• Während ich mir die Tränen aus den Augen wischte, sah ich ihn freudig an. Der Humor war bei ihm doch vorhanden, das wusste ich.


    "Ja, meine Art... redet gern. Die Römer eroberten Achaia und sie redeten. Die Römer eroberten die Welt und sie redeten. Ich schäme mich fast dafür. Wir Griechen sind vielleicht ein freies Volk unter allen Besetzten. Ich weiß nicht, warum ich Dir das erzähle. Aber es ist merkwürdig, obwohl ich hier soviele Menschen, auch sehr freundliche, getroffen habe, fühle ich mich einsam. Einsam in einer Welt, die nichts mehr bietet. Es tut mir leid, Du bist selbst Römer..."

  • "Ja, das Reden kann eine Gabe sein. Aber nur, wenn sie frei, ungebunden und frisch ist. Und nicht in Wörter und Schrift gebannt auf Papyrus, gesperrt in Käfige, damit es das gemeine Volk nicht hören kann. Ich kreide sicher nicht die bestehende Ordnung an, ich denke, Iulianus tut Gutes für das imperium und es gibt bisher einen beständigen und guten Frieden. Deine Familie stammt aus Attika? Erzähl mir mehr!"


    Ich war gespannt und rutschte aufgeregt auf dem Korbsessel herum.


    "Ich habe übrigens vor, in der Akademie von Alexandria eine Stelle zu bekommen. Ich habe sogar gehört, der dortige Leiter, der epistates, soll bald in den Ruhestand gehen und es würde ein Neuer benötigt... vielleicht könnte ich so vermessen sein und mich darauf bewerben." ;)

  • "Es ist schon eine halbe Ewigkeit her. Der Grossvater meines Vaters war der erste dieser Familie, der nach Rom übersiedelte. Zuvor lebten die Familie in Attika auf einem nicht zu verachtenden Landbesitz, der allerdings mittlerweile auch der Geschichte angehört." Eine Tatsache für die der Ferrische Zweig der Familie Sorge getragen hatte.
    "Aber wie gesagt, dass ist schon ewig her."


    "An der Akademie von Alexandria? Eine wirklich angesehene Lehranstalt. Und direkt als Epistates? Nun, ein mutiges Ziel."

  • Ich hörte interessiert zu und nickte hier und dort.


    "Also Siedler, die sich in Attika niederließen. Hört sich interessant an. Was führte Deine Familie denn letztendlich nach Rom? Doch sicher nicht die frische Luft...", sagte ich schmunzelnd und nahm einen Schluck Wein.


    "Ja, das wäre ein Wunsch von mir. Jedoch denke ich, dass der Statthalter keinen ihm Unbekannten ernennen wird. Es wird wohl eines Fürsprechers bedürfen.", sagte ich nachdenklich und schaute dann hinaus in den Garten.

  • "Eine Frau und zwei Brüder... klingt fast wie eine Tragödie in fünf Akten.", sprach ich schmunzelnd.


    "Ja, das sollte ich wirklich..."


    Nachdenklich fiel mein Blick wieder auf den Hausherrn Commodus.


    "Wieviel Einfluss hast Du in diesen Belangen? Ich frage nur sehr ungern Menschen, die mir sehr sympathisch sind und bei denen es nach Ausnutzen der guten Lage aussehen würde."

  • "Eine Tragödie, ja, dass trifft es." bestätigte er.


    Über den unverhüllten Vorsturm des Griechen musste er wieder ein wenig Lachen.
    "Nun, Alexandria befindet sich ja im Prinzip im Privatbesitz des Kaisers und daher sind Dinge, die dort geschehen auch meist Dinge in seinem Kompetenzbereich. Der Senat hat in dieser Provinz leider nichts zu sagen und daher ein Consul natürlich auch nicht."


    "Aber ich hörte Gerüchte, dass es angeblich einen neuen Statthalter geben wird. Sobald ich weiss, wer dies sein wird, kann ich vielleicht etwas für dich tun."

  • Entschuldigend blickte ich ihn an.


    "Mir tut meine Dreistigkeit leid. Ich danke Dir. Wenn ich im Gegenzug etwas für Dich tun kann, lass es mich wissen. Wenn Du es erlaubst, würde ich gern der Philosoph sein, der Dir stets zur Seite steht."


    Im Geist plädierte ich schon darauf, hier vielleicht übernachten zu können, damit diese spannende und witzige Unterhaltung weitergehen konnte. Irgendwie hatte ich Gefallen an diesem Mann gefunden, der mir in vielen Dingen so ähnlich war.

  • "Ich würde mich sehr freuen. Du brauchst auch kein umständliches Zimmer herrichten lassen. Ich schlafe auch gern bei den anderen Bediensteten im Sklaventrakt, damit habe ich keine Probleme...", sagte ich grinsend. Auf der Straße schlaf man immer besser, wenn man wusste, dass neben einem ein vertrauenswürdiger Mitbettler lag.

  • Commodus grinste ebenfalls. "Du brauchst nicht in den Sklavenkammern zu schlafen. Du kannst dich vorerst im Zimmer meines Sohnes einquartieren. Er wird es so schnell sowieso nicht brauchen und bevor alles zustaubt, kannst auch du es bewohnen." sagte er.

  • "Ich danke Dir vielmals. Wie sieht es denn eigentlich mit Deinen Nichten und Neffen aus? Gäbe es dort Auswärtige, die jung gesund sind, als dass ich sie später hier unterrichten könnte?", fragte ich neugierig.


    "Mir fällt da gerade etwas ein. Ich glaube, der Statthalter hat in der Angelegenheit des museions eher wenig zu tun. Es sind vielmehr der Rector der Schola Atheniensis hier in Rom und der imperator selbst, der den Vorschlag des Rectors absegnen muss. Kennst Du den Rector?"

  • Commodus überlegte einen Moment. Irgendwie hatte die meisten seiner Nichten und Neffen das gleiche Schicksal ereilt, wie auch seine Kinder, daher war auch auf dieser Baustelle relativ wenig zu tun. Aber zwei Kandidatinnen wusste er.


    "Nun meine Nichte Drusilla vielleicht. Jedenfalls sobald sie sich wieder besser fühlt. Sie ist zwar bereits in gewissem Umfang ausgebildet worden, doch bin ich mir sicher, dass du ihr noch etwas beibringen könntest." Er lächelte leicht. "Und meine Grossnichte Aquilia, die derzeit in Germania ist. Sobald sie zurück ist, kannst du dich um ihre Ausbildung kümmern."


    Bezüglich des Rectors überlegte er einen Moment. "Der Rector. Aelius Callidus ist es derzeit glaube ich." sagte er vor sich hin. "Ich kenne den Mann nur flüchtig."

  • Zwei Nichten also. Nun, das sollte kein allzu großes Problem darstellen. Der Geist junger Frauen war noch recht formbar.


    "Das werde ich gern tun. Gibt es bestimmte Lehrinhalte, die du gern bevorzugt unterrichtet haben möchtest?", fragte ich. Alle Eltern und Verwandten hatten ganz spezielle Vorstellungen, wie ihre Sprösslinge zu erziehen waren.


    "Nun...hm... dann brauchst Du Dich um diese widrige Angelegenheit auch nicht zu kümmern. Ich möchte Dir nichts Unnötiges aufhalsen, was ich nicht selbst erledigen könnte. Ich denke, dass ich irgendwann in ferner Zukunft Alexandria einen Besuch abstatten kann. Sicher werde ich Fremdling nicht den Posten des epistates erhalten. Aber es wird zum Forscher reichen... Vorerst möchte ich aber hier bleiben. Es gefällt mir sehr hier. Nur die Ruhe in den Räumen ist fast schon...bedrückend. Hast Du einmal daran gedacht, ein kleines Festmahl zu veranstalten, zu dem Du Freunde und Bekannte einlädst? Sicher eine gute Möglichkeit, wieder neue Leute kennenzulernen und Erfahrungen auszutauschen."

  • "Drusilla benötigt lediglich einige Lehreinheiten zu den Grundzügen der Philosophie, so dass sie später ihrer Pflicht als Ehefrau erfüllen und ihrem Ehemann eine gute und unterhaltsame Gesprächspartnerin zu sein." sagte er.
    "Die junge Aquilia ist da schon ein etwas schwierigerer Fall. Ihr fehlt im Prinzip die grundlegenden Ausbildung auf den meisten Gebieten. Auch mit der griechischen Sprache hat sie noch so ihre Probleme." Dass sie sie gar nicht sprach, würde Theodorus sicherlich früh genug herausfinden.


    "Falls sich eine Gelegenheit ergeben sollte ein Gespräch mit dem Rector zu führen, werde ich an dich denken." Er lächelte.
    "In der Tat hatte ich vor in der kommenden Woche einige Freunde und Bekannte zu einem Essen einzuladen. Die Vorbereitungen laufen bereits und die Einladungen werden auch recht zeitnah versandt werden."

  • Ich nahm aus meiner Umhängetasche, die noch immer neben dem Tisch lag, ein Wachstäfelchen samt Griffel - eine sehr praktische Erfindung - und notierte mir die Namen der beiden Nichten samt Aufgabenbereich. Schließlich wischte ich den Griffel sorgsam ab und verstaute alles wieder in der Tasche.


    "Gut, ich werde mich um die beiden kümmern.", sagte ich zufrieden lächelnd.


    "Aber nicht doch, ich bitte Dich, der Rector wird niemanden einstellen, der ihm so unbekannt ist und der auch noch nirgends in Erscheinung getreten ist. Selbst auf die Empfehlung eines Consuls nicht. Überlass mir das, ich will mir damit lieber Zeit lassen, denn ich denke, dass es mich hier wohl länger halten wird."


    Ich schmunzelte bei dem Gedanken. Ich hatte lange kein festes Zuhause gehabt, doch hier schien es warm und behaglich. Wenn schon Commodus so freundlich und aufgeschlossen war, dann freute ich mich bereits auf seine Nichten.


    "Das ist doch eine schöne Idee. Aber ich fürchte, dass ich bei diesem Anlass wohl sehr fehl am Platz sein werde. Vielleicht sollte ich außerhalb speisen..."


    Das hielt ich wirklich für eine gute Idee. Schließlich waren das alles Freunde und Bekannte und ich ählte mich noch nicht zu diesem engen Kreis, auch wenn ich Commodus jetzt schon ins Herz geschlossen hatte.

  • Commodus beendete dann die Angelegenheit bezüglich des Rectors mit einem Nicken.


    "Als Gast in meinem Haus, wird es mir eine Freude sein, dir bei dieser Gelegenheit einige wichtige Personen vorstellen. Sicherlich wird es für dich eine Möglichkeit sein einige interessante und auch wichtige Kontakte zu knüpfen."

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