Officium| Appius Terentius Cyprianus

  • Mit Decima im Schlepptau kam Alexion ins Officium seines Herrn. Er hatte Anweisungen bekommen sie dorthin zu bringen, weil es mehr oder minder der privateste Raum war. Appius war noch nicht da und so meinte er zu der frau:"Ich hole den Herrn, daf ich dir was bringen?"

  • Seiana stieg erst aus der Sänfte aus, als sie hörte, dass der Terentier da war und sie empfangen würde. Wortlos folgte sie dem Sklaven ins Haus hinein, während die ihren draußen auf sie warteten, und betrat den Raum, der ihr gezeigt wurde. Als der Sklave ihr etwas anbot, zögerte sie einen kurzen Moment. Sie hatte eigentlich keine Lust auf irgendetwas, und auch wenn ihr kaum etwas anzumerken war, fühlte sie sich doch zu nervös, um jetzt etwas zu trinken. Aber im Lauf des Gesprächs würde sie vielleicht noch froh, einen Becher Wein zu haben – sei es um sich daran festzuhalten, sei es um ihn hinunter zu stürzen, sei es um ihn dem Terentier an den Kopf zu werfen, wenn gar nichts mehr half. „Einen verdünnten Wein, bitte“, antwortete sie also, und als der Sklave das Officium verlassen hatte, ging sie zum Fenster hinüber und sah mit vor der Brust verschränkten Armen reglos hinaus – und wartete.

  • Appius erschien einige Minuten später, in einer recht tuer ausshenden tunika. Ein echter Gucco.Er setzte sich hinter seine nSchreibstich und betrachtete die Frau vor sich. Hübsch aber unnahbar wie eh und je, als ob es die Befragung nie gegeben hatte:"Nun Decima es freut mich, daß du gekommen bist. Wie ist deine Entscheidung ausgefallen? Was hast du mir anzubieten?"

  • Sie musste nicht lange warten – was Seiana positiv überraschte, weil sie eigentlich damit gerechnet hätte, dass er sie schmoren ließ. Sie wandte sich um, als sie hörte wie er eintrat, und neigte grüßend den Kopf. Ihr lag zwar auf den Lippen, dass sie kaum die Wahl gehabt hatte als zu kommen… aber sie verkniff sich diesen Kommentar, sondern kam nur näher und wies auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch. „Darf ich?“ Sie wäre lieber am Fenster stehen geblieben, um ein bisschen Distanz zu wahren – vornehmlich um ihren Sicherheitsabstand einzuhalten, der in diesem Augenblick ziemlich groß war, größer als ohnehin schon normalerweise. Aber es wäre lächerlich gewesen, und so strich sie noch einmal kurz über ihre Tunika, die wie ihre ganze Aufmachung schlichte Eleganz ausstrahlte, und setzte sich. Und war froh darüber, dass er sofort zur Sache kam. Sie beherrschte das höfliche Geplänkel inzwischen zur Genüge, aber sie zog es immer noch vor, wenn sie einfach darauf verzichten konnte.


    Was allerdings nicht hieß, dass das hier unbedingt einfacher wurde. Sie hatte Stunden damit verbracht, zu überlegen, zu grübeln, Ideen zu entsinnen und wieder zu verwerfen. Wann genau sie auf darauf gekommen war, was sie ihm anzubieten gedachte, wusste sie gar nicht mehr genau. Sie wusste nur, dass sie es x-mal verworfen hatte, nur um es doch wieder anzudenken. Und obwohl sie ganz und gar nicht glücklich damit war, war es das einzige, was ihr einfiel, das einzige, was sowohl ihm genug bot – vor allem genug Sicherheit, dass sie sich daran hielt –, als auch ihr, so dass sie nach außen nicht nur ihr Gesicht wahren konnte, sondern im Gegenteil noch dazu gewann. Schlicht und ebenso auf den Punkt gebracht wie er sagte sie: „Heirate mich.“


    Im Grunde war es perfekt. Er würde sie im Griff haben, damit. Ihre Verbindungen und ihr Einfluss sowie der ihrer Familie würden ihm zur Verfügung stehen, und es fiel der Nachteil weg, dass er blind darauf vertrauen musste, dass sie in dieser Hinsicht Wort hielt – was womöglich der Grund war, warum ihm dieses Angebot allein vor zwei Tagen nicht gereicht hatte. Dazu kam der Vorteil, dass er sich einigermaßen sicher sein konnte, dass ihre Familie – namentlich Livianus – sich weiterhin zurückhalten würde, so wie es jetzt schon war. Und zu guter Letzt: wenn sie verheiratet waren, brauchte er sich keine große Mühe mit einer Überwachung geben, weil sie in seinem Haus lebte. Besser kontrollieren als so konnte er sie kaum. Und was sie betraf… nun ja. Sie war ganz sicher nicht froh darüber, sich so in seine Hand zu begeben, sich so… auszuliefern. Eine Ehe unter derartigem Druck zu schließen. Aber Fakt war, dass ihr kaum eine andere Wahl blieb – und Fakt war ebenso, dass ein Bündnis mit dem Praefectus Praetorio auch ihr nur Vorteile brachte, wenigstens nach außen hin.

  • Er ließ sie sich setzen und trank entspannt ein Glas Wein, nun würde er gleich erfahren, was sie ihm Vorschlug. Vielleicht Besitztümer,Geld, Macht Einfluss, jedenfalls etwas anderes als das was er aus ihrem Munde hörte. Als er das hörte verschluckte er sich und lief rot an. Er hustete und versuche wieder zu Atem zu kommen. Weiter hustend und mit nach Luft schnappenden Mund fragte er:"Meinst du das ernst? Dich heiraten?!" während er weiter versuchte zu Ruhe zu kommen.

  • Seiana wusste nicht so recht, ob sie über seine Reaktion lachen oder verärgert sein sollte. Ja, sie war mit der Tür ins Haus gefallen, und ja, das war ein großer Schritt, aber dass er deswegen nun so fassungslos reagierte? Den Ausschlag gab dann schließlich, was er sagte. Dich heiraten? Die Frage. Seiana hörte gar nicht so genau, in welchem Tonfall er das sagte – ihr Kopf und ihr Herz ergänzten das ganz von selbst. Dich heiraten? Ausgerechnet dich? Du bist nicht genug... Ihr Blick verdüsterte sich, während sie sich zwang, ihre Gedanken in eine andere Bahn zu lenken, sich an das zu erinnern, was sie immer wieder versucht hatte sich einzureden, während diese Idee in ihr gereift war. Sie war genug. Sie entsprach vielleicht nicht dem Idealbild einer Matrona, aber sie war genug. Für den, der sich darauf einließ, dass sie die 20 schon längst hinter sich gelassen hatte, und dass sie durch ihre Position durchaus sehr direkten Einfluss ausüben konnte und nicht, wie andere Frauen, immer den indirekten Weg wählen musste und nur im Hintergrund agierte. Sie war genug, für den, der sich darauf einließ, dass sie auf andere Art in der Öffentlichkeit stand als andere Frauen und dass sie auch mal Schwierigkeiten bekommen konnte...


    Was sie zu dem Terentius zurück brachte. Ein wenig indigniert musterte sie ihn, während sie darauf wartete, dass sein Hustenanfall sich ein wenig beruhigte. „Ja. Mich heiraten“, antwortete sie kühl. „Du... hast davon nur Vorteile. Du hast selbst gesagt, dass meine Familie nach wie vor Macht hat, dass der Name Decima nach wie vor für etwas steht. Wir haben Senatoren, Ritter, sogar einen Triumphator gestellt. Und ich habe ebenfalls Einfluss. Ich kann dir viel erzählen, dass ich dich in Zukunft unterstützen würde, aber mit einem Bündnis durch eine Heirat bekommst du die Gewährleistung dafür, dass meine Familie und ich mich auch daran halten. Du hast mich im Blick, wie es allein durch deine Speculatores kaum zu leisten ist... Und du bist im Augenblick nicht verheiratet und noch ohne Erben.“ Seiana ließ unerwähnt, was eine Ehe ihr brachte. Dass sie so vor ihm in Sicherheit war, einigermaßen – sie zweifelte nicht daran, dass er sie fallen lassen würde, wenn es darauf ankam, aber so lange nicht irgendetwas passierte, würde sie als seine Frau ihre Ruhe haben. Nun, nicht vor ihm direkt, aber vor seinen Prätorianern, vor Durchsuchungen, vor Anschuldigungen und womöglich öffentlichen Anklagen. Und dass sie, natürlich, auch unabhängig davon profitierte. Er war einer der mächtigsten Männer Roms. Eine Heirat mit ihm hatte nur Vorteile, für sie und ihre Gens. Und nicht zuletzt: diese Lösung ließ sie ihr Gesicht wahren. Es war selbstverständlich, dass sie ihren Ehemann unterstützte. Es war nicht selbstverständlich, dass sie, als unabhängige Frau, als Auctrix, den Praefectus Praetorio unterstützte. Eine Sache allerdings gab es noch, die sie sagen wollte... Sie hatte ihre Hausaufgaben gemacht, hatte sich informiert über den Terentius, und nach allem was sie wusste, hatte er bisher herzlich wenig zu tun gehabt mit dem Praefectus Urbi – was eher unüblich war, besah man sich, wie der Vescularius in der Regel seine Freunde und Vertrauten bedachte. Es war ein Risiko, diese Sache nun so offen anzusprechen – aber bei ihr war das ohnehin schon egal. Sie saß in der Klemme, so oder so, er hatte ja deutlich gemacht, was er mit ihr vorhatte, sofern ihr Angebot ihm nicht genügte. Da konnte sie ihm genauso gut alle Vorteile nennen, die ihr Vorschlag hatte. „Und wenn du mich heiratest, die Nichte des Senators, der sich als einziger offen gegen den Praefectus Urbi positioniert hat, würdest du Rom zeigen, dass du mehr bist als ein Schoßhund des Vescularius.“

  • Er sah daß sie seine Antwort nicht unbedingt freudiger gestimmt hatte, aber er war so überrascht gewesen daß er gar nicht anders reagieren konnte:"Nun in diesem Falle muß ich mich entschuldigen. Ich meinte meine Worte nicht so harsch wie sie vielleicht sich anhörten. ich war nur sehr überrascht. ich hatte nicht erwartet, daß eine Frau die ich vor fast zwei Tagen noch den Bestien zum Fraß vorwerfen wollte, mich nun heiraten will."
    Er hörte ihre Worte und mußte lächeln, diesmal ein durchaus angenehmes Lächeln:"Ich sehe du hast dir Gedanken gemacht und ich muß zugeben deine Worte klingen vernünftig. Zumal die Hochzeit ja auch dir Vorteile bringen würden und deine Familie nicht zu vergessen. ja ich denke das ist ein gutes Angebot, welches so annehmen kann" meinte er als wäre es ein Geschäft, aber war es dies nicht letztlich auch? Ein Geschäft zu beiderseitigem Nutzen. Rein rational. Das gefiel ihm.
    Beim ihren letzten Worten wude er wieder kälter und sein Lächeln verschwand:"Ich habe dir schonmal gesagt Decima Seiana, daß es mich wenig interessiert was Rom über mich denkt. jedenfalls solange es mir nichts nützt. Ich bin loyal zu Rom, aber halt zu Rom nicht zu den Amtsinhabern außer sie behandeln mich gut. und solange ich also vom PU gut behandelt werde und er für Ruhe und Ordnung sorgt ist es mir im Gegensatz zu anderen:.." wie zum Beispiel seinem Patron"...recht egal wie er sich kleidet und in Rom herumstolziert. Das solltest du für unsere spätere Ehe gleich verinnerlichen meine Liebe" meinte er mit einem leicht kalten Unterton zu ihr.

  • Sie schloss die Augen und unterdrückte ein Zusammenzucken, als er noch mal darauf anspielte, was er für sie im Sinn gehabt hatte. „Bis vor kurzem hätte ich das auch nicht gedacht“, antwortete sie, eher leise und nachdenklich als kühl oder gar schnippisch. Aber Dinge änderten sich. Vor allem dann, wenn man bedroht wurde... und aus einer derartigen Lage wie der ihren dann einen Ausweg fand, der nicht nur ein Ausweg war, sondern viel mehr Vorteile bot.


    Und dann kam seine Zusage. Erneut schloss sie die Augen, erlaubte sich für einen winzigen Moment Erleichterung, und in diesem einen Moment nahm dieses Gefühl, endlich wieder sicher zu sein, so sehr überhand, dass sie Mühe hatte sich, ihren Körper unter Kontrolle zu behalten. Ihre Hände zitterten, und sie behielt sie fest in ihrem Schoß, wo man es nicht sehen konnte, aber ein tiefes Einatmen konnte sie ebenso wenig verhindern wie die Erleichterung in ihren Augen – oder dass sie nicht sofort antworten konnte, sondern erst warten musste, weil sie ihrer Stimme nicht sofort traute. So nickte sie nur auf seine Worte hin – und erstarrte im nächsten Moment schon wieder, als es um den Praefectus Urbi ging. Seiana presste die Lippen aufeinander, als der Terentius deutlich machte, was er von dem Thema hielt. Oder überhaupt davon, dass sie so etwas ansprach.
    Sie hätte nun viel sagen können. Hätte darauf hinweisen können, dass es auch einen Mann wie ihm, in seiner Position, nicht völlig egal sein konnte was die Leute über ihn dachten, weil vielleicht irgendwann die Zeit kommen würde, in der ihm das nützlich sein würde – und es zu spät sein konnte, die öffentliche Meinung noch umzuschwenken. Oder dass der Vescularius weder ewig regieren noch ewig leben würde. Oder dass Loyalität zu Rom auch beinhaltete, die Machtinhaber kritisch zu beurteilen und nicht danach, ob sie einen selbst gut behandelten, denn das war nicht immer ein Indiz dafür, dass sie auch das Beste für Rom taten. Oder...


    Aber er war deutlich, mehr als deutlich, sowohl in seinen Worten als auch dem Klang, dem ganzen Auftreten. Wo er gerade eben noch fast freundlich gewirkt hatte, war er nun wieder der Mann, der keine Skrupel gehabt hätte sie des Hochverrats anzuklagen, mit allen Konsequenzen, gleich ob das stimmte oder nicht. Und Seiana wusste das alles nur zu gut. Wusste nur zu gut, wer dieser Mann war, welche Macht er hatte, und wie er sie einsetzen konnte – wusste allerdings nicht, wie er nun wirklich war, wie weit sie gehen konnte, bis sie irgendwann eine Grenze überschritt, über die sie nicht mehr zurück konnte. Und diesen Mann gedachte sie zu heiraten. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, und etwas in ihr wehrte sich dagegen, nachzugeben, sich einfach so... unterzuordnen. Sie hatte Recht mit dem, was sie gesagt hatte. Auch dieser Aspekt einer Verbindung mit ihr konnte sich als Vorteil für ihn erweisen. Allerdings: wenn ihm das egal war, musste sie es ja nicht noch weiter ausführen. Er hatte schon ja gesagt. Und... die Wahrheit war, dass Seiana es nicht wagte, dieses Thema jetzt noch weiter zu intensivieren. Sie waren noch nicht verheiratet. Sie waren noch nicht einmal offiziell verlobt. Er konnte seine Zusage genauso gut wieder zurücknehmen und ihr das Leben zum Tartaros machen. Oder sie dennoch heiraten und ihr trotzdem das Leben zum Tartaros machen, nur dass ihr Leben dann wohl wesentlich länger dauern würde. Das war ein Risiko, dass sie nicht eingehen wollte, schon gar nicht weil sie ihn viel zu wenig kannte um abschätzen zu können, wie er nun auf Widerspruch von ihr reagieren würde.


    Und so kam es, dass Seiana nachgab, seinem Blick schließlich auswich und zur Seite sah. „Das werde ich.“ Wieder presste sie Lippen aufeinander, während sie zugleich froh war, dass er nicht in ihren Kopf hinein sehen konnte. Einen Moment herrschte Schweigen, bevor sie wieder aufsah und das Thema wechselte. „Nun... mein Bruder befindet sich auf dem Weg nach Rom, so weit ich weiß. Ich bin zwar sui iuris, aber anstandshalber solltest du die Verlobungsverhandlungen mit ihm führen. Das heißt, sofern dir das recht ist... die Eckdaten können wir sicherlich auch sofort festlegen.“

  • "Gut sehr schön ich sehe wir sind uns einig. Was die Sache mit deinem Bruder angeht. So kann ich das gerne machen. Wenn du willst kannst du gerne dabei sein. Das macht deinem Bruder dann sicher deutlich wie ernst wir es meinen, meinst du nicht?"
    Auch wenn es eher ungewöhnlich war, aber in so einer Phase hatte er gerne die Kontrolle über seine zukünftige Frau. Eine Frau wie sie würde wahrscheinlich nicht so schnell klein beigeben. Da mußte er auf der Hut sein

  • Einig. Ja, das waren sie sich wohl, und dennoch... Das Wort hatte einen schalen, leicht bitteren Beigeschmack für Seiana. Sie konnte sich noch so sehr vorhalten, dass diese Verbindung nur Vorteile für sie hatte – was eine schlichte Tatsache war –, aber die Art, wie sie geschlossen wurde, war nichts anderes als eine Niederlage für sie. Daran änderte sich nichts, nur weil lediglich sie beide davon wussten, was genau hinter dieser Eheschließung steckte. Und wenn das Leben mit dem Terentius so weiter gehen würde, wie er sich ihr gegenüber nun präsentierte... Die Aussicht darauf, ihre Worte in Zukunft noch vorsichtiger wählen zu müssen als sie es ohnehin schon tat, und vor allem darauf, sich mit ihrer Meinung zurückhalten zu müssen, gefiel ihr kaum. Sicher, in einer Ehe war Anpassung an den anderen wohl nötig... aber sie hatte nun lange genug allein und selbstständig gelebt, ohne Mann und sogar ohne Familienmitglieder, die ihr in ihr Leben großartig hineingeredet hätten, dass es ihr nicht leicht fallen würde, sich nun an ein Leben als Ehefrau zu gewöhnen. Selbst unter anderen Umständen als ausgerechnet diesen wäre es nicht leicht für sie geworden, und so, wie es jetzt war... Sie konnte nichts von ihm fordern, weil sie schon froh sein musste, dass er überhaupt auf ihr Angebot eingegangen war, und sie hatte keine Ahnung, wie das Leben mit ihm werden würde. Ob sie sich immer so würde unterordnen müssen wie jetzt, ob ihre Ehe eine... nun, eine Aneinanderreihung von Niederlagen werden würde. Aber es hatte wohl keinen Sinn, sich jetzt schon darüber Gedanken zu machen. Sie würde noch früh genug erleben, wie er war, wenn er sie nicht gerade völlig in der Hand hatte.


    Sein Angebot, dass sie dabei sein konnte, wenn er mit Faustus sprach, war eine weitere Erleichterung. Ganz sicher war sie sich nicht, was ihr Bruder davon halten würde, dass er – mal wieder – nicht vorher gefragt worden war. Und sie hatte keine Ahnung, wie sie ihm das diesmal erklären sollte, konnte nur hoffen, dass er genug von dem Praefectus Praetorio hielt, dass er nicht allzu viele Fragen stellen würde. Ihr nicht, und dem Terentius auch nicht. Und wenn sie dabei war bei den Verhandlungen, konnte sie vielleicht verhindern, dass zu viel herauskam. „Ich würde gerne dabei sein“, antwortete sie mit einem leichten Nicken. Einen Moment zögerte sie, bevor sie anfügte: „Er...“ Noch ein Zögern. Es fiel ihr nicht leicht, zu bitten oder sich unterzuordnen, und irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie bei dem Terentius momentan nichts anderes tat als eins von beidem. Aber es half nichts. „Faustus... Mein Bruder ist Faustus Serapio, er war Tribun in der 22. Er... es wäre mir lieb, wenn er davon nichts erfährt.“ Sie biss sich kurz auf die Unterlippe. „Ich weiß noch nicht, was genau ich ihm sage, aber ich würde ihn gerne heraushalten so gut es geht. Ich hoffe das ist auch in deinem Sinn.“

  • "Ja es ist denke ich ganz gut, wenn er von dem eigentlichen Hintergrund nichts erfährt. Wir wollen ihn ja nicht unötig aufregen nicht wahr. Aber wahrscheinlich wird es deinen Bruder sowieso nicht groß interessieren. Du hast eine gute Partie gemacht und wirst heiraten. Wen interessiert da das Warum?"


    Zumal die Antwort wie bei jeder (oder zumindestens fast jeder) Hochzeit: Politik war.

  • Faustus würde das Warum interessieren, davon ging Seiana aus. Aber ihr war es nur recht, dass der Praefectus mit ihr darin übereinstimmte, dass ihr Bruder nichts erfuhr... oder so wenig wie möglich, hieß das, denn irgendetwas würde sie ihm erzählen müssen. Wie sie dazu gekommen war, mit dem Terentius eine Verlobung einzugehen, und was die Prätorianer im Haus ihrer Familie zu suchen gehabt hatten, denn das hatten ja so ziemlich alle Sklaven mitbekommen. Und Sklaven tratschten. Dass sie, wie der Praefectus sagte, eine gute Partie gemacht hatte, würde allerdings helfen, mutmaßte sie, dass Faustus nicht allzu viele Fragen stellte.


    In diesem Moment äußerte sie davon jedoch nichts. Den Terentius ging es nichts an, wie ihr Verhältnis zu ihrem Bruder war. Er hatte genug gegen sie in der Hand, auch ohne zu wissen wie nah sie sich standen. Sie lächelte vage. „Vermutlich niemanden. Ich werde dich wissen lassen, wie unsere... Bekanntschaft und die Verlobung zustande kam, so bald ich mit Faustus gesprochen habe.“ Nicht auszudenken, wenn der Terentius dann plötzlich etwas anderes erzählte als sie. „Nachdem die Anschuldigungen damit vom Tisch sind... gegen mich und gegen die Acta“, fügte sie noch an, um sicher zu gehen, dass es auch da keine Schwierigkeiten mehr geben würde – wenn er jetzt nicht widersprach, dann war auch die Acta geschützt durch diese Verbindung –, „wann kann ich meine Unterlagen zurückbekommen?“ Natürlich hoffte sie noch heute, aber darüber sollte sie sich wohl keine Illusionen machen. Noch hatte ihr Bündnis nicht einmal ansatzweise einen offiziellen Charakter, der ihnen beiden die Sicherheit geben würde, dass der andere sich daran hielt.

  • Er lachte:"Ah sehr schön wir sprechen uns wie zwei Verbrecher ab. Ja das gefällt mir. Hat schon fast etwas poetisches." bei der Nennung der Acta verfinsterte sich sein Gesicht wieder:"Nun mein Schatz, ich darf dich doch jetzt so nennen wo wir praktisch schon verheiratet sind oder?I Nun wie gesagt du bist nicht die Acta. Deine Akten werden sicher sauber sein aber wer weiß was wir noch so in deinen unterlagen finden werden nicht wahr. Aber ich denke mal nächste Woche sollten wir damit durch sein.

  • Für einen Augenblick war Seiana sich nicht sicher, wie er das nun meinte. Im nächsten war sie es immer noch nicht. Und in dem darauffolgenden auch nicht. Sie konnte nicht sagen, ob seine Worte ironisch waren, ob er sich über sie lustig machte, oder ob er ehrlich amüsiert war. Und sie wusste nicht, was sie darauf antworten sollte, obwohl ihr durchaus das ein oder andere eingefallen wäre. Dass sie es vielmehr pragmatisch als poetisch fand. Dass ihnen kaum eine Wahl blieb, wenn sie nicht wollten, dass Faustus unangenehme Fragen stellte, weil ihre Versionen sich widersprachen. Oder: dass es nur passend war, wenn sie sich wie Verbrecher absprachen, wo er doch – in ihren Augen jedenfalls – die verbrecherischen Methoden schon so schön eingeführt hatte, indem er ihr Hochverrat hatte anhängen wollen, obwohl er wusste, dass das nicht stimmte. Aber zumindest letzteres sagte sie besser nicht laut, und auch das davor... ohne zu wissen, wie er seine Worte nun genau meinte, zog sie es vor nur zu nicken und erneut ihre Lippen zu einem angedeuteten Lächeln zu verziehen – und im Übrigen zu schweigen.


    Dann allerdings wurde er abermals kälter, und Seianas Lächeln gefror, während sie die Zähne aufeinander presste. Mein Schatz. Vorhin schon hatte er sie meine Liebe genannt. Und ihr fiel durchaus auf, dass er das beide Male in einem Zusammenhang sagte, der fern von jeder Freundlichkeit oder gar einem Annäherungsversuch war. Aber in solchen Situationen bewirkte er damit effektiv, sie an ihr Bündnis zu erinnern, und damit daran, dass sie kaum in der Lage war Forderungen zu stellen. Und sie konnte ihn kaum daran hindern, sie so zu nennen... nicht einmal dann, wenn er es ernst meinte, obwohl sie sich mutmaßlich auch dann nicht wirklich wohl mit einer solchen Vertraulichkeit fühlen würde. Sie ließ andere Menschen nicht gerne so nah an sich heran, dass wirklich Vertraulichkeit entstehen konnte. Es waren nie viele gewesen, die ihr überhaupt so nahe gestanden hatten, aber mittlerweile war Faustus der Einzige, und spätestens seit der Sache mit Archias schien sie verlernt zu haben, sich anderen Menschen, neuen Bekanntschaften zu öffnen.
    Aber das war im Grunde nebensächlich. Sie würde erleben, wie diese Ehe werden würde, wie sich ihr Verhältnis entwickeln würde. Wichtiger im Moment war, was er mit diesem Kosenamen nur garnierte. Denn damit war die Acta wohl raus aus der Abmachung. Nicht komplett, wenn sie ihn richtig verstand, aber... es klang ganz danach, als ob er wenigstens das ein oder andere Opfer haben wollte, die er festsetzen, an denen er womöglich seinen Schauprozess durchführen konnte. Und wenn das so war, wenn sie ihn davon nicht abbringen konnte... Ihre Lippen wurden schmal. Wenn es so kam, konnte sie ihm dabei dann entweder zusehen – oder versuchen, so viel Schaden wie möglich abzuwenden. Was aber nichts anderes hieß als dass sie ihm Opfer würde liefern müssen. Sie würde die aussuchen müssen, die der Acta und den übrigen Mitarbeitern am wenigsten schaden würden... und sie ans Messer liefern. Die Aussicht gefiel ihr gar nicht. Und ebenso wenig gefiel ihr, dass sie ihre Sachen vorerst nicht zurückbekommen würde... aber immerhin hatte er nicht bis zur Hochzeit gesagt.


    „Ich verstehe“, antwortete sie mit erzwungener Ruhe. Jetzt konnte sie ohnehin nichts tun außer abzuwarten, was er und seine Prätorianer ihr auftischen würden. „Was ist mit meinen privaten Dingen? Briefe, beispielsweise. Und die Unterlagen über meine Betriebe. Mit der Acta haben diese ja nichts zu tun, und ich wäre doch sehr dankbar, wenn ich diese noch vor nächster Woche zurück erhalten könnte. Um den reibungslosen Ablauf meiner Geschäfte zu gewährleisten.“

  • Er hoffte seine ganze Ehe würde nicht so werden, ständig irgendwelche fragen. Er hasste sowas:"Ich werde sie dir Morgen liefern lassen. Damit deine betriebe nicht leiden müssen. Wir wollen ja nicht, daß du noch verhungerst. Wie sehe das aus nicht wahr."
    Er überlegte kurz:"Kann ich dir sonst noch etwas gutes tun? Jetzt wo wir praktisch verlobt sind?!" fragte er zuckersüß.

  • Diesmal war sie sich sicher. Er machte sich über sie lustig. Er machte sich über sie lustig! Für einen winzigen Augenblick verdüsterte sich nun ihr Gesichtsausdruck, aber sie hatte sich schnell wieder im Griff. Diesmal beschloss sie allerdings, auf seinen Kommentar einzugehen. „Es wäre ganz sicher kein schöner Anblick“, entgegnete sie, ihre Stimme freundlich, ihr Lächeln jedoch eher eines von der schneidenden Sorte. „Ich danke dir für dein Entgegenkommen.“


    Jetzt, zum ersten Mal, griff Seiana nach ihrem Weinbecher und nippte daran. Das Gespräch näherte sich dem Ende, jedenfalls von ihrer Seite, und nun, nachdem sie das Wichtigste hinter sich hatte... war ihr nach einem Schluck Wein. Und nachdem der Terentius weiter sprach und immer noch diesen sarkastischen Unterton pflegte, hätte sie am liebsten gleich noch einen getrunken, aber sie ließ es, sondern stellte den Becher wieder ab. „Nein“, antwortete sie mit einem ironischen Lächeln. „Ich glaube, das sind genug Wohltaten für heute, die ich von dir bekommen habe. Kann ich noch etwas für dich tun?“

  • Er hatte sich überlegt, ob er sie nicht fragen sollte, seine Casa zu reinigen. Aber er wollte sich nicht schon jetzt von seiner zukünftigen Frau umbringen lassen. Auch wenn sie ein kühler Mensch war so hatte doch jeder Mensch seine grenze. und diese wollte er nicht jetzt schon austesten:"Nein ich denke nicht."Es freut mich daß wir nun zu einer Einigung gekommen sind. ich werde mich so schnell wie möglich mit deinem Bruder in Verbindung setzen und dich vorher nochmal wegen der "Geschichte" kontaktieren."
    meinte er weiterhin zuckersüß zurück.

  • Seiana nickte leicht. „Ja. Das freut mich auch.“ Und auch wenn sie nicht unbedingt so wirkte – sie freute sich. Oder besser, sie war erleichtert. Sie hatte eine Lösung gefunden, ein Angebot, das ihn zufrieden stellte, und er hatte mit sich reden lassen... auf gewisse Art. Das war es, was zählte. Dass sie sicher war, dass ihr nichts angehängt werden würde. Dass damit auch ihre Familie, allen voran Faustus, aus dem Schneider war. Dass er seine überlegene Position ein wenig heraushängen ließ, nun, damit kam sie klar, irgendwie – und abgesehen davon konnte sie ihn daran ohnehin nicht hindern. „In Ordnung.“ Sie hoffte nur, ihr Bruder würde bald in Rom eintreffen, damit sie das so bald wie möglich hinter sich bringen konnte. Damit alles festgelegt werden und sie es offiziell machen konnten, denn erst dann würde sie sich wohl wirklich sicher fühlen können. Plötzlich begann sie, wieder die Müdigkeit zu spüren. „Wenn es nichts mehr zu besprechen gibt, würde ich mich nun verabschieden. Du... weißt ja, wo du mich erreichen kannst, wenn es irgendetwas geben sollte.“

  • Sie durfte also gehen. Der Zug um ihre Mundwinkel verhärtete sich wieder ein wenig, aber sie sparte sich jeden Kommentar. Es würde kaum etwas bringen, nun etwas zu sagen – außer das Risiko, dass er es sich vielleicht doch noch überlegte. Aber sie wusste jetzt schon, dass sie Schwierigkeiten haben würde sich diesen Ton auf Dauer gefallen zu lassen, wenn er sich immer so gab.


    Für diesen Moment allerdings schluckte sie jeden scharfen Kommentar, der ihr auf der Zunge lag, kontrollierte ihre Gesichtszüge und nickte nur. „Vale, Praefectus“, erwiderte sie, bevor sie sich erhob und zuerst das Zimmer und kurze Zeit später das Haus verließ.

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