Ein Keller irgendwo in Roma

  • Marcellus wachte schweißgebadet auf. Dunkelheit. Er tastete sich an den Wänden entlang. Sie waren kalt und feucht. Er wußte nicht, wie lange er schon hier unten war. Woran erinnerte er sich eigentlich?


    Er war auf einem Streifzug durch die Stadt gewesen, wie so oft in seiner dienstfreien Zeit. Mittlerweile kannte er so ziemlich jede dreckige Spelunke und wusste, wo er was bestellen konnte und wo er dies lieber unterließ. Passte ihm etwas nicht, passierte dies kein zweites Mal, dafür sorgte er.
    Als er eines nachmittags wieder einmal durch die Gassen Roms schlenderte fielen ihm prompt ein paar Typen auf. Es ist immer wieder seltsam wie Leute versuchen nicht aufzufallen und gerade dadurch auffallen. Die Tricks, die sich der Abschaum in den Gassen Roms bediente, waren ihm nicht neu. Die kannte er schon aus Africa. Die Typen waren zu viert. Drei in schäbigen abgetragenen Tuniken und einer in einer auffällig sauberen Tunika. Sie standen dort herum und schienen auf jemanden zu warten. So setzte sich Marcellus an einem Tisch einer Taverne, die er noch nicht kannte. Er bestellte sich einen Becher Wein und beobachtete die Typen. Es dauerte nicht lange, da griffen sie jemanden von der Strasse und zogen ihn in eine kleine Gasse. Marcellus wartete einen Augenblick, stand dann auf, warf ein paar Münzen auf den Tisch und folgte den Gestalten. Es war ruhig in der Gasse. Hier und da hörte man das Schreien eines Kindes, ein Streit zwischen einem Ehepaar... Von den Typen sah er allerdings nichts. Marcellus griff an seine linke Seite. Doch da war kein Schwert. Er war ja auch nicht im Dienst, fiel ihm ein. Aber er trug einen kleinen Dolche in seinem Stiefel, welchen er auch gleich darauf zog. Die Gasse machte einen kleinen Knick. Marcellus schlich sich an und wagte einen Blick um die Ecke. Es war niemand zu sehen. Doch halt. Da lag etwas auf dem Boden, nicht weit von ihm. Es sah aus wie ein Bündel Stoff. Marcellus verließ seine Deckung und ging auf das Bündel zu. Im näherkommen erkannte er, dass es kein Bündel Stoff war, sondern der Mann, den die Typen in die Gasse schleiften. Der Mann hieß Scaurus und war der Wirt einer kleinen Taverne am Tiber. Marcellus seufzte. Er war ein feiner Mann gewesen und führte ein recht ordentliches Geschäft. Marcellus erinnerte sich, dass Scaurus sich vor nicht alzu langer Zeit über ein paar Typen aufgeregt hatte, die Geld von ihm haben wollten... Nun machte es bei Marcellus klick. Anscheinend hat Scaurus nicht bezahlt.


    Scaurus war ziemlich übel zugerichtet. Erstaunlich für die kurze Zeit, die Marcellus verstreichen ließ. Das Ende kam dann aber doch schneller, denn man hatte ihm die Kehle durchgeschnitten. Dann hörte Marcellus etwas vor sich. Er richtete sich auf und schlug zu. Gerade im rechten Augenblick, denn vor ihm stand einer der drei schmierigen Typen und hantierte mit einem Dolch. Marcellus stach ihm in die Bauchhöhle, so dass der Angreifer erschrocken zurückstolperte. Doch kaum war dieser zurückgewichen, trat der nächste Angreifer auf den Plan und trat Marcellus den Dolch aus der Hand, welcher über den Boden schlidderte. Marcellus rächte sich mit einem kräftigen Kinnhacken. Dann spürte er ein Stechen an seiner rechten Seite. Das letzte woran er sich erinnern konnte, war ein grinsendes Gesicht hinter ihm. Dann nur bruchstückhafte Erinnerungen... Ein enger stickiger Raum, Schläge... Folter...


    Jetzt war da nur Dunkelheit...

  • Marcellus sammelte sich wieder. Er fasste sich an seine rechte Seite. Da wo er den stechenden Schmerz verspürt hatte, war nun ein Verband. Wer hatte sich die Mühe gemacht, ihn zu verbinden? Warum? Er richtete sich auf und stieß sich den Kopf. Sehr hoch war dieser Raum nicht. Auch nicht sehr breit. Als er seine Hände ausstreckte, stieß er an beiden Seiten gegen die Wand. An der Wand vor ihm befand sich anscheinend die Türe. Er drückte etwas dagegen und die Türe knarrte. Er wich zurück und horchte einige Zeit. Doch er vernahm nichts auf der anderen Seite. Vermutlich hatten sie ihn alleine gelassen und vertrauten auf ihr Werk. In der Tat verspürte er starke Schmerzen. Hauptsächlich an seinem Torso. Er wartete noch einige Zeit und ließ sich dann gegen die Türe fallen. Er musste husten, da Staub die feuchte Luft durchmengte. Anscheinend gab die Türe nach... Es dauert eine Weile und viele weitere Anläufe, bevor die Türe nachgabe und krachend zu Boden fiel. Er fand sich auf dem Boden des Raumes aus seinen Erinnerungen wieder. Da war der Stuhl, wo sie ihn gefoltert hatten. Wut kroch ihm durch Mark und Bein. Er richtete sich unter Schmerzen auf und suchte nach einer Türe. Das krachen der Türe dürfte kaum zu überhören gewesen sein.
    In einer Ecke des Raumes befand sich eine schwere Eichentüre. Sie war von innen zu öffnen. Marcellus riß die Türe auf und stolperte zurück. Das Licht der Sonne blendete ihn. Er schützte seine Augen mit seinem Ellenbogen und stolperte die Treppe hinauf. Strassenlärm. Er folgte dem Geräuschpegel. Anscheinend befand er sich in einem Innenhof, doch die Strasse konnte nicht weit sein. Er durschritt einen Torbogen... und brach auf der Strasse zusammen...

  • Schon kurz nach dem Mittagessen war Minervina aufgebrochen. Und ebenso war sie erst kurz vor dem Mittagessen aufgestanden. Die Zeit dazwischen hatte sie mit einem Bad vebracht, um sich ein wenig von ihren Gedanken zu befreien, die sie nicht eben glücklich gemacht hatten. Die Ereignisse des vorigen Abends mochten für den Moment sehr schön gewesen sein, doch am heutigen Tage konnte sie sich kaum etwas Schlimmeres vorstellen. Nun hatte sie die Villa Tiberia verlassen, um ihre Gedanken noch weiter aufklaren zu lassen. Sie hatte längst nicht die panischen Subjektivitäten ihrer Mutter angenommen und betrachtete das Ganze rational. Sicher mochte ihr Gewissen belastet sein, dass sie sich auf ihre Sklavin eingelassen hatte, aber geschehen ist geschehen.


    Die junge Frau patrizischen Blutes blieb an einer Weggabelung stehen. Geradeaus, links oder rechts? Von dem größeren Rummel hatte sie sich längst entfernt. Überhaupt befand sie sich nicht gerade in einem düsteren Viertel. Wohlhabend sahen die Häuser aus. Nicht sonderlich reich, aber wohlhabend. Unschlüssig sah sie in alle Richtungen und beschloss, den rechten Weg einzuschlagen. Der lag am nächsten. So setzte sie also erneut zu einem ihrer Gedankengänge an. Solange Lana kein Wort verraten würde, würde auch nichts ans Tageslicht kommen. Hach, war das lästig wenn ihr Leute entgegenkamen. Es war ungewöhnlich für sie, ohne Wache, ohne Sklaven und ohne Sänfte spazieren zu gehen, aber sie musste sich den Frust aus dem Bauch laufen. Anders würde sie ihre Gedanken nicht los. Unbehaglich zog sie ihre Palla ein wenig stramm und strich mit der rechten Hand das Haar hinter ihre Ohren, da dieses vor den Augen hing. Auch ihr Haar wurde durch die Palla bedeckt, sodass nur ihr hübsches, junges Gesicht zu sehen war. Sie wollte nicht allzuviel von sich zeigen.


    "Aber wenn Onkel Vitamalacus..." setzte sie wieder einmal an und seufzte. Er würde ihr den Hals umdrehen. Was er dann mit Lana machte, stand in den Sternen geschrieben. Was Minervina aber noch mehr wehtun würde als das Brechen ihres Halswirbels, wäre, dass Vitamalacus auf ihren Vater zu sprechen käme. Sie habe seine Ehere verletzt, als er so ruhmreich in Germanien gestorben war. Und dann geschah etwas, was sie vollends verwirrte. Es waren recht wenige Menschen zu Fuß unterwegs, wenn dann sah sie Sänften. Aber dort hinten stolperte eine Gestalt auf die Straße die zusammenbrach. Sie kniff angestrengt ihre Augen zusammen, um mehr erkennen zu können, aber das gelang ihr nicht. Also beschleunigte sie ihren Schritt, mit den Gedanken beim Vater angekommen. Warum brach ein Mann vor ihr zusammen, wenn sie an ihren Vater dachte? Als sie den recht blutigen Mann erreichte und seine Wunden soweit sehen konnte, begann sie noch ein wenig schneller zu laufen. Bei ihm angekommen, wurde sie bleich. Ob ihr Vater... Sie schloss kurz die Augen um sich zu sammeln.


    Dann ging sie in die Knie und tastete mit ihren Fingerspitzen auf seine Schulter, denn von seinem Gesicht sah sie nichts. Besonders freudig wirkte ihr Blick nicht, als sie ihn antippte. Das ganze Blut schreckte sie ab. Ebenso sehr wie sein plötzliches Erscheinen. War das die Strafe der Götter für die Nacht mit Lana? Aber sie würden kaum einen Unschuldigen strafen... Aber war er unschuldig? "Verzeihung." sagte sie recht kühl und war stolz darauf. Dann nahm sie sich ein Herz und umfasste mit der Hand seine Schulter, um ihm, hockenderweise, sacht zu rütteln.

  • Marcellus kam wieder zu sich, auch wenn recht unsanft. Er richtete sich ein wenig auf und schaute sich um. Wo war er? Was war geschehen? Nach und nach fiel es ihm wieder ein. Er war aus seinem Kerker auf die Strasse geflüchtet. Das helle Licht blendete ihn immer noch. Da erblickte er eine junge Frau an seiner Seite. Er nickte ihr zu. Was hatte sie gesagt? Verzeihung? "Da gibt es nichts zu verzeihen, immerhin habe ich hier auf dem Boden der Strasse herumgelegen!" Immerhin hatte er seine Art von Humor nicht verloren. Er setzte sich hin und sah an sich herunter. Nun konnte er das ganze Ausmaß seiner Verletzungen erblicken. "Ich glaube ich brauche ein Bad!" Dann sah er wieder das Mädchen an. "Bitte verzeih, wo sind nur meine Manieren. Mein Name ist Tiberius Helvetius Marcellus, und wer bist du?"

  • In der hockenden Lage spannte ihre Tunika an den Beinen unbequem. Sie war recht eng geschnitten. In Achaia hatte sie sich dieses Kleidungsstück maßschneidern lassen. Der warme Rotton passte auch hervorragend zu ihr, fand zumindest sie. Als sie spürte, dass sich etwas rührte, seufzte sie erleichtert auf. Es wär nicht sehr schön gewesen, dafür bekannt zu sein, eine Leiche auf offener Straße gefunden zu haben. Es hätte zudem noch unglaublich viel Last auf sich gezogen. All das Hin und Her mit den Stadtkohorten wäre sicher unbequem geworden.


    Ihr Blick wurde missbilligend, als sie seinen Witz vernahm. Sie hatte diesen Schock gar nicht so komisch gefunden. Sie war wirklich nich humorlos, aber solcher Humor? Ob er getrunken hatte? Oder gehörte er vielleicht eher zu der Sorte Mensch, die ohnehin in den Gassen umherschlenderte und nicht alles im Kopf beisammen hatte? Jedenfalls erhielt er keine Antwort darauf. Auch zu seiner Bemerkung mit dem Bad äußerte sie sich nicht. Das Bad, dachte sie bei sich, hatte er nicht nur aufgrund des Blutes und Schmutzes nötig, sondern auch wegen des vehemenden Geruchs. Besonders wohltuend roch er wahrlich nicht.


    "Minervina, Tochter des Tiberius Maximus." stellte sie sich auf seine Frage hin recht knapp vor. Noch immer vermied sie es, sich als Rediviva zu bezeichnen. Zu Schade, dass sie ihr Standesabzeichen einst dem Marcus Hipparchus mitgab, als sich ihre Wege schieden. "Kommst Du allein zurecht?" fragte sie und erhob sich wieder in eine aufrechte Position. Sie fand es nicht sehr schön mit einer am Boden befindlichen Person zu sprechen, die blutüberströmt sicher nicht zur besseren Sorte Mensch gehörte, mit der sie für gewöhnlich verkehrte.

  • Tiberius Maximus... Er ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen, hatte aber noch nie von diesem gehört. Allerdings waren die Tiberier eine neupatrizische Gens. Aber was sollte ein Sprößling dieser Familie in diesen Gassen machen? Aber es gab druchaus Kopien von so manchen Namen. Einige Familien nannten sich Julier, auch wenn sie mit dem Caesar von damals recht wenig zu tun hatten. Marcellus schaute sich um. Die Strasse kam ihm nicht bekannt vor. "Nun, ich glaube kaum. Da ich nicht weiß wo die Typen mich hinverschleppt haben. Kennst du die Villa des Senators Helvetius Geminus auf dem Esquilin? Das ist ... mein Vater. Ich glaube das wäre ein guter Anlaufpunkt um meine Kratzer hier behandeln zu lassen!" Marcellus seufzte. "Bei meinem Offizier muss ich mich auch melden...!" Ihm dröhnte der Schädel.

  • Sie konnte es sich nicht verkneifen, ihn weiterhin ein wenig herablassend anzusehen. Sie kannte die gens Helvetia, allerdings nicht persönlich. Sie mochte den einen oder anderen Helvetier kennengelernt haben, aber sich deren dann nicht erinnern. Und er sah bei Weitem nicht aus wie der Sohn eines Senators. Er war dreckig, blutig und roch äußerst unangenehm. Andererseits würde er kaum einen Vorteil daraus ziehen, wenn er vor ihr bloßgestellt würde und nicht als Helvetier anerkannt. Unbehaglich zog sie ihre Palla zurecht. Er hatte außerdem von irgendwelchen Leuten gesprochen, die ihn verschleppt hatten. Entweder war wirklich etwas vorgefallen, oder aber er hatte gehörig einen auf den Schädel bekommen.


    "Dann hast du ja noch recht viel vor." murmelte sie. Am Besten wäre es, wenn sie nun einfach gehen würde und schon wandte sie sich ab. Aber was, wenn er nun wirklich Hilfe benötigte? Hatte sie ihrem Gewissen nicht schon genug zugesetzt, in der letzten Zeit? Sie blickte kurz sinnierend auf den gepflasterten Boden. Kannte sie den Weg dorthin überhaupt? Ja... Sie drehte sich seufzend wieder zu ihm. "Ganz kann ich dir den Weg nicht zeigen, da ich auch nicht meiner Muße nachgehe. Aber in Ordnung, einen Teil begleite ich dich. Oder kennst du den Weg von der Via Flaminia aus?"

  • Marcellus richtete sich langsam und vorsichtig auf. Er bemerkte, dass seine Stichwunde an seiner rechten Seite wieder zu siffen begann. Er musste sie sich wieder aufgerissen haben, als er gegen die Türe gerannt war. "Bin ich denn soweit von dem Haus meines Vaters entfernt?" Marcellus seufzte. Unter anderen Umständen hätte er gerne mit einem reizenden Mädchen einen Spaziergang gemacht, aber so... "Frische Luft soll ja bekanntlich gut für die Heilung sein! Aber es reicht tatsächlich, wenn du mich bis einem Punkt begleitest, den ich kenne. Auch wenn ich viele Jahre nicht in Rom verbracht habe, habe ich mich doch schnell wieder an das Netz von Strassen gewöhnt..." Marcells hustete und spuckte Blut auf das Strassenpflaster. Anscheinend waren seine Wunden nicht nur oberflächlich. Er sah das Mädchen an und bevor sie etwas sagen konnte, sprach er: "Keine Sorge, sind nur ein paar Kratzer. Hab schon schlimmeres durchgemacht. Immerhin habe ich einen von den Typen erwischt! Ich brauche im übrigen noch deine Daten... Name, Wohnort etc. für die Ermittlungen." Er bemühte sich, dem Mädchen nicht zu zeigen, wie schlimm er sich fühlte. Sollte sie wirklich Patrizierin sein, dann würde sie wohl nicht viel ertragen. Ein Wunder, dass sie ihn überhaupt angesprochen hatte.

  • Ihr wurde flau im Magen, als sie ihn genauer betrachtete, während er aufstand. Ihr fiel der blutige Verband auf und der war wirklich nicht schön anzusehen. Stellenweise hatte er sich schon gelblich verfärbt. Unbewusst legte sie sich die Hand auf den Bauch. Er hatte schon recht vermutet, als er bei ihr kein sehr gutes Durchhaltevermögen einschätzte. Besonders, dass er Blut spuckte, ließ sie den Blick abwenden. Dieser war erstaunlicherweise nicht einmal angewidert, sondern ernsthaft betroffen. Doch sie nahm sich zusammen. Wie würde es denn aussehen, wenn sie nun vor Übelkeit beginnen würde, zu schwanken und neben ihr ein Mann stand, der blutüberströmt aber fest stand?


    "Hm." machte sie recht leise und sah ihn wieder scheu an. Man sah ihr deutlich an, dass ihr Gesicht um eine Nuance blasser geworden war. Sie dachte fieberhaft nach. Würde er es überhaupt bis nach Hause schaffen? Es wäre unverantwortlich von ihr, ihm diesen Weg zuzumuten. Vor Allem nicht allein. Wenn er wirklich Senatorssohn war, dann wäre es mit Sicherheit ungünstig ihn allein nach Haus schwanken zu lassen. Sie würde ihm auch wirklich gerne helfen, aber sie hatte überhaupt keine Erfahrung mit Verletzungen. Sowas war Sklavenarbeit. "Ich kann vielleicht die Anwohner fragen, ob sie schonmal das Gröbste für dich tun könnten. Oder... Ich führ dich in das Haus meiner Familie. Sie werden dich verarzten und von dort aus sicher zum Esquilin bringen lassen." Man hörte deutlich, dass sie von Zweifel beseelt war. Das würde wieder starke Diskussionen mit Vitamalacus mit sich bringen, aber sie konnte ihn schlecht hier liegen lassen..

  • Titus
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    Titus hatte gerade noch mitbekommen, das die junge Verwandte seines Tribuns die Villa scheinbar ohne Begleitung verlassen hatte. Und er ärgerte sich, das er es überhaupt bemerkt hatte. Denn hätte er es nich bemerkt, hätte er einen ruhigen Nachmittag in der Villa verbringen können. Aber, wenn er sie ignoriert hätte und irgendwas würde passieren, gäbe es sicher Ärger.


    Und auf Ärger hatte er eigentlich keine Lust. So war er nach einer, für seine Verhältnisse, kurzen Überlegung ihr einfach gefolgt, in einem sicheren Abstand.


    Und als er dann noch sah, das sie sich mit irgendeiner Gestalt unterhielt, die am Boden gelegen hatte, da war er froh, das er ihr gefolgt war. Zwar schien keine Gefahr zu bestehen und daher war er noch etwas skeptisch, was er denn tun sollte, doch dann entschloss er sich, sich zu erkennen zu geben.


    Mit wenigen seiner riessen Schritte war der Hüne heran, mustert die fremde, untergekommen wirkende Gestalt von oben herabund sagte dann zu Minervina.


    "Kann ich behilflich sein ?"

  • Marcellus schüttelte den Kopf. "Sind nur Kratzer! Mach dir keine Sorgen! Solange ich nicht einem Springbrunnen gleiche, ist es halb so wild. Meine Wut auf diese Männer hällt mich am Leben."


    Er betrachtete das Mädchen genauer. Wie er vermutet hatte, war sie einen solchen Anblick nicht gewöhnt. Auch wenn man solches nicht selten auf Roms Strassen sah. Vor allem in solchen Vierteln, kam dies wohl öfters vor. Ansonsten würden die Passanten nicht so teilnahmslos passieren. "Wenn es mir wieder besser geht und ich ein schönes Bad genommen habe, müssen wir uns nochmal wiedersehen. Ich kann immerhin nicht zulassen, dass ich dir so in Erinnerung bleibe!" Marcellus rang sich ein Lächeln ab.

  • Sie runzelte wieder die Stirn und schüttelte den Kopf. "Das kann ich nicht verantworten. Und schon gar nicht, wie du sprichst. Ich bestehe darauf, dass du mitkommst." sagte sie eindringlich. Sie merkte kaum, dass sie beinahe begann, zu befehlen. Besonders ihr Blick war einer jener Sorte, der normalerweise keine Widerrede zuließ. Es war nicht so, dass sie besonders an seinem Leben interessiert war, doch es mochte unfreundlich gelten wenn eine Tiberia am Tod eines Senatorensohnes Teilschuld gehabt hätte.


    Allerdings vermilderte sich die Härte ihrer Züge ein wenig, als sie seine nachfolgenden Worte hörte. Lächeln konnte sie nicht, denn sie hatte gerade nach der letzten Nacht kein Interesse an irgendwelchen Verabredungen mehr. Besonders am heutigen Tag. Aber sie zeigte sich gelassen und nickte leicht. "Wenn mein Onkel dies erlaubt, können wir das gerne..." Sie hielt allerdings inne. Sie hatte aus den Augenwinkeln bemerkt, wie sich ein größerer Schatten hinter sie gesellt hatte. Schnell fuhr sie herum und sah erstmal eine Brust vor sich. Als sie den Kopf leicht anhob, konnte sie auch das Gesicht von Titus erkennen. "Was willst du denn hier?" zischte sie ihn zornig an. Nicht nur, dass er sie erschreckt hatte, nein, er war ihr offensichtlich gefolgt. Es konnte kein Zufall sein, dass der Scherge Vitamalacus' sich dicht hinter ihr befunden hatte. Außerdem war er ihr nicht geheuer. Schon vom ersten Tag an hatte sie ihm misstraut und dass er sich nun als ihr Beobachter herausstellte, ließ ihr Vertrauen auch nicht sonderlich erblühen.

  • Titus
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    Was sollte er hier wohl wollen ? Natürlich war er hier, um aufzupassen, das sie nicht in irgendwelche probleme geriet. Als ob es ihm spass machte, sinnlos durch die Strassen zu rennen, irgendeiner verwöhnten Göre hinter zu laufen ?
    Obwohl, sie war ja schon ein echt lecker Mädchen, auch wenn sie tabu für ihn war.


    "Aufpassen," sagte er nur knapp zu ihr.


    Dann wandte er sich an den Fremden, musterte ihn noch einmal. Er schien sich ja gewählt ausdrücken zu können, besser als Titus es konnte, aber er hatte auch auf der Strasse gelegen. Entweder war das ein reicher Suffkopf, aber das hätte Titus gerochen, oder er war Opfer eines Unfalls oder gar Verbrechens geworden.


    "Bist verletzt ?" fragte er ihn.

  • Sie ahnte zwar in diesem Moment nichts von seinen Gedanken, doch aufgefallen war ihr schon der eine oder andere Blick. Sie wollte niemals irgendwo alleine mit ihm sein, das würde ihr nervliches Ende bedeuten, auch wenn er sich nur dann an ihr vergreifen würde, wenn er suizide Gedanken hegte. "Pf. Ich kann es nicht mehr hören. Aufpassen. Als wäre ich nicht alt genug, um auf mich selbst aufzupassen!" gab sie giftig zurück, ehe sie sich wieder versuchte zu sammeln. Nun wandte sie sich doch mit einem Lächeln an Marcellus. Es war eher dieses 'Ich-rege-mich-furchtbar-auf-aber-du-hast-nichts-zu-befürchten Lächeln, das zugleich mit leicht vor Zorn geröteten Wangen begleitet wurde. In ihren Wangen funkelte es ebenfalls verräterisch und man konnte auch mit ungeschultem Auge erkennen, dass sie ungehöriges Temperament hatte. Auch wenn dieses Temperament sich weniger beiUngerechtigkeiten an der Menschheit zeigte, als dann, wenn es um sie selbst ging.


    "Verletzt, verletzt! Natürlich ist er verletzt, das siehst du doch. Was ist das für eine blöde Frage." echauffierte sie sich aufs Neue. Sie merkte durchaus, dass sie vielleicht ein wenig zu laut wurde, doch sie fühlte sich unter Stress gesetzt. Sie wurde beobachtet, fand einen halbtoten Menschen auf der Straße und hatte sich mit einer Sklavin vergnügt - warum sollte sie dann noch ruhig reagieren? Es lief ohnehin alles aus den normalen Bahnen. "Wir werden ihn jetzt zur Villa geleiten, damit seine Wunden versorgt werden. Zur Villa Tiberia. Er ist der Sohn des Senators Helvetius Geminus und das sollte genug zu meiner Befugnis dieser Anweisung sagen. Dort sehen wir dann weiter!" wies sie an. Vermutlich wartete auch Vitamalacus auf sie und das sicherlich nicht sehr erfreut. Aber warum nicht auch das noch? Vielleicht täte ihr ein wenig Konfrontationskurs gar nicht schlecht.

  • Titus
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    Titus war es ziemlich egal, wie Minervina auf sein Erscheinen reagierte, sie hätte auch lautstark schimpfen können, er hätte auch nur da gestanden und es sich angehört. Wie ein Fels in der Brandung stand er da, unberührt von allem.


    Und als Minervina geendet hatte, blieb er auch stehen, überlegte, was nun zu tun sei und was er tun musste. So dauerte es etwas, bis er etwas sagte.


    "Dann geh du vor, kennst ja den Wech."


    Er selbst würde mit dem Fremden, der wohl wichtig zu sein schien, nachkommen. Was nun den Rest anging, das war ihm egal, das würde Minervina seinem Tribun erklären müssen. Ihm selbst wqare nur wichtig, das sie unbeschadet zurück zur Villa kam.

  • Sie warf noch einen halbwegs besorgten Blick zwischen Helvetius und Titus hin und her, ehe sie sich umwandte und sich durch die Straßen schlängelte. Ein allzu weiter weg war es nun nicht zur Villa Tiberia. Dort angekommen überlegte sie schon einmal ihre Optionen. Marcellus würde sie durch Lana verarzten lassen, sie kannte sich schließlich mit derlei recht gut aus. Und sie? Würde sie anwesend sein oder würde sie sich einer Begegnung mit ihrem Onkel stellen müssen? Als sie bei der Villa ankamen, ging sie auf direktem Wege zu einem Gästezimmer für Marcellus durch.

  • Minor blickte sich um. Hier wurden keine Lebensmittel gelagert. Im Halbdunkel meinte er einen Stuhl ausmachen zu können. Und eine dunkles Loch verriet eine weitere Türöffnung im Hintergrund. - Die Tür schien von innen aufgestoßen worden zu sein und war in den Kellerraum gefallen. So als ob ein Gefangener ausgebrochen wäre.


    "Das muß es sein!"


    Er warf den Milites einen Blick zu, meinte aber auf ihren Gesichtern ähnliche Schlußfolgerungen lesen zu können.

  • Der Keller war dunkel und verlassen. Er machte den Eindruck, als sei schon länger niemand mehr hier gewesen. In der Mitte des Raumes befand sich ein Stuhl, an denen noch Taue hingen. An den Wänden befanden sich Regale mit Krügen. Eine Staubschicht verriet, dass sich schon lange keiner mehr an den Krügen zu schaffen gemacht hatte. In einem Regal befanden sich Werkzeuge zur Holzbearbeitung und eine Holzpuppe, deren ähnlich, die reiche Eltern ihren Kindern schenkten. Unter einem kleinen Fenster war ein Haufen Sägespähne zu sehen, als ob diese von Außen hier hinein geschüttet wurden. Neben dem Fenster befand sich eine kleine leere Kammer, dessen Türe auf dem Boden lag. Das Holz war in einem guten Zustand, doch die Mauer war anscheinend brüchig geoworden, so dass die Scharniere rausbrachen. Insgesamt machte das Gebäude einen baufälligen Eindruck. Neben der Türe ein Tisch, der wohl erst kürzlich gereinigt wurde.

  • Minor trat näher auf den Stuhl zu. An ihm hingen noch Taue. Er erinnerte sich, daß der Helvetier von Folter gesprochen hatte und dazu war er möglicherweise auf genau diesem Stuhl festgebunden worden. Ein kurzer Schauer lief seinen Rücken hinab, als Bilder eines gefesselten Mannes vor ihm auftauchten, der von mehreren Männern malträtiert wurde. Wenn sie die Täter erst gefasst hatten, würden sie es noch bereuen Hand an einen Kameraden gelegt zu haben, soviel stand fest.
    Er wandte sich den Milites zu.


    "Zwei von euch oben an die Tür! Metellus, hol du die restlichen Leute und besetzt den Innenhof! Wenn euch jemand verdächtig vorkommt, nehmt ihr ihn erstmal fest! Die sollen sehen was passiert, wenn man einen unserer Kameraden verschleppt!"


    Er ging weiter umher und sah, daß der Raum ansonsten weitesgehend von einer Staubschicht überzogen war nur der Tisch neben der Tür zu einer weiteren Kammer führte, schien erst kürzlich abgewischt worden zu sein. Er trat in die Kammer, um dort nach möglichen weiteren Hinweisen zu suchen, daß dort kürzlich noch jemand festghalten wurde.

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