Wache auf der Stützpunktmauer

  • Beinahe hätte Anchisothep seinen Wachdienst vergessen. Doch nun ging er seine Runden über die Mauern des Stützpunkts, sah aufmerksam in die Landschaft, blickte einige Male zum Hafen hinaus. Es war schon dämmrig, was ihm seine Aufgabe nicht erleichterte. Grillen gaben im Gestrüpp unterhalb der Mauer Geräusche von sich. Mücken flogen durch die Luft. Er erschlug eine dieser, als sie an seiner Wange Blut saugen wollte. "Bestie", fluchte er und zerquetschte das Insekt, bis die Kuppen seines Daumens und seines Zeigefingers rot vom Blut eines anderen Menschen waren, das die Mücke in sich getragen hatte. Auf einmal ließ ihn ein Geräusch aufhorchen. Er folgte diesem Geräusch mit seinem Blick. Etwa hundert Fuß von der Festungsmauer bewegte sich etwas. Er versuchte zu erkenne, was es war. Die Geräusche kamen ihm auf einmal bekannt vor. Es schienen streunende Katzen zu sein, die sich paaren. Doch er wollte sicher gehen. Er beugte sich etwas vor. Jetzt konnte er die Umrisse der Katzenkörper erkennen. Beruhigt setzte er seinen Gang über die Mauerkrone fort. Es war schon wieder dunkler geworden. Er steckte eine Fackel in Brand und musste sich auf die Lippen beißen, um nicht vor Schmerz laut zu fluchen, als ihm ein Spritzer heißen Pechs auf die nackte Hand fiel.

  • Den Schutz der hereinbrechenden Dunkelheit machten sich einige dunkle Gestalten zu Nutze. Sie waren in den letzten Tagen immer wieder einmal unauffällig an den Mauern des Castellum entlanggegangen, hatten danach ihre Befunde in einem kleinen Haus am Stadtrand gesammelt und das weitere Vorgehen besprochen.


    Ab und an kam ein Bote in blauer Tunika mit schriftlichen Anweisungen oder gar Hinweisen. Dieser war den Männern bekannt und wurde dann sofort eingelassen, damit niemand auf der Strasse Verdacht schöpfen könnte.


    Nun also waren diese Männer wieder unterwegs, diesmal in der Nacht, ohne Fackeln.

  • Es war eine dunkle Nacht, ohne Mond und ohne Sterne. Anchisothep war müde, er gähnte. Anchisothep hatte schon wieder etwas gehört. Ein leises Rascheln im Gebüsch, wie er meinte. Er hielt seine Fackel ein wenig über die Brüstung und spähte nach unten. Er konnte nichts erkennen, doch das Rascheln war wieder da. Er beugte sich vor. Er meinte einen schwarzen Schatten für einen kurzen Augenblick gesehen zu haben, einen etwa von der Form eines Menschen. Waren das da leise Schritte, die er jetzt hörte? Er verhielt sich ganz still, um besser hören zu können. Es schienen wirklich Schritte zu sein. "Wer ist da?", rief er lauter mit Stimme und versuchte, die Gestalten wieder zu finden und zu erkennen. Da war wieder etwas. Jetzt hatte er keine Zweifel mehr, es musste sich dabei um Menschen handeln. Wie laut und ungeschickt ihr schleicht, dachte er grimmig. "Wer ist da?", rief er erneut. Wenn er nicht sofort eine Antwort bekäme, würde er Alarm schlagen.

  • Einer der Männer stellte sich aufrecht hin und versuchte sich zu erkennen zu geben.


    Ich bin ein Bürger von Misenum und habe hier etwas verloren. Meine Frau darf davon nichts wissen, daher suche ich in der Nacht.


    Die anderen waren während dessen absolut ruhig und hatten sich hingelegt, so dass auch keine weiteren Bewegungen zu sehen oder hören waren.

  • Waren da nicht mehr Schritte zu hören gewesen, als dass sie nur von einem Mann stammen könnten? Anchisothep betrachtete den Mann, der ihm geantwortet hatte. Er konnte keinen Alarm schlagen, denn wenn es wirklich nur dieser eine, vermeintlich harmlose, von der Ehefrau gegängelte Ehemann wäre, hätte er unnötig die ganze Flotte aus den Betten geholt. Das würde ihm, dem einfachen Probatus, sicher nicht als gut angerechnet werden. Aber wenn es doch mehr wäre als nur dieser eine? Anchisothep überlegte, was er tun könnte. "Was hast du denn verloren?", rief er die Mauer hinunter, um den Mann daran zu hindern, wegzulaufen. "Vielleicht kann ich dir helfen." Nein, er konnte nicht den Stützpunkt verlassen, einmal die ganze Mauer entlang laufen. Damit würde er seinen Wachposten verlassen, desertieren, außerdem wäre der Mann sicher dann bereits fort, wenn er ankommen würde. Er drehte sich kurz um und bemerkte hinter sich einen einzelnen Soldaten, der offenbar schlaflos über den Hof ging. Gab es hier denn gar keine Nachtruhe? Der Soldat kam näher und Anchisothep erkannte einen Kameraden, der, der im Bett gegenüber dem seinen schlief. Dieser könnte doch... . Nein! er durfte doch nicht- jemanden zur Desertation anstiften! Anchisothep wartete die Antwort des Fremden in der Dunkelheit ab.

  • Der Mann blieb schön dort stehen wo er war. Die anderen blieben weiterhin völlig regungs- und lautlos liegen.


    Ich bin heute mit einem Packesel hier entlang gekommen und habe dabei einen mittelgrossen Sack verloren. Es muss auf dieser Strecke gewesen sein, denn dort vorne habe ich noch einmal die Knoten kontrolliert, da auf der anderen Seite des Castellums dann aber festgestellt, dass der Sack fehlt.

  • Ich schob zusammen mit Anchisothep Wache und tat das was die meisten Wachen taten wenn der Abend wieder einmal lang und langweilig gewesen war. Ich lehnte genüsslich an meiner Pila und schaute so weit es ging in die Dunkelheit hinein. Dann ging ich wieder meinen Patroulliengang und kehrte wieder an meinen Ausgangspunkt zurück, von wo aus das ganze Spiel wieder von vorne los ging. Ich freute mich schon auf meine Ablöse, als ich bemerkte dass Anchisothep wohl mit jemandem sprach.


    Darum bewegte ich mich zu jener Stelle der Mauer wo Anchisothep seine Wache verbrachte und fragte erst einmal:


    "Salve, was ist los?"


    Schließlich war ich ranghöher und hatte damit auch die Verantwortung für diesen Abschnitt.....

  • Anchisothep drehte sich Tiberus Antonius Marius zu, ohne den Mann unten vor der Mauer aus den Augen zu lassen. "Dort unten steht ein Mann, der behauptet, einen Sack zu suchen, den er verloren zu haben vorgibt, nachdem ich ihn entdeckt und nach ihm gerufen hatte. Doch bevor dieser eine sich zu erkennen gab, meinte ich die Schritte einiger Menschen zu hören und ich habe in der Dunkelheit, wenn mich meine Augen nicht getäuscht haben, die Schatten mindestens zweier Menschen gesehen. Mir behagt dieser Kerl nicht.", flüsterte Anchisothep seinem Kameraden zu, leise, damit es der oder die Menschen am Fuße der Mauer nicht hörten. Er wollte sie nicht verschrecken und zur Flucht bewegen. "Was sollen wir tun?", fragte er, wieder im Flüsterton, Tiberius Antonius. Dann rief er die Mauer hinunter: "Vielleicht kann ich dir helfen, heute wurde ein Sack in der Nähe des Castellums gefunden. Kannst du mir sagen, was er enthalten hat?"

  • Die ganze Sache gefiel mir nicht, Kerle die sich um diese Tageszeit vor den Mauern herumtrieben, auch wenn es nur einer sein sollte bedeuteten meistens Ärger. Deshalb bremste ich Anchisothep mit einem Griff an seine Schulter und einem leisen:


    "Warte."


    ein. Dann sah ich die Mauern hinunter und rief dem Mann, welcher immer noch vor der Mauer stand und sich nicht bewegte zu:


    "Wie ist dein Name?"


    Wieder drehte ich mich zu Anchisothep um und meinte flüsternd:


    "Lass deine Hand vorsichtshalber am Gladius. Ich werde das Gefühl nicht los, dass uns der Kerl Ärger macht."

  • "Diese Gefühl befällt mich auch.", murmelte Anchisothep. Er ließ den Kerl am Fuße der Mauer keinen Augenblick aus den Augen. Er wartete auf eine Antwort des Fremden. Waren seine Sinne durch die Müdigkeit überreizt und er hatte sich getäuscht, oder hatte Anchisothep soeben ein Rascheln im Gersträuch neben dem Fremden gehört? "Ich glaube, da hat sich hinter dem Kerl etwas bewegt", flüsterte Anchisothep seinem Kameraden zu.

  • Mein Name ist Marcus Palladius Felix. Ich wohne hier in Misenum und der Sack enthielt Wäsche, die aber nicht nach meiner Frau riecht!


    Die ganze Story war ja entsprechend geplant und Palladius, der wirklich so hiess, hielt sich an das Drehbuch welches er und seine Kumpanen erhalten hatten.


    Derweil hatte einer seiner Kollegen, der bislang unbequem auf seinem eigenen Arm gelegen war, diesen bewegen müssen. Nun war aber alles wieder mucksmäuschenstill.

  • Nicht nur das der Aussage des Fremden nach die Wäsche des Sackes nicht nach seiner Frau roch, für mich roch diese ganze Sache hier nach einem Schwindel.


    Leise flüsterte ich wieder zu Anchisothep:


    "Die ganze Sache stinkt wirklich. Auch wenn es villeicht nichts ist, aber benachrichtige den wachhabenden Optio. Und beeil dich, damit du schnell wieder hier bist. Ich sehe inzwischen zu dass der Kerl da unten bleibt wo er ist."


    Ich nickte kurz und rief dann wieder die Mauern hinunter zu dem Mann:


    "Und für was brauchst du diesen Sack heute Nacht noch? Komm näher an die Mauer heran und zeig dein Gesicht im Licht der Fackeln."


    Bisher konnte ich den Kerl nicht richtig erkennen, was mir ganz und gar nicht gefiel. Wenn er einer der üblichen Kleinganoven war, welche sich beinahe jede nacht vor den Mauern des Stützpunktes herumtrieben, so würden wir ihn vermutlich kennen, doch die Stimme kam mir bisher nicht bekannt vor......

  • Der Eine von den beiden Wachen verliess die Mauer. Nun war es wieder nur einer alleine. Das gefiel den Männern. Nun kam der etwas heiklere Teil des Planes. Alle waren bis in die Sohlen angespannt.


    JETZT! rief derjenige welcher stand, als der eine Soldat wirklich nicht mehr zu sehen war.


    Im Nu standen alle auf und rannten so schnell sie ihre Beine tragen konnten in die verschiedensten Himmelsrichtungen davon.

  • "Werd ich machen. Aber pass auf, dass der Kerl nicht verschwindet, bevor der Optio da ist." Anchisothep beeilte sich, die Mauer hinunter zu steigen und zu den Quartieren der Optiones zu laufen.

  • Zitat

    Original von Narrator Italiae
    Der Eine von den beiden Wachen verliess die Mauer. Nun war es wieder nur einer alleine. Das gefiel den Männern. Nun kam der etwas heiklere Teil des Planes. Alle waren bis in die Sohlen angespannt.


    JETZT! rief derjenige welcher stand, als der eine Soldat wirklich nicht mehr zu sehen war.


    Im Nu standen alle auf und rannten so schnell sie ihre Beine tragen konnten in die verschiedensten Himmelsrichtungen davon.


    Ich erschrak als plötzlich mehrere Gestalten aus der Dunkelheit emporsprangen und sich in alle Windrichtungen verteilten. Es schien so als hätten sie nur gewartet bis einer von uns Wachen wieder alleine war, was in mir das Gefühl aufstiegen ließ, dass es sich dabei um eine Falle handelte. Ich zögerte einen kurzen Moment, bevor ich mich dann doch entschloss zu Handeln. Mit einem lauten Schrei machte ich den Rest der Wachen auf das Geschehen aufmerksam:


    "Alarm, Alarm!!!!!"


    Ich sah dann kurz von der Mauer auf den Boden hinunter und beschloss, dass ich es wagen konnte. Ich befand mich an einer Stelle der Mauer, welche von einer Reihe von Sträuchern gesäumt war und somit villeicht eine weiche Landung ermöglichte. Trotzdem zögerte ich zuerst einen kurzen Moment, bevor ich es dann doch wagte:


    Ich hielt mich an der Mauer fest und ließ mich einfach hängen. Trotzdem waren es noch gut und gerne zweieinhalb bis drei Meter auf den Boden hinunter. Nun war es aber zu spät. Ich ließ mich also fallen und landete genau in den Sträuchern, welche meinen Fall abfederten. Ein Schmerz wie ein Stich durchzog meine Seite. Ich hatte mir irgendetwas in die Seite gerammt, was furchtbar schmerzte. Trotzdem nahm ich die Verfolgung auf, auch wenn die Aussicht auf Erfolg recht bescheiden war. Doch hätte ich dien Umweg über das Tor genommen, so wäre ich nie im Stande gewesen diese Gestalten einzuholen.....

  • Die Männer waren gut trainiert und legten die Entfernungen bis zu den verschiedenen Häusern in der Stadt, in welchen sie untertauchen sollten, in kürzester Zeit zurück. Es waren dies allesamt gute Häuser, manche mit militärischen Zeichen versehen, welche entsprechenden Kontext vermuten liessen.

  • Anchisothep sah, dass sein Kamerad nicht mehr auf der Mauerkrone stand. "Tiberius Antonius?", rief er und sah sich um. Die Alarm-Schreie hatten offenbar ihre Wirkung nicht verfehlt. Aus einigen Unterkünften kamen schlaftrunkene Soldaten, ein wenig langsam dafür, dass es einen Alarm gegeben hatte. Andere hatten offenbar im Schlaf nichts gehört. Aber wo war Tiberius Antonius? Anchisothep stieg auf die Mauer und sah hinab. Die Gestalten waren verschwunden. Und Tiberius Antonius mit ihnen? Ein unangenehmes Gefühl beschlich Anchisothep.

  • Ich verfolgte die Gestalten eine Zeit lang, musste schlussendlich aber dann doch aufgeben. Als ich in der Stadt ankam waren bereits alle verschwunden, was vermuten ließe, dass sie sich in Häusern verkrochen hatten. Doch sie hier zu suchen war zwecklos, vor allem alleine.


    Deshalb machte ich mich wieder zurück zum Stützpunkt um Bericht zu erstatten. Als ich nach anhaltendem Laufschritt völlig durchgeschwitzt und schnaufend wie ein Pferd wieder an den Mauern ankam, musste ich mich erst einmal an jener abstützen um nicht umzufallen. Dann wandte ich mich an die Wachen:


    "Öffnet das Tor, Nautae Tiberius Antonius Marius."


    Ich wischte mir mit der rechten Hand den Schweiß aus dem Gesicht.....

  • Die Wachen am Tor waren durch die Alarmrufe natürlich ebenfalls in höchster Bereitschaft. Daher wurde der Mann, der sich hier als Nauta meldete entsprechend vorsichtig behandelt. Immerhin war den Wachen nichts gemeldet worden, dass ein einzelner Nauta auf einem verlängerten Ausgang war.


    Nauta hin oder her, Hände an die linke Pforte, Beine auseinander!

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