Einen Tagesmarsch vor Corduba

  • Noch immer hatte sie sich nicht zu ihm gedreht. Du sagst, dass die Patrizier eh alles in den Schoß gelegt bekommen, und immer Starthilfe haben, dass sie sich nichts erarbeiten müssen... DAS meine ich. Meine Antwort darauf war dann, dass das nicht stimmten kann, denn so viele Sitze haben die Patrizier nicht mehr im Senat. sie sprach ganz ruhig. Minervina wusste dass sie recht hatte.

  • Hörst du eigentlich nur das was du willst? Und selbst das biegst du dir hin, wie du möchtest. und Crassus wusste, wie sie die Tatsachen völlig verdrehte:


    Du sagtest nämlich vorher anfangs, dass viele Patrizier nur noch weniger wichtige Positionen haben und oft nicht mal mehr im Senat sitzen. Dann sagte ich, dass es daran liegt, dass sie nun auch nach Leistung beurteilt werden und es deshalb nur einen schluß zulässt - dass sie, verglichen mit den besten Plebejern, oft nicht mehr mithalten können. Und das musst ja so sein, das hast du eben doch selbst gesagt.


    Ich glaube ich muss bald selbst meine Privatgespräche von meinem Sekretär protokollieren lassen....

  • Wenn du sarkastisch werden musst und nicht normal mit mir sprechen kannst, dann lass es Crassus.


    Ich bin nicht einer deiner Soldaten die kleinbeigeben, nur weil du es sagst. Ich "gehorche" dir nicht denn ich unterstehe dir nicht. Vielleicht bin ich in deinem Lager, aber ich bin keiner dieser Prätorianer. Und wenn du glaubst alles von einem Privatsekretär protokollieren zu lassen, dann mach das. Denn dann würdest du vielleicht erkennen, dass du dich widersprichst. Aber da du das nicht tun wirst, da du nicht eingestehen kannst einen Fehler gemacht zu haben, einerseits in deiner Diskussionsweise, andererseits in der Lektion "wie benimmt man sich gegenüber einer Dame aus gutem Hause", erachtete ich es für besser nach Tarraco zu reisen.


    Aber selbst da findest du es nicht für angebracht meine Privatsphäre zu respektieren und öffnest Briefe, die nicht an dich adressiert sind. Wie ich das herausfand? Ich habe niemals in deiner Gegenwart derartig gegen dich gewettert, sondern nur in diesem Brief und wie ich sehe hat er die Wirkung nicht verfehlt. Verkaufe mich nicht für blöd. Ein Prätorianerlager ohne freies Reittier, das glaubst du doch selbst nicht. Dass ich dich am ehesten durch eine Schrift erreiche, die meinem Bruder zustand war wirklich einfach herauszufinden. Denn in ihm siehst du wahrscheinlich deinen größten Feind wenn es darum geht mich an dich zu binden, wo du vielleicht nicht unrecht hast.


    Nun drehte sie sich zu ihm um.


    Ich bin Flavia Minervina, und kein Miles oder Centurio oder Optio. Wenn du das verstanden hast, dann können wir gerne wieder ein kultiviertes Gespräch führen. Ein Gespräch in dem du mich achten wirst.


    Sie hob die Augenbrauen.


    Ich möchte mich nun zu Bett begeben. Wenn ich bitten darf.

  • Bemüht auf irgendeinen gemeinsamen Nenner zu kommen, lauschte Crassus dem Vortrag von Minervina. Doch auch beim besten Willen konnte er da höchstens über viele Umwege einen finden; zumindest in diesem einen Punkt. Geduldig ließ er nach dieser Erkenntnis den Rest ihres Vortrags über sich ergehen. Um die Chance dieses gemeinsamen Nenners noch zu wahren, sah er ein, dass es wohl nicht zuträglich wäre, wenn er sich jetzt noch rechtfertigen würde - was er natürlich hätte machen wollen, denn seiner Meinung nach sah sie es völlig verkehrt.
    Als sie sich ihm zu wandte, erhob sich Crassus von seinem Stuhl.


    Ich achte dich auch schon heute, Minervina, und ich weiß auch sehr gut, wer du bist. Sollte ich dich oder deine Familie gekränkt haben, so tut es mir Leid, denn es war nicht meine Absicht. Wahrscheinlich handelt es sich dabei nur um ein Missverständis unsererseits... irgendetwas scheinen wir da falsch verstanden zu haben.


    er sah ihr noch einen Moment lang in die Augen, ehe er sich an ihr vorbeidrängte und zu dem Zeltausgang strebte. Bevor er ihn erreichte, drehte er sich noch einmal zu ihr:


    Dann wünsche ich dir eine angenehme Bettruhe.

  • Sie sah ihm noch nach. Zumindest hatte er fast das getroffen was sie wollte. Trotzdem wollte sie immernoch einen Brief an Gracchus schreiben. Aber Crassus würde das nie zulassen. Minervina zog sich um und begab sich zu Bett. Lange noch lag sie wach und dachte über ihre Zukunft nach. Sie war noch jung. Und sie vermisste Rom. Irgentwann fielen ihr aus Erschöpfung die Augen zu.

  • Die Sonne lachte vom Himmel, die Luft war noch kühl, denn es war noch sehr früh. Minervina hatte sich schon frisch gemacht und ein einfaches Gewand übergestreift. Sie wusste nun, dass es im Ausland wohl geschickter war einfach gekleidet durch die Welt zu spazieren. Denn Patrizier waren wohl ein beliebtes Ziel.
    Sie stand auf und zupfte noch schnell alles zurecht. Ihr Blick in den Spiegel bestätigte ihr auch dass ihre Frisur korrekt saß. Das war schon eine Kunst, schließlich hatte sie nur wenige Utensilien zur Verfügung, und keinen Sklaven. Eine Bürde war das ohne Sklave. Alles musste man selbst machen, vor allem ihre Nägel und ihre Haut litten sehr unter diesen neuen Mühen. Aber sie ertrug es.
    Minervina ging schnell zum Zelteingang, wo immernoch ein Miles stand. Sie bat ihn kurz zu seinem Präfecten zu gehen, denn sie wünschte ihn zu sprechen. Das Murren, das der junge Prätorianer an den Tag legte ignorierte sie gekonnt. Sie hoffte ja selbst, bald aus diesem Lager verschwinden zu können. So sehr sie Crassus auch mochte wollte sie nicht mehr in einer Horde Prätorianer leben. Er würde das sicher verstehen.

  • Der Miles, den Minervina losschickte um Crassus zu holen, erwischte eben diesen bei einer Besprechung mit einem Centurio. Da der Miles allerdings artig im Hintergrund wartete, bis Crassus mit dem Centurio fertig war - wahrscheinlich wollte er seine Vorgesetzten nicht unnötig unterbrechen -, ehe er sein Anliegen vorbrachte, dauerte es eine Weile bis Crassus von Minervinas Wunsch hörte, ihn sprechen zu können. Er schickte den Miles zurück zu Minervina und folgte ihm kurz darauf. In seiner prächtigen und blankpolierten Rüstung betrat Crassus mit wehendem Umhang Minervinas Zelt und blieb im Zelteingang stehen.


    Guten Morgen, Minervina. Du bist schon auf? nun trat er ganz in das Zelt hinein: Du wolltest mich sprechen?

  • Guten Morgen, Crassus! Sie stand auf und ging zu ihm hin. Ich wollte dir eine Bitte vortragen. Ich würde gerne in die Villa Flavia nach Tarraco reisen. Ein wenig schorf hörte sich das nach dem gestrigen Streit schon an... Ich bin nun schon länger hier und mir fehlt der patrizische Lebensstil, das muss ich zugeben. Ausserdem hat eine Dame wohl nichts in einem Lager voller Prätorianer verloren... Der perfekte Mittelweg gelang ihr nicht wirklich. Sie war schon ein wenig nachtragend und immernoch stur wie ein Esel... Es ist auch nicht so, dass ich von dir davonlaufen will... Nun ja, wenn sie genau darüber nachdachte war es schon auch ein Grund. Wenn auch nur ein geringfügiger... Ich gehöre nur nicht hier her.

  • Normalerweise schätzte es Crassus ja, wenn sich seine Gegenüber nicht mit langen Reden um den heißen Brei aufhielten und gleich zum wesentlichen Punkt kamen. Doch aus wohl nachvollziehbaren Gründen war das dieses mal etwas anders. Da er eben in Gedanken noch ganz wo anders war, dauerte er einige Zeit, bis Minervinas Anliegen zu ihm durchsickerte.


    Aha.. begann er deshalb ziemlich eloquent. In Ordnung. Du bist ja nicht meine Gefangene, dir steht es natürlich fast jederzeit frei, zu gehen. Möchtest du etwa jetzt sofort, heute schon abreisen!?

  • Minervina sah ihn an und es brauchte ein wenig bis sie ihm antwortete. Je eher desto besser, schließlich wird der Weg umso länger, je näher wir Corduba kommen. Aber wenn es derzeit nicht geht, da du all deine Miles für den Kampf brauchst, kann ich das natürlich verstehen und werde mich einstweilen in Geduld üben.

  • Da hatte sie nicht ganz unrecht. Schließlich hatte Crassus ja eh vorgehabt, Minervina möglichst weit weg von Corduba während der Belagerung und der Schlacht sein zu lassen. Tarraco war zwar viel weiter als er ursprünglich gedacht hatte, aber wenn sie es so wollte war es sicherlich nicht das schlechteste. Er durchdachte und wog schnell sämtliche Möglichkeiten ab und meinte dann nach einer kurzen Weile:


    Es werden gegen später sowieso noch Boten das Lager verlassen und sich auf die Reise nach Tarraco machen. Wenn du möchtest, kann ich dafür sorgen, dass du mit ihnen Reisen kannst. Da wird die Reise zwar alles andere als bequem, dafür wäre es aber einigermaßen sicher..

  • Minervina nickte. Ich denke ein letztes Mal kann ich auf Bequemlichkeit verzichten. Wenn du mir dann noch einen Sklaven für die Reise mitgeben könntest wäre das sehr förderlich. Dass er den Sklaven sofort wieder bekommen würde war ihm sicherlich klar.

  • Selbstverständlich. Ich werde schauen, dass für alles gesorgt ist...
    Nachdem Crassus im Kopf alle organisatorischen Fragen und Sachen abgehakt hatte, näherte er sich ihr vorsichtig um einige Schritte. Nach einer kurzen Denkpause hob er wieder seine Stimme:


    Ich hoffe, dass dieser Wunsch, das Lager... und auch mich zu verlassen, nichts mit dem Gespräch von gestern Abend zu tun hat..

  • Wie schon gesagt Crassus... meinte Minervina ein wenig kühl... Ich renne nicht von dir weg, auch wenn das Gespräch gestern nicht das erfüllteste war dass ich je geführt habe.. Sie schaute ihm wieder tief in die Augen. Komm als Ganzes zurück...ich werde für dich beten Minervina drehte ich wieder um und ging zum Schreibttisch.
    Wann kann ich mit der Abreise rechnen?

  • Zeitgleich mit unserem Abmarsch nach Corduba. Rechne mit etwas mehr als einer Stunde.


    erwiderte Crassus nun ebenso kühl. Er hatte ja bis gerade eben noch nicht die Hoffnung aufgegeben, dass sie sich nach dem gestrigen Abend wieder abgekühlt hatte und er wieder ähnliche Zuneigung erfahren würde, wie er sie zum Beispiel an dem Abend, an dem sie sich kennen lernten, erfahren hatte. Doch diese Hoffnung wurde nun ersteinmal grundlegend enttäuscht, denn er erntete nicht mehr als Abneigung oder sehr strikte Zurückhaltung.


    Ich denke das war dann alles. Ich werde wahrscheinlich keine Zeit haben, dich nachher noch zu verabschieden, deshalb werde ich dir nun schon alles gute Wünschen. Lebe Wohl, Minervina. Solltest du noch darüberhinaus Fragen haben, wende dich an meinen Sekretär. Er wird dir weiterhelfen können.


    er machte eine Drehung und verließ das Zelt, ohne sich noch einmal umzudrehen.

  • Ein Lebe Wohl? Vieles, aber DAS hätte sie sich sicher nicht erwartet. Vor allem auch nicht, dass er ihr nicht einmal die Möglichkeit gab sich zu verabschieden. Sie packte die letzten Dinge selbst ein und setze sich auf den Stuhl um darauf zu warten wieder eine Reise anzutreten.

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