• "Als ich gerade alt genug dafür war, bin ich nach Hispania gereist und habe mich dort der Legio IX angeschlossen. In jener Legion diente damals auch mein älterer Bruder. Das war kurz vor dem Aufstand der Iberer unter Sertorius." sagte er und fügte hinzu: "Vor gut zwanzig Jahren." Es war eine unheimlich lange Zeit, wenn man es im Nachhinein betrachtete, auch wenn es ihm währenddessen nie so aufgefallen war.


    "Als der Aufstand durch den Triumphator Decimus Meridius niedergeschlagen war, kam ich mit der Legion zu Meridius Triumphzug nach Rom und wurde hier dann von den Praetorianern angeworben." erzählte er. "Bei der Garde blieb ich dann, bis mir das Kommando über die Ala II Numidia in Confluentes angetragen wurde. Das war glaube ich ein knappes Jahr vor Vaters Tod. Das Kommando führte ich drei oder vier Jahre, bevor ich abgelöst wurde und wieder hierher zurück kam."

  • Kurz gesagt, Callista war beeindruckt. Wie viel ihr Onkel schon erlebt hatte! Und er war gereist, in die vielen Provinzen des Reiches, hatte gekämpft, einem Triumphzug beigewohnt! Sie hatte höchstens davon gelesen, die Namen sagte ihr natürlich was, aber um wie viel spannender muss es gewesen sein wirklich teilzunehmen. Wäre sie ein Mann, wäre sie sicherlich neidisch geworden. Doch sie wusste sehr wohl, dass sie als Mädchen nicht nach so etwas streben sollte - und nach Militär war ihr nun wirklich nicht. Die einzigen Reisen, die ihr wohl noch bevorstehen würden, wäre, wenn ihr Mann ein einer anderen Provinz als Rom leben würde. Callista blickte einen Moment zu Balbus, sollte sie ihn schon danach fragen. Nein, entschied sie, das hatte noch Zeit. Und sie wollte weder ihre neue Familie, noch die Stadt Rom allzu schnell verlassen.


    "Ich bin beeindruckt, Onkel. Du hast ein erfolgreiches Leben gehabt bisher und so aufregend. Meins dagegen, naja…" Sie kicherte. "Und jetzt bist du ein Procurator, richtig? Am kaiserlichen Hof? Welch eine Ehre! Hast du viel mit dem Kaiser zu tun?" Callista beugte sich interessiert näher zu ihm, sie hatte soviel gelesen und gehört über den Mann, der ihrer aller Geschicke lenkte. Aber sie kannte niemanden, der ihn persönlich kannte und ihre Neugier brachte sie fast zum explodieren.

  • Ein kleines Bisschen war es ihm peinlich, denn eigentlich mochte er es nicht unbedingt anderen Menschen zu imponieren. Das war auch der Grund, warum er der Meinung war, dass er einen schlechten Politiker abgeben würde.
    "Ja, ich bin Procurator a libellis in der kaiserlichen Kanzlei." bestätigte er. "Und in dieser Funktion treffe ich mich auch regelmässig mit dem Kaiser."
    Er lächelte ein wenig.
    "Aber das habe ich auch schon getan, als ich noch als Offizier bei der kaiserlichen Garde war. Allerdings damals dann noch mit dem Divus Iulianus."

  • Als er zögerlich lächelte tat es ihm Callista gleich, er machte einen etwas nervösen Eindruck und sie verstand nicht wieso. Der Gedanke, dass seine Errungenschaften ihm peinlich sein könnten, kam ihr nicht. Warum auch, in ihren Augen hatte er wundervolles vollbracht und sich seine Ehre verdient. Er traf den Kaiser regelmäßig! Sie grinste. Was der Kaiser wohl für ein Mann war? War es schicklich danach zu fragen? Und wenn nicht, würde ihr Onkel dann schlecht von ihr denken? Callista wusste nicht so recht, aber interessieren tat sie es wirklich sehr.


    "Und, wie ist er so, der Kaiser? Ist es angenehm sich mit ihm zu treffen?" Nun hatte ihre Neugier doch noch gesiegt.

  • Jetzt musste Balbus lachen. Er hatte bisher noch nie darüber nachgedacht, ob die Treffen mit Valerian angenehm waren, da er dazu meist zu beschäftigt war. Leicht zuckte er mit den Schultern.
    "Er ist halt ein Kaiser. Er ist nicht sein Vater, aber dennoch ist er, so denke ich, ein durchaus geeigneter Mann um das Reich zu führen. Da ich ihn aber immer nur in dienstlichen Angelegenheiten treffe, kann ich dir nicht viel über den Mann selbst sagen, aber ich fühle mich in seiner Gegenwart zumindest nicht unwohl." antworete er dann. Letzteres war zwar nicht immer korrekt, aber zumindest die meiste Zeit über war er mittlerweile etwas entspannter, wenn er vor den Kaiser trat.
    "Die Treffen mit ihm sind allerdings anders als jene mit seinem Vater. Denn auch wenn ich den göttlichen Iulian zumeist in Krisensituationen traf, strahlte er dennoch stets eine grosse Ruhe und Gelassenheit aus. Valerian ist da anders, aber ich denke das liegt vor allem daran, dass er tief in seinem Herzen vor allem Soldat und nicht Kaiser ist."
    Das es unter anderem am gesundheitlichen Zustand des Kaisers lag, behielt ich wie immer für mich.

  • Balbus lachte und sie war sich nicht sicher, wieso. Wahrscheinlich war ihre Frage doch etwas kindisch gewesen. Dennoch beantwortete er sie, sogar recht ausführlich und so lauschte sie ihm gespannt. Es war fast schon möglich, sich vom Kaiser ein Bild zu machen, von dem was Balbus erzählte und Callista nickte erfreut. Über die Karriere von Valerian hatte sie auch gelesen, selbst wenn ihre Mutter das nicht interessiert hatte.


    "Vielleicht kommt die Ruhe bei Valerian noch? Wenn er etwas älter und sicherer wird. Es ist sicherlich nicht einfach, was er so alles tun muss." Callista blickte auf den Teller und stibitzte dann doch noch eine Weintraube. Sie hatte keine Ahnung von diesen Männerthemen und ihre Mutter wäre ihr jetzt schrecklich über den Mund gefahren, doch ihrem Onkel schien es nicht zu stören. Er hatte alle ihre Fragen sehr bereitwillig beantwortet.


    Allerdings hatte er kaum Fragen gestellt und das machte Callista nervös. Sie hoffte, sie langweilte ihn nicht, aber so direkt wollte sie dann auch nicht danach fragen.

  • "Vermutlich hast du Recht." sagte er und führte sich noch etwas Nahrung zu.
    Dann lächelte er sie an und fragte: "Und wie verbringst du in der Regel deine Zeit? Beziehungsweise, was hast du in Mantua den lieben langen Tag gemacht?"

  • Anscheinend konnte er Gedanken lesen, sagte sich die junge Dame halb erfreut und halb besorgt, denn er fragte sie nun tatsächlich nach ihr.


    "Nicht viel, wenn ich ganz ehrlich sein soll. Ich wurde unterrichtet, natürlich, aber nicht auf einer öffentlichen Schule, sondern zu Hause. Überhaupt war ich eigentlich immer nur zu Hause, meine Mutter sieht es nicht gern … sah es nicht gern, wenn ich auf dem Markt war oder sonst etwas außerhalb des Hauses erledigte. Ich habe ihr viel vorgelesen, als es mit ihrer Gesundheit immer schlechter wurde und dann habe ich auch selber viel gelesen, über Medizin und Krankheiten und wie man sie heilt. Ich glaube zwar nicht, dass ich gut darin bin, aber in der Theorie konnte ich viel Wissen ansammeln."


    Callista lächelte traurig als sie an Mantua zurückdachte, sie vermisste ihre Mutter, ihre Sklaven, ihr Haus und ihre Heimat. Da konnte ihr Onkel noch so herzlich sein und das war er wirklich.


    "Natürlich habe ich auch immer viel gebetet, vor allem zu Iuno und Minerva, damit sie meiner Mutter beistehen. Hier in Rom würde ich gerne einmal einer Schlangenfütterung beiwohnen, meinst du das lässt sich einrichten?"


    Sie schaute ihm einen Moment in seine blauen Augen, die in dem Licht, das gerade herrschte viel dunkler aussahen. Ob sie ihn fragen sollte? Was er mit ihr vorhatte?


    "Was ich dich noch fragen wollte, Onkel, und bitte verzeih mir, wenn ich das jetzt schon frage, aber ich würde gerne etwas anfangen, mit meinem Leben, hier in Rom. Ich glaube, ich wäre eine gute Tempeldienerin, eine Priesterin der Iuno. Wenn du einverstanden bist, würde ich mich gerne dem Cultus Deorum anschließen."

  • Interessiert hörte er sich an, womit seine Nichte so ihre Tage verbracht hatte und war sich nicht sicher, ob er das ganze langweilig finden sollte, oder nicht. Es hörte sich an wie der Alltag der meisten römischen Frauen und einmal mehr war er sehr froh, dass er keine Frau war.


    Dann nickte er. "Ich bin mir sicher, dass es sich einrichten lässt, dass du eine Fütterung erlebst."


    Das folgende war dann schon schwerer. Er konnte es nicht so ganz einfach positiv beantworten, denn auch wenn er es wirklich gut fand, dass sie sich eine Beschäftigung suchen und den Göttern dienen wollte, so war er sich nicht sicher, ob er es zulassen konnte.
    Was hätte ihre Mutter gesagt, wenn er ja sagen würde? Oder ihr Vater? Andererseits war er jetzt für sie verantwortlich, darum hatte ihre Mutter ihn gebeten. Und er konnte eigentlich nichts finden, das dagegen sprach. Ausserdem hatte er immernoch das letzte Gespräch mit Tiberius Durus im Kopf. Und so nickte er, nach einigem Zögern.


    "Ich bin einverstanden. Sofern der Cultus Deorum dich aufnimmt, sollst du Priesterin werden."

  • Als sie sein Einverständnis hörte konnte Callista gar nicht anders als begeistert aufzuspringen und ihn einmal feste zu umarmen. Sie war sehr glücklich und dankbar, dass er sich positiv geäußert hatte. Sie hätte - bestenfalls - damit gerechnet, er würde sich mehr Zeit für eine Entscheidung erbitten. Sie kannten sich ja schließlich erst einen halben Tag. Aber er war einverstanden und sie grinste ihn an.


    "Danke, vielen Dank Onkel. Das ist sehr großzügig von dir, vielen Dank."


    Sie setzte sich wieder und hoffte, dass ihr spontaner Ausbruch ihm nicht unangenehm war. Ihre Mutter hatte sie immer viel umarmt, nur zum Schluss ging das nicht mehr. Sie hatte sein Zögern bemerkt und rätselte einen Moment, was ihn dazu bewogen hatte - doch schlussendlich war nur entscheidend, dass sie durfte!

  • Da war sie wieder, die Überschwenglichkeit, die er an seiner kleinen Schwester so gemocht hatte. Allerdings fragte er sich, wie sie zu Callista gekommen war, denn deren Vater war eigentlich immer alles andere als überschwenglich gewesen.


    "Du brauchst mir nicht zu danken. Es wird mir Dank genug sein, dich bald als Priesterin der Iuno sehen zu dürfen."

  • Callista setzte sich wieder und es war ihr fast schon etwas peinlich, aber sie konnte das glückliche Grinsen aus ihrem Gesicht nicht verbannen. Er hatte es erlaubt und sie würde es ihm mit Fleiß danken, sie würde lernen, wie sie noch nie gelernt hat. Nur, damit er es nicht bereute und Stolz auf sie sein konnte. Callista mochte es, wenn andere stolz auf sie waren, genauso wie sie es hasste, wenn jemand böse auf sie war.


    "Ja, natürlich. Das wirst du." Sie grinste noch einmal und Trank einen Schluck Wasser. "Und wie muß ich vorgehen, dass der Cultus Deorum mich aufnimmt?"

  • "In Ordnung. Das mach ich dann gleich morgen. Wie aufregend." Sie grinste immer noch wie etwas, dass man später als Honigkuchenpferd bezeichnen würde. Sie trank lieber noch etwas Wasser, damit sie nicht allzu aufgeregt wurde und sah einen Moment hinaus in den Garten. Sie würde also wirklich Priesterin werden! Priesterin der Iuno, so wie sie sich schon oft ausgemalt hatte. Sie war sich sicher, dass ihrer Mutter der Gedanke gefallen hätte. Auch, wenn das bedeutete, sie würde den Schutz des Hauses verlassen müssen, regelmäßig, um ausgebildet zu werden.


    Da fiel ihr wieder etwas ein, dass sie sich schon vorhin gefragt hatte. Ob Balbus wohl selbst etwas mit ihr vorhatte, etwas geplant hatte, sie verheiraten würde? Sie konnte sich nicht recht vorstellen, dass sie einfach nur Priesterin werden würde, dazu war sie zu wichtig als Unterpfand, ob nun politisch oder aus wirtschaftlichen Interesse. Da machte sie sich nichts vor, sie würde wohl nicht aus Liebe heiraten, sondern ihrem Onkel da gehorchen. Er war ein guter Mann und würde gute Entscheidungen treffen - wie er ja so eben schon bewiesen hatte. Dennoch, wenn es nach ihr ginge, konnte das noch warten. Also fragte sie lieber nicht.

  • Balbus nickte. "Gut. Ich denke, es dürfte für dich keine grossen Probleme geben." sagte er und nahm sich etwas Brot, denn sein Magen musste erst noch damit klarkommen, dass er gerade seine junge Nichte in die Cultus Deorum hatte gehen lassen.

  • Callista hatte ihren Becher mit dem mit Essig zugesetzten Wasser geleert und ließ sich von einem Sklaven, der sich dezent im Hintergrund gehalten hatte, nachschenken. Sie wußte nicht so recht, was sie jetzt sagen sollte. Auf der Reise hierhin hatte sie sich ganz viele Fragen zurechtgelegt, doch waren die meisten davon schon wieder aus ihrem Kopf verschwunden. Außerdem wollte sie nicht den Eindruck eines Plappermäulchen machen - wenn sie das nicht eh schon getan hatte.


    Sie spürte, ganz sanft, wie sich Müdigkeit in ihr ausbreitete und setzte sich etwas bequemer hin und nippte wiederum an dem Wasser. Es machte auch nicht den Eindruck, als wenn Balbus noch viele Fragen an sie hatte und so ließ sich Callista auf etwas ein, das man in ihrer Nähe nur selten erlebte; Schweigen.

  • Callista mochte die Entspannung, die das Schweigen zwischen ihnen hervorbrachte, doch leider war dies auch eine gute Grundlage für ihre Müdigkeit. Es war ein langer Tag gewesen, sie hatte beinahe zehn Stunden in der Reisekutsche gesessen, dann die Aufregung ihrer Ankunft, das Bad und jetzt die Stille und Ruhe mit dem Blick auf den Garten. Nur halbherzig unterdrückte sie ein Gähnen, dann erhob sie sich. Es hatte nicht gewirkt, als wenn Balbus noch viel zu sagen hatte.


    "Ich werde mich jetzt zurück ziehen, Onkel. Der Schlaf bemächtigt sich meiner und ich will im Bett liegen, bevor er gewinnt."


    Sie lächelte und gab ihrem Onkel dann noch einen zögerlichen Kuss auf die Wange.


    "Gute Nacht."

  • "Gute Nacht, Callista." erwiderte Balbus mit einem Lächeln. Obwohl sie erst wenige Stunden hier war, war er schon recht vernarrt in seine junge Nichte. Inwiefern das daran lag, dass sie ihn an Valeria erinnerte, wusste er nicht und es war ihm auch egal.
    Er lehnte sich zurück und seufzte leise und zufrieden.

  • Nachdem Thalna zugestimmt hatte, machte sich Callista auf den Weg und führte sie ins Triclinium, das kleinere Speisezimmer, dass sie schon kannte. Sie selbst hatte bei weitem nicht alle Räume des Haues erkundet und sie dachte ein wenig wehmütig daran, dass sie es wohl heute nicht mehr zu den Tempeln schaffen würde. Aber Familienzuwachs war mindestens genauso spannend und so wies sie einen der Korbsessel zu Thalna, ehe sie sich selbst setzte. Ein Sklave brachte gerade ein Tablett herein, auf dem Wasser stand und etwas Wein und drei Kelche. Mit einem Nicken verdünnte er das Wasser für Callista und wandte sich dann mit fragendem Blick an Thalna. Wie mochte sie denn ihren Wein?

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