Conventus - Februarius DCCCLVII A.U.C.

  • Der Kaiser erwartet noch eine weiteren Nachsatz, der aber nicht kommt. Also muss er sich selber denken, auf was der Patrizier hinaus will.


    "Du möchtest gerne etwas von diesem Land kaufen? Das sollte kein Problem darstellen, wenn du dich an meinen Sekretär wendest."

  • Anscheinend war der Kaiser etwas weniger Visionär als Flavius Lucullus - oder aber er wollte nicht in die Richtung denken, in die ich ihn zu schubsen gedachte.


    "Ich gedenke zurzeit keine Grundstücke zu kaufen. Ich wollte Dich vielmehr darauf hinweisen, dass diese Grundstücke eine billige Möglichkeit wären, verdiente Persönlichkeiten zu belohnen - ohne sie inflationär mit Ehrbekundungen wie Statuen usw. zu überschütten. Oder unzufriedene Persönlichkeiten bei Laune zu halten."


    "Unzufrieden" würde der Kaiser hoffentlich, wie von mir beabsichtigt, mit "Patrizier" verbinden.

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  • Der nachdenkliche Gesichtsausdruck des Kaisers hellt sich leicht auf.


    "Ah, du spielst auf Landschenkungen an. Ja, diese werden auch in Zukunft zweifellos zum Repertoire der möglichen Belohnungen für verdiente Persönlichkeiten gehören. Oder auch für Bürger, die sich durch ihre Verdienste höhere Ehren erworben haben, diese jedoch nicht finanziell untermauern können.


    Unzufriedene Persönlichkeiten mit Land zu trösten halte ich dagegen für aussichtslos. Es wäre ein Weg ohne Ende und Land allein macht doch nicht glücklich. Die Unzufriedenheit rührt doch meist von fehlenden Ämtern, Aufgaben oder öffentlicher Beachtung her und nicht vom Mangel an Land oder Geld."

  • Ich hatte mich wohl etwas ungenau ausgedrückt...


    "Du hast vollkommen recht, mein Kaiser. Dennoch kann eine gewisse Unabhängigkeit sehr dabei behilflich sein, sich befriedigenden und löblichen anstatt niederen aber notwendigen Tätigkeiten zu widmen.
    Zu oft ist es ehrenwerten Bürgern nicht möglich, dem Volk in einem ihnen angemessenen Amte zu dienen, da ohne festes Einkommen eine souveräne Position nicht gehalten werden kann. Und gerade da könnten diese herrenlos gewordenen Ländereien große Wirkung entfalten, zum Wohl aller."

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  • Plötzlich umspielt ein feines Lächeln die Lippen des Kaisers.


    "Du versuchst, sehr verklausuliert von etwas verarmten Mitgliedern deines Standes zu sprechen, nicht wahr? Von jenen, die mehr Zeit in ihre Güter investieren müssen, als ihnen lieb ist, um ihre Gewinne zu mehren.


    Ein verständliches Ansinnen, wenn man an die alten Zeiten zurück denkt, aus denen die Geschichtsschreiber von riesigen Landgütern berichten. Doch wird den Mitgliedern deines Standes das Leben nicht schon dadurch erleichtert, dass ich ihnen die Steuern erlasse?"

  • "Nein, mein Kaiser. Ich spreche von jenen verarmten Mitgliedern meines Standes, die kaum über die Güter verfügen, die ihnen eine gewisse Unabhängigkeit garantieren könnten. Denn wovon sonst sollen sie leben? Sollen meine Verwandten etwa Handel treiben?"


    Man konnte meine Abneigung gegen diese makabere Vorstellung deutlich hören.


    "Es ist die Landwirtschaft, die uns laut Gesetz erhalten muss. Und für Landwirtschaft sind nun mal Ländereien in ausreichender Größe vonnöten. Versteh mich nicht falsch; wir sind Dir sehr dankbar für den Steuererlass, und uns deiner Großzügigkeit bewusst. Doch nur ein Teil des Adels kann diese Deine Großzügigkeit auch tatsächlich nutzen - denn wer keine Sesterzen für Notzeiten übrig hat, dem bring es sehr wenig, dass er dafür keine Steuern entrichten müsste."

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  • Der Kaiser kratzt sich am Kinn.


    "In der Tat, ich hörte davon, dass es auch solche Vertreter deines Standes gibt. Was ist denn mit deren ehemaligen Landbesitz passiert, dass sie ihn verloren haben? Ihre Vorväter muss er schließlich noch prächtig ernährt haben."


    Diese Fragestellung ist keineswegs eine rhetorische Frage, denn der Kaiser konnte es in seinem eigenen Leben und dem seiner Familie nur erleben, wie Geld und Besitz zunahmen.

  • "Die Vorväter lebten noch, wie es sich gehörte. Doch mit der Zeit kamen immer mehr Neureiche an die Macht - politisch sowie wirtschaftlich."


    Ich merkte, dass ich mich hier potentiell gefährlichem Terrain näherte. Schließlich war auch des Kaisers Gens keine von den ganz alten...


    "Proskriptionslisten und kaiserliche Vorsicht raubten vielen Patriziern in der Zeit seit der späten Republik schließlich die letzten Ländereien."


    Das Eis wurde immer dünner, und so beschloss ich nur mehr ganz vorsichtig weiterzutapsen. Woher stammte eigentlich das Vermögen der Ulpier?


    "Und so versinkt die einstige Elite Roms in der wirtschaftlichen und politischen Bedeutungslosigkeit."


    Während sich plebeisches Gesocks mit seinen immensen Geldmitteln politischen Einfluss sichern konnte. Doch das zu sagen wagte ich nicht mehr.

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  • "Ich sehe, dass du es noch immer verstehst, mit deinen Worten klare und deutliche Bilder zu zeichnen. Du solltest häufiger im Senat sprechen, das wäre sicher belebend.


    Aber zurück zum Thema: sollten gewisse Maßnahmen meiner Amtsvorgänger, auch wenn sie schon sehr lange zurückliegen, noch konkret als unpassend und unnötig feststellbar sein, dann wäre es sicher möglich, im Rahmen einer sorgfältigen Prüfung einzelne Grundstücke auf diese Weise einem neuen Besitzer zukommen zu lassen.


    Andere Vorgänge sind dagegen nicht so einfach umkehrbar. Wirtschaftliche Effizienz hat die Klasse der Equites hervor gebracht in der Form, wie wir sie heute kennen. Was für die einen eine Rückkehr zu guten Traditionen wäre, wäre für die anderen ein Verlust eines Fortschritts. Es kann dem Wohl Aller nicht dadurch gedient werden, indem die einen gewinnen und die anderen verlieren. Das gilt sowohl aus deiner Sichtweise als auch aus jeder anderen."

  • Anscheinend war meine Rhetorik vorsichtig genug gewesen. Mein Kopf war noch dran, und ich hörte nirgendwo Löwen knurren...


    "Ich danke dir, mein Kaiser, und werde mir das zu Herzen nehmen."


    Die Thematiken im Senat boten allerdings nicht die Güte, die man von Gesprächen mit dem Kaiser erwarten konnte.


    "Ich wünsche keine Revolution der Besitzverhältnisse. Eine solche würde das Reich in die Republik zurückkatapultieren, mit all ihren Intrigen. Ganz abgesehen von der Undurchführbarkeit eines solchen Prozesses."


    Ein stabiler, starker Kaiser an der Spitze eines Weltreiches garantierte schließlich das Maximum an Frieden und Produktivität. Und daran würde ich nie rütteln.


    "Mein Anliegen ist geringer, mein Kaiser. Viel geringer. Bereits mit kleinen... Gesten... ließe sich die Position einiger meiner Standesmitglieder gerade soweit festigen, dass sie all ihren Elan und ihren Geist dem Staat widmen können. Ein kleines Landgut, gerade groß genug für bescheidenen Unterhalt, in die Hände eines vielversprechenden Sohnes Roms zu geben - anstatt dass es ein egoistischer Superreicher in seine Grundstücksammlung einverleibt - damit mehrt man das Wohl Aller, und noch dazu zu sehr geringen Kosten."

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  • "Kleine Gesten? Quasi die Luxusversion des Leitspruchs 'Panem et circenses', bei der nicht Brote, sondern gleich ganze Getreidefelder verschenkt werden?


    Du weist, dass es zu meinem Pflichten als Patron gehört, meinen treuen Klienten ohnehin von Zeit zu Zeit ein kleines Geschenk zu machen. Sollte ich in dieser Hinsicht eine akute Not lindern können, so stünden meine zuständigen Procuratoren dem sicher nicht im Wege. Doch die entsprechenden Klagen müssten dann schon deutlich sein, denn bisher hat sich zumindest mir gegenüber niemand darüber geäußert, dass er Not leidet."


    Auch für den Kaiser besteht schließlich keine Notwendigkeit, aus einer Laune heraus Land zu verschenken, wenn er es selbst an seinem Geburtstag nur bei Geldgeschenken für sdie Truppen belässt.

  • Ich schrie vor Frustration. Innerlich. Wie dumm stellte er sich?


    "Ist es Not, mein Kaiser, wenn ein Bürger sein Leben dafür aufwenden muss seinen Lebensunterhalt zu bestreiten? Ich denke nicht, und daher dringt es Dir nicht zu Ohren.


    Aber ist es Not, wenn fähige Bürger aus diesem Grund auf den Cursus Honorum verzichten müssen? Oder noch schlimmer, nicht auf das Ehrenamt sondern auf ihre Integrität verzichten?
    Das ist Not, mein Kaiser. Keine persönliche, existenzielle. Aber langfristig ein Problem für den Staat."


    Ich hatte das Gefühl mich zu wiederholen, und fragte mich ob wir uns im Kreis bewegten.

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  • Der Kaiser weiß nicht, ob er über die Hartnäckigkeit, mit der der Senator auf ein bestimmtes, letztlich recht offensichtliches Ziel hinarbeitet, amüsant finden soll oder doch etwas ungebührlich. Er entscheidet sich für letzteres.


    "Senator, ich habe doch mit keinem Wort behauptet, von existenzieller Not zu sprechen. Dass in gewissen Kreisen schon der Besitz von weniger als 1000 Sklaven als akute Notlage und Verlust der Menschenwürde angesehen wird, ist mir bekannt. Ob man diese Meinung teilen muss, ist eine andere Debatte.


    Vielleicht kommen ja eines Tages einige herrenlose Grundstücke und deine Meinung über deren sinnvolle Vergabe zufälligerweise zur richtigen Zeit am richtigen Ort zusammen."

  • Der Kaiser selbst sah es sicher als akute Notlage, weniger als 1000 Sklaven zu besitzen. Vielleicht wollte er die herrenlosen Grundstücke gar für sich selbst erschließen?


    "Dessen bin ich mir sicher, mein Kaiser."


    Ich erhob mich.


    "Ich danke dir für deine kostbare Zeit und dein offenes Ohr. Vale!"

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