Peristylium | Sponsalia Claudia Epicharis et Marcus Flavius Aristides

  • Epicharis sah es ähnlich wie Aristides. Zuerst war kaum jemand da, dann schließlich schienen alle auf einmal zu kommen. Das war ja keinesfalls schlecht, nur eben insofern ungünstig, dass man nach einer Begrüßung schon direkt weiterziehen musste, um den nächsten Gast nicht zu lange warten zu lassen. Doch nachdem die Begrüßungen vorbei sein würden, wäre alles ungezwungener und entspannter. Epicharis fand sich zudem heute zum allerersten Mal in der Rolle der Mit-Gastgeberin wieder, und somit wurde einfach erwartet, dass sie sich natürlich auch um die Gäste kümmerte. Von den Gedanken ihres Verlobten konnte sie freilich nichts wissen, ebenso wenig von seinem bisherigen Neigungen, die Frauen betreffend, doch dies war in einer patrizischen Ehe wohl auch eher Nebensache. Dennoch, Epicharis würde gewiss mit einiger Abscheu reagieren, wenn sie jemals erfahren musste, dass ihr Gatte die Nähe einer Lupa oder gar einer anderen Frau suchen würde, weil er mit ihr nicht zufrieden war. Was Aristides mit der Offenbarung durch die Götter meinte, konnte sie nicht erahnen, schien dies doch eine Art geheimes Schlagwort zu sein, welches nur Gracchus und sein Vetter im Zusammenhang verstanden.


    Von Durus sah Epicharis wieder zurück zu Aristides, der den Tiberier auch bereits entdeckt hatte und sogleich entsprechende Worte an seinen Vetter richtete. Sie empfand seine legere Art als recht angenehm, und noch ehe er sich versah, legte sie ihm die Hand auf den Unterarm und verabschiedete sich fürs Erste von Gracchus, den sie, wie sie sich vornahm, im Auge behalten würde, erschien er ihr doch recht suspekt. Denn im ersten Eindruck wirkte er sowohl zuvorkommend als auch freundlich, und Epicharis hätte ihm seine so schmeichelnden Worte ohne weiteres geglaubt - wäre da nicht das Wissen um die selten lächelnde Antonia gewesen. Epicharis war sich sicher, dass er das Spiel, welches sie Antonia geschenkt hatte, damit sie und Gracchus es gemeinsam spielen konnten, noch nie angerührt, geschweige denn gesehen hatte. Mit einem herzlichen Lächeln nahm sie jedoch an Aristides' Seite die Glückwünsche entgegen, die Gracchus aussprach. "Hab Dank, Flavius Gracchus. Wir werden gewiss später noch Zeit zum Plausch haben." An Aristides' Seite schritt sie nun also Durus entgegen, an dessen Name sie sich Dank des guten Namengedächtnisses problemlos erinnern konnte. Nur kurz schweifte ihr Blick wieder zurück zu dem inzwischen leeren Platz an der Säule, bei der sie vor Kurzem noch einen Schatten gewahrt hatte. Es musste wohl doch eine Illusion gewesen sein. Aristides begrüßte Durus, und auch Epicharis hieß ihn willkommen. "Senator, auch mich freut es, dich so bald nach dem Bankett wiederzusehen." Einen Moment später huschte ihr Blick zu Aquilius, den sie bereits durch einen ebenso amüsanten wie interessanten Zwischenfall kennengelernt hatte. Er stand bei Dolabella, die augenscheinlich wieder zurück aus Germanien war. Epicharis verspürte den Wunsch, zu ihr zu eilen und sie zu begrüßen, doch zog in jenem Moment das Mädchen an Aquilius' Seite ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich. Sie wurde zwar teilweise von ihm verdeckt, doch war ihre Schlichtheit und die leicht deplacierte Aufmachung deutlich genug zu erkennen. Sie fragte sich, welch unglückliche Umstände wohl zu einer Ehe des Flaviers mit diesem Mädchen geführt haben mussten. Das Haar hing unschön herab und sie schien nicht gerade begeistert davon, heute hier zu sein. Irritiert blickte sie zu Aristides, der gerade einen recht affablen Ausspruch machte und damit wieder einmal bewies, dass er nicht allzu viel Wert auf adäquate Konversation legte. Bei Epicharis äußerte sich dies darin, dass sie verhalten schmunzelte und anschließend wieder zu Aquilius und diesem Mädchen blickte, wer auch immer sie war. Doch kurz darauf wurde ihr die Sicht auf das Grüppchen versperrt, denn ihr Vater trat dazwischen. Epicharis lächelte ihm liebevoll zu, löste sich jedoch immer noch nicht von Aristides, da dieser ohnehin gerade Vesuvianus gewahrte und auf ihn zu schritt, um ihn zu begrüßen. Es folgte eine kleine Unterhaltung über Politik, der Epicharis kaum etwas abgewinnen konnte, da sie von den Plänen ihres Vaters bereits unterrichtet war und sie - gelinde gesagt - nicht guthieß. Wer sorgte sich schon gern um einen Verlobten im Krieg und zusätzlich noch um einen Vater in Germanien? Zumal sich Epicharis beinahe sicher war, dass er sie gewiss nicht mitnehmen und ihr das rauhe Land im Norden zeigen wollte, auch wenn Deandra gehen durfte und auch Prisca fern von Rom in Tarraco weilte.


    Glücklicherweise wurden Epicharis' Gedanken und damit auch ihr Blick nun aber auf ein weitaus angenehmeres Bild gelenkt, denn Antonia betrat den Säulengang und gleich darauf auch Leontia, die wie bei ihrem letzten Aufeinandertreffen in eine makellose Tunika gewandet war und mehr denn blenden aussah. Auch Antonia schien wirklich ernsthaftig erfreut zu sein, und so wandte sich Epicharis schnell an Aristides und seine Gesprächspartner, um gewinnend zu lächeln. "Entschuldigt mich bitte einen Augenblick, ich bin gleich wieder da", sagte sie und wandte sich einen Moment von den Männern ab. Leontia war zuerst heran und ergriff Epicharis' Hände in einer gar vertrauten Geste, die Epicharis mehr als alles das Gefühl gab, aufs herzlichste Willkommen geheißen zu werden. Die Claudierin lächelte und zeigte dabei fröhlich die geweißten Zähne, ihrerseits das herzige Drücken der Hände erwidernd. "Leontia, ich freue mich sehr, dich wiederzusehen! Gewiss hätte auch ich diese Umstände nicht erwartet, doch umso schöner ist der Anlass, findest du nicht? Deine Tunika ist wahrhaft ein Traum, dieses Blau ist einfach magnifik! Vielen lieben Dank für deine Wünsche. Wir werden hoffentlich gut miteinander auskommen", erwiderte Epicharis herzlich und meinte jedes der Worte vollkommen Ernst. Sie erinnerte sich noch recht gut an den Bummel über den Markt, bei dem sich Leontia als durch und durch modebewusste und luxusorientierte Einkäuferin, wie Epicharis selbst eine war, herausgestellt hatte. Nur wenig später wandte sich Epicharis auch an Antonia, die eben dazugetreten war. Ehe diese sich versah, hatte Epicharis ihre Großcousine auch schon umarmt, beinahe mochte man es ungestüm nennen, doch für Epicharis waren damit die wichtigsten der Gäste anwesend, was gewiss nicht heißen sollte, dass die anderen unwichtig oder gar nichtig waren. Doch zu Leontia hatte sie nicht zuletzt durch den wunderschönen Nachmittag (nach welchem die Fuße eine eingehende Massage benötigt hatten) eine besondere Beziehung, und Antonia gehörte außerdem zur Familie und damit war schon alles gesagt. "Ach Antonia, ich freue mich sehr, dass du da bist. Ja, es ist beinahe amüsant zu nennen, bald wieder in der gleichen Villa beherbergt zu sein, nicht wahr?" sagte sie lachend, nachdem sie die Cousine wieder aus ihren Armen entlassen hatte.


    Sklaven wuselten bereits emsig durch das Peristyl, doch es fehlten freilich noch einige Gäste, weswegen das Mahl noch etwas auf sich warten lassen würde. "Oh, welch hübsches Schmuckstück", entfuhr es Epicharis nun, und sie wies auf die Bernsteinkette um Antonias hübschen Hals. Da fiel ihr ein, dass sie den beiden den Verlobungsring noch gar nicht gezeigt hatte, und so hob sie, aufgeregt wie ein kleines Kind, die Hand und ließ den verschlungenen, gold und silber durchwirkten und in den Zwischenräumen mit feinen Perlchen besetzten Ring im Licht der Fackeln aufblitzen. Die Gemme aus Elfenbein schimmerte matt und zeigte ein glückbringendes Symbol. "Schaut einmal! Ist er nicht wunderschön?" begeisterte sie sich für Aristides' exquisiten Geschmack, was Schmuck betraf.


    In jenem Moment traten zwei Sklaven hinzu, die Epicharis' Aufmerksamkeit auf sich zogen, da sie nicht höflich und zuvorkommend herumwuselten, sondern jeder mit etwas in den Händen, das von einem Tuch verdeckt wurde, auf Aristides und sie zu kamen und sich dabei ängstlich umsahen. Augenblicklich warf sie ihrem Verlobten einen alarmierten wie besorgten Blick zu. Hatte dies vielleicht etwas mit der Nachricht zu tun, die ihn vorhin ereilt hatte? Die beiden blieben vor dem Paar stehen und rezitierten jemanden, den Epicharis recht schnell als Serenus identifizierte, nicht zuletzt wegen der Worte. Zuerst erschrocken starrte Epicharis die Totenmaske an, dann blickte sie ehrlich berührt und etwas bedrückt zur Seite - immerhin ging es wohl um Aristides' erste Ehefrau, von der Epicharis nichts wusste. Doch die Worte des zweiten Sklaven drangen nur zu gut in ihre Ohren, und so wandte sie den Blick abermals zum Ort des Geschehens. Sie verdaute noch die harschen Worte des Jungen, die der Sklave so dreist vor der gesamten Öffentlichkeit ausrichtete - Epicharis hätte ihn allein deswegen schon als Kreuz schlagen lassen - da zog der Sklave das Tuch herunter und hervor kam eine tote Ratte.


    Epicharis sog erschrocken die Luft ein, eine ungemütliche Stille breitete sich aus und sogar die Musiker verstummten vereinzelt. Die Claudierin griff sich fassungslos in einer Geste an die Brust und starrte das tote Vieh an, das seitlich auf der silbernen Platte lag und sie in grässlicher Manier anstarrte, die kleinen Klauen wie zum Anprangern erhoben. Epicharis schluckte und tastete nach Antonias Hand, um sie in ihrer Bestürzung zu drücken. Was würde nun geschehen? Zögerlich warf sie einen Blick zu Aristides und anschließend zu Vesuvianus, ehe sie den Blick gen Boden senkte. So viel zu dem herzlichen Willkommen, welches Aquilius ihr versichert hatte.

  • Zitat

    Original von Flavia Arrecina
    Dann sah sie einen anderen Mann, Tiberius Durus, den sie gar nicht kannte, zumindest nicht bewusst. Ihr Blick kreuzte sich einen Moment mit dem seinen. Sicher auch ein Patrizier kam es ihr in den Sinn, war sich aber nicht sicher, aber vielleicht könnte daraus irgendwann ein nettes Gespräch werden wenn sie denn jemals hier weg kam.


    Gerade, als er das Mädchen so musterte, blickte diese ihn an. Sie kam ihm tatsächlich...nunja, er wusste nicht, ob er sie mögen sollte. Wie eine römische Dame wirkte sie nicht wirklich, aber wie auch, wenn der Vater Centurio in der Legion war? Aber wer war der Mann, der sie hier so durch die Gegend führte? Ein Bekannter, wie ihm schien, denn sie hatten vorhin ein paar Worte gewechselt. Vielleicht ein Verlobter? Hatte Aristides seine Tochter auch noch schnell jemandem an die Hand gegeben, ehe er in den Osten aufbrach?


    Auch eine weitere junge Dame fiel dem Tiberier ins Auge. Es war eine Schönheit in einem wunderbar blauen Gewand mit silbernen Stickereien darauf. Das erinnerte den Princeps Factionis in Durus natürlich sofort an die Veneta. Die Frisur rundete das Gesamtbild ab, sodass Durus sie einen etwas längeren Augenblick betrachtete. Scheinbar fühlte sie sich auch etwas deplatziert...
    So trat der Senator auf das Mädchen zu, das fast schon seine Tochter sein konnte - nunja, noch nicht ganz vielleicht...


    "Salve! Ich bin Manius Tiberius Durus, darf ich fragen, wer Du bist?"


    Das war nicht gerade der beste Einstieg zum Flirten, aber das war ja hier auch nicht angebracht, befand Durus.

  • Zitat

    Original von Marcus Flavius Aristides
    „Salve, Claudius, es freut mich Dich wieder zu sehen. Ich möchte Dir noch zu der gelungenen Wahl gratulieren. Ich habe gehört, Du möchtest nach Germania gehen in der Amtszeit?“
    Marcus war schon ein bisschen stolz auf sich, daß er noch schnell vorher von einem Sklaven- und ohne die Instruktionen von Hannibal- die Wahlergebnisse erfahren hatte. Denn die acta hatte nichts Großes erwähnt über die Wahlen, somit mußte er andere Wege finden- die Mundpropaganda.


    Aus sicherer Entfernung, immer dann, wenn sie ihn nicht bedrängte, erkannte Claudius, was er doch für eine schöne und kluge Tochter hatte, da empfand er den Stolz, den er nie spüren konnte, wenn sie Forderungen an ihn stellte, wenn sie emotional wurde oder nach Aufmerksamkeit verlangte. Claudius liebte seine Tochter auf seine ganz eigene, distanzierte Art, aber keineswegs minder intensiv als andere Väter es taten. Er konnte seine Verbundenheit nur niemals zeigen. Zumindest nicht in einer Weise, in der sie es bemerkte. Er zeigte es auf seine Art, indem er für sie sorgte, das Vermögen der Familie mehrte, sie nur in allerbeste Hände gab, auf ihren Schutz achtete…


    Es war an der Zeit, nun die Glückwünsche an das Paar zu richten, daher trat Claudius dem Flavier entgegen, der von sich aus den ersten Schritt gemacht hatte. Epicharis stand einen Schritt entfernt, er wandte sich ihr zu und legte schließlich seine Hände auf die Schultern beider, während er sprach.


    "Die Götter mögen euch stets wohl gesonnen sein."
    Damit drückte er seine Vaterliebe aus, denn er vertraute uneingeschränkt der Weisheit und Kraft der Götter, er wünschte sich deren Aufmerksamkeit für Epicharis und nicht nur das, sondern auch deren Güte. Mehr brauchte ein Mensch nach Claudius’ Ansicht nicht, um glücklich zu sein. Ebneten die Götter den Weg, konnte demjenigen nichts Böses mehr widerfahren.


    Er ließ die Arme wieder sinken und erinnerte sich der Worte Aristides’.


    "Freut mich ebenfalls, Aristides, und danke für die Glückwünsche. Ja, wenn möglich möchte ich nach Germania. Ich habe bereits eine Amtszeit unter einem Verwaltungsbeamten gedient und mich - im Vertrauen - dabei fast zu Tode gelangweilt. Ich brauche einen militärischen Vorgesetzten und ich brauche eine Aufgabe."


    Er machte eine kleine Pause, bevor er in gedämpften Tonfall und leicht abgewendet von seiner Tochter weiter sprach.


    "Bei Gelegenheit höre ich mir gerne ein paar Nachrichten aus der Prima an."

  • Furianus war schon unüblich früh dem Bette entstiegen und gab sich schon seit geraumer Zeit ganz den Vorbereitungen für die Sponsalia hin. Er badete, ließ sich dabei ein wenig verwöhnen, um von den letzten Tagen ein wenig entspannter zu wirken, ließ sich frisieren und anschließend mit der Senatorentoga wie auch ein paar Goldringen schmücken.
    Ob sein Vater noch kommen würde war unbekannt, doch nicht ausgeschlossen. Wo sein Bruder stecken mochte war eine andere Frage, es interessierte Furianus auch recht wenig seit ihrer letzten Begegnung.
    Mit einem freundlichen Lächeln durchschritt er den Raum, schüttelte ein paar Hände, lächelte dem ein oder anderem Gast zu und ging zielstrebig auf das Paar zu. Da er seinen Onkel schon immer sympathisch fand, war er besonders froh diesem zum heutigen Tage gratulieren zu können.


    "Patruus Aristides, es freut mich Dich zu diesem Anlass zu beglückwünschen."


    Sein Blick fiel auf die wunderschöne Braut an der Seite seines Onkels, die er mit einem Lächeln und einem leichten Nicken begrüßte.


    "Und bei dem Anblick deiner Verlobten kann ich eine weitere Gratulation aussprechen. Mit ihrer bezaubernden Schönheit erblasst jede Helena und wenn Eris ihren goldenen Apfel noch einmal werfen würde, so hätte Aphrodite ihn kein zweites Mal bekommen.
    Ich beglückwünsche Euch zu diesem Tag, möge er der Anfang sein, die Hochzeit bald folgen."


    Ach wie drückte dieser Tag mit seiner Freude, dem Glück des Paares, auf sein Herz. Er erinnerte sich nun, dass ihm wohl ähnliche Worte zur Sponsalia gegeben wurden, doch leider nicht erfüllt werden konnten.
    Dennoch, das Leid und der Schmerz wollten an diesem Tag verdrengt werden und er musste wieder leben lernen.

  • Zitat

    Original von Claudia Epicharis



    Schmunzelnd nickt Antonia.
    Später musst du mir unbedingt noch erzählen, wie es dazu kam, dass es hier bald mehr Claudier als Flavier geben wird., sagt sie schon fast grinsend und zwinkert ihrer Verwandten verschwörerisch zu. Sie geht zwar davon aus, dass dies eine arrangierte Ehe ist, doch irgendwie muss ja auch die zustande kommen.
    Als die Sprache auf ihre Halskette kommt winkt sie nur kurz ab, ehe Epicharis ihren Verlobungsring präsentiert.
    Mit geübtem Blick - hat sie sich doch einige Zeit hier bereits ausgiebig mit dem Kauf von Schmuckstücken beschäftigt - betrachtet Antonia den kunstvoll gearbeiteten Ring und nickt anerkennend.
    Ein wirklich schönes Stück, Epicharis., erwiderte sie also lächelnd, nachdem sie eine Weile damit zugebracht hat, sämtliche Details des Ringes zu erkunden.


    Doch die Idylle wird durch die beiden erscheinenden Sklaven getrübt.
    Die Totenmaske quittiert die Claudia noch mit einer hochgezogenen Augenbraue. Die tote Ratte hingegen lässt sie nach Luft schnappen und vor Schreck eine Hand vor den Mund schlagen.
    Iuno.. , murmelt sie halblaut, als ihr Blick zu ihrer Verwandten gleitet. Die ihr entgegengestreckte Hand ergreift sie schnell und tritt einen Schritt näher an die Braut heran. Dieser Rotzbengel.. in diesem Punkt hatte sie selbst wohl den besseren Flavier erwischt. Gracchus hatte wenigstens keine (offiziell anerkannten) Kinder, die ihr das Leben schwer machen konnten.
    Einige leise Worte der Beruhigung flüsternd, sieht schließlich auch Antonia von einem Flavier zum nächsten.

  • Es freute Marcus sehr, so viele Gesichter seiner Familie, aber auch Gäste von außerhalb im peristylium versammelt zu sehen. Nur einen kleinen Stich in ihm gab es, ob der Tatsache, daß seine Mutter nicht hatte kommen können. Aber so schnell die Verlobungsfeier zelebriert wurde, konnte seine Mutter nicht aus Baiae anreisen. Außerdem, und das besorgte ihn sehr, hatte er über dritte Hand erfahren, daß seine Mutter nicht in bester Verfassung war und abermals eine Badekur verordnet bekommen hatte. Dennoch hielten sich Marcus Sorgen in Grenzen, denn die bekam sie schon seit über zwanzig Jahren und für ihn passte es nicht in sein Verständnis, daß seine starke Mutter gar mal ernsthaft krank werden könnte. Jedoch wäre Marcus glücklich gewesen, wenn sie an diesem Abend in Rom hätte sein können. Und daß seine eigenen Kinder ihn derartig mit Verachtung wegen jener Verlobung strafen wollten, war für Marcus immer noch unbegreiflich, wenn eigentlich er seine Kinder am Besten hätte verstehen können. Schließlich hatte er alle Liaison seiner Mutter stets abgelehnt, die Männer nicht nur mit seinem kindlichen, später erwachsenen, Zorn bestraft, sondern auch alles daran gesetzt, sie schnell wieder aus der villa Flavia in Baiae zu bekommen. Doch von der bösen Überraschung ahnte Marcus in dem Augenblick nicht, wo er all die neuen Gäste begrüßte und noch mit den zuerst Eingetroffenen einige Worte austauschte. Schmunzelnd vernahm Marcus die Antwort von Tiberius Durus, der, wie er befand, eindeutig Humor besaß. Eine Seltenheit bei Senatoren- so glaubte zumindest Marcus. Abermals glitt sein Blick zu seiner Tochter, seinem liebreizenden Sonnenschein, doch er konnte sich nicht dem Hingeben, sich um seine Sorgen ihr bezüglich zu kümmern, denn schon der nächste Gast trat herein und Marcus wollte niemanden warten lassen.


    Marcus atmete tief ein und wandte sich den Ankommenden zu, erfreut darüber, daß er mit Epicharis eine liebreizende, junge Frau an seiner Seite wußte, die seine manchmal mangelnde Eloquenz leichthin mit ihrer Anmut und ihrer geistreichen Art durchaus überdecken konnte. Auch die doch familiäre Art von Vesuvianus, der in absehbarer Zeit schließlich auch sein Schwiegervater sein würde, ließen alle Sorgen für den Moment vertreiben. Marcus lächelte gelöst und wieder heiterer und er wechselte auch auf die vertrautere Anrede.


    “Ich danke Dir, Vesuvianus. Nun, Germania ist wahrlich ein forderndes Land, nicht nur vom Amte her, wenn man sich mit den störrischen Germanen und den romanisierten Germanen herumschlagen muß, sondern auch vom Klima und der Mentalität. Aber ich zweifele nicht daran, daß Deine Amtszeit durch Deine Taten glänzen wird.“


    Einen Herzschlag dachte Marcus nach, ob der neue legatus in Germania auch ein Soldat mal gewesen war. Marcus wußte es nicht und so unterließ er es noch eine Anmerkung diesbezüglich zu machen. Daß Vesuvianus von dem Auszug seiner früheren Kameraden bewegt, wenn man das bei ihm sagen durfte, war, hatte Marcus schon aus Epicharis Brief erfahren. So wirkte er nicht sehr überrascht und nickte zustimmend.


    “Aber natürlich, Vesuvianus, es wird sich sicherlich noch Zeit dafür finden…“


    Später…denn schon kamen die nächsten Gäste. Erfreut nahm Marcus auch die Glückwünsche von Purgitius Macer entgegen. Tatsächlich mußte Marcus- seinem schlechten Namensgedächtnis- einige Herzschläge darüber nachdenken, um wen es sich noch mal handelte. Ein bedeutender Senator und der Leiter der Akademie, ehemaliger Tribun seiner Legion. All das war Marcus präsent. Nur der Name…der Name…unbewusst biß sich Marcus auf seine Unterlippe, ehe ihm zumindest der gensname einfiel, Purgitius. Die gens Purgitius. Und da nur wenige Nicht-Claudier und Nicht-Flavier eingeladen wurde, kam Marcus dann doch noch kurz darauf auf den anderen Namen, dem ihm ein nomenclato immer wieder vorzitiert als Marcus das Bad genommen hatte. Purgitius Macer, mit einem wichtigen städtischen Amt, doch Marcus hatte nicht Hannibal in seinem Rücken und der nomenclator schien sich in dem Moment aus dem Staub gemacht zu haben. So hoffte Marcus nicht mit dem Namen daneben zu liegen. Aber es blieben nicht viele Männer übrig, von der nicht patrizischen Gästeliste.


    Salve, Senator Purgitius, es ist uns eine Ehre, Dich in der villa und der Feier zu begrüßen. Und zudem danke ich Dir sehr für Deine Glückwünsche. Meine Verlobte und ihren Vater kennst Du ja noch von der Feier in Manuta. Und Tiberius Durus sicherlich aus dem Senat.“


    Marcus sah kurz zu Durus, der interessiert die Gäste zu mustern schien, auch seine Tochter. Vielleicht ein wenig zu lange, aber eine auffällige Miene- die die väterliche Eifersucht in Marcus wecken vermochte- erkannte er an dem jungen Senator nicht. Marcus deutete mit seinem Kinn auf seine Verwandten.


    “Das ist mein Vetter Flavius Aquilius, Priester des Mars, und mein Vetter Flavius Gracchus, ebenso Priester und ein passionierter Politiker. Sicherlich kennst Du ihn schon von seiner Rede im Senat vorletzte Wahl.“


    Somit wollte Marcus den Senator auch gleich in die Runde mit einbinden, damit er sich auf der Feier auch gut amüsieren vermochte. Schließlich waren Essen und Musik schön und gut, aber wenn die Gäste nicht jemand zum Unterhalten hatten, wäre eine ganze Feier damit gestorben und ruiniert. Selbst wenn der Senator sicher seinen eigenen nomenclator hatte, es konnte nicht schaden. Aus den Augenwinkeln bemerkte Marcus auch das herannahen seiner liebsten Base, Leontia, die wie ein Stern in der Nacht erstrahlte. Ein gutmütig, herzliches Lächeln erschien bei ihm als sie bei ihm erschien. Ihre Beteiligung an der Arrangierung wußte Marcus durchaus, Hannibal hatte es ihm verraten, doch mittlerweile nahm er es ihr nicht mehr übel. Er kannte seine Mutter und ihre Art, die Flavier zu allem möglichen zu bewegen, durchaus.


    „Ich danke Dir, liebe Leontia. Und lass mich noch anfügen. Du siehst wieder zauberhaft heute aus.“


    Wenn auch schrecklich blass, aber das war unter den Römerinnen leider in Mode, wenn für Marcus eher ein Zeichen, daß sie etwas kränklich schienen und zu wenig aßen. Aber die Blässe täuschte nicht über Leontias Schönheit hinweg und Marcus war sich sicher, daß sie auch bald einige Werber haben würde. Dann erstaunte es Marcus doch, das Lächeln auf dem Gesicht von Antonia zu bemerken, das sie ihrem Gatten zu warf. Verwandtschaftliche Freude durchströmte Marcus, denn er hielt es für ein grundehrliches Lächeln und glaubte schon, daß sich die junge Claudia und Gracchus vielleicht gut, wenn nicht sogar auf einer richtigen Ehebasis, verstanden. Und das freute Marcus für seinen Vetter natürlich, vielleicht würde dieser doch noch erkennen, daß die wahre Schönheit im weiblichen Geschlecht lag. Dementsprechend herzlich, schließlich war sie seine Verwandte, grüßte Marcus auch Claudia Antonia, nur daß mit dem: Ich hoffe Du weißt, worauf Du Dich einlässt, irritierte ihn marginal, er nickte verwundert und brachte erst nach einem kurzen Augenblick des Schweigens ein:


    “Ich danke Dir, Antonia.“


    Mehr schaffte Marcus in dem Moment nicht, sah die junge Frau nur verwundert an. Hatte er sich doch geirrt. Aber das Lächeln, womit sie Gracchus bedachte? Aber womöglich hatte Amors Segen- für manche ein Fluch- bei Antonia gewirkt, aber nicht bei Gracchus. Herrje, wie verzwickt. In seiner Irritation streifte Marcus auch mit dem Blick den Eunuchen, Daphnus, welchen er nicht einzuordnen vermochte. Doch sein Neffe errettete ihn aus dieser und der Irritation bezüglich Antonias Worte, die er nicht zur Gänze verstand.


    Filius fratris, ich danke Dir. Ich bin auch überglücklich, eine so wunderschöne und liebreizende junge Frau als meine Verlobte zu wissen und weiß das Geschenk, welches mir die Götter damit gemacht haben, sehr zu schätzen. Und dazu möchte ich Dir auch noch für Deinen Brief danken, Lucius, und sei Dir sicher, ich werde mich redlich bemühen, die Parther den römischen Zorn spüren zu lassen. Und dem Vorbild unseres Vorfahren würde ich doch sehr gerne in dieser Hinsicht folgen…“


    Marcus schmunzelte, denn wenn auch Marcus in mancher Hinsicht von Geschichte keine Ahnung hatte, die der Flavier kannte er. Nur würde er wohl kaum an der Spitze des Feldzuges stehen, wie es sein Vorfahr einst tat, denn die Kaisermacht hatte eine andere Familie mittlerweile inne und selbst wenn die Flavier noch herrschen würden, dann wäre sein Bruder auf dem Thron. Und Marcus hätte nicht den Schneid, seinen eigenen Bruder zu beseitigen- wenn es wohl auch seine Mutter könnte und wohl auch skrupellos tun würde. Doch das Lächeln verging Marcus von einem Moment zum Nächsten als die Sklaven auf ihn zu traten. Mit wachsendem Zorn hörte er die Worte des ersten Sklaven und starrte auf die Totenmaske. Er wußte gar nicht, daß seine Mutter ihrem Enkel diese überlassen hatte. Dennoch starrte ihm seine erste Frau gar höhnisch entgegen. Denn selbst vom Reich der Toten vermochte sie es, ihn zu quälen und zu ärgern. Deswegen sah er erst einen Herzschlag später von dem ebenmäßigen Gesicht seiner verstorbenen Frau zu dem toten Tier. Marcus Mund öffnete sich ungläubig und dann traten ein Ingrimm und eine Wut an die Stelle des Unglaubens. Herrisch deutete er auf die tote Ratte, die ihn auch mit ihrer im Tode verzogenen Monsterfratze- wenn es auch nur ein kleines Tier war- anstarrte.


    “Hinfort damit! Und schert euch aus meinen Augen…“


    Der Sklave schlug schnell das Tuch wieder her rüber, denn der Ausdruck auf Marcus Miene war in keinster Weise mehr von Gutmütigkeit geprägt. Im Gegenteil: Seine Ader an der Schläfe und am Hals zeichnete sich deutlich ab und eine Zornesröte stieg ihm ins Gesicht. Mühsam beherrscht, denn die Wogen des Zornes brandeten heftig an seine Oberfläche, deutete Marcus einem Sklaven heran zu kommen, dem er leise zuzischte.


    „Zweihundert Peitschenhiebe für die beiden Sklaven. Wenn sie überleben, dann ihr Glück. Aber keiner der Sklaven im Haus wird jemals wieder auf das Wort meines Sohnes hören, verstanden?“


    Der Sklave nickte erblassend und schien den Göttern in jenem Augenblick zu danken, nicht das Ziel des abgrundtief flavischen Zornes zu sein, der schnell ins Extreme abgleiten konnte, der patrizischen Veranlagung wegen.


    “Wo ist mein Sohn?“
    - „Dominus, er hat, wie ich das vorhin gesehen habe, die villa verlassen.“


    Marcus Wangenknochen malten aufeinander und der Wunsch, seinen Sohn windelweich zu prügeln wurde noch stärker.


    „Nimm Dir ein Dutzend Männer und mach Dich auf die Suche. Ich will ihn bis zum Morgengrauen spätestens wieder in der villa wissen. Sonst könnt ihr noch nicht mal auf die Gnade der Götter vertrauen.“


    Der Sklave nickte hastig und entfernte sich mindestens genauso schnell vom locus delicti. Mit Contenance war es bei Marcus auch wenig bestellt, er sah sich nur schnell um, ob die Frauen nicht vor Schreck ihre Fassung derart verloren hatte, daß man sie besser auffing. Seine Base sah schon gehörig blass um die Nase aus. Doch dann sah er mit großer Zerknirschung und unsäglichem peinlich Berührtsein zu seiner Verlobten und dachte sich in jenem Augenblick: Bei solchen Kindern braucht man keine Feinde mehr. Den Charakterzug, den sein Sohn hier offenbart hatte, mußte er eindeutig von seiner Mutter haben.


    „Verzeih, es ist mir unsagbar peinlich. Normalerweise weiß mein Sohn sich eigentlich zu benehmen…“


    Als ob Marcus das wüsste, aber er gab sich gerne einer Illusion hin.


    „Ich habe es leider versäumt, noch mit meinen Kindern darüber zu sprechen. Dennoch ist ihr Verhalten wahrlich nicht zu entschuldigen. Mein Sohn wird dafür noch bestraft werden, sei dem Gewiß, Epicharis.“

  • Anstatt Gracchus' Gemahlin Antonia betrat zuerst seine Base Leontia die Szenerie, zart schimmernd wie ein diaphanes Juwel schwebte sie gleich einer transluzenten Epiphania durch das Peristylium und einmal mehr fragte sich Gracchus, weshalb seine Ehefrau nicht ein bisschen mehr wie Leontia sein konnte, die nicht nur eine angenehme Erscheinung aufwies, sondern gleichsam ein offenes Wesen und wunderbar erfrischenden Esprit ihr Eigenen nennen konnte. Gerade erst hatte Gracchus seine Aufmerksamkeit von seiner Base ab- und dem Eingang zugewandt, da schwebte seine Gattin heran, doch jegliche Noblesse, jegliche Grazie ihrer anmutigen Person wurde zerstört durch das eisige Lächeln, mit welchem sie ihn bedachte, das Lächeln eines Episiten, der ihn in jedem Augenblicke zu Verschlingen suchte. Gracchus' eigenes Gesicht war ob dessen zu einer Maske erstarrt und das marginale Nicken, von einem ebenso marginale Lächeln begleitet - Erwiderung ihrer Farce - folgte erst, als sich Antonias Blick schon beinahe wieder hinfort gewandt hatte und sie dem glücklichen Paar zustrebte. Das Lächeln verblasste langsam in Angesicht der Begrüßung zwischen Nichte und Tante zweiten Grades*, die gleichsam Gracchus' Befürchtung noch verstärkte, zukünftig der Feind in seinem eigenen Haus zu sein. Dennoch machte sich Gracchus auf den Weg an die Seite seiner Gemahlin, denn dies war der Platz, welchen ihm die Plicht gebot und mochte es noch so viel Überwindung kosten, so war dies doch etwas, wovon er nicht lassen konnte. Er war noch nicht ganz an seinem Ziel angelangt, als die Geschenke des Serenus präsentiert wurden, die Temperatur im Garten augenblicklich ein wenig abfiel und sich eine lastende Stille über die Gesellschaft ausbreitete, die bedrückender nicht hätte sein können. Als das tote Tier entblößt wurde, öffnete sich Gracchus' Mund einen Spalt weit und sorgte dafür, dass die ihm die wohl geübte Contenance verloren ging, gleichsam spürte er den Anflug eines schlechten Gewissens in sich aufsteigen, denn dass der junge Serenus in Rom völlig verwahrloste und der Degeneration Anheim fiel, dies war nicht zuletzt Gracchus' Schuld, der sich unfähig sah, dem in ihn gesetzten Vertrauen seines Vetters gerecht zu werden, und für eine angemessene Erziehung dessen Sohnes Sorge zu tragen. Einzig Vorteilhaft an all dem Geschehen war letztlich nur, dass Antonia ihm wiederum entkam, als jene zu ihrer Nichte trat, um dieser Stütze zu sein. Gracchus selbst hielt einen vorbeieilenden Sklaven fest und flüsterte ihm eindringlich ins Ohr.
    "Die Musiker sollen weiterspielen, sonst brauchen sie heute nicht mehr anfangen, und trage dafür Sorge, dass allen Gästen Getränke geboten werden, bringe etwas Bewegung in diese Starre, eile dich."



    Sim-Off:

    *Korrektur der Verwandtschftsgrade, über deren Bestimmung ich eines Tages noch meinen Verstand verlieren werde.

  • Zitat

    Sei willkommen im Haus unserer Ahnen," "Dies ist meine Nichte Flavia Arrecina und ich bin Caius Flavius Aquilius, vielleicht möchtest Du die Anwesenden alle kennenlernen? Wir sind Dir gern behilflich."



    Überrascht zwar , weil sie nicht damit gerechnet hatte , das man sich ihr so schnell und so überaus freundlich widmete, aber durchaus erfreut schaute Dolabella dem Flavier und seiner Nichte in die Augen. Sie lächelte als sie zu sprechen begann:


    Oh vielen Dank für die Begrüßung, mein Name ist Claudia Dolabella und in der Tat ich kenne hier so gut wie keinen und aus meiner Familia habe ich noch niemanden entdecken können. Ich nehme sehr gern Euer Angebot an, aber ALLE kennenzulernen, erscheint mir fast unmöglich lächelte sie verschmitzt nun.

  • "Wunderschön..." hauchte Leontia andächtig, als Epicharis Antonia und ihr den Verlobungsring präsentierte. "Ganz exquisit! Zudem entspricht das verschlungene Element perfekt dem Anlass. Er steht Dir ausgesprochen gut, liebe Epicharis." Und Epicharis' Lächeln strahlte mit dem Gold um die Wette. Solche Fröhlichkeit fand Leontia dann doch ein wenig befremdlich. Ihre eigene Verlobung damals war mehr ein formeller Akt gewesen, und mit welch ungeheurer Erleichterung hatte sie, nach Cassius' unerwartetem Tod, den Ring - der auch längst nicht so schön wie dieser hier gewesen war, eher protzig - wieder vom Finger gezogen. Und noch am selben Tag, an dem sie die Todesnachricht erhalten hatte, hatte sie, von einer Klippe herab, das Schmuckstück ohne Zaudern ins Meer geschleudert, und sich dabei frei und leicht gefühlt...


    Ein feines Lächeln, der Erinnerung an diesen Tag heimlicher Freude zuzuschreiben, spielte noch um ihre Lippen, als sie den Kopf wandte, und dem nahenden Tiberius Durus entgegensah. "Salve, Tiberius. Willkommen!" erwiderte sie seinen Gruß mit ruhiger, klarer Stimme, begleitet von einem andeutungsweisen Neigen des Hauptes. Mehr als andeutungsweise wäre mit dieser Frisur auch riskant gewesen. Nicht dass womöglich eine Locke verrutschte und die ganze Komposition durcheinanderbrachte!
    Tiberius Durus... war das nicht der Mann der vor einer Weile für Minervina im Gespräch gewesen war? Jedenfalls war dieses Gerücht durch die Villa getragen worden. Interessant. Aufmerksam hefteten sich ihre Augen, groß und dunkel in dem mamorblassen Antlitz, auf den Senator, schienen die Umgebung vollkommen auszublenden und nur noch ihn wahrzunehmen. "Ich freue mich sehr, Dich kennenzulernen.", sprach sie gravitätisch. "Mein Name ist Flavia Leontia. Ich bin die Base des Flavius Aristides." Ein wiederum nur leichtes Wenden des Kopfes in Richtung ihres Vetters begleitete diese Worte. Anscheinend nahm das Paar gerade die ersten Geschenke entgegen. "Ich hoffe die Festivität sagt Dir zu", fuhr sie fort, und verlieh dieser Höflichkeitsfloskel einen Ausdruck von echtem Interesse, "es blieb ja, unglücklicherweise, recht wenig Zeit für die Vorbereitung. Doch erlaube mir zu fragen ob Du mit meinem Vetter bekannt bist, und woher diese Bekanntschaft rührt?"


    Zugleich gab Leontia ihrem schönen Eunuchen mit einem marginalen Wink zu verstehen, er solle dem Tiberier etwas von dem bereitstehenden Wein kredenzen - und hoffte, dass Daphnus inzwischen über den nötigen Feinschliff verfügte, um ihren Wunsch manierlich zu erfüllen. Schließlich war es das erste Mal, dass er die Ehre hatte, bei solch einem Anlass die Gäste zu bedienen. Sehr dekorativ war er auf jeden Fall, wie er da in der Nische stand....


    Kurz darauf setzte plötzlich Stille ein. Überrascht wandte Leontia den Blick von ihrem Gesprächspartner, sah verwundert einen Musiker, dessen Finger reglos über den Saiten seiner Kithara verharrten. Sie folgte dem starren Blick des Sklaven hin zu dem Geschenk des Serenus, reckte sich neugierig... und bekam ganz große Augen! Scheußlich! Ekelhaft! Wenn es eines gab, wovor Leontia sich wirklich grauste - außer vor Männern natürlich - dann waren es Ratten! Diese kleinen wuselnden quietschenden schmutzigen fürchterlichen Dinger! Entsetzt presste sie die Hand vor den Mund, ein ersticktes "Oh!" drang dahinter hervor, ihr wurde ganz schwummerig, und in die noble Blässe mischte sich ein deutlich grünlicher Unterton, als sie das grausige widerliche tote Ding da auf der Platte liegen sah - das klebrige Fell... die spitze Schnauze... die glasigen Äuglein... der lange fleischfarbene nackte Schwanz...


    "Oh..." hauchte Leontia noch einmal, schwankte leicht, und presste den schlanken Handrücken matt gegen die Stirn. Eine Locke löste sich, und kringelte sich an ihrer weißen Schläfe, wo bläulich die Adern durchschienen, und nun ein feiner Schweißtropfen entlangfloss. "Verzeihung. Mir wird so... - " Und formvollendet fiel die junge Patrizierin in Ohnmacht. Ihre Sinne schwanden, sie kippte und fiel...

  • Arrecina hatte mein ganzes Mitgefühl, aber gleichzeitig war die Situation für weder sie noch irgendjemand anderen ausser dem verlobten Paaren zu ändern - irgendwann würde sie sich mit der neuen Frau an der Seite ihres Vaters arrangieren müssen, je besser, desto besser war es für meine Nichte auf Dauer. Ich schenkte ihr einen warmen, mitfühlenden Blick, aber ich änderte nichts daran, sie bei mir zu behalten und damit zu zwingen, sich mit der jungen Frau auseinanderzusetzen, zu der wir uns gesellt hatten - sie war eine Flavierin und wie auch zu meinen Pflichten gehörte es zu ihren Pfflichten, bei einem wichtigen Anlass wie diesen den Schein aufrecht zu erhalten, egal, wie es ihr im Inneren zu gehen vermochte. Sanft drückte ich ihre Hand, ein weiteres Zeichen dessen, dass ich sie verstehen konnte, und lächelte dann der jungen Frau in unserer Nähe zu, die sich eben vorgestellt hatte.
    "Ich freue mich sehr, Dich kennenzulernen, Claudia Dolabella - und glaube mir, wenn Du erst einmal mit uns beiden hier die Runde gemacht hast, wirst Du so viele der Gäste kennengelernt haben, wie nur möglich." Ich schmunzelte verschmitzt und gab mit gutem schauspielerischen Erfolg die Miene eines Mannes zum Besten, der sich auf der Verlobung seines Vetters prächtig amüsierte.


    "Dort drüben habe ich schon den ersten Deiner Verwandten entdeckt," ich nickte in die Richtung von Herius Claudius Vesuvianus, der wie ich ein palatinischer Salier war und den ich von den Treffen her als angenehmen Gesprächspartner in Erinnerung behalten hatte. "Wollen wir ihn nicht zuerst begrüßen und dann hoffen, den Weg zum glücklichen Paar anzutreten? Bis dahin haben wir uns vielleicht auch eine kleine Schneise schlagen können, so viele Leute wollen anscheinend innerhalb kürzester Zeit gratulieren." Am liebsten wäre ich jetzt in irgendeinem Hinterzimmer mit einer großen KAraffe Falerner versackt, vielleicht noch eben mit diesen beiden reizenden jungen Frauen im Arm, und auf und unter mir, aber das kam nun nicht unbedingt in Frage, vor allem hätte ich bei meinem Glück den Tag wohl kaum überlebt. Wenn ich es recht bedachte: Eine Karaffe Falerner war kaum ausreichend, meine aufsteigende Langeweile wirklich gut zu bekämpfen, auch wenn ich für mein Leben gern mit Frauen sprach, Verlobungen, Hochzeiten und Beerdigungen hatten immer etwas an sich, das mir einen gewissen Fluchtreflex erwachsen. Wie sollte ich bloß meine eigene irgendwann anstehende Verlobung und Hochzeit überleben? Wenigstens würde mich dieser ganze Schwachsinn bei meiner Beerdigung nicht mehr stören.


    Gemächlich führte ich die beiden jungen Frauen in die bedeutete Richtung und näher noch, als ich bemerkte, dass zwei Sklaven, die recht unwohl aussahen, auf Aristides und die an diesem Tag ausgesprochen reizend aussehende Epicharis zugetreten waren, um ihnen Geschenke zu überbringen - dass sich diese als die Totenmaske von Aristides' verstorbener Frau und eine ziemlich zerrupft aussehende Ratte herausstellten, hätte ich auch nicht erwartet. Bei allem Ärger über den verzogenen Lausebengel Serenus musste ich ihm zumindest in einem Punkt innerlich gratulieren - er hatte es geschafft, dass ich mich an dieses gesichtslose Fest unter vielen gesichtslosen Festen der Vergangenheit lange erinnern würde, und sei es nur wegen der schockiert aussehenden Gäste. Doch bevor ich noch weiterdenken konnte, hörte ich ein "Oh!" in nächster Nähe, sah eine Bewegung und reagierte, wie ein jeder Mann im Angesicht einer in Ohnmacht fallenden Frau reagieren sollte: Ich löste den Arm von Arrecina und fing die umkippende Schöne auf, gerade noch rechtzeitig, bevor ihr Körper unangenehmen Kontakt mit dem Fußboden schließen konnte- Eine vage Duftwolke mit ihrem höchst persönlichen Geruch stieg mir in die Nase, ließ mich einen Moment tiefer atmen, dann hatte ich meine Sinne wieder gefunden und ich ließ mich in Richtung der Anwesenden vernehmen: "Macht Platz, ich will sie zu einer Bank bringen. Sklaven! Eine Sitzbank hierher, aber eilig!"


    Automatisch hatte meine Stimme einen gewissen Kommandoton angenommen, der einem Soldaten alle Ehre gemacht hätte - und als einige verschüchtert wirkende Sklaven eine aus edlem dunklem Holz bestehende Bank, die mit teurem Stoff bezogen und gepolstert war, gebracht hatten, legte ich meine süße Last vorsichtig darauf ab, sie noch immer haltend, um darauf zu warten, dass sie aufwachen würde. Patrizierfrauen und tote Ratten hatten sich seit jeher kaum wirklich vertragen, das bewies sich immer wieder.


  • Durus erwiderte das freundliche Nicken. Ihre Frisur war wirklich...interessant...


    "Es ist mir eine Freude, Flavia Leontia!"


    Als er wieder aufblickte, stellte sie gleich weitere Fragen. Diese warf Erinnerungen an die Brautschau-Feier in Mantua auf. Damals hatte Aristides eindeutig den ein oder anderen Becher zu viel erwischt - wahrscheinlich hatte sich der Nomenclator mehr an seinen Namen erinnert als der Flavier selbst. Bei all den aufkommenden Erinnerungen dauerte es eine Weile, bis er antwortete


    "Ich habe ihn bei einer Feier in Mantua kennen gelernt. Er scheint ja ein ausgesprochener Jagdfreund zu sein."


    Dies wiederum erinnerte Durus an seine eigenen, weniger erfreulichen Jagderfahrungen. Die Löwin hatte ihm tatsächlich einiges an Schmerz bereitet.


    Plötzlich verstummte die Musik und alles drehte sich zu dem Paar. Durus reckte ebenfalls den Hals, doch da alle gleichzeitig versuchten, den Stein des Anstoßes zu erblicken und da auch noch die Frisur der Flavierin im Wege war, konnte er wenig außer einem Stück Wachsmaske erkennen. Was war das nur? Alle wirkten furchtbar erschrocken. Hatte etwa jemand ein geschmackloses Geschenk gemacht? Senator Purgitius schien nicht der Typ für derartige Scherze, ebenso die übrigen Gratulanten...


    Noch bevor er wirklich etwa erkennen konnte, verabschiedete sich Leontia und der Tiberier war noch immer so erschrocken von ihrer Reaktion, dass der fremde Flavier, der sich der Tochter des Aristides angenommen hatte, Leontia vor ihm abfangen konnte. Sofort bückte sich nun jedoch auch Durus, sodass die synthesis völlig verrutschte, aber das registrierte er überhaupt nicht, sondern hiefte Leontia gemeinsam mit dem Unbekannten auf die Bank. Etwas ratlos und zugleich besorgt blickte er hin und her - wo blieb denn der zuständige Sklave?


  • Macer war erst nach dem bedauerlichen Zwischenfall mit dem ausgefallenen Geschenk erschienen und hatte daher von diesen Ereignissen nichts mitbekommen. Die beachtliche Anzahl von Gästen, das laute Stimmengewirr und die musikalische Untermalung im Hintergrund trugen zudem dazu bei, dass er sich ganz auf seinen jeweiligen Gesprächspartner konzentrierte und daher auch die vereinzelt noch blassen Nasen einiger empfindlicher Naturen nicht bemerkte, die offenbar einen Schock erlitten hatten.


    "Ja, wir hatten das Vergnügen bereits in Mantua", antwortete er auf die Vorstellung der Verlobten, wenngleich er sich an kein einziges Bruchstück eines dort geführten Gesprächs erinnern konnte. Aber die Anwesenheit war unbestreitbar, was in diesem Fall reichen musste.


    "Flavius Gracchus," begrüßte er zunächst den zweiten, den ihm der Gastgeber vorstellte, denn ihn kannte er schon "du kannst erfolgreich auf deine Amtszeit zurückblicken? Dein Name war ja häufiger zu hören."


    Den anderen kannte er dagegen nicht und auch sein Sklave hatte ihm vorab nichts über ihn berichtet. "Es freut mich, dich kennen zu lernen. Dem Kriegsgott wird viel geopfert in diesen Tagen, oder?"

  • Zu Epicharis' Beruhigung flüsterte Antonia ihr einige Worte zu. Sie war ihrer Verwandten sehr dankbar dafür, denn so musste sie nicht weiterhin Ratte und Maske ansehen, sonden hatte eine Aufgabe, auch wenn diese nur kurzweilig war: Zuhören. Dies tat sie auch, und zwar mit zerknirschtem wie verlegen wirkendem Gesichtsausdruck. Leontia, die schließlich noch bei Epicharis und Antonia stand, schien indes ihre Fassung zu verlieren. Man konnte regelrecht sehen, wie ihre Blässe noch weiter zunahm und sich ein ungesunder Farbton beimengte, ehe ihre Knie nachgeben und sie zusammensackte. Nun war es an Epicharis, ein erschrockenes "Oh!" zu formen. Sie ließ Antonia los und suchte Leontia zu stützen, doch zum Glück hatte Aquilius sie schnell gepackt und bekam noch Hilfe von Durus, der schnell hinzukam. Epicharis trat hastig zwei, drei Schritte zurück und warf der schlafend wirkenden Leontia besorgte Blicke zu.


    Einige herrische Worte aus den Mündern des Sacerdos und ihres Verlobten durchbrachen die lieblichen Klänge, die den Instrumenten von flinken Sklavenhänden bereits wieder zögerlich abgerungen wurden, als ein Sklave mit feuchtem Tuch herbeieilte und die Stirn der Flaviern betupfte. Epicharis sah sich um. Irgendwo entdeckte sie Dolabella, ihren Vater und auch Senator Macer. Ihr fehlte die Lockerheit, ihnen allen grüßend zuzulächeln, und außerdem trat nun auch ihr Verlobter an sie heran und entschuldigte sich für das unmögliche Verhalten seines Sohnes. Epicharis atmete tief ein und leicht zittrig wieder aus. Sie zwang sich zu einem Lächeln, suchte nur kurz Aristides' Blick - in der kurzen Zeit konnte er sicher ihre plötzliche Scheu erkennen - und entgegnete anschließend mit wackeliger und nur leiser Stimme, denn die Worte waren nur für Aristides, nicht aber für die Gäste bestimmt: "Es ist...schon in Ordnung. Ich meine, diese Sache eben war...grausig...aber... Du musst ihn nicht bestrafen. Wir...vielleicht sollten wir ihn nicht zwingen, wenn er nicht hier sein will, Marcus. Er kennt mich kaum und wird Angst haben, dass ich ihm den Vater wegnehme..." Sie versuchte ein missratenes Lächeln hinzubiegen und schaffte es auch so, dass es zumindest wieder gesellschaftsfähig war, auch wenn ihre Augen nicht mitlächelten und Epicharis noch etwas bang ums Herz war.


    "Wie geht es ihr?" richtete sie nach einem peinlichen Moment der Stille eine Frage an den Personenkreis um Leontia. Epicharis fühlte sich indirekt dafür verantwortlich, dass die hübsche Dame in Zartblau das Bewusstsein verloren hatte. Zerknirscht suchte sie nun auch den Blick ihres Vaters.

  • Dolabella war ganz angetan von ihrem Gegenüber , wirklich gut aussehend und mit Charme und Humor ganz so wie sie es mochte. Irgendetwas aber sagte ihr das das Bild nicht ganz stimmte was er gab. Doch egal, sie wusste ohnehin nicht mit wem sie sich hier sonst aufhalten sollte und noch immer war sie so neu in den römischen Kreisen, seit sie aus Achaia geflohen war , das sie sich unsicher fühlte allein. So sprach nichts dagegen sich den beiden anzuschliessen.
    Die junge Frau vor ihr, würde also Epicharis nun als Stiefmutter haben. Na begeistert war diese sicher nicht. Dolabella wollte sich auch nicht vorstellen was wäre wenn ihr Vater heiraten würde und sie ihn dann auch noch mit einer Frau teilen musste. Aber Frauen schienen bei Marcellus ja nicht auf dem Plan zu stehen, seine Arbeit war der Lebenmittelpunkt, dachte sie und seufzte zart.
    Eine Strähne wischte sie sich aus dem Gesicht und wandte sich dann an
    Aquilius
    Das gratulieren hat Zeit , aber gern können wir erst Vesuvianus begrüßen, ich kenne ihn noch gar nicht. Dann bin ich mal gespannt wieviel Gäste ich mir merken kann, von denen die ihr mir gedenkt vorzustellen, an die junge Frau wandte ich mich auch mit dem Gefühl hr etwas sagen zu wollen sprach ich leise zur ihr :
    Kein besonders leichter Tag heute für Dich,wie ich mir denken kann... es ginge mir nicht anders das war fast eine Spur zu deutlicch und vertraut, aber so war Dolabella nun mal.
    In der Zwischenzeit waren sie auch schon los gegangen und erschrocken schrie sie leicht auf Ohje als ihr Begleiter plötzlich eine Schönheit ohnmächtig in seinen Armen hielt. Sie hatte das erst da mitbekommen und stand nun erschrocken daneben und machte bald darauf Platz als sich die Leute um die Ohnmächtige und ihren Fänger kümmerten.... wenn sie schon nicht helfen konnte, wollte sie doch nicht im Wege stehen...

  • Kassandra war zusammen mit ihrer Herrin Epicharis und den anderen claudischen Sklaven zu diesem Fest erschienen. Sie sollten sich nützlich machen und helfen wo es geht, hatte die Herrin befohlen. Also nahm Kassandra sich einen Krug mit Wein und mischte sich unter die Gäste, um den Herrschaften nach zu schenken. Und der Bedarf an Wein war groß, so dass Kassandra kaum mehr dazu kam, sich um das Wohl ihrer eigenen Herrin zu kümmern. Nur ein paar Mal konnte sie einen bewundernden Blick auf ihre Herrin und ihren Verlobten, den sie zum ersten Mal sah, werfen. Gerade als sie wieder einen vollen Krug mit Wein holen wollte erhaschte sie wieder einen Blick auf das Paar, doch diesmal schien etwas nicht zu stimmen. Auch wenn man sie nicht bemerken würde näherte sie sich zur Sicherheit, um sich selbst davon zu überzeugen, dass nichts mit ihrer Herrin geschehen war.

  • Die Begrüßung war vorüber, als unerwartete Ereignisse eintraten, die offenbar nicht nur Vesuvianus, sondern auch den Gastgeber einigermaßen überraschten. Demnach waren die Gaben nicht geplant gewesen, die selbst Vesuvianus, den so schnell nichts erschüttern konnte, einigermaßen unpassend für den Anlass der Feierlichkeit empfand. Er trat auf Epicharis zu, die - und das fand der Claudier diesmal nachvollziehbar - emotional reagierte. In einer väterlichen Geste legte er den Arm um die Schultern seiner Tochter, die sich mit Antonia unterhielt.


    "Ich denke wir können beruhigt sein, dies sollte sicherlich nicht der Einführung neuer Traditionen dienen", sagte er im Brustton der Überzeugung, musste sich dabei jedoch ein Grinsen unterdrücken, denn er hatte nicht vor, mit eigenem Entsetzen die Stimmung der Gesellschaft noch weiter zu drücken. Mitunter war es das Beste, mit einer Spur von Humor derlei Hürden zu nehmen.


    Er nickte Antonia zu, die er das letzte Mal auf ihrer Hochzeit gesehen hatte. "Salve, Antonia."


    Im nächsten Augenblick dankte er den Göttern, dass sie Aquilius an seine Seite gestellt hatten, der die umkippende Dame auch prompt auffing. Damit blieb ihm eine derartige Heldentat erspart, für die er vermutlich ohnehin zu lange hätte abwägen müssen, ob er sie nun durchführen solle oder nicht.


    "Kann ich dich nunmehr wieder deinen Pflichten überlassen?", fragte er seine Tochter, ohne weiter auf die Ohnmächtige zu achten. Ihm wäre lieb gewesen, sich baldigst aus der Situation schleichen zu können.

  • Daphnus,dessen narbenüberzogener Rücken unter seiner Tunika von dem Feinschliff zeugte,der Flavia Leontias nimmermüdem Streben nach Perfektion zu verdanken war,hatte deren marginalen Wink ganz richtig zu deuten vermocht und wandte sich gerade vom Banketttisch ab,dem Patrizier in einem Kelche den gewünschten Wein zu servieren.Da wurde er von der momentanen Unpäßlichkeit seiner Herrin konfrontiert.Für Daphnus war dies ein nicht unvertrautes Bild,hatte er doch nicht selten bei seinen Mitsklaven ähnliches gesehen-urplötzlich stürzten diese zu Boden,zuckten konvulsivisch mit den Köpfen,mahlten mit den Kiefern,gar Schaum trat vor ihren Mund.....manche sprachen ehrfurchtsvoll von einer "Heiligen Krankheit"-,ja es hieß,selbst der vergöttlichte Caesar hätte einst dieses Leiden gehabt.Nun wußte Daphnus aus reicher Erfahrung,daß die übelsten Erscheinungen zu vermeiden waren,wenn diese unterbunden wurden....an diesem Punkte wurde aus Daphnus aus einem Manne der Reflexion ein Mann der Tat-den Kelch auf dem Tische absetzend,ergriff er den Kübel mit dem kostbaren,geeisten Wassers,bahnte sich einen Weg durch die quirlige Menge,zu seiner liegenden Herrin,ein Blick in ihr entrücktes Gesicht,das nur scheinbar einen leicht schwachsinnigen Ausdruck zeigte,versicherte Daphnus,das es noch nicht zu spät war,und mit einer einzigen,mannhaften Bewegung schüttete er den Inhalt des Kübels über das Antlitz seiner jugendlichen Gebieterin...

  • Einer der späteren Gäste an diesem Abend war Myrtilus, der sein Hörrohr verlegt und deswegen nicht eher aus dem Haus gekonnt hatte. Zahir, seine treue Seele, hatte das ebenholzfarbene Stück schließlich unter einem Berg Orangenschalen in Myrtilus' Zimmer gefunden. Der riesige Nubier, Myrtilus' Schatten, hatte diese Geschichte wieder einmal ebenso amüsant gefunden wie sein Herr. Bald darauf waren sie schließlich abmarschbereit gewesen und per Sänfte zur flavischen Villa vorgestoßen, aus welcher bereits wunderbare musische Klänge und ein fantastischer Bratengeruch drangen.


    Der Nubier geleitete seinen Herrin zum Quell der Musik. Einige Gäste am Rand unterhielten sich über ein schier skandalöses Ereignis, eine Frechheit sondergleichen, eine Unmöglichkeit, ein Unding. Myrtilus sperrte Augen und Ohren auf, sah und hörte jedoch nicht sonderlich viel von dieser unfassbaren Angelegenheit, weshalb er als Neuhinzugekommener schließlich jemanden ansprach, der wohl Informationen haben müsste. "Verzeihung, ich bin Claudius Myrtilus... Könntest du mir wohl sagen, was alle Anwesenden so empört hat? Ich bin bedauerlicherweise erst eben hinzugestoßen. Epicharis ist meine Großnichte weißt du?" Etwas entfernt sah Myrtilus auch Durus stehen. Derjenige, den er mit Furianus aufgesucht hatte. Jener müsste eigentlich auch hier anzutreffen sein, vermutete Claudius...

  • Furianus, der neben dem Brautpaar stand, als dieses in gewisser Weise belustigende Unglückpassierte, wollte schon zu Hilfe eilen, hielt jedoch inne. Flavia Leontia, sie war ihm immer sehr sympathisch gewesen, schien gleich von zwei Herren ausreichend versorgt oder besser gesagt wohl bemuttert zu werden, da gab es nichts mehr zu helfen. Wobei er den dreien ein wenig nachblickte und sich insgeheim fragte, ob Flavius Aquilius gerissen genug sein würde um nach dem Erwachen der Verwandten das Weite zu suchen und statt dessen Durus als Helden in Erscheinung treten zu lassen. Schließlich suchte Durus, das hatte er selbst mehrmals erwähnt, eine Braut und Flavia Leontia war, soweit er sich erinnern konnte, verwitwet. Man hätte dies nun geschickt ausnutzen können, es lag in Aquilius´Macht.
    Doch dann drehte er sich mit einem leichten Lächeln zu dem Brautpaar und richtete mehr zu seinem Onkel, als dessen Zukünftige, das Wort.


    "Er ist noch ein Kind, ihm wird seine Schuld nicht in dem Maße bewusst sein, wie es sollte. Der Kleine ist sehr vital."


    Zum Einen tat ihm der kleine Serenus schon jetzt leid, zum anderen konnte er Aristides verstehen, wenn er seinem Sohn nun gerne die Wut demonstrieren wollte, die dessen kleiner Scherz erweckt hatte. Hoffentlich würde er sich beherrschen können und dem Kleinen nicht den Hals herum drehen.

  • So sehr das Chaos zuschlug, das Drama weiter seinen Lauf nahm, war Marcus am Rande doch froh, so gesellige Gäste zu haben, die schon mit wenigen Sätzen sich zu einem Gespräch locken konnten. Zudem, dass sein Vetter Gracchus gleich die Musikanten zur Ordnung rief, denn schon ein wenig danach tönten die ersten harmonischen Klänge durch das peristylium und vermochten auch das hecktische Treiben von schnellen Fußschritten, die zu der fallenden Leontia eilten, zu überdecken. Marcus atmete tief ein, wußte er doch, daß sich Aquilius gut um seine Verwandte kümmern würde und wandte sich noch mal seiner Verlobten zu. Denn ihre Worte der Strafe betreffend, zeugte eindeutig von ihrer noblen Art und ihrem liebreizenden Wesen, was er schon im Garten kennen lernen durfte, ebenso in dem kurzen Briefkontakt zwischen ihnen, aber es stand außer Frage: Serenus würde bestraft werden und zwar mit all den Drohungen, die Marcus ihm hatte ausrichten lassen. Sein Sohn würde schon erfahren müßen, daß gewiße Handlungen nun mal zu bestimmten Reaktionen führte. So schüttelte er nur bei Furianus Worten den Kopf, denn so nachsichtig würde er mit seinem Sohn nicht sein. Wenn auch Marcus froh war, daß auch Furianus mit seiner Aussage, die Situation abzuschwächen gedachte. Immerhin konnte Marcus sich auf seine übrige Familie gänzlich verlassen, wenn schon nicht auf seine eigenen Kinder.


    “Er ist alt genug, um zu wissen, was er tut. Nein, das ist unverzeihlich. Aber womöglich sehe ich das bestimmt als sein Vater noch strenger, Lucius.“


    Das Schlimmste schien überstanden und Marcus war seinem zukünftigen Schwiegervater mehr als dankbar für den Humor in der Situation, den er- wenn Marcus ehrlich war- bei dem alt gedienten, ehemaligen Soldaten nicht erwartet hatte. Gerade wollte er sich schon wieder dem normalen Feiergeschehen wieder zuwenden und die weiteren Gäste begrüßen. Ein älterer Herr betrat den Raum, den Marcus nicht einzuordnen wußte als er ein lautes Platsch vernahm. Verwundert wandte sich Marcus um und sah noch den blonden Sklaven mit dem leeren Wasserkrug über der vollkommen nassen Leontia stehen. Dabei trug dieser gar noch einen triumphalen Ausdruck auf dem Gesicht, als ob er grade etwas Großartiges geleistet hatte. Herrje, sind wir nur mit geistlosen Sklaven umgeben? , dachte sich Marcus in jenem Augenblick und seine Nasenflügel erbebten vor Zorn.


    “Wenn Du mich noch mal kurz entschuldigst…?“


    Marcus löste sich von Epicharis und trat zu dem Sklaven, den er mit finsterer Miene, lodernder Wut und flavischer Grausamkeit musterte. Marcus hatte nicht übel Lust, diesem auch noch zweihundert Peitschenhiebe angedeihen zu lassen. Denn so wie er seine liebste, kleine Base kannte, war sie mitnichten glücklich darüber mit vollkommen ruinierter Frisur, verwischter Schminke und nassem Gewand in einer Menge von Feiernden zu erwachen. Marcus Hand erzitterte- er war durchaus schon leicht reizbar durch das Geschenk seines Sohnes- und er hätte fast den Sklaven selbst geschlagen. Er beherrschte sich abermals sehr mühsam und winkte einen Sklaven heran.


    „Trage die junge Dame in ihr Gemach. Und schicke Salambo zu ihr.“


    Nochmals taxierte Marcus den Eunuchen mit seinem zornigen Blick, wandte sich dann um als Leontia von den starken Armen eines Sklaven hoch gehoben und aus dem peristylium getragen wurde. Erst in ihrer Kammer würde sich bestimmt die schöne Salambo um die Patrizierin kümmern. Marcus wandte sich wieder um und ging zu den anderen Gästen und auch dem Neuankömmling zurück. Er warf Epicharis ein abermals entschuldigendes Lächeln zu.


    „Je chaotischer die Verlobung, desto schöner wird die Hochzeitsfeier. Ist das ein Verwandter von Dir?“


    Mit dem Kinn deutete Marcus auf den älteren Claudier.

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