Nein, es stand ihm nicht an zu weinen, schon lange war er kein Kind mehr, doch er wünschte sich in diesem Augenblich nichts anderes als nochmals Kind sein zu können um so, frei und lauthals, den Verlust seiner Hoffnungen auf eine neue Familie betrauern zu dürfen. Mit zitternden Händen und ohne ein Wort nahm Tibullus das Pergament an sich.
Wieder und wieder versuchte der junge Mann die Buchstaben zu entziffern. Endlos schweifte sein Blick über die Nachricht, welche ihm doch so kurz erschien, zu kurz für den einzigen Hinweis darauf, das er einst einen Vater gehabt hatte. Aber die Worte des Terentius Cyprianus waren eindeutig. Sein Vater war Tot.
Salve Bruder Lautlos formte er die Worte, die er zu entziffern vermochte, doch bis zum Wort Krieg blieben ihm die Zeichen ein Rätsel. Den Namen seines Vaters konnte er deuten, ebenso Erbe und Sohn. Dann versagten seine Lesekünste, bis auf Casa und Roma konnte er nichts mehr entziffern. Abermals verfluchte er das ihm niemals jemand das Lesen und Schreiben gelehrt hatte.
Schamesröte stieg ihm ins Gesicht, ein Tropfen, eine Träne verwischte die Buchstaben auf dem Pergament. Rasch reichte er es Cyprianuns zurück.
"Er ist also tot" Er bedachte das leise Zittern in seiner Stimme mit stummen Verwünschungen. "Ich habe es geahnt, aber Gewissheit zu haben ist etwas anderes." Tibullus schluckte weitere Tränen hinunter und versuchte, jetzt da er der einzige Mann aus dem Zweig seines Elternhauses war, ernst und würdevoll zu wirken.
Sehr schöne Aktion!