Furianus hatte seinen Vater schon eine beträchtliche Zeit nicht mehr gesprochen, so dass die Pflicht beinahe dazu rief. Außerdem musste er ja noch über die Entscheidung des Kaisers unterrichtet werden, schließlich entschied dies seine Zeit nach der Praetur, in der er wohl außer dem Betrauern Claudias viel Zeit haben würde anderweitigen Pflichten nachzugehen.
So klopfte er an das Officium seines Vaters an und wartete auf Einlass.
Officium | Pater et Filius
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Irgendwie schien sein Vater wohl zu sehr beschäftigt zu sein oder hörte Furianus einfach nicht.
Er klopfte ein weiteres Mal, wagte es jedoch nicht wie früher an der Tür zu lauschen, schließlich war er schon Prätor und wohl ein wenig reifer. -
Plötzlich schreckte ich hoch.
*irgendetwas unverständliches murmel*
Ich rieb mir die Augen. Nein, es war still in der Villa Flavia Felix. Kein Grund aufzuwachen. Doch gerade als ich wieder eindösen wollte erklang wieder ein Geräusch, und diesmal konnte ich es zuordnen.
Da klopfte einer an meine Tür. Seufzend brachte ich mich in eine etwas vorteilhaftere Körperhaltung und wappnete mich für alle möglichen und unmöglichen Besucher. Noch ein tiefer Atemzug, und ich war in ausreichendem Maße wach.
"Herein?"
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Furianus betrat, erleichtert, dass Felix doch dort aufzufinden sein würde, das Officium seines Vaters und fand diesen doch etwas verschlafen vor. Natürlich waren die Augen leicht geöffnet und mussten sich an das helle Licht erstmal gewöhnen. Ein Lächeln über dieses kleine Geheimnisse des großen Senators huschte Furianus über den Mund.
"Vater, ich freue mich dich wohl auf zu sehen."
Schließlich war der Grund nach Sardinien zu ziehen wohl nicht nur der Abstand zu dem stressigen Rom, sondern vielleicht auch gesundheitliche Gründe, vielleicht hatte ihm sein medicus eine Kur bestehend aus leichter Landarbeit und Meeresluft angeordnet. Sein Väter hätte dies sowieso nie zu Wort kommen lassen, wie er ihn kannte.
Dennoch, auch mit all der Wiedersehensfreude, wurde sein Gesichtsausdruck ernster."Du hast sicherlich über Claudias Ableben gehört, Vater."
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"Natürlich bin ich wohlauf, Lucius."
Musste ich mir wirklich Sorgen machen, dass mein Sohn mein Leben frühzeitig beenden wollte? Konnte ich auch wirklich allen Sklaven in meinem Hause trauen? Er würde sicher Gift verwenden... verstohlen blickte ich auf den Krug mit Wein, den mir ein Sklave ungefragt vor einer Stunde vorbeigebracht hatte.
Ein kleiner Test war nur zu angemessen."Setz dich, und schenk uns Wein ein."
Ich deutete auf besagten Weinkrug und achtete genau auf seine Reaktion.
"Ich habe davon gehört, Lucius, und versichere dir mein vollstes Beileid."
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"Das ist schön zu hören, Vater."
Entgegnete Furianus mit einem ehrlichen Lächeln, verzichtete jedoch auf eine Umarmung, schließlich war sein Vater nun öfters in Rom und nicht so lange abwesend.
Natürlich wurde der Wunsch des Vaters befolgt und Furianus schenkte beiden Wein ein, trank selbst sogleich, bevor er antwortete."Ja, es kam sehr unerwartet und die letzten Wochen haben mich sehr geprägt. Aber ich weiß, dass sie nun im Elysium wandelt und ich sie irgendwann sehen werde, auch wenn ich aus der Lethe trinke und sie nicht mehr erkenne, ich sehe sie wieder."
Ein weiterer Schluck folgte, denn es war bitter so lange warten zu müssen - zumindest dachte er so.
Dass sich sein Vater nach einer neuen Braut umhören würde, das nahm Furianus als gegeben an, daher sprach er dies auch nicht an, es wäre auch unangemessen so kurz nach dem Tode Claudias solche Erwägungen zu treffen."Es interessiert mich ungemein, Vater, was der Augustus dir meine Zukunft betreffend geantwortet hat."
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Es schien ihm nichts auszumachen, vergifteten Wein zu trinken. Nun, vielleicht war das auch ein Hinweis darauf dass der Wein nicht vergiftet war. Nicht in seinem Auftrag zumindest. Nun, wir würden sehen.
"Deine Zukunft? Der Kaiser war etwas überrascht ob deiner plötzlichen Neigung zur Religösität. Das kann ich ihm nicht verübeln."
Lächelnd nahm ich einen Schluck aus meinem Weinbecher. Der Wein schmeckte vorzüglich, war adäquat verdünnt, und kein bitterer Nebengeschmack verunsicherte mich.
"Er sprach weiters davon, dass dich ein Priester aufsuchen und mit dir über diese deine Pläne sprechen werde. Dies soll in den nächsten Tagen geschehen."
Ich fragte mich, ob dies meinem Sohn reichen würde, oder ob ich ihm noch versichern müsste, dass der Kaiser auch ja ganz überzeugt von der besonderen Eignung Furianus' gewirkt hätte...
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"Nun ja, ich war in der Legio, ich war in der Verwaltung, den Göttern habe ich jedoch noch nie gedient. Es wird an der Zeit, besonders, wenn ich an das Konsulat denke. Mit Frömmigkeit kann man sehr gut werben, Vater."
Um nicht den Schein aufkommen zu lassen, dass Furianus etwa alt genug war um sich für das Konsulat zu bewerben, fügte er es noch schnell ein - sein Vater war nicht der Mann, der sein Alter verriet.
"Aber das hat noch Zeit, ich sorge nur vor."
Die positive Reaktion des Augustus genügte Furianus dann auch schon für ein Lächeln, schließlich konnte man ja mit anderweitigen Verpflichtungen rechnen, die der Augustus für ihn vorgesehen haben könnte. Zum Glücke war dem nicht so und Furianus frei.
"Diese Reaktion ist natürlich erfreulich. Hat er noch etwas näheres dazu erwähnt, vielleicht latente Anspielungen in welchem Amte er mich gerne sehen würde?"
Es gab derer viele, besonders die drei patrizischen Flamen waren durchaus interessant, wobei der Flamen Dialis mehr eine Bürde zu sein schien, als ein bezahltes Amt.
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Es war genau so wie ich es vermutet hatte: das erwachte Interesse diente nur dem Eigennutz, die Frömmigkeit war gespielt. O tempora o mores!
"Wenn er eine solche Anspielung getätigt hat, dann war sie seeehr latent. Sublimal, sozusagen. Oder, um deine Frage in einem Wort zu beantworten: nein."
Ich ließ einen weiteren Schluck folgen.
"Das wird schon der erwähnte Priester mit dir besprechen."
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"Ja, so wird es vermutlich sein."
Stimmte Furianus seinem Vater zu, der von Furianus Ehrlichkeit nicht sonderlich angetan war. Beiden war wohl klar, dass keiner der Pontifices dies Amt aus Frömmigkeit bekleidete, das zeugten schon die seit Jahren praktizierenden Ernennungen der Kaiser, weil sich einfach keine Männer fanden die höheren Priesterämter zu bekleiden, denn diese waren alles andere als attraktive und lukrative Ämter.
"Hast du mit meinem Bruder in letzter Zeit sprechen können? Ich erfuhr, dass man ihn aus den Diensten des Cultus Deorum entlassen hatte, mehr jedoch auch nicht."
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Nein, Lucius. Warum?"
Milo hatte sich schon länger nicht mehr blicken lassen. Andererseits war das doch immer schon so gewesen, so er nicht gerade etwas von mir wollte.
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"Man sieht ihn kaum und ich wüsste nur allzu gerne was ihn bewegt, was er nun tun wird."
Furianus war natürlich am Werdegang des Bruders sehr interessiert, auch wenn sie nicht die besten Brüder waren, keine starke Bindung besaßen, sorgte man sich schließlich.
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"Dazu kann ich dir leider keine Auskunft geben. Ich habe von einem Sklaven erfahren..."
Natürlich nicht zufällig. Ein nicht unbedeutender Teil der Sklaven berichtete mir schließlich von seinen Beobachtungen in der Villa.
"... dass Milo einige Zeit auf Sardinia verbringen wollte. Ob zur Erheiterung, Erholung oder um sich in irgendwelche Studien zurückziehen zu können ist mir jedoch unbekannt."
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"Zumindest weiß ich nun wo er ist."
Entgegenete Furianus lächelnd und nahm einen Schluck aus dem Becher.
"Das Landgut auf Sardinia trägt hoffentlich Früchte? Ich habe mir vor einiger Zeit auch ein paar Landgüter gekauft. Diese müssen zwar noch der Prüfung meines Verwalters stand halten, doch ich bin zuversichtlich, dass die Ernte üppig ausfallen wird."
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Ich lächelte zurück.
"Aber ja doch. Das Olivenöl ist höchster Güte, und auch die Rosen gedeihen dort in unglaublicher Pracht."
Doch nicht deshalb hatte ich das Grundstück gekauft. Es lag abseits von Rom, war aber dennoch in relativ kurzer Zeit zu erreichen. Und vor allem: keiner -bis auf die Prätorianer, vermutlich- wusste genau wo es lag.
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"Das Land scheint von den Göttern wahrlich begünstigt, vielleicht sollte ich auch in Ländereien auf Sardinia investieren."
Sagte er etwas nachdenklich und warf schon sein Kapital um, welches er seit dem letzten Grundstückseinkauf angespart hatte.
"Nun ja, die Rosen im hortus sollten vielleicht eingezäumt werden. Der kleine Serenus hat doch ein recht ungestümes Wesen und verbringt viel Zeit im hortus. Falls du die hiesigen Rosen jedoch entbehren kannst, ist diese Vorsichtsmaßnahme natürlich unbegründet und sinnlos."
Natürlich war es allgemein bekannt, dass sein Vater eine Vorliebe für die schönen Pflanzen hatte, daher war dies auch ein kleiner Scherz gewesen und er hoffte, dass er dem Vater dadurch nicht zu sehr erschreckte. Doch auf die Antwort war er dennoch gespannt.
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"Ich denke nicht dass Zäune ein wildgewordenes Kind im Zaum halten können..."
Die bildliche Vorstellung eines spontanen Gedanken brachte mich zum Grinsen.
"Vielleicht sollte man jedoch den Serenus zäumen... :D"
Ein weiterer Schluck Weines fand seinen Weg an meinen Geschmackspapillen vorbei in den Magen. Vorzüglich, der Tropfen.
"Die Rosen... naja. Manche fallen Schädlingen zum Opfer, andere dem Wetter... solange einige wenige Exemplare einer erfolgreichen Züchtung überleben, soll mir das genügen."
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Auch wenn Furianus auflachen musste ob dieser doch sehr amüsanten Vorstellung den Kleinen einzuzäumen, hatte er doch gewisse Zweifel an der Absicht dieses Satzes. Vielleicht meinte sein Vater dies ernst und Furianus durfte heute zum ersten Mal den Göttern einen Dank ausrichten, dass diese ihn nicht in dieser Villa hatten aufziehen lassen. Vermutlich waren solcherlei Vorschläge und Methoden seines Vaters auch der Grund dafür, dass er wie auch Milo fernab ihres Erzeugers groß gezogen wurden.
"Dann eben keine Umzäumung, hoffen wir, dass die Rosen das überleben."
Antwortete er nun mit einem leichten Lächeln und genoss ebenfalls den süßen Tropfen.
"Wirst du nun häufiger und länger in Rom verweilen, Vater? Du weißt ja, deine Abreisen nach Sardinia stoßen bei einigen Senatoren auf Unverständniss. Ich würde mich nicht wundern, wenn einige dich am liebsten per Gesetzesbeschluss an Rom binden würden."
Bei welchem Senator er da besonderes Misstrauen hegte, war natürlich klar. Doch zu seiner Verwunderung hatte der Erzfeind Avarus in letzter Zeit vorgezogen nicht aktiv an den Debatten teil zu nehmen.
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"Ein Gesetzesbeschluss des Senates ist unnötig, mein Sohn. Es war der Kaiser selbst, der meine Anwesenheit in Rom wünschte"
Ich seufzte. Er hatte Recht, der Kaiser - natürlich.
"Die Herren Senatoren waren nur neidisch."
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"Sie beneiden uns in jeglicher Hinsicht, um den Stand, den Namen, um alles, was ihnen an Wert erscheint."
Fügte Furianus mit leichtem Kopfschütteln an und legte seine Hand aufs Kinn.
"Wie stehst du zu dem Feldzug und der persönlichen Teilhabe des Augustus? Deine, als sein enger Berater, Ansicht ist da sehr interessant."
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