Ich konnte Helena sehr gut verstehen. Man konnte schwerlich die Beine strecken, und wenn man noch dazu so groß war wie ich, hatte man es zusätzlich schwer. Dahingehend war auch ich gar nicht mal so unglücklich darüber, dass es hier einen kleinen, unfreiwilligen Aufenthalt gegeben hatte, der allerdings bald wieder zu Ende sein würde.
"Wo hast du denn auch deine palla?" stichelte ich sie in Bezug auf die Kühle Germaniens. Immerhin war es zudem auch noch früh am Tage. Er würde im weiteren Verlauf sicherlich noch wärmer werden, wenn auch nicht viel. Ich verengte die Augen zu schmalen Schnitzen und suchte den Horizont mit dem Blick, doch vor lauter Tannen war das gar nicht so leicht, und so sah ich lediglich dieses grüne Tor, das weit vor uns lag und vermutlich einen Ausgang aus dem Tannenforst darstellte. "Eine gute Massage wäre jetzt den ein oder anderen aureus wert", pflichtete ich ihr bei und blickte kurz prüfend zu Camryn, die bereits wieder auf dem Rückweg in den Sklavenwagen war und mir zunickte. Also hatte sie den Mann besänftigt, sehr gut. Ich winkte sie heran und sagte: "Du kannst den anderen dann sagen, dass es schnellstmöglich weitergehen soll. Und Camryn? Du wirst hinterdrein laufen, bis wir Rast halten. Das hast du deiner spitzen Zunge zu verdanken. Nun geh."
Zusammen mit Helena setzte ich mich sodann in Bewegung, um zur Kutsche und Deandra zurückzukehren. Ich verschränkte die Arme auf dem Rücken und machte große Schritte über die größten Pfützen hinweg, während Helena ihrerseits die Pfützen großzügig umschiffte. "Wir könnten eine Partie tris spielen", schlug ich vor und dachte an das Strategiespiel, das sich in der Kutsche befand. Eines musste man Camryn nämlich lassen, sie sorgte vorausschauend dafür, dass Langeweile nur schwerlich im Vorfeld aufkam. Ich wollte gerade erneut einen Vorschlag machen, da passierte das Malheur.
"Oder wir.." Da quietsche Helena bereits erschrocken und ich wandte meine Aufmerksamkeit sofort auf den Boden vor unseren Füßen, schon darauf wettend, sogleich eine Schlage zu erblicken. Aber statt dem dünnen Schuppenkörper eines wechselwarmen Reptils sah ich den rutschenden, zarten Fuß einer Frau. Helena ruderte instinktiv nach halt suchend mit den Armen und ich griff ihr unterstützend an den Unterarm, nur leider den Bruchteil einer Sekunde zu spät. Statt sie zu stützen, geriet ich also ebenfalls ins Straucheln, rutschte und fand selbst natürlich nirgendwo halt. Keuchend ging ich mit Helena an meiner Seite zu Boden. Ein schmatzendes Geräusch erklang, als das Hinterteil im Morast landete und meine Reisetunica vom sich schlagartig von ihrem urprünglichen Dunkelrot zu einem unansehnlichen cloaka-Braun verfärbte, zumindest an Gesäß und Rücken. Die Seiten waren matschfarben gesprenkelt und an meinem Gesicht fand sich ein olivfarbener Streifen.
Seltsamerweise lag mir kein Fluch auf den Lippen, wie es wohl sonst der Fall gewesen wäre. Stattdessen stützte ich mich mit einer Hand im Knetsch ab und grinste Helena breit an. Ich hob die Hand, die sich mit einem saugenden Geräusch aus dem Boden löste, kam ihrem Gesicht schnell nahe und malte einen schlammfarbenen Klecks auf ihre Nasenspitze. Nun konnte ich das Lachen nicht länger unterdrücken, denn auch wenn ein Patrizier seltenst gern im Matsch saß und sich damit wohl zum Gespött aller umherstehenden Leute machte, so hatte diese ganze Situation einfach zu viel Witz in sich, als dass ich hätte kühl und würdevoll bleiben können. Vermutlich war das ein Punkt, der mich ausmachte, und so hallte mein lautes Lachen durch den Tannenforst. Ich machte keine Anstalten, aufzustehen und ich dachte auch nicht daran, dass jemand sowohl Helena als auch mich erstens sauber bekommen und zweitens wieder ankleiden musste. Ich saß einfach im Dreck und lachte wie ein Sechsjähriger.