SCHOLA ATHENIENSIS
OFFICIVM
CVRATOR LIBRIS
THEODOROS IOSEPHOV ALEXANDREVS
SCHOLA ATHENIENSIS
OFFICIVM
CVRATOR LIBRIS
THEODOROS IOSEPHOV ALEXANDREVS
Fröhlich vor sich hin summend betrachtet Theodorus am Morgen nach dem Gespräch mit Callidus das Schild an der Türe seines Zimmers. Das wird also für die nächste Zeit sein eigenes kleines Reich sein! Er betritt den Raum:
Der Raum hat etwas seltsames: Er wirkt ein bisschen bieder und steril: Die Wände sind kahl, keinerlei Schmuck steht im Raum. Und auf einen kleinen Regal sind sorgfältig alle möglichen Schriftrollen, wohl hauptsächlich Verwaltungspapiere geordnet. Daneben steht ein Schreibtisch, zwar geräumig genug um zu schreiben aber ansonsten sehr schlicht. Eine typische Amtsstube halt.
Auch hat man sich anscheinend bemüht, den Neuling einige Sachen zukommen zu lassen: Auf dem Schreibtisch stehen einige Wachstäfelchen mit Griffeln, ein Stapel Papyri, ein volles Fass Tinte, gespitzte Federn und ein (wirklich äußerst) kleines verpacktes Willkommenspräsent. Theodorus betritt den Raum.
Jetzt fällt ihn auch auf, was ihn hier am meisten stört: Der Raum wirkt verlassen und leblos, irgendwie tot. Die Luft ist abgestanden und verbraucht und es riecht nach alten Papyri. Und sogleich muss Theodorus nießen. Er zieht mit dem Finger einen Strich über den Schreibtisch: Eine dicke Linie zieht sich über die Staubschicht. Hier ist wohl schon lang niemand mehr gewesen.
Theodorus seufzt und öffnet das Fenster. Erstmal frische Luft. Dann rückt er den Schreibtisch so hin, wie er es am liebsten hat, nämlich von der Fensterwand weg in die Mitte des Zimmers, mit dem Gesicht zur Türe. Dann setzt er sich hin und sinnt ein wenig nach.
Am nächsten Morgen kommt Stella gut gelaunt in die schola.
Schnell findet sie das Zimmer des Curator Theodorus.
Man könnte das Schild mit seinem Namen nicht übersehen...
Etwas aufgeregt, fasst sie den Mut und :
"klopf... klopf..."
Theodorus sitzt gerade an seinem Schreibtisch und liest sich den Bibliothekskatalog durch. Er ist so in seine Arbeit vertieft, dass er das Klopfen gar nicht hört.
Zum Glück für Furia Stella schließt aber die Türe des Officiums nicht richtig und schwingt auf.
Etwas überrumpelt schreckt Theodorus hoch.
"Ja, bitte?"
Dann rappelt er sich zusammen, steht auf und geht zur Türe, um die Gästin zu begrüßen.
"Salve, tritt doch bitte ein und setz dich! Was führt dich zu mir?"
Auf einmal geht die Tür von allein auf und dann kommt ein Mann Stella entgegen.
Sie tritt vorsichtig ein und nickt höflich:
"... Oh, danke,...es tut mir leid, wenn ich Dich gestört habe... Ach, ja ...Salve...
habe ich die Ehre mit dem Curator Theodorus zu sprechen?"
fragte Stella immer noch stehend:
"Ich heisse Furia Stella, bin die neue Scriba Logei... und komme, um mich vorzustellen... "
erst dann nimmt sie Platz, lächelt ihn freundlich an und sieht sich um:
"Das ist ein schönes Officium ... "
Etwas verlegen lächelt Theodorus. Er hat einfach wirklich nicht so schnell mit Besuch gerechnet und ist ein Mensch, dem solche unvorhersehbaren Ereignisse immer schnell aus der Bahn werfen.
"Dann Herzlich Willkommen bei der Schola, Furia Stella... Ähm, ja ich bin Theodorus."
fragend schaut er sich um, denn er kann am Officium derzeitig noch nicht viel schönes entdecken. Auch das obligatorische Angebot von Erfrischungen kann er sich gerade noch verkneifen: Er hat wirklich noch gar nichts zum Anbieten da.
"Verzeih bitte meine Unaufmerksamkeit. Ich war gerade sehr in der Arbeit vertieft - vielleicht kannst du mir helfen...?"
Stella bemerkte, dass ihr unerwarteter Besuch Theodorus etwas aus dem Gleichgewicht brachte...
Sie gibt ihm ihr bestes Lächeln und sagt mit weicher Stimme:
"Es freut mich Dich kennenzulernen, Theodorus, ... natürlich werde ich Dir helfen, deswegen bih ich
ja hier... "
dann sieht sie sich nochmal um:
"Aber, bevor ich es vergesse,... unser Rector, der ehrenwerte Aelius Callidus sagte, dass ich
mein eigenes Officium bekomme und ich soll mich wegen der Einrichtung des Raumes an Dich wenden..."
Erwartungsvoll blickt nun Stella den Curator an ...
Entschuldigend lacht Theodorus auf: "Ah! Das Officium! Daran hatte ich jetzt gar nicht gedacht! Hat dir Callidus nicht gezeigt, wo du hin musst? Nein, klar natürlich nicht..."
Es scheint irgendein Naturgesetz auf dieser Welt zu geben, das besagt, dass Mitarbeiter akademischer Institutionen immer und grundsätzlich auf sich allein gestellt sein müssen. Nirgendwo kann man Hilfe erwarten, nur ein Übermaß an Bürokratie.
Theodorus durchsucht seine Akten, bis er die erforderliche Schriftrolle gefunden hat: [b]"Hmmm... Scriba Logei.... Ah! Da! Das Officium ist Zimmer XIV! Warte, ich zeigs dir... Theodorus geht zur Türe und bedeutet Stella, ihm zu folgen.
"Es ist sehr nett von Dir, Theodorus, dass Du mir mein Officium zeigen wirst... Danke..."
Stella steht auf und folgt Theodorus.
Theodorus ist wieder zurück in seinem Officium und starrt ungläubig auf den Katalog vor ihm. Nein, nein, das geht ja gar nicht, das muss man irgendwie anders machen! Er nimmt ein anderes Blatt und entwirft ein Ordnungssystem nach Art der alexandrinischen Pinakes...
Pinaces Bibliothecae Scholae Atheniensis
Dann beginnt er, eine Sortiertabelle aufzustellen. Die Bücher müssen zuerst nach Fachrichtungen geordnet werden:
subiecti:
[*]cultus
[*]philosophia
[*]philologia
[*]rhetorica
[*]historia
[*]geographia
[*]artes naturales
[*]litterae
Letzterer Punkt ist ein Zugeständnis an die briefgeilen Römer. Wahrscheinlich wird das der dickste Punkt werden...
Dann muss man weiter ordnen: Autor in Alphabetischer Reihenfolge, biographische Angaben und Bibliographie.
Darunter die Liste der Bücher, die von diesen Autor erhalten sind, mit Nummer des Bibliotheksverzeichnisses, damit man sie auch finden kann, sowie Datum des Erwerbs und Hinweise zur Vollständigkeit und ob es sich um Kopien oder Originale handelt. Wenn es Kopien sind, muss man noch dazu schreiben, von woher.
Und dann noch alles nach Kapiteln ordnen. Es kommt sehr selten vor, dass eine Schrift vollständig in einer Rolle steckt. Die meisten Papyri bestehen aus kurzen Absätzen und einzelnen Kapiteln eines Werkes. Oft findet man auch mehrere Absätze von verschiedenen Büchern verschiedener Autoren, was die Arbeit nicht unbedingt leichter macht.
Seufzend schreibt er zu Ende und ruft nach dem Actuarius...
Wie er seinen Namen hasste, denn immer, wenn er ihn hörte, bedeutete das Arbeit. So trabte er langsam heran und schaute den Curator fragend an.
Skeptisch schaut Theodorus den immer mürrisch dreinblickenden Actuarius an. Dabei denkt er sich unwillkürlich einen ganz anderen Katalog:
a) Dass manche Menschen einfach unbelehrbar sind und die Schönheit der wissenschaftlichen Betätigung nicht zu schätzen wissen,
b) dass es noch andere Dinge außer den Bibliothekskatalog gibt, die an der Schola unbedingt geändert werden müssen, z.B. Personalfragen,
c) Dass man Sklaven dummerweise nicht einfach feuern kann, nur verkaufen,
d) Dass er den Actuarius mal fragen sollte, woher er eigentlich stammt. Er würde wetten, dass der Sklave Ägypter ist bei der Arbeitsmoral.
e) Begrüßung? Frage, was man denn tun könnte? Ist sowas jetzt etwa schon zuviel verlangt?
Theodorus atmet tief durch und die Luft entweicht seufzend seinen Lungenflügeln. Nicht aufregen hat der Medicus immer gesagt. Dann steht er auf und geht zur Tür, wo er dem Actuarius den alten Katalog und die Blanko-Vorlage für die Pinakes in die Hand drückt.
"Pass mal auf: Wir gehen jetzt zu Furia Stella und gehen dann alle drei zusammen den kompletten Bibliotheksbestand durch. Ist das klar? Auf gehts dann!"
Nachdem Stella ihren großen Schreibtisch nun gründlich und vollständig
aufgeräumt hat, ging sie zum Curator und klopfte an seine Tür:
" klopf,... klopf ... "
"Herein!" ruft Theodorus laut und knapp. Er sitzt gerade mit gefalteter Stirn vor einem Papyrus und ist voll und ganz auf dem Inhalt konzentriert. Man möchte meinen, man könne das Getriebe hören, welches im Kopf rattert.
Stella kam rein, der Curator schien sich mit einem Schriftstück intensiv zu beschäftigen -
"Theodorus, ich bin nun mit meiner Arbeit fertig ..., aber wenn Du jetzt keine Zeit hast,
dann komme ich noch mal später... "
sagte sie und wartete geduldig auf seine Antwort
Theodorus Gedanken über das Schriftstück werden von einer anderen kausalen Gedankenkette gestört: Es hat an der Tür geklopft, jemand ist reingekommen und hat was gesagt. Fast will er antworten: Jaja, komm später wieder, dann wird ihm klar, dass die eintretende Person ja Furia Stella ist, die er hat zu sich kommen lassen. Deshalb blickt er auf und lächelt sie freundlich und charmant, wie es seiner alexandrinischen Art entspricht an:
"Nein, nein, fühl dich nur herzlich willkommen, Stella! Setz dich doch! Möchtest du einen Schluck Wasser oder Wein?"
Er weist ihr einen Stuhl und macht sich sofort daran, zwei Karaffen, ein Glas und ein Schüsselchen Oliven hinzustellen.
"Richtig. Ich hatte ja vor, die Bibliothek ein wenig aufzuräumen."
Theodorus war auch in der Bibliothek um ein bisschen Vorarbeit zu leisten. Allerdings ist er dort gleich bei einem der ersten Bücher hängengeblieben und hat es mit sich ins Zimmer genommen. Er kramt herum und zeigt Stella den vorbereiteten Katalog.
"Hier, nach dem Schema sollten wir die Bücher ordnen, habe ich mir gedacht. Das macht die Bibliothek wesentlich ergiebiger. Willst du mir helfen?"
Das wird ein Riesenhaufen Arbeit, auch wenn das meiste eh beim Actuarius hängen bleiben wird.
Stella erwiderte fröhlich Theodorus charmantes Lächeln, nickte dankend und nahm Platz:
"Selbstverständlich werde ich Dir helfen ... diese Arbeit gehört auch zu meinen Aufgaben, Theodorus ...
Oh, ja, ein Glas Wasser hätte ich gern ... danke Dir "
Sie nahm eine Olive aus der kleinen Schale und dann galt ihre ganze Aufmerksamkeit dem Katalog.
Nach einer Weile sah sie, sichtlich beeindruckt, Theodorus an:
"Du hast wirklich eine großartige Arbeit geleistet, es wird mir eine Freude sein Dir dabei zu helfen die
Bücher nach Deinem Schema zu ordnen ... Wann können wir anfangen ?"
fragte Stella sachlich und nahm noch eine Olive ... .
Theodorus schenkt Stella einen Becher Wasser ein, sich selbst ein Becherchen Wein für die Verdauung und steckt sich dann auch eine Olive in den Mund.
Dann meint er kauend:
"Mh... Ich hab schon mal den Actuarius losgeschickt, dass er die Regale abklappern und allen Büchern eine Nummer verpassen soll. Außerdem soll er jedes Buch mit Titel und Nummer auf einem Papyrus festhalten. Das wird sicher einige Zeit dauern..."
Ein bisschen tut Theodorus der Sklave leid, aber nur ein ganz kleines bisschen.
"... aber obwohl das die Aufgabe des Actuarius ist, halte ich es für klüger, den Mann ein wenig auf die Finger zu schauen und seine Eintragungen zu kontrollieren. Dazu sollten wir uns am besten in die Bibliothek begeben.
Danach fängt dann das Zusammenstellen des Kataloges an. Das wird wohl der größte Teil der Arbeit und auch der Teil, bei dem wir den Actuarius nicht beanspruchen können..."
Stella trank langsam ihr Wasser und hörte Theodorus aufmerksam zu:
"Du hast aber an alles gedacht, Theodorus ... , ich kenne Actuarius zwar noch nicht, aber, wenn Du ihm nicht
ganz vertraust, dann gehen wir lieber gleich ... , ich bin bereit ..."
mit diesen Worten stellte Stella ihren Becher auf den Tisch und
stand auf
Auch Theodorus steht voller Tatendrang auf. "Dann lass uns mit der Arbeit beginnen..."
Er führt Stella aus dem Zimmer zur Bibliothek...
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