[OG] Officium II -

  • "Ich muss sagen, dass ich dich jetzt sowieso nicht nach Germania reisen lassen würde. Ich musste mal im Winter diese Reise auf mich nehmen und es war alles andere als angenehm. Das wäre nichts, was ich dir zumuten würde." sagte er als erstes.


    "Ja, ich besitze ein Haus in Mogontiacum. Dort lebt auch eine junge Verwandte von uns. Zumindest vermute ich, dass sie sich derzeit dort aufhält." sagte er. "Und natürlich könntest du dort wohnen, und wärst vermutlich auch nicht allein."


    "Duccius Verus, sagtest du? Ja, den kenne ich. Ich habe ihn während seiner Ausbildung hier in Rom kennengelernt. Ein netter Mann und er scheint auch ein guter Priester zu sein. Und die Gens Duccia zählt zu den Familien, mit denen wir freundschaftliche Beziehungen hegen. Also daher spräche eigentlich nicht viel dagegen." sagte er. "Bis auf vielleicht eine Kleinigkeit..."

  • Sie hatten also noch eine Verwandte die in Germanien lebte? Callista lächelte leicht, die Familie war viel größer als sie angenommen hatte und sie lernte doch nur nach und nach alle kennen. Obwohl es wirklich eine gute Sache war, dass es eine Verwandte dort in Mogontiacum war, nicht nur der Gesellschaft wegen sondern auch, da diese sich dann dort auskennen würde. Und Callista wollte nicht alleine sein, sie war nicht gern allein. Daher nickte sie freudig. Jedenfalls solange bis Balbus mit einem "Aber" antwortete, er sagte zwar nicht selbiges Wort, aber allein die Art wie er seinen Satz nicht beendete sondern einfach nur verklingen ließ, machte Callista nervös.


    Was konnte er denn meinen? Er hatte zugestimmt, dass sie anfangen konnte, wenn in Germanien Frühling war - Callista hatte zwar keine Ahnugn wann das sein würde, aber wahrscheinlich immer noch eher als das ein römischer Priester Zeit für ihre Ausbildung finden würde. Sie würde dort eine Verwandte haben, die ihre Gesellschaft leisten würde und auf sie aufpassen konnte, so dass etwaige Fehltritte direkt an Balbus berichtet wurden. Wobei die junge Prudentia natürlich eh nicht vor hatte sich auch nur einen einzigen zu leisten. Und, das Beste überhaupt, Balbus kannte den vorgeschlagenen Sacerdos persönlich! Und hielt ihn auch noch für fähig. Callista konnte einfach kein Problem sehen - was bedeutete, dass sie einfach nachfragen musste.


    "Ja?"

  • "Die Gens Duccia in ihrer Gesamtheit und so auch Duccius Verus, stammt aus den jenseits des Rhenus gelegenen Gebieten. Sie sind Rom gegenüber absolut loyal, aber dennoch halten sie an vielen Traditionen fest, die dich möglicherweise etwas befremden könnten." sagte er. "Da du bei deiner Ausbildung dort sicher auch engeren Kontakt mit den Mitgliedern der Familie haben wirst, solltest du das meiner Meinung nach wissen."
    Balbus sagte das völlig wertungsfrei, denn er mochte diese Familie. Vor allem auch wegen diesen Kleinigkeiten die sie so besonders machten.

  • Die angehende Priesterin, also, wenn es nach ihr ginge, ließ das Gesagte auf sich wirken und nickte dann. Bei näherem Betrachten schien das alles sehr logisch und auch wenn sie nicht genau wußte, welche Traditionen er meinte, aber das würde sie schon schaffen. Und etwas regte sich in ihr, die Neugier. Es würde unheimlich spannend werden diese Germanen kennenzulernen! Und ihre neue Kultur, also die alte Kultur, die für Callista neu wäre.


    "Ja, das kann ich nachvollziehen. In welchen Dingen unterscheiden sie sich denn von uns? Haben sie nicht auch noch eigene Götter?"

  • "Ja, sie haben auch andere Götter, allerdings weiss ich nicht, inwiefern sie diese noch verehren." sagte er. "Ansonsten unterscheiden sie sich vor allem in Kleinigkeiten von uns. Es sind wirklich keine grossen Sachen. Das störendste könnte ihre Sprache sein."


    "Unter meinen Klienten befindet sich ein Mitglied jener Familie. Vielleicht solltest du ihn mal kennenlernen, dann kannst du dir ein eigenes Bild machen und schon mal erste Erfahrungen sammeln."

  • "Ja, das würde ich gerne tun. Es ist sicherlich hilfreich wenn ich vorher schon ein wenig über die Germanen als solche erfahre und besonders über die Gents Duccier. Es interessiert mich."


    Sie lächelte und nickte erfreut, sie war wirklich neugierig auf das Ganze. Aurelius Cornivus hatte ihr, ob beabsichtigt oder nicht, einen großen Gefallen getan und sie würde die Wartezeit mit Recherche verbringen. Es würde sicherlich eine spannende und aufschlußreiche Zeit werden in Germanien und neben ihrer Ausbildung zur Priesterin würde sie viele neue, interessante Bekanntschaften machen.

  • Callista nickte. "Vielen Dank, Balbus. Das wird mir die Umstellung sicherlich erleichtern. Und ich möchte natürlich auch meinen Ausbilder nicht beschämen, wenn ich etwas falsches tue ... oder dich."


    Sie lächelte zufrieden. Es schien ihr doch so, als wäre gerade ein großer Schritt in ihre ZUkunft getan worden und sie war sehr glücklich darüber.

  • "Ich weiß leider nicht soviel über unsere Familie, wie ich gerne würde. Aber ich freue mich, wenn ich dem Ansehen und dem Ruf unserer Gents weiter ausbauen kann. Ich tue vielleicht nicht viel, dennoch will ich meinen Beitrag leisten. Und wenn du stolz auf mich bist, dann will ich alles dafür tun, dass ich dieses Gefühl deinerseits auch verdient habe."


    Callista lächelte immer noch freudig, bis ihr etwas einfiel, dass sie noch fragen wollte. Sie konnte, als sie sich die Situation in Erinnerung rief, nicht verhindern, dass sie leicht rot anlief und sie biss sich leicht auf die Unterlippe - ihr typisches Zeichen, dass sie nervös war.


    "Apropro Familie, wie stehen wir, also die Gents Prudentia eigentlich zu den Decima?"

  • "Wenn es um den Dienst an den Göttern geht, so hat unsere Gens einiges nachzuholen. Wenn man von meiner Schwester Mattea und meinem Vetter Angelus absieht, hat sich bisher noch niemand wirklich so sehr mit den Göttern verbunden gefühlt, dass er sich gleich dem Cultus anschloss." sagte er. "Und was dein Wissen über die Familie betrifft, so wirst du alles notwendige mit der Zeit lernen."


    Der Wechsel überraschte ihn für einen kurzen Moment.


    "Unsere Familien sind seit langer Zeit freundschaftlich verbunden. Mein Vater, also dein Grossvater, pflegte eine sehr freundschaftliche Bindung zu Senator Decimus Meridius und auch mein Bruder Flavius stand auf sehr gutem Fuss mit jenem Senator." sagte er. "Ich selbst diente unter Decimus Meridius in Hispania und habe ihn dort als einen sehr symphatischen Mann kennengelernt. Er war auch zu meiner Hochzeit eingeladen, konnte aufgrund dienstlicher Verpflichtungen nicht kommen."
    Da ihm gerade auffiel, dass er die Gens Decima ein wenig sehr stark auf die Person des Senators beschränkte schob er noch schnell hinterher: "Auch die anderen Decimer, die ich bisher kennenlernen durfte, haben stets das positive Bild, das ich von dieser Familie haben, verbessert. Fragst du aus einem bestimmten Grund?"

  • Die Namen Mattea und Angelus sagten Callista etwas, schlie+lich waren das die Geschwister ihres Vaters, dennoch hatte sie durch seinen frühen Tod nie wirklich viel über sie erfahren. Ihre Mutter kam aus einer anderen Familie und der Kontakt nach Rom war schnell abgebrochen, wahrscheinlich war die Trauer zu groß oder ... Callista wußte es nicht und sie wünschte sich für einen Moment, dass ihre Mutter sich nicht so abgekapselt hätte. Das würde ihr den Anfang hier in Rom sehr erleichtern. Aber ihr Onkel hatte ja Recht, sie würde schon mit der Zeit alles Wissenswerte in Erfahrung bringen.


    Dann lauschte sie neugierig, was Balbus über die Decimer erzählte, denn es war ihr wichtig. Sie hatte nicht bedacht, was es heißen konnte, wenn sie sich mit jemanden anfreundete, zu dessen Familie man ein schlechtes Verhältnis hatte. Natürlich würde sie den Kontakt dann sofort abbrechen, das war selbstverständlich und daher war sie nur umso froher über Balbus Worte. Die Gents Decima war also beliebt - nun ja, vielleicht nicht wirklich beliebt, aber auf jeden Fall hielt Balbus viel von ihnen. Sie nickte freudig.


    "Ich habe einen jungen Decimer getroffen, er heißt Marcus Decimus Flavus. Vielleicht kennst du ihn ja sogar persönlich? Er kandidiert für das Vigintivirat, im Cursus Honorum. Er scheint sehr nett zu sein. Ich ... ähm ... also ... er hat versprochen mich einmal nach den Wahlen zu einem Spaziergang abzuholen."


    So, da war es. Sie hatte es gesagt. Und natürlich lief sie zeitgleich puterrot an - nicht auszudenken, wenn Balbus nicht einverstanden war. Sie konnte ihn ja verstehen, sie war immerhin im besten Alter um verheiratet zu werden und er wollte sicherlich nicht riskieren, dass etwas mit ihrer ... Jungfräulichkeit .. geschah. Da hatte ihre Mutter ihr schon früh die entsprechenden Worte zu gesagt. Aber das war in Callistas Augen auch gar nicht der Fall, sie mochte Flavus, ja, aber so sehr? Sie würde sich schlicht auf einen Spaziergang freuen. Und das auch nur, wenn Balbus sich einverstanden erklärte. "Wenn er mich wirklich fragen sollte, kann ich ja Thalna und ihre Sklavin mitnehmen?" setzte sie noch dazu, damit das Problem mit dem Anstand erst gar kein Problem werden würde.

  • Der Name Decimus Flavus sagte ihm nur soweit etwas, dass er ihn auf einer der Kandidatenlisten gelesen hatte, die im Zuge der Wahlen zum Cursus Honorum über seinen Tisch gegangen waren. Mehr fiel ihm zu diesem Namen nicht ein, aber er ging davon aus, dass es sich um einen anständigen Mann handelte, schliesslich kam er aus gutem Hause und war als Kandidat zugelassen worden.
    Was sie ihm allerdings dann erzählte, behagte ihm gar nicht. Er wusste zwar, dass der Leibwächter, der zu Callistas Schutz abgestellt war, ihn informiert hätte, wenn es zu irgendwelchen unehrenhaften Vorfällen gekommen wäre, aber dennoch war er etwas aus dem Konzept geworfen.


    "Ich denke das wird eine gute Idee sein." sagte er dann, als sie vorschlug in Begleitung zu gehen, wobei er natürlich auch ein Stück weit hoffte, dass der Decimer sie einfach nicht fragen würde.
    "Dann kann Thalna auf dem Weg direkt auch ein wenig die Stadt sehen und erste Kontakte knüpfen." sagte er, ganz praktisch klingend.

  • Sie musste kein Orakel sein um zu sehen, dass Balbus überrascht war. Der Biss auf ihre Unterlippe wurde stärker, bis sie einen leichten Schmerz verspürte und dann die Lippe plötzlich los ließ. Er sah wirklich nicht begeistert aus. Und sie sah sich gezwungen, da noch etwas hinzuzufügen, sie wollte ihn wirklich, wirklich nicht vor den Kopf stoßen und hoffte, er war nicht böse mit ihr.


    "Ja, das wäre eine gute Möglichkeit für sie, ein paar Kontakte zu knüpfen. Ich mag sie und ich glaube ich werd sie sogar vermissen, wenn ich in Germanien bin. Es ist schön, jemand gleichaltrigen im Haus zu haben."


    Sie schmunzelte und blickte dann noch einen Moment auf ihren Onkel.


    "Balbus, also wegen dem Decimer, ich ... also ... wenn du nicht möchtest, dass ich mich mit ihm treffe, dann tue ich das auch nicht. Ich möchte nur, dass du weißt wie dankbar ich dir bin und ich will dir absolut keine Schande machen oder Sorgen bereiten oder dir sonst wie das Gefühl geben, ich wäre nicht dankbar. Du lässt mich hier wohnen, erlaubst mir eine Ausbildung und lenkst es so in die Wege, dass ich diese sogar fern von dir machen kann. Das alles bedeutet mir viel. Du brauchst also nur sagen, wenn du es nicht möchtest."


    Sie holte tief Luft, sie sprach viel mehr seit sie in Rom war. In Mantua hatte sie eher gelesen und irgendwie war diese Zeit auch einfacher gewesen.

  • "Du kannst ihn ruhig treffen." sagte Balbus abwehrend. "Nur möchte ich dich bitten, dass du daran denkst, wie sich eine Dame deines Standes zu verhalten hat. Ich möchte nicht hinterher auf der Strasse angesprochen werden, weil du dich irgendwie daneben benommen oder gar Schande über die Familie gebracht hast."
    Es war hart ausgedrückt, aber es war genau das, was Balbus dachte und fühlte.

  • Sie schluckte und nickte dann heftig. Nie im Leben würde sie Schande über ihre Familie bringen, nicht absichtlich, nicht, wenn sie es verhindern konnte. Die Röte schwand aus ihrem Gesicht und hinterließ nur die dunklen Sommersprossen zurück. Sie blickte für einen Moment auf ihre Hände, dann nickte sie noch einmal langsam.


    "Ich habe verstanden." murmelte sie kleinlaut und traute sich nicht recht, aufzublicken. Sie dachte einen Moment darüber nach und ihre Frage, die sie noch auf dem Herzen gehabt hatte, passte jetzt nicht mehr wirklich hinein. Wenn sie es jetzt ausformulieren würde, bekäme ihr Onkel einen falschen Eindruck von ihr. Daher sagte sie erstmal gar nichts.

  • "Nein, das war erstmal alles." sagte sie und lächelte leicht. Das Wichtigste war geklärt worden, ihre Ausbildung und Balbus würde den Papierkram auf sich nehmen. Und dann, im Frühling, wenn das Wetter es zulassen würde, könnte sie nach Germanien reisen und sich dort ausbilden lassen. Und bis dahin würde sie viel über die Germanen lernen, wobei ihr da ja ihr Onkel auch half. Er würde den Kontakt zu einem seiner Klienten herstellen, der somit Callista Rede und Antwort stehen würde. Und die Sache mit Flavus war, trotz allem, doch halbwegs gut ausgegangen. Sie würde, sollte er sie tatsächlich zu einem Spaziergang fragen, sehr aufpassen was sie tat und sagte und nur in Begleitung gehen. So könnte sie verhindern sich oder Balbus Schande zu bereiten.


    Ihre weiteren Gedankengänge, einen Ehemann betreffend, wollte sie jetzt lieber nicht aussprechen. Vielleicht dachte Balbus sonst noch sie meinte Flavus. Dabei hatte sie ihm eigentlich nur sagen wollen, dass sie auch in diesem Punkt sein Urteil annehmen würde und wenn er jemanden im Sinn hatte, dann hätte sie es gerne gewußt. Vor allem jetzt, wo sie eine Ausbildung erhalten würde und sie gerne auch in ihrer Ehe den Pflichten Iuno gegenüber nachkommen würde. Aber sie hatte es auch gar nicht eilig mit dem heiraten, vielleicht war es also nicht schlecht das Thema erstmal ruhen zu lassen. Bis zum Frühjähr wollte sie noch soviel machen und nicht zuletzte war Thalna eine tolle Gesellschafterin.

  • Also erhob sich seine junge Nichte und nickte ihm zu, ihr Lächeln war wieder so fröhlich wie am Anfang. "Dann lass ich dich mal zurück zu deinen Papierstapeln." sagte sie mit einem Zwinkern und verließ den Raum.

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