Die Sonne erstrahlte in blitzenden Strahlen am Firmament, beleuchtete in schmeichlerischer Liebkosungen die Stadt Mantua, die grünen, von dem Regen feuchten, Wiesen, das Castellum und das Praetorium, dessen Fresken und Mosaike in prachtvollen Farben erstrahlte. Einige Tauben saßen auf dem Dach und gurrten beharrlich, betrachteten mit ihren schwarzen Perlaugen das Treiben im Innenhof, wo die Blüten und Blätter der Pflanzen des Viridarium noch von den zahlreichen Tropfen des nächtlichen Regens glitzerten, schön und anmutig wie klare Perlen. Rote und weiße Blütenblätter lagen auf dem Boden ausgestreut, die Simse des Daches waren mit Rosengirlanden behängt und die samtblauen Vögel vervollständigten das harmonische und festliche Bild mit dem aufgestellten Altar in der Mitte des Innenhofes. Im Stehen vor sich Hindösend wartete dort ein grauhaariger Priester, in weißer Robe, der am Morgen aus der Stadt hochgebracht worden war, ausgiebig in der Küche gefrühstückt hatte und nun auf seinen kurzen Moment während der Zeremonie wartete. Den größten Teil seiner Aufgabe hatte er schon am Morgen vollbracht, das rituelle Schafsopfer von einem reinen, weißen Lamm, was Iuno dargebracht wurde, wenn auch die Gaben noch für die Zeremonie der eigentlichen Hochzeitsformeln bereit standen, das Blut und die Eingeweide. Das Fleisch des Lammes briet bereits auf den Spießen der Culina. Doch noch waren erst die Tauben die ersten Gäste der Hochzeit, der Innenhof noch verlassen….
…Medeia stand mit angespannter Haltung in einem der Zimmer der Praetoriums, welches ihr Patron ihr zur Verfügung gestellt hatte. Um sie herum wuselten eine neue Sklavin und ihre lang gediente Olympia, die die Launen ihrer Herrin zur Genüge kannte. „Nimm deine kleinen Pfoten von mir!“, zischte Medeia als die neues Sklavin eine Haarnadel in Medeias Locken stecken wollte. Erschrocken trat das junge Mädchen zurück. Olympia schritt heran und meinte leise. „Domina, wenn Du Dich bitte setzen würdest?“ Ungnädig sah Medeia zu der blonden Sklavin, nahm jedoch auf dem Hocker Platz. Olympia beugte sich vor und fing an, die mit Blei vermengte weiße Paste auf Medeias Gesicht aufzutragen und sie hauchdünn auf ihrer Haut zu verteilen. Ihr Kleid lag auf einem Tisch ausgebreitet bereit und es waren nur noch weniger als zwei Stunden bis die Feier beginnen würde. Medeia atmete tief ein und schloss die Augen als sie den Schwamm auf ihrer Stirn spürte. Medeias Unterlippe erzitterte einen Augenblick, dann bildete sich auf der porzellanzarten Schicht der Schminke eine feine Spur einer einzelnen Träne. Olympia verharrte in ihrer Bewegung und sah erstaunt auf ihre Herrin hinab, die sie noch nicht so gesehen hatte. „Domina?“, fragte sie leise. „Mach weiter!“, erwiderte Medeia wütend und hob die Hand, trocknete die eine Träne an ihrer Wange. Beherrsch Dich, Medeia, mahnte sie sich selber an. Überhaupt, was war nur los mit ihr? Schließlich mochte sie zwar Plautius und war ihm sehr zugetan, aber lieben tat sie ihn nicht. Oder etwa doch? Es krampfte sich durchaus etwas in ihr zusammen, wenn sie daran dachte, dass er bald in den Krieg ziehen würde, fern von ihr und ständig in Gefahr. Medeia schloss die Augen und ließ Olympia die grüne Schminke auf ihrem Oberlid auftragen und sich dann ihren Haaren zuwende. Es war schließlich nicht mehr viel Zeit, bis sie bereit sein musste und die Zeremonie begann….
…erst als alle geladenen Gäste im Innenhof eingetroffen waren. Das eilig in die Wege geleitete Fest war womöglich doch etwas ungewöhnlich, wenn auch weiterhin in traditioneller Form. Es waren in der Hauptsache die Verwandten von ihr aus dem Castellum, aber auch Patrone und deren Verwandtschaft geladen, denn wer konnte schon innerhalb von wenigen Tagen von Rom nach Mantua kommen, außer Menschen mit viel Muse und Zeit für so etwas? In der Mitte des Hofes war ein Altar unter dem goldroten Tüchern eines Baldachins aufgebaut, purpurne und goldene geflochtene Bänder hingen am Rande hinab, Ranken aus blauen Krokussen, dem Symbol der Liebe, und roten Rosen wandten sich um den Altar, bis hinauf zum Dachfirst. Zwei junge Mädchen, kaum sechs Sommer alt, traten in den Innenhof. In ihren Händen trugen sie Körbe mit weißen Rosenblätern, die sie ausstreuten. Die Musik von von Tympanon und Kymbala mischte sich mit der Tibia, der Doppelflöte. Die Türen zu einem angrenzenden Gemach öffneten sich langsam, wohinter der Einzug der Braut beginnen sollte.