifte.
    Aufmerksam lauschte er ihren Worten. Ihre angenehme Stimme und die kleinen Zeichnen, welche sie dabei in die Luft malte, um ihrer Beschreibung ihrer Heimat mehr Nachdruck zu verleihen, vermochten Verres einen sehr bildlichen Eindruck zu verschaffen. Fast meinte er den süsslichen Duft der Blumen zu riechen und schmunzelte dann, denn um sie herum wuchsen viele bunte und gutriechende Blumen. Er lächelte bei ihrer Erzählung und liess sich für einen Moment von ihren Worten verzaubern, die so sanft über ihre Lippen kamen und doch voller Sehnsucht klangen, was er dann auch in ihren Augen erblickte.
    Wieder hätte er gerne nach ihren Händen gegriffen, einfach um sie zu halten, zu spüren und nicht nur, um ihr Trost zu geben wegen ihres Heimwehs.


    Das sie ihn nach ihrer Erzählung dann ein wenig ausgiebig musterte, entging dem Sklaven nicht und auch nicht die aufkommende Röte auf ihren sonst so hellen Wangen. Er fragte sich für diesen Moment, der nicht sehr lange andauerte, was in ihrem kleinen Kopf vor sich ging. Als sie dann wegschaute, ahnte er, dass es in irgendwelcher Form Gedanken sein mussten, für die sie sich schämte. Fand sie ihn anziehend, so wie er sich zu ihr hingezogen fühlte? Oder war das von Verres reines Wunschdenken? Sie kannten sich nicht einmal ein paar Stunden ...


    Doch Verres gestand sich nun ein, dass er Albinia nicht nur interessant fand, sondern sich bei ihm ein seltsames Gefühl im Bauch breit machte, je länger er sie ansah. Irgendwie strahlte sie auf ihn eine unbeschreibbare Magie aus.


    Sie mochte nicht älter als 20 sein und doch wirkte sie nicht wie manch junge Frauen, deren noch die nötige Reife fehlte. Verres fühlte sich in ihrer Gegenwart frei. Als würde zwischen ihnen nicht das Verhältnis von Herrin und Sklavin herrschen und das gefiel Verres ausserordentlich gut.


    Während sie noch die Bacchus-Skulptur anschaute, liess nun auch Verres unweigerlich seinen Blick über ihren Körper wandern und nahm ihre überaus anziehenden Rundungen war, doch dann verharrte sein Blick auf ihrer rechten Hand. Ihre Hände waren wohlgeformt und schlank und gerne hätte er sie gehalten.


    Doch das kam für ihn niemals in Frage. Selbst wenn er ein Bürger Roms gewesen wäre. Überhaupt sollte er mal an etwas anderes denken, schalt er sich.


    Für einen Moment herrschte eine seltsame Stille zwischen ihnen. Damit diese jedoch nicht zu peinlich lange andauerte, sprach er: »Du vermisst deine Heimat sehr, nicht wahr? So schön, wie du mir davon erzählt hast, muss es so sein!« Weiter ruhte sein Blick auf ihren leicht weggedrehten Gesicht. Seine Worte klangen warm und verständnisvoll.

  • Es war beinahe gruselig, so sehr schien Verres verstehen zu können, was in ihr vorgeht. Seine Worte wärmten sie, als die Kälte der Einsamkeit sie in dieser Stadt zu umfangen beging. Sein Blick spendete ihr Trost. Und das obwohl er eigentlich selbst solche Sorgen hatte. Doch sie erkannte, dass sie richtig gelegen hatte. Im Moment schien es aufbauend auf ihn zu wirken wie sie erzählte.


    "Ja, damit hast du wohl Recht. Meine Heimat fehlt mir. Ich habe so lange dort gelebt und konnte es dann kaum erwarten in die "große Stadt" zu kommen. Die tiefere Absicht meiner Eltern hinter dieser Reise bis dahin einfach verdrängend. Und nun bin ich, und alles ist anders als ich erwartet hab.", gestand sie sich selbst jetzt zum ersten Mal ein.
    "Die meisten hier scheinen mich nur zu belächeln. Und die anderen stellen mir nach. Der einzige, dem ich zunächste anscheinend vertrauen konnte, war mein Cousin. Und nach dem Essen..." Sie schluckte schwer. All ihre Gefühle, die sie seit diesem Abend unterdrückt hatte, keimten wieder auf.
    "Ich... ich weiß nicht... anscheinend hatte ich mich getäuscht." sie unterdrückte die Tränen die versuchten sich ihren Weg zu bahnen.
    Wusste Verres überhaupt von dem, was dort geschehen war. War es überhaupt so bedeutend, wie es Albina erschien. Sie wusste es nicht. Aber sie war so von ihren Gefühlen übermannt worden, dass sie gerade kein Wort mehr herausbrachte.

  • Verres hatte ihre Worte aufgenommen, doch nicht wohlwollend. Nicht, dass sie etwas falsches gesagt hätte, aber irgendwie schien sie sehr bedrückt und das löste bei Verres seine Beschützerinstinkte aus, aber auch, weil er Albina einfach mochte. Und auch, weil sie so offen zu ihm war und ihm das Gefühl gab, ein Mensch zu sein, der er schliesslich war.


    Nun war es einfach für ihn an der Zeit, nicht weiter tatenlos vor ihr zu hocken. Er glaubte zu spüren, dass sie einen Freund brauchte, der ihr weiter zu hörte und sie verstand und ausserdem war er nun sehr neugierig. Und so erhob er sich.


    »Darf ich mich neben dich setzen?« fragte er freundlich und in seiner Stimme war kein Hintergedanke heraus zuhören.Außerdem war seine hockende Haltung eh unbequem auf Dauer.


    Wie auch immer sie sich entscheiden würde, aber auf das, was sie eben gesagt hatte, würde er erst gleich eingehen. Und er hoffte, dass sie ihn nicht falsch verstand.

  • Sich neben sie setzen? Eigentlich hätte sie auffahren müssen, oder zumindest erkennen, dass das was sie hier tat langsam Grenzen überschritt, doch nein, die Grenze hatte sie schon vor langem übertreten.
    Und neben allen Gedanken, die sie sich hätte machen sollen, herrschte nur einer vor. Es war genau das was sie jetzt wollte.
    Sie sah ihn nur kurz an und nickte. Noch immer war sie nicht in der Lage etwas zu sagen.

  • Das Albina nicht aufbegehrte, als er seine Frage stellte, freute Verres natürlich. Doch da sie nur nickte und kein Wort hervorbrachte, irritierte ihn, so dass er nun sehr vorsichtig und behutsam vorgehen musste, denn er wollte nicht, dass sie noch auf die Idee kam, dass er ihren Kummer auf irgendwelche Weise ausnutzte.


    Und so trat er zu der Bank und liess sich neben der jungen Frau nieder. Zwar hätte er wirklich gerne einen Arm um sie gelegt, aber das war undenkbar.
    Und um ihr das Gefühl zu geben, dass er wirklich nicht eine weitere Nähe zu ihr suchte, auch wenn er da anders dachte, setzte er sich auch nicht zu nah an sie heran. Er spreizte leicht seine Knie und legte seine Oberarme darauf, während er nun zu Boden schaute.


    »Was ist passiert? Bei diesem Essen? Und warum schickten dich deine Eltern nach Rom? Sollst du verheiratet werden?« Die Vorstellung, jemanden zu heiraten, den man nicht liebte, war Verres irgendwie ein Graus, auch wenn es Gang und Gäbe war.


    Und dann drehte Verres seinen Kopf zu ihr und merkte, wie sehr er es genoß, ihr so nah zu sein. »Bitte, hab Vertrauen. Was war mit Tiberius Vitamalacus?«


    Fast ahnte er schon wirklich schlimmes.

  • Seine Nähe gefiel ihr besser als sie es sollte und sie sehnte sich danach, dass sie sich einfach in seine starken Arme sinken lassen könnte, doch das war undenkbar.


    "Ach, ich weiß nicht... vielleicht bemesse ich dem ganzen zu viel Bedeutung. Wir waren alle zu einem gemeinsamen Essen im Triclinium versammelt. Dort begegnete ich auch Appius Tiberius Iuvenalis. Doch ohne meine Absicht schien ich ihn so zu begeistern, dass er seinen Blick kaum von mir wendete. Ich konnte nichts dafür und ignorierte ihn. Doch Vitamalacus entging das natürlich nicht und untergründig entstand eine nervenzerrende Anspannung. Ich beobachtete meinen Cousin, während der leicht erzürnt Iuvenalis ob seiner Blicke zu mir anblickte. Diese Situation war mir schrecklich unangenehm, und um das ganze nicht noch schlimmer zu machen, entschied ich mich, mich zurückzuziehen." Sie atmete schwer bei dieser Erinnerung. Noch immer schmerzte es sie.
    "Ich wollte doch nichts böses, ich dachte es sei für alle das beste. Und als ich Vitamalacus darum bat mich zu entschuldigen, weil ich mich nicht wohl fühlte, und das tat ich mit all meiner Freundlichkeit, meinte er, ich solle bleiben. Zwar stellte er es mir nach außen hin frei. Doch der Ton und die Art mit der er das sagte, machte allen klar, dass es ein Befehl war. Ich verstehe einfach nicht, was ich falsch gemacht habe. Du hättest ihn hören sollen. Als ob ich einer seiner Probati wäre.Und das vor allen anderen." , und sie schluckte bei ihren Worten.


    Noch immer spürte sie das Gefühl, dass all das bei ihr ausgelöst hatte. Ja, wenn sie es so erzählte, wirkte es nur halb so schlimm, wie es sich angefühlt hatte.
    "Nunja, und meine Eltern... ", fing sie an und verstummte dann. Noch immer war sie nicht in der Lage, das was ihr bevorstand direkt auszusprechen. Mit ihrem Cousin hatte sie es kurz angeschnitten, und es oberflächlich zu betrachten ging auch. Aber jetzt, wo sie hier so mit Verres war, konnte sie daran nicht denken.

  • Aufmerksam hatte Verres den Worten der jungen Frau neben sich gelauscht. Und er selber war sich seiner seltsamen Gefühle nicht bewusst. Begehrte er sie inzwischen oder wollte er ihr nur ein guter Freund sein? Letzteres wäre vielleicht gerade noch alles so denkbar, das andere auf keinen Fall und für einen Moment hasste er sein Dasein mehrfach. Doch hier ging es nun nicht um ihn.
    Immerhin war nicht das passiert, was er befürchtet hatte. Was sie erzählte, kam wahrscheinlich in vielen römischen Familien vor. Dennoch verstand er sie. Und hatte sie nicht eigentlich auch beklagt, dass so mancher Mann ihr nachstellte?


    Wieder war da dieses Bedürfnis, einen Arm um sie zu legen, aber Verres tat es nicht. Gerade nun nicht. Nein, er konnte froh sein, dass er ihr vielleicht als Freund eine kleine Stützte sein konnte. Und so sprach er:


    »Das tut mir sehr leid. Ich ahne, wie dir zu mute sein muss. Als Frau hat man es nicht einfach ...«



    Wieder blickte er sie an und konnte sich nicht satt sehen an ihrem Anlitz, doch dann richtete er seinen Blick auf einen Kiesel, der etwas entfernt von der Bank war.


    Dennoch fragte er: »Und was erwarten deine Eltern? Und ...« Er machte eine kurze Pause, um seine direkte Frage zu stellen: »Glaubst du an die Liebe?« Warum er das fragte, wusste er nicht, aber nun war es raus.

  • Was um aller Welt ging nur gerade in ihr vor? Es tat ihr einerseits gut, dass Verres sie als einiger der wenige nicht zu bedrängen gedachte. Andererseits war sie sich nicht sicher ob es ihr in diesem Fall nicht recht gewesen war. Irgendetwas, sie wusste nicht was, zog sie beinahe übermäßig zu ihm hin. Sicher , er sah wirklich gut aus. Und seine körperliche Anziehungskraft entging ich kein bißchen. Aber es war noch mehr. Es war die Art wie er mit ihr sprach, wie er mit ihr umging, die sie so sehr fesselte. Er hörte ihr wirklich zu. Er stellte keine weiteren Ansprüche an sie, als sie selbst zu sein. Und er war der erste, der mehr als an ihrem Äußeren etwas an ihrem Charakter zu liegen schien.


    Sie wollte ihn spüren... so verquer es auch sein mochte, sie wollte, dass dieser Sklave sie in die Arme nahm. Die Welt war grausam, dachte sie. Warum musste gerade das, was ihr so unglaublich gut tat, so offenkundlich falsch sein. Oder war es garnicht falsch und die Welt war offenkundlich fehlgeleitet?


    Sie bemerkte, wie sein Blick irgendeinen Punkt auf dem Weg fixierte und sah ihn währenddessen genau an. Dieses Gesicht, die maskulinen Wangenknochen, die traumhaften Augen, die schönen Lippen... Wie diese sich wohl anfühlten? Nein, sie musste schnell an etwas anderes denken. Doch dazu fand sie garkeine Zeit, denn in diesem Moment sprach er weiter.
    "Meine Eltern...nunja...sie wollen das Beste für mich. Und das ist nunmal eine Ehe mit einem angesehenen Patrizier. Deshalb bin ich hier. Das ist es, was ich auf dem Land nicht finden konnte. Und auch wenn sie es leugnen, so ist es mir nur allzu sehr bewusst." sagte sie traurig.
    "Liebe?" sah sie ihn verwundert an. Sie hatte selbst so oft darüber nachgedacht. "Ich...ich weiß es nicht. Es mag Liebe geben, doch ist sie mir noch nicht begegnet. Meine Eltern respektierten sich mehr, als viele der Ehepaare, die ich hier bis jetzt gesehen habe. Doch Liebe verbindet auch die beiden nicht. Es ist sehr seltsam. Gerade gestern habe ich mich mit Aesara, meiner Leibsklavin unterhalten und sie hat mir von ihrem Schicksal berichtet. Sie war von ihrem ersten Herren geflohen, um herauszufinden, was aus ihrem Verlobten geworden war. Und auch jetzt leidet sie noch.", sagte sie während sie an ihr Gespräch mit Aesara dachte. "Es ist merkwürdig, dass gerade die in der Gesellschaft weniger angesehenen Menschen mehr Gefühle zu haben scheinen. Aber, und das brauch man nicht leugnen. Ein Patrizier, so wie ich, kann sich Gefühle nicht leisten." sagte sie sachlicher als ihr zumute war. Und gerade in der Gegenwart dieses Sklaven schmerzte sie diese Erkenntnis.
    "Meine Aufgabe ist es, meiner Familie zu dienen. Und das kann ich nur durch eine vorteilhafte Hochzeit.", schon wieder wurde sie sehr traurig.
    Ganz leise sprach sie ihre letzten Worte. "Es mag Liebe geben und ich denke sie ist etwas wundervolles. Doch jemand wie ich hat auf diesen Luxus keinen Anspruch."


    Und wieder sah sie Verres an und blickte dann weg um die kleine Träne, die ihr trotz ihrer sonst anerzogenen Fassung entfleucht war, unauffällig wegwischen zu können.

  • Verres verstand die Welt für einen Moment nicht mehr. Irgendwie, irgendwo glaubte er an ein tiefes Band zwischen ihnen beiden und doch musste er dagegen ankämpfen. Was auch immer er nun, nach ihren Worten für sie empfand, er musste zurückstecken. Er war nur ein Sklave. Verdammt!!!! Nur ein Sklave!.


    Und doch wollte er den Arm um sie legen. Aus Freundschaft und auch, weil es für ihn mehr war, als nur Freundschaft, was er für sie empfand, doch er konnte es nicht. Und auch wenn er wusste, dass sie hier vielleicht an einem abgelegegenen Platz waren. Und so zauderte er.
    Aber er wollte sie nah bei sich spüren. Er wollte ihr halt geben und auf einmal war es kein Begehren mehr, sondern Freundschaft. Oder was auch immer.
    Und bevor er etwas tat, was er bereuen sollte, sprach er:
    »Ich weiss nichts von meinem Leben vor all dem. Ich weiss nichts von Liebe. Von Gefühlen. Es war unrecht, dich zu fragen danach und doch ...«


    Er senkte seinen Blick, weil er sch schämte. Ja, er fand Albinia sehr anziehend, aber er wusste, dass dies nicht sein durfte.


    »Ich verstehe dich, so glaube ich. Es tut mir sehr leid. Ich gebe zu, ich will es irgendwie nicht wahrhaben: Ihr Frauen habt ein so schreckliches Los, ähnlich uns Sklaven. Ich frage dich: Warum muss es so sein?«
    Fast verzweifelt blickte er in das Anlitz seines schönen Gegenübers.
    »Warum?« Sein Arm wollte sich um ihre Schulter legen, er deutete es an, ein Skandal für sich schon, doch dann zog er seinen Arm zurück.

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