• Commodus hörte sich die Worte des Tiberiers an und schwieg danach. Es war mehr oder weniger eine Entschuldigung, auch wenn sie natürlich in die patrizisch-schönen Worte gekleidet war.


    "An dieser Angelegenheit kannst du einige grundlegende Dinge für deine Zukunft im Senat lernen. Du kannst natürlich sofort, wenn dir etwas auffällt beginnen zu sprechen, doch siehst du, wohin so etwas führen kann." begann er dann.
    "Besser wäre es, wenn du dich informierst, bevor du das Wort ergreifst. Selbst Avarus tut dies. Soviel muss man ihm zugestehen, wenn er auch sonst nicht viel sinnvolles von sich gibt."

  • "Nun, diese Aktion war tatsächlich etwas vorgeprescht, aber ich musste fürchten, dass ein Mann zum Consul wird, der sich nebenbei an Bürgern bereichert - diese Vorstellung ließ mich unüberlegt werden."


    erklärte er und kam sich fast vor, als würde er mit seinem Paedagogus sprechen, nachdem er wieder einmal etwas ausgefressen hatte...


    "Nunja, und was Avarus betrifft - er gibt besonders im religiösen Bereich größten Unsinn von sich...das Augurat als ein ritterliches Amt zu bezeichnen - also wirklich! Patrizier haben dieses Collegium gegründet und besetzen es zur Hälfte!"


    Durus lächelte. Avarus hatte wahrscheinlich noch nie einen Tempel von innen gesehen!

  • "Lass dir von einem alten Mann sagen, dass es in manchen Situationen besser ist zu schweigen. Aber nur zu dem Zweck, dass man später zu einem grösseren Schlag ausholen kann." Ein leichtes Lächeln erschien.


    Er rutschte ein Stück auf der Bank zur Seite und deutete auf den Platz neben sich. "Bitte."


    "Avarus sollte man nicht zwangsläufig ernst nehmen. Er ist ein Mann, der sehr darunter leidet, dass die Taten, die er vollbracht hat und die in seinen Augen grossartig sind, nicht von allen anderen gewürdigt werden. Er wird erst zufrieden sein, wenn seine Statue zwischen denen der Götter steht."

  • Durus nahm Platz. Wie ihm schien, hatte er wieder das Wohlwollen des alten Mannes gewonnen, der wohl bald Consul sein würde - jedenfalls nach Durus' Einschätzung!


    "Kennst Du ihn bereits länger? Ich habe erst seit seinem missglückten Consulat von ihm gehört. Seitdem gehört er wohl zu meinen persönlichen Feinden - wie konnte er eigentlich in den Senat gelangen?"


    fragte der Tiberier, da Commodus so aussah, als würde er die meisten Senatserhebungen persönlich erlebt haben.

  • Commodus überlegte einen Moment lang. "Ich weiss gar nicht genau, wann ich ihn das erste Mal getroffen habe. Aber es ist schon eine Weile her. Wie eigentlich bei jedem Menschen." Er lachte leise.


    "Sein missglücktes Consulat war bisher glaube ich auch einer der Höhepunkte seiner Karriere. Jedenfalls empfinde ich dies so. Wie er in den Senat gelangen konnte... Eine wirklich gute Frage. Ich glaube ihm kam, wie vielen anderen auch, zu Gute, dass dem Kaiser die Senatsberufungen früher etwas lockerer von der Hand gingen." Dass auch er selbst davon profitiert hatte, war eigentlich weithin bekannt.


    "Allerdings kam er in den Senat, lange bevor ich hineingelangte."

  • "Tatsächlich?"


    Das verwunderte Durus doch. Avarus sah noch gar nicht so alt aus!


    "Und wie kamst Du hinein, wenn ich fragen darf?"


    Im Allgemeinen liebten es alte Menschen, ihre Lebensgeschichte mit anderen zu teilen...

  • "Die meisten Senatoren, die das Volk kennt, sind schon länger Senatoren als ich." sagte er zur Bestätigung.


    Dann setzte er einen etwas sentimentalen Blick auf.


    "Ich wurde in den Senat berufen, nachdem ich meine Amtszeit als Aedil hinter mir hatte. Wie gesagt, damals liess der Kaiser die Leute einfacher in den Senat kommen. Ich hatte in der vorrangegangenen Amtszeit keine sonderlich grossen Leistungen vorzuweisen und konnte mich lediglich darauf stützen, dass ich die meisten Strafgelder gemäss Lex Mercatus ausgestellt habe als die meisten anderen Aedile vor und nach mir."

  • Die Bescheidenheit des Praetors kommentierte Durus lieber nicht, sondern fragte weiter.


    "Und vorher lebtest du in Germania? Wie hat es einen Griechen dorthin verschlagen, Prudentius?"

  • "Ich lebte zuletzt in Germania." antwortete er. "Und davor in Hispania und am Beginn meines Lebens in Roma. Die Zeit dazwischen ist mit Reisen durch verschiedene Provinzen gefüllt."


    "Warum ich nach Germania ging, ist ganz einfach zu beantworten. Es bot mir, im Vergleich zu Hispania, damals die besseren Perspektiven."

  • Durus zuckte mit den Schultern.


    "Ich war noch nie im hohen Norden, aber ich habe nur gehört, dass es dort kalt und unwirtlich sein soll. Die Germanen sind Gerüchten zufolge noch immer ein recht wildes Volk. Welche Perspektiven waren es dann? Statthalter warst du nicht, soweit ich mich erinnern kann..."


    Zwar wusste der Tiberier die Namen der Statthalter Germanias in den letzten fünfzig Jahren nicht auswendig, jedoch erinnerte er sich auch grob an die meisten seiner Jugend - immerhin hatte er sich auch damals schon mit Politik beschäftigt.

  • "Germania ist eine wunderschöne Provinz. Die Winter sind recht kalt und hart, aber im Sommer ist es dort ebenso warm, wie im Norden Italias oder in Gallia. Mein Haus dort, ist so gebaut, dass im Sommer möglichst viel geöffnet werden kann um die frische warme Luft durch das ganze Haus strömen zu lassen." sagte er schwärmend.


    "Es war vor allem die Perspektive unter einem vernüftigen Statthalter zu arbeiten. Als ich Hispania in Richtung Norden verliess, wurde Hispania durch Flavia Messalina Oryxa regiert. Vom Standpunkt eines Verwaltungsbeamten, wie ich einer war, war dies eine Katastrophe. Daher nahm ich das Angebot in der Regioverwaltung in Germania zu arbeiten auch dankend an."

  • Durus hüstelte bei dem Namen der Flavierin. Einst war sie Tiberierin gewesen, wie Durus wusste - ein eher unrühmliches Kapitel in der Geschichte der Gens Tiberia...


    "Ich verstehe. Vielleicht sollte ich mehr reisen...immer alles nur aus zweiter Hand zu erfahren, kann offensichtlich durchaus trügerisch sein..."

  • Durus sog tief Luft ein und blickte leicht verträumt auf die Wand gegenüber.


    "Zugegebenermaßen bin ich ein großer Freund des mediterranen Wetters - aber vielleicht wäre irgendwann eine Sommerreise möglich...vielleicht ließe es sich ja sogar mit einer politischen Tätigkeit dort verbinden..."


    Natürlich wusste der Tiberier um die große Bedeutung der Provinz Germania, in der Lucianus zur Zeit als Legatus Augusti diente. Aber wer wusste schon, was seine Zukunft bringen würde?

  • Schließlich löste Durus sich nach einem gedankenvollen Augenblick, bei dem er seine mögliche weitere Karriere vor seinem geistigen Auge vorbeiziehen ließ, von der Wand.


    "Was planst Du eigentlich nach Deiner Praetur und dem möglicherweise folgenden Consulat? Wirst Du nach Germania zurückkehren oder weiter dem politischen Geschehen erhalten bleiben?"


    Eigentlich war Durus sich sicher, dass Commodus die Kandidatur gewinnen würde - zwar war er bekanntlich nicht besonders auffällig, aber seine alternativen waren entweder negativ oder noch weniger als Commodus aufgefallen...

  • Commodus schaute den Tiberier an. "Nach dem Ende meines möglichen Consulats, werde ich sicherlich zu alt sein, um die Reise nach Germania noch einmal auf mich zu nehmen. Daher werde ich hier bleiben und den Rest meines Lebens im Senat verbringen." sagte er, auch wenn er insgeheim darauf hoffte, vielleicht doch noch ein letztes Mal Rom in einem Amt dienen zu können.

  • Durus war überaus überrascht. Commodus wirkte zwar zweifelsohne alt, aber so alt, dass er nicht mehr reisefähig war, kam er ihm auch wieder nicht vor.


    "Wenn ich fragen darf: Wie alt bist Du denn?"

  • Das überraschte Durus nicht, er hatte ihn zwischen 55 und 60 geschätzt.


    "Nunja, dann bist Du ja so alt auch wieder nicht...wobei die Winter dort oben sicher nicht allzu günstig für ein solches Alter sind.


    Wolltest Du Dir nicht ohnehin ein Landgut im Süden kaufen?"

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!