Die Ankunft der Nichte

  • "Ich bin wirklich nicht in bester Verfassung, was habe ich nur gesagt, das mein Onkel gerade jetzt das Thema 'Heirat' wieder aufgreifen muss ?!" fragte sich Prisca insgeheim immer wieder und fasste sie sich im Geiste an die Stirn, als ihr einfiel worauf er es bezogen haben musste. "Na sicher ! ich hatte ja gesagt, es soll „alles“ so geschehen wie er will. Und jetzt will er „meine Meinung erforschen“ und mir am Ende sogar noch einen Mann aussuchen, oder mich gar zu den Vestalinnen schicken. Meine Meinung ? die kann ich dir sagen ...NEIN, NEIN und nochmals NEIN !" versuchte Prisca ihren Ausrutscher gedanklich zu verarbeiten und vielleicht wirkte sie etwas angespannt, während sie ihrem Onkel mit einem gezwungenen Lächeln eher zögerlich zu nickte. Glücklicherweis brachte ihr Onkel dann den Faktor Zeit zu ihren Gunsten ins Spiel. "Gratias ago ! lieber Onkel und ich dachte schon ich sehe so aus, als hätte ich einen Ehemann so dringend nötig, aber wenn du selbst meinst, das ich noch Zeit hätte..." Prisca´s Lächeln wirkte nun wieder etwas entspannter, ohne das sie auch nur ein einziges gesprochenes Wort dazu verloren hätte. tempus ipsum affert consilium; so hoffte sie zumindest für sich, mit der Zeit auf dieses Thema auch einen Rat zu wissen. Doch vorerst schwieg sie besser dazu und griff lieber noch einmal das Angebot mit dem Einkauf auf, als ihr Onkel gerade erwähnte die Sklaven mit zu nehmen, sobald sie das Haus verlassen wolle.


    "Die Sklaven werde ich am Besten gleich mitnehmen, wenn ich in die Stadt zum Einkauf gehe ! Wenn es dort wirklich so exquisite Mode und Schmuck gibt, wie Du sagst dann hoffe ich nur, dass die Händler auch genügend Waren auf Lager haben. Meine Reisegarderobe ist nämlich alles andere als üppig und angemessen ausgefallen und nach der langen Reise und all den schrecklichen Neuigkeiten brauche ich einfach etwas Zerstreuung. Und wenn mich Deandra und Helena begleiten wollen, werden wir sicher unseren Spaß haben."


    Entgegnete sie auf seinen gutgemeinten Rat hin, wobei die Sklaven weniger zum Schutz, als vielmehr zum tragen der Einkäufe Verwendung finden würden. Aber bei dem Gedanken an eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen - dem Einkaufen - hob sich tatsächlich ihre Laune wieder merklich und ihre Augen bekamen einen ganz eigentümlichen Glanz. Fast konnte sie es nun nicht mehr erwarten endlich Deandra und Helena zu begegnen. Die Beiden würden von einem Einkaufsbummel sicher genauso begeistert sein wie sie selbst, davon war Prisca überzeugt. Weniger überzeugt, noch weniger erfreut im Gegenteil sogar etwas entsetzt war sie allerdings über den Vorschlag im Garten mit zu helfen.


    "Aber Onkel ! ... für solche Arbeiten gibt es doch Sklaven ? ... Na ja ... aber wenn das hier in Germanien so eine römische Sitte sein sollte, dann will ich mich gerne daran beteiligen."


    Den Witz mit dem grünen Daumen verstand sie nicht ganz und blickte im ersten Moment etwas irritiert auf ihre Hand. Er konnte doch nicht ernsthaft annehmen, dass sie in der Erde wühlen und sich dabei schmutzig machen würde. Und dass Deandra und Helena daran Gefallen dar hätten, wollte sie auch nicht ernsthaft glauben ... aber gut ... wenn dem doch so wäre, wollte sie sich auch nicht von vorne herein ausschließen. Vielleicht war es ja mehr eine symbolische Tätigkeit der Römer hier, um fremdes barbarisches Land zu kultivieren. Zumindest könnte sie dabei helfen und den Sklaven Anweisungen geben, wo und wie sie zu graben hätten ... ja das würde gehen ! Immer noch darüber nachgrübelnd auf welche seltsamen Sitten die Römer hier vielleicht noch kämen, lies sie sich von ihrem Onkel in den Arm nehmen und in das Atrium führen. Dort rief er eine Sklavin herbei und gab ihr weitere Anweisungen. Zwar fiel Prisca auf, wie die Sklavin sie zu musterten schien und sich auch sonst etwas seltsam verhielt, schenkte dem Ganzen aber vorerst keine weitere Beachtung.


    "Gut dann nenne ich Dich Onkel, .... Marcus ! ... wie es mir gerade gefällt. Vale bene ...... Onk…. Marc.... Onkel Marcus, bis heute Abend !"


    Meinte sie schließlich ebenso lachend wie er, da ihn ihre Frage wohl sehr amüsiert hatte. Mit diesen Worten und seinem, als sehr angenehm empfundenen, Kuss auf die Stirn verabschiedete sie ihn letztendlich auch.


    Nun war sie also hier angekommen, ohne dies alles noch so recht begreifen zu können. Seufzend blickte sie noch eine zeitlang in die Richtung, in die ihr Onkel verschwunden war, bis die seltsam anmutenden Worte der Sklavin an ihr Ohr drangen. "Vorschlag ? ... fragt mich, ob ich erst angereist bin .sieht man das nicht ... was erlaubt sich dieses Ding eigentlich ... ?" Prisca´s Kopf ruckte herum und ungläubig musterte sie die Sklavin. Ein solches Verhalten war Prisca absolut nicht gewohnt. Sehr ... sehr seltsame Sitten schienen hier zu herrschen ! Aber so langsam wunderte sie sich über gar nichts mehr und tat sich nur selbst ein wenig leid, dass sie nun auch noch mit Sklaven sprechen musste. So antwortete sie denn gereizt, aber noch gefasst auf die Frage und folgte kopfschüttelnd der Sklavin ins balneum.


    "Ich weiß ja nicht, wo man dich die letzten Tage über eingesperrt hatte ... sonst wäre es dir vielleicht aufgefallen, dass ich bis vor kurzem noch nicht hier war. Und als die Nichte deines Herrn habe ich sicher nicht erst einige Tage bei den Barbaren gehaust, bevor ich diese Villa hier aufsuchte. Und was deinen Vorschlag mit dem balneum betrifft ...sofern es hier bei den Germanen nicht Sitte ist draußen im Freien zu baden, würde ich MEIN Bad gerne hier einnehmen." ...und deutete dabei genervt auf das Becken, das sich eben noch mit Wasser füllte.

  • Eben noch hatte die neu eingetroffene Herrin sich amüsiert gegeben, doch sobald Corvinus gegangen war, wandelte sich das Verhalten der jungen Nichte. Camryn blinzelte irritiert ob der genervt und bissig klingenden Antwort. Sie hatte doch nur freundlich sein wollen, und immerhin hätte es auch sein können, dass die Aurelierin bereits einige Zeit in Germanien war und nun erst die Familie besuchen kommen wollte. Woher sollte denn sie wissen, dass du Mutter der domina verstorben und sie eigentlich gegen ihren Willen hier war? Dennoch schluckte Camryn ihre Verwunderung und die Missstimmung ob der - wie sie fand - unangemessenen Entgegnung Priscas herunter, denn wenn die Aurelia von nun an hier wohnen würde, so war es wichtig, sie indirekt zu einer Verbündeten zu machen gegen Deandra. Helena hatte Camryn schon so weit, wie sie glaubte, dass sie Deandra boykottieren würde, wenn der Moment gekommen war. Nun fehlte ihr noch Prisca, und daher musste sie sich geschickt anstellen und durfte weder schnippisch noch vorlaut sein - was bedeutete, dass sie sich verstellen und große Willensanstrengung aufbringen musste.


    Demütig senkte sie den Kopf und faltete die Hände vor dem Körper. "domina, mein Herr sperrt mich nicht ein, denn er vertraut mir. Eine einfache Leibsklavin wie ich kann nicht erwarten, dass eine so noble und selbstbewusste domina, wie du es bist, ihr das gleiche Vertrauen entgegenbringt, und dennoch ist es mein Wunsch, dir ebenso ergeben zu dienen wie meinem Herren", versicherte Camryn ruhig und mit gesenktem Blick. War das nicht etwas zu dick aufgetragen? Ach, das würde schon gehen. "Verehrte domina, verzeih bitte meine unbedachten Worte. Ich werde mir große Mühe geben, mir deine Gepflogenheiten anzueignen und dir höchst zufriedenstellend zu Diensten zu sein. Welche Zusätze pflegst du in dein Badewasser zu nehmen?" erkundigte sie sich nun. Das Plätschern hörte auf. Nun war das Bad gerichtet, es fehlten nur mehr die Zusätze. "Wenn es dir beliebt, so kann ich auch rasch einen Krug Eselsmilch holen, und ich versichere dir, dass Cleopatra neben dir verblassen wird wie ein unscheinbares Mäuslein." Camryn musste aufpassen, dass sie nicht zu dick auftrug. Andererseits hörten gerade patrizische Frauen gern solcherlei Schmeicheleien. Priscas Reaktion würde der Sklavin zeigen, ob sie hier auf dem richtigen Wege war oder auf dem Holzweg.


    "Darf ich dir beim Entkleiden helfen, domina?"

  • Prisca´s Laune hob sich nur wenig, während sie gezwungener Maßen den Erklärungsversuchen der Sklavin zu hörte. Eine Entschuldigung würde sie wohl nicht wirklich erwarten und das ihre Stimmung so schlecht war, hatte ja auch seine Gründe. Obwohl, manchmal reichte für ein Stimmungstief auch schon ein abgebrochener Fingernagel. Doch jetzt ? Wie es schien, hatte ihr Onkel wirklich nichts von ihrer Ankunft und den Grund dafür erwähnt. Zumindest nicht gegenüber den Sklaven, wenngleich sie, als seine Leibsklavin, eigentlich den Sonderstatus hätte haben können, um darüber informiert gewesen zu sein. Für Prisca konnte eine Leibsklavin nämlich sehr wohl so etwas wie eine enge Vertraute sein, wenn diese sich dafür erst einmal als würdig erwiesen hatte. Für Prisca brachte das sogar viele Vorteile mit sich, angefangen mit einfachen Dingen wie: „nicht ständig nach den Gepflogenheiten und Grundbedürfnissen gefragt zu werden“ und eine solche Sklavin konnte sich auch schon mal als „circumspectatrix“ als nützlich erweisen, um an interessante, weil meist intime Informationen zu gelangen. Ihre damalige Leibsklavin Leonita, welche sie in Ostia zurück ließ, hatte dieses Vertrauen am Ende, kurz vor ihrer Abreise nach Athen, doch noch missbraucht, indem sie sich von einem anderen Sklaven hatte schwängern lassen. Und seitdem ? hatte sich einfach keine Gelegenheit mehr geboten, einen passenden Ersatz für sie zu finden. Am wenigstens machte sich Prisca nun die Hoffnung, hier in Germanien einen passablen Ersatz zu erstehen, daher musste sie wohl mit dem Vorlieb nehmen, was sich ihr an bot.


    Na ja, darüber weiter nachzudenken brachte im Moment ohnehin nicht viel, denn vielleicht dachten Männer bei der Auswahl ihrer Leibsklavinnen ohnehin an ganz andere Kriterien. Diese Sklavin jedoch schien sich wenigstens die Mühe zu geben, sich den Gewohnheiten und Vorlieben schnell anzupassen. Daher sollte sie auch eine Chance bekommen.


    "Hör zu ! ... Schön, das mein Onkel dir so vertraut, aber .... bevor du mich gleich auch noch fragst, ob meine Reise hierher angenehm war und wie es meinen Eltern geht..."


    Prisca machte eine kurze Pause und sah die Sklavin eindringlich an, um alle Missverständnisse vorweg zu nehmen.


    "Die Reise hierher war einfach nur schrecklich, denn sie wurde von meiner Mutter veranlasst und gerade eben habe ich erfahren müssen, das sie auch noch gestorben ist ... Wenn ich dir also vertrauen soll - so wie es mein Onkel offensichtlich tut - und du mir dabei nicht auf die Nerven gehst, dann ..."


    Wieder hielt Prisca inne und versuchte ruhig zu bleiben, indem sie ein paar mal durchatmete. Ihr Selbstbewusstsein war groß genug, um zu wissen wie sie aussah und damit auf Männer wirken konnte ... wenn sie denn wollte. Doch im Moment sah sie in ihrer verwaschenen Schminke, dem beschmutzten Kleid und ihrer Verfassung einfach nur schrecklich aus.


    "... spar dir momentan deine Schmeicheleien über mein Aussehen, denn ich fühle mich gerade schrecklich ! Also ..."


    nun hob sie ein wenig die Arme und wartete ungeduldig.


    "... entkleide mich endlich ... hol irgendeinen Badezusatz der angenehm duftet, meinetwegen Lavendel wenn es hier so etwas gibt und dann, wenn ich endlich das Bad genießen kann ... dann sagst du mir noch einmal, wie du überhaupt heißt und was du alles kannst."

  • Camryn wurde schlagartig bewusst, dass sie Prisca nicht mochte. Die war genauso arrogant und herablassend wie Deandra. Nur bei Helena hatte die keltische Sklavin das Gefühl, einigermaßen gut behandelt zu werden. Dennoch war es erforderlich, gute Miene zum bösen Spiel zu machen - Camryn brauchte Verbündete, die nichts von der Rolle ahnten, die sie für die Sklavin spielen würden. Sie musste sich geschickt verstellen und dann warten, dass sich das "Problem Deandra von allein löste. So schlug sie erschrocken die Hand vor den Mund und sah sehr überzeugend betrüblich drein. "domina...ich hatte ja keine Ahnung...mein Beileid", entgegnete sie bestürzt. Weiter nichts. Noch einige Sekunden sah sie Prisca bedauernd an, dann wandte sie sich um und suchte aus dem Zedernholzkästchen einige Phiolen und Fläschchen heraus, welche verschiedene Düfte enthielten. Vornehmlich entspannende und angenehm duftende Essenzen und Öle fanden ihren Weg ins Badewasser, auch ein Liter Eselsmilch und mehrere Hände voll Rosenblätter, die wie kleine Schiffchen auf dem Wasser trieben, welches Camryn nun mittels eines langen Stockes mit den Badezusätzen vermengte. Stumm, flink und gewissenhaft ging sie dieser Arbeit nach. Nachdem sie dann den Stock fortgelegt hatte, trat sie wieder zu Prisca, welche die Arme hob und wartete. Camryn nahm ihr zuerst die palla ab, faltete sie grob und legte sie auf einen der Hocker, welche sich hier befanden. Dann löste sie das Brustband Priscas und entledigte sie so geschickt der tunica, dass die Aurelierin darauf schließen konnte, dass sie solcherlei Handgriffe des Öfteren tätigte. Nur wenig später war aus Priscas Haar ordentlich hochgesteckt, damit es nicht mit dem Duftöl in Berührung kam, Camryn würde ihr Gesicht und die Haare später gesondert säubern und verwöhnen, hierzu standen verschiedene Tigelchen und Fläschchen bereit.


    "Mein Name ist Camryn, domina. Und als Sklavin, die sich um das leibliche Wohl des Hausherren kümmert, halte ich mich beständig auf Abruf in seiner Nähe auf. Ich kleide ihn des Morgens an, kredenze ihm das ientaculum und gehe ihm bei jeder Arbeit zur Hand, zu der er mich hinzuziehen möchte. Ich kann schreiben und lesen, erledige Botengänge und unterrichte die anderen Sklaven über die Wünsche und Planungen des Corvinus" erzählte Camryn. Davon, dass sie früher einmal etwas Besonderes gewesen war und diesen Sonderstatus wiedererlangen wollte, sagte sie nichts, denn dies war Teil ihres Plans. Camryn geleitete Prisca zu den Stufen, welche in das geräumige Marmorbassin hinabführten, und machte sich bereit, sie zu stützen, sollte sie beim Eintreten in das angenehm temperierte Nass straucheln. "domina, lehne dich ganz entspannt zurück. Möchtest du vielleicht eine Schultermassage? Oder doch lieber Nacken oder Kopfhaut?" erkundigte sich Camryn mit gedämpfter Stimme. "Wenn du einen Wunsch hast, werde ich ihn dir gern erfüllen." Da die Keltin nicht wusste, ob Prisca an einer Unterhaltung interessiert war oder nicht, schwieg sie dann, nachdem sie sich am Rand des Beckens niedergekniet hatte und auf Anweisungen wartete.

  • Einen kurzen Moment nur hob Prisca eine Augenbraue während sie auf das Entkleiden wartete, denn irgendetwas an der Beileidsbekundung der Sklavin irritierte sie. Auch wenn sie ehrlich geklungen hatte und vielleicht auch wirklich so gemeint war, die Art und Weise wie sie vorgetragen wurde erinnerte sie doch sehr stark an ihre eigenen gespielten Emotionen. Zumindest konnte sie sich so verhalten, wenn sie ihren Kopf durchsetzen wollte. Und das eben sah Prisca zum verwechseln ähnlich. Aber was sollte ein Sklave schon erreichen wollen, außer seiner Herrschaft zu gefallen um nicht bestraft zu werden. Prisca dachte nicht weiter darüber nach musste aber zugeben, dass sich diese Sklavin bei der Vorbereitung des Bades sehr geschickt anstellte und sich bisher absolut tadellos benahm. Genau so war sie es von ihrer eigenen Leibsklavin Leonita her gewohnt gewesen. Ja, Leonita hatte sich lange Zeit als sehr nützlich erwiesen und das nicht nur bei den alltäglichen Diensten. Oft konnte Prisca so, z.B. auf Treffen, Feiern und Empfängen, interessante Gespräche verfolgen, die in ihrer Gegenwart vielleicht verstummt wären. Denn bei einer einfachen Sklavin achtete man(n) meist weniger auf das Gesprochene, wie wenn eine Patrizierin zugegen gewesen wäre. Und nichts interessierte Prisca mehr zu erfahren, was man(n) vielleicht gerade über sie sprach, oder welcher von den anwesenden Männern reich und damit – zumindest theoretisch – als Heiratskandidat in Frage gekommen wäre. Oder einfach nur der übliche Klatsch zur Befriedigung der eigenen Neugier, der sich wunderbar mit den Freundinnen teilen ließ. Selbstverständlich hätte Prisca in ihrer Sklavin niemals so etwas wie eine Freundin gesehen, doch für gute Dienste hatte Leonita zumindest bestimmte Freiheiten und eine besondere Behandlung genossen. Diese konnten ihr natürlich jederzeit wieder genommen werden und so ist es letztendlich dann auch gekommen.


    Prisca seufzte und verwarf jeden weiteren Gedanken an ihre ehemalige Leibsklavin während sie nun endlich aus ihrer Kleidung „befreit“ wurde. Es war in der Tat ein befreiendes Gefühl und Dank der angenehm warmen Temperatur und der duftenden Badezusätze fühlte Prisca sich sofort etwas besser. Sie atmete tief durch während noch das Haar zurecht gemacht wurde und hörte nun doch mit einigem Interesse den Ausführungen der Sklavin zu. Wie es schien hatte ihr Onkel einen guten Geschmack, was die Auswahlkriterien seiner Bediensteten betraf und er legte anscheinend Wert auf vielseitige Einsatzmöglichkeiten. "Vielleicht sollte ich ihn fragen, ob er mir bei der Suche nach einer neuen Sklavin behilflich ist. Doch hier in Germanien werden wir wohl kaum etwas Geeignetes für mich finden." Dachte sich Prisca nur und erwiderte erst einmal nichts auf das Gesagte hin. Vielmehr drängte es sie nun, endlich in das verlockende Wasser ein zu tauchen.


    "Aah, was für herrliches Gefühl ! Jetzt geht es mir schon ein wenig besser nach all den Strapazen, die hinter mir liegen."


    Seufzte Prisca zufrieden zu sich selbst gesprochen und ließ sich einen Moment lang im Wasser treiben. Sie schloss die Augen und machte ein paar Schwimmbewegungen, um das Wasser ihren Körper umspielen zu lassen. Ihre Stimmung hob sich langsam wieder und sogar die Trauer trat ein wenig in den Hintergrund. Auch wenn sie noch keine konkreten Pläne hatte, galt es doch die Trauer bald zu überwinden und sich dem neuen Leben zu stellen. Selbstverständlich hegte Prisca dabei keinerlei Pläne oder Vorurteile gegen ihre Verwandten. Schließlich kannte sie diese noch gar nicht und kam ja ohne ihr eigenes Zutun hierher. Im Gegenteil, Prisca war sogar froh den Schutz der Familie, durch den Tod ihrer Mutter, nicht verloren zu haben. Es ging eben lediglich darum, sich erst einmal besser kennen zu lernen und sich miteinander zu arrangieren. Lediglich was ihren Onkel betraf, sahen die Pläne etwas anders aus. Wobei Prisca nichts Schlimmes daran fand ! Sie wollte ja lediglich herausfinden, wie sie es anstellen musste, dass er ihr, auch wenn er ihr tutor war, die selben Freiheiten ließ, wie es von ihrer Mutter her kannte.


    Für all das musste sie allerdings erst einmal Informationen sammeln und beobachten. Camryn wäre also eine mögliche Informationsquelle, auch wenn es Prisca völlig egal war, was und wie diese Sklavin über sie denken mochte. Natürlich behandelte sie jede Information zuerst mit Vorsicht, denn blind vertraute sie grundsätzlich Niemandem. Aber Informationen zu haben war eben immer ein Vorteil und je häufiger sie sich irgendwann bewahrheiteten und somit nutzen ließen, umso vertrauenswürdiger wurde damit auch die Quelle. Tja, so dachte und war Prisca eben und darüber wunderte sie sich manchmal sogar selbst. Von ihrer Mutter hatte sie das jedenfalls nicht gelernt, eher schon von ihren damaligen Freundinnen in deren Gesellschaft es eben üblich war, sich auf diese Weise zu behaupten. Zeit also dieser Sklavin ein wenig Zucker zu geben, dachte sich Prisca und ihr Tonfall wurde nun weich und passte sich ihrer entspannten Stimmung an. Sie ließ sich auf einer der Sitzbänke nieder und lehnte ihren Kopf auf ein, am Beckenrand, bereitliegendes Kissen.


    "Camryn ist also dein Name ? Gut Camryn ! ... dann beginne bitte mit der Massage meines Nackens und des Kopfes. ... Wie mir scheint hat dir mein Onkel sehr viele und verantwortungsvolle Aufgaben übertragen und er möchte wohl, dass du mich ebenso gut behandelst wie ihn. Nun, dann wird es ihn sicher freuen zu hören, dass du deine Aufgabe bisher sehr gewissenhaft ausführst ! ... Woher stammst du eigentlich und wie lange bist du schon hier in Diensten ? ... und ... ach ja .... da ich gerade erst angekommen bin wäre es gut, wenn du mich über die Gepflogenheiten und Sitten hier und in der Villa ein wenig aufklärst. "


    während sie sprach schloss sie wieder die Augen und erwartete die Massage. Der Name erschien ihr fremd und sicher hatte ihr Onkel sie nicht erst hier in Germanien gekauft. Prisca machte sich jedenfalls die Mühe nett zu wirken, wenngleich sie es eigentlich nicht für erforderlich hielt. Zumindest erwartete sie dadurch keine Änderung im Verhalten und bei der Verrichtung der Aufgaben und was die Informationen dieser Sklavin tatsächlich wert wären, das würde sie schon auf ihre Art und Weise herausfinden.

  • Camryn wartete geduldig, bis die junge Herrin sich ausreichend mit Wasser benetzt hatte und dem Rand entgegen strebte, um ihren Hinterkopf auf das weiche Kissen zu betten. Sie dachte an nichts dabei, wartete nur, bis Prisca sie dazu aufforderte, sie zu massieren. Augenblicklich legte die keltische Sklavin ihre bereits durch Kneten vorgewärmten Hände sachte auf die halb aus dem Wasser ragenden Schultern der Patrizierin und begann, sie mit sanften Bewegungen zu massieren. Beinahe augenblicklich hatte sie einen Knoten, eine Muskelverspannung gefunden, lockerte die umliegenden Muskeln und massierte allmählich die erste Verspannung fort.


    "Ja, die Reise von Rom hierher ist nicht ohne Anstrengung zu bewältigen. Gestatte mir meine Frage, domina - du kommst doch aus Rom? Als wir vor knapp anderthalb Jahren hergekommen sind, waren alle froh, sich nicht mehr auf Rädern bewegen zu müssen. Kurz vor Mogontiacum erlitten wir sogar einen Achsbruch", erzählte sie bei der Massage. Das Lob wegen des Bades freute sie natürlich, denn das war der erste Schritt, Prisca für sich zu gewinnen. Der zweite würde auf dem Fuße folgen, Prisca selbst hatte den Anstoß dafür gegeben. "Ich bin fünfundzwanzig Jahre alt, domina, und seit sieben Jahren stehe ich in den Diensten meines Herren. Er erwarb mich in Athen, aber eigentlich stamme ich aus dem Norden. Ich bin Keltin", beantwortete sie den ersten Teil der Frage. Der zweite würde schon etwas heikler werden, und Camryn musste sich die Worte gut überlegen, die sie sagen würde. Inzwischen massierte sie den Übergang vom Nacken zum Kopf, zog sachte an den Haaren Priscas und begann allmählich damit, die Kopfhaut zu massieren. "Nun, der Tagesablauf verläuft zumeist gleich, zumindest, was den Hausherren betrifft. Er steht früh auf und nimmt sein Frühstück immer allein auf seinem Zimmer ein, anschließend kleide ich ihn an und dann verlässt er die villa, um sich zum Kastell zu begeben. Zwischen der elften und vierzehnten Stunde kehrt er wieder heim und speist mit den anderen, anschließend nimmt er ein Bad oder beantwortet Briefe, spielt mit seiner Cousine und seiner Verlobten oder zieht sich in sein Arbeitszimmer zurück. Was die Herrinnen tun, während Corvinus abwesend ist, ist unterschiedlich. Mal unternehmen sie etwas, manchmal bleiben sie auch auf ihren Zimmern oder verbringen den Tag im Garten. Des Herren Cousine hat dabei ein schweres Los, denn - oh....verzeih, ich wollte nichts Schlechtes verbreiten!" sprach Camryn und hielt erschrocken inne, perfekt gespielt. Jetzt würde sich herausstellen, ob Prisca empfänglich war für Klatsch, denn wenn sie es war, würde sie die Sklavin sicher bitten, fortzufahren. Vorerst schwieg Camryn und wartete geduldig.

  • Die Zweifel darüber, dass sie sich jemals von den Anstrengungen der langen Reise erholen könnte, verflüchtigten sich allmählich. Camryns geschickte Hände waren angenehm warm und sanft und ihre Massage empfand Prisca insgesamt als sehr angenehm. Nur in dem Moment, als Camryn diese Muskelverspannung zu lösen begann hätte sie die Sklavin beinahe angefaucht, gefälligst etwas vorsichtiger zu sein. Doch die Erleichterung stellte sich fast augenblicklich ein und so entwich die merklich eingesogene Luft, in Form eines wohligen Seufzers, wieder aus Prisca´s Mund. Weiter sagte sie zunächst nichts und verfolgte nur aufmerksam die Bewegungen der Finger auf ihrer Haut und das, was die Sklavin ihr von der Anreise ihres Onkels erzählte. Nur wenig tröstend war dabei die Erkenntnis, dass es den anderen damals auf ihrer Reise genauso schlecht ergangen sein muss wie ihr selbst. Na ja, zumindest ein Achsbruch und andere größere Pannen waren ihr erspart geblieben, so dass die ohnehin lange Reisedauer wenigstens nicht zusätzlich in die Länge gezogen wurde.


    "Ich wohne normalerweise in Ostia, aber meine Reise hierher begann in Athen ... dort hat dich also mein Onkel damals gekauft. Interessant, wie eine Keltin wie du wohl dorthin gelangt sein mag. Aber wenn du nun schon seit sieben Jahren in seinen Diensten stehst, muss er wirklich von deinen Fähigkeiten überzeugt sein."


    Bemerkte Prisca auf die Antworten der Sklavin hin und war gedanklich wieder in ihrer eigenen Vergangenheit und dem angenehmen Teil ihrer Reise nach Athen angelangt. Eine Keltin war sie also ... zuerst ein wenig erstaunt wie gebildet die Kelten doch sein konnten, denn für Prisca waren es allesamt nordische Barbaren, bezog sie es eben dann auf die Erziehungsmaßnahmen ihres Onkels, dass Camryn nach sieben Jahren Dienst so viele angenehme und nützliche Eigenschaften besaß. Dann wurde ihr bewusst, dass sie selbst wohl nicht mehr nach Ostia zurückkehren, sondern mit allen anderen zusammen nach Rom ziehen würde sobald die Dienstzeit ihres Onkels hier beendet wäre. Aber ehe sie noch über ihre eigene Zukunft in Rom und der noch bevorstehenden Heimreise weiter nachdenken konnte, wurde sie durch die sanfte Massage ihrer Kopfhaut und den Worten Camryn´s über den Tagesablauf der Familie wieder abgelenkt.


    "Hmm ... ist es doch abwechslungsreich hier ... und das geht schon seit anderthalb Jahren so? ... unglaublich wie man es hier solange aushalten kann."


    Verwundert hatte es Prisca nicht, dass das Leben hier etwas anders verlief wie in Rom. Viel Abwechslung schien es zumindest nicht zu bieten. Aber sie bewunderte die anderen Familienmitglieder dafür, dass sie es hier wirklich schon so lange ausgehalten hatten. Wobei sie insgesamt jedoch erleichtert war, dass sie selbst nur noch auf eine bereits absehbare Zeit hin in dieses exilium verbannt sein würde. Wie dem auch sei, jetzt begann es endlich interessant zu werden und Prisca spitzte sprichwörtlich die Ohren. Ein schweres Los ? ....etwas Schlechtes ? ... und genau jetzt machte die Sklavin erschrocken eine Pause. Prisca verzog leicht das Gesicht. Auch solch ein Verhalten kannte sie von sich nur allzu gut. Aber machte Camryn das nun bewusst oder unbewusst ? Vielleicht war es ja, nach anderthalb Jahren in Germanien, so üblich und die einzige Freude die man hatte, auf diese Weise Neuigkeiten etwas interessanter zu „verpacken“. Prisca hatte die Augen nun wieder geöffnet und betrachtete aufmerksam das bunte Mosaik mit den springenden Delfinen, das sie an der gegenüberliegenden Wand entdeckt hatte, während sie über die entstandene „Zwangspause“ nachdachte. Ihre Neugierde war selbstverständlich geweckt und eine Information war eben eine immer willkommene Bereicherung des eigenen Wissens.


    "Ich verzeih dir natürlich wenn du es nicht sagen willst und versteh dich sehr gut! Sicher willst du nichts Schlechtes verraten, was dir am Ende selbst schlecht bekommen könnte. Aber das muss es ja nicht! ... oder?"


    Sie sprach ganz ruhig und ungezwungen nur die Worte und der Tonfall sollte mehrere Dinge verraten. Zum einen vielleicht ein eher gespieltes Verständnis, dann eine leichte Drohung, das man sie besser nicht für dumm verkaufen sollte und letztendlich der deutliche Hinweis, dass sie für vertraulichen Klatsch immer empfänglich war. Als sich bei dem Wort „oder“ ihre Stimme deutlich hob war es jedenfalls die Aufforderung an Camryn, endlich mit den Neuigkeiten heraus zu rücken.

  • "Oh, so interessant ist das gar nicht. Man hat mich damals bis nach Rom gebracht und dort hat mich ein reicher lupanarbesitzer erworben. Ich wurde nach Griechenland verschifft und habe eine weile dort in seinem...Etablissement gearbeitet. Solange, bis der Mann mich ersetzte und dominus Corvinus mich erwarb", erzählte Camryn, während sie ihre Finger geschickt weiterbewegte. Nun durfte auch Prisca klar sein, welcher Tätigkeit Camryn hier noch ab und an nach ging außer Ankleiden und den üblichen Dingen, und wo sie das Massieren erlernt hatte. "Warst du auch zu Studienzwecken in Athen, domina?" fragte sie Prisca interessiert. Die Aurelierin indes schien Gefallen gefunden zu haben an den sanften und Entspannung fördernden Bewegungen der Sklavin, die sich auch wirklich die größte Mühe gab, die neue Herrin zufrieden zu stellen. Was Prisca anschließend erwähnte, verwunderte Camryn etwas. Sie klang wie Helena, die sich auch viel lieber wo anders aufgehalten hätte als hier. Camryn konnte sich noch gut daran erinnern, wie missgelaunt Helena zu Anfang gewesen war. Da die Sklavin nicht genau wusste, ob sie etwas erwidern sollte und wenn ja, was, sagte sie schlicht: "Wenn man sich etwas eingewöhnt hat, gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, die man nutzen kann. Es gibt beispielsweise auch ein öffentliches Badehaus hier, und das Umland ist fantastisch anzusehen, besonders im Herbst."


    Camryn massierte noch eine Weile weiter, bis Schulterpartie und Nacken ausreichend gelockert und die unter der Haut liegenden Muskeln geschmeidig waren, dann ließ sie von Prisca ab und legte die Hände im Schoß zusammen, dennoch aufmerksam bleibend, für den Fall, dass die Herrin etwas wünschte. Erfreut stellte sie fest, dass sie richtig gelegen hatte mit der Vermutung, Prisca sei an Tratsch interessiert. Erfolgreich tat die keltische Sklavin so, als wisse sie trotz der Versicherung nicht recht, ob sie nicht besser schweigen sollte. Sie warf Prisca einen verzagten Blick zu, rutschte perfekt geschauspielert etwas unruhig herum und begann schließlich zu reden. "Naja... Die Herrin die Deandra ist etwas eigen. Sie erfasst jedwede Unterredung mit dem Hausherren mit Argwohn und neidet der Herrin Helena ihren guten Umgang mit Corvinus. Der plötzliche Umschwung ihrer Laune ist gefürchtet von uns Sklaven. Sie vermag zu agieren wie eine Glucke, wenn es um den Herren geht und...nun ja, ich weiß nicht, ob ich.... Nun, sie...wir Sklaven glauben, sie hält sich für den Nabel der Welt und befindet im Stillen jeden als viel schlechter als er eigentlich ist. Gewiss wird dich ihr Unmut auch treffen, obwohl du doch nichts dazu kannst, domina." Camryn sah Prisca Ernst an. Wenn sie diese vermeintlichen Geheiminformationen schluckte, würde Deandra es schwer haben, in ihr eine Freundin zu finden - und Camryn hätte dann eine indirekt Mitstreiterin.

  • Prisca merkte sehr schnell, dass Camryn nicht nur wegen ihrer Massagekünste etwas ganz besonderes zu sein schien. Auch mit ihrer Herkunft und mit dem was und wie sie es sagte, zeigte sie dass sie keine einfache Sklavin war, die lediglich eine Funktion erfüllte. Massieren konnte sie jedenfalls hervorragend und Prisca ahnte bei ihrer Antwort, wo sie es gelernt haben musste. „So Eine ist sie also. Sieh an! Fast klingt es so als hätte mein Onkel auch ... mit ihr ... nein?! ... er hat doch nicht etwa? ... mit ihr? ... nein! ... obwohl? ... Eigentlich kenne ich meinen Onkel ja gar nicht ... vielleicht also doch? ... nein!“ Camryns Worte brachten Prisca tatsächlich dazu, ihre Gedanken ergebnislos um das eine Thema kreisen zu lassen, auch wenn sie selbst nicht mit reden konnte. Den Männern schöne Augen machen, ja das tat sie oft und gern wenn sie wollte, aber wie es sich für eine anständige Patrizierin aus gutem Haus gehörte, war sie stets keusch geblieben. Aber es sich vorstellen, darüber nachdenken oder gar tuscheln, das war ja erlaubt. Und je mehr sie darüber nachdachte, umso mehr bestätigte es aber auch ihre ablehnende Haltung der Heirat gegenüber, denn was gab es, was eine Sklavin einem Mann bieten konnte, was sie nicht auch von einer freien Frau bekommen konnte.


    "Ich Auch? ... äh ..hm ... ja ich war auch zu Studienzwecken dort, ein wenig Philosophie, griechische Geschichte, Astronomie ... meine Mutter wollte es so. Doch der eigentliche Grund warum sie mich nach Athen geschickt hat wohl der, dass ich ihr nicht beim sterben zu sehen sollte."


    Die direkt daran anschließende Frage und vor allem das Wort Studienzweck brachten Prsica doch merklich durcheinander. Denn irgendwie überschnitten sich ihre Gedanken über das Eine und der Zweck ihrer Reise nach Athen, mit dem was Camryn ursprünglich dorthin führte. Prisca zählte daher schnell eine Reihe der Themen auf, an denen sie sich zumindest zeitweise versucht hatte, wenn auch mit mehr oder weniger ausdauerndem Erfolg. Bei der etwas verbittert klingenden Bemerkung am Schluss, war sie sich zumindest über den Grund der ganzen Strapazen, die hinter ihr lagen, wieder im klaren. Damit lies sie es auch auf sich beruhen und widmete sich lieber wieder dem angenehmen Gefühl der Massage. Auf die von Camry aufgezählten Freizeitmöglichkeiten hier ging sie nicht weiter ein, sondern nahm sie einfach zur Kenntnis.


    Gut! es ging ja nun um den Klatsch, den Camryn nach einigem Zögern endlich verlauten ließ. Da waren die Gedanken an andere Freizeitbeschäftigungen ohnehin schnell vergessen. Denn das was sie zu hören bekam war erstens: Schlichtweg ... eine Frechheit! Auch wenn das Gesagte der Wahrheit entsprechen sollte, konnte sich Camryn doch nicht allen Ernstes erdreisten, so über ihre Herrin zu sprechen! Was ging es die Sklavin an, was die Herrschaft tat oder nicht. Was konnte sie daran ändern und was erwartete sie? Darüber urteilen zu wollen stand ihr einfach nicht zu! Das war eben Prisca´s Überzeugung. Auch wenn sie selbst keine Sklaven zu Unrecht schlecht behandelte, so war es eben ihre anerzogene Einstellung und Verhaltensweise dem Sklavenvolk gegenüber, die vor allem durch den Vertrauensbruch ihrer Leibsklavin Leonita nur noch verfestigt hatte. Und hier hatte sie den Beweis, wie undankbar die Sklaven doch alle waren und wie schlecht sie hinter dem Rücken über ihre Herrschaft redeten! ... aber zweitens: waren es eben doch interessante Informationen und sollten sich diese irgendwann ihr gegenüber bewahrheiten, wäre Prisca zumindest darauf vorbereitet. Also würde sie die Sklavin mit Sicherheit nicht dafür zurecht weisen. Die angenehme Massage war anscheinend zu Ende und Prisca betrachtete noch eine Weile das Mosaik mit den Delfinen, bis sie sich ihre Antworten und ihre Schauspieltaktik zurecht gelegt hatte.


    "So ist Deandra wirklich? Aber das muss doch auch meinem Onkel irgendwann auf fallen, wenn sie euch so schlecht behandelt. Tut er denn gar nichts dagegen? ... oder was ist mit Helena? Zumindest sie muss es doch spüren ... was sagt sie denn dazu? .... und Du ... Du gibst dir doch wirklich sehr viel Mühe bei dem was du tust, das habe ich eben bemerkt. Die Massage hat mir nämlich sehr gut getan und ich fühle mich auch schon viel besser!"


    Sie bemerkte den verzagten Gesichtsausdruck und das unruhige Verhalten der Sklavin und Prisca hob ihre Augenbrauen und blickte Camryn nun ungläubig, aber auch voller Anteilnahme an. Sie sprach leise und langsam und versuchte am Ende sogar ein wenig zu lächeln, so als müsse sie das Gesagte erst richtig zuordnen ... eine Lösung dafür finden ... oder zumindest Trost spenden, wenn es denn eine unumstößliche Tatsache wäre. Doch insgeheim kannte sie diese Eigenarten und Gemütsschwankungen von sich und ihren ehemaligen Freundinnen aus Ostia nur zur Genüge ... na und? Trotzdem mochte und respektierte man sich ... irgendwie jedenfalls. Dass Deandra anscheinend nur versuchte, die Zügel im Hause in der Hand zu halten, war für Prisca nur allzu verständlich und nachvollziehbar. Obwohl sie ihre Verwandte noch gar nicht persönlich kennen lernen durfte, imponierte es Prisca sogar, wenn Deandra wirklich so sein sollte wie Camrym sie glauben machen wollte.. Wie dem auch sei, Deandra schien eine starke Frau zu sein und nichts anderes wollte Prisca selbst immer sein. Und wenn sie selbst der Unmut von Deanra zu Unrecht treffen sollte, würde Prisca sich schon zu wehren wissen. Aber welchen Anlass sollte sie selbst dazu geben? Prisca nahm es zur Kenntnis, aber herausfinden wollte sie es selbst, ohne sich blind auf die Aussagen einer Sklavin zu verlassen.


    "Aber wenn das wirklich alles stimmt, was kann ich dann tun?... ich bin doch gerade erst angekommen ... und mein Onkel? ... Der ist von jetzt an mein tutor, das heißt ich werde wohl hier bleiben ... Also wird Deandra mir den Umgang mit ihm ebenso neiden, wie sie es bei Helena tut! Aber ich habe ihr doch gar nichts getan, oder?... nein ... ich ... ich glaube, das Beste wird sein ... wenn ich mich nun zu Bett begebe ... das ist momentan einfach alles zuviel für mich ..."


    Priscas Verhalten wechselte sich schlagartig, als sie Camryns ernste Miene sah. Da Camryn am Beckenrand saß musste Prisca, gezwungener Maßen, vom Wasser aus zu ihr aufschauen und das unterstrich nur noch den verzweifelten und hilfesuchenden Blick, den sie der Sklavin jetzt zuwarf. Prisca wirkte ganz so, als würde ihr schlagartig bewusst was das von nun an für sie selbst zu bedeuten hatte. Noch einmal versuchte sie alles mit zitternderr Stimme in begreifbare Worte zu fassen ... um letztendlich bei der Feststellung der Tatsachen - zum Schein - zu kapitulieren: Niemand würde ihr, der armen kleinen Nichte, dabei helfen können! Niemand ... oder?

  • Camryn musste ein Schmunzeln unterdrücken, als sie Priscas fassungslose Miene gewahrte. Vermutlich war ihr nun in den Sinn gekommen, dass sie eben etwas Besonderes war, und dass niemand außer Corvinus selbst das Recht hatte, sie zu bestrafen. Gerade weil Deandra sich vor langer Zeit bei der Herreise über dieses ungeschriebene Gesetz hinweggesetzt hatte, hasste die Keltin sie so sehr. Deandra war schlechter Einfluss für den gut gebauten Corvinus, das war immer schon ihre Meinung gewesen, und die hatte sich im Lauf der Jahre gefestigt. Vielleicht würde er ja noch zur Vernunft kommen und sich bewusst werden, dass die halbe Welt Inzest vermuten würde, wenn er wirklich seine ehemalige Schwester ehelichen würde. Dass Deandra auch nur in Corvinus' Familie adoptiert worden war, wussten schließlich die wenigsten, und das konnte Camryn noch zum Vorteil gereichen, wenn sie sich geschickt anstellte und ihr Netz nur langsam und behutsam spann.


    Die Sklavin biss sich auf die Unterlippe, als Prisca erneut wegen Camryns Frage an ihre Mutter und deren Tod erinnert wurde. Glücklicherweise aber schimpfte sie nicht nochmals, sondern überging das Thema schlicht. Camryn atmete auf. Nicht zuletzt, weil Prisca sie nicht rügte oder ihr über den Mund fuhr, während sie von den vermeintlich schlechten Taten und Angewohnheiten Deandras berichtete. Vorerst schwieg die Keltin und studierte mit aufmerksamem und geschultem Blick unauffällig Priscas weitere Reaktionen. Sie schien ihren Gedanken nachzuhängen, musterte gedankenverloren ein Wandmosaik und wandte sich erst eine Weile später um. Camryns Miene blieb ernst und verschwörerisch. "Als Sklavin steht es mir nicht zu, schlecht über meinen Herren zu reden, domina, aber als Frau beobachtet man dieses und jenes. Mir ist aufgefallen, dass sich Deandra in der Gegenwart des Herren stets anmutig und sanftmütig gibt. Sie lässt keinerlei Zwist aufkommen, wenn er in der Nähe weilt. Vermutlich bemerkt er deswegen nichts von diesem heiklen Spiel. domina, normalerweise tratsche ich nicht wie ein Waschweib am Tiber, doch in diesem Fall...ich bin einfach besorgt. Um meinen dominus und auch um dich. Das Schicksal hat dir bereits schlecht mitgespielt." Camryn lächelte zaghaft, und die Sorge in ihrem Gesicht betraf wirklich Prisca und war sogar teilweise echt. Allerdings sorgte sch Camryn darum, dass Prisca sich ähnlich wie Helena entwickeln würde, was die Bindung zu Corvinus anging. Das wäre ein Problem. So würde Camryn sich ihn nie angeln können. Sie lächelte. "Es freut mich, dass dir meine bescheinenden Massagekünste gefallen haben, domina. Du wirst gewiss gut schlafen können nach dem Bad."


    Als Prisca zurücklächelte, wallte in Camryn Stolz hoch. Darüber, dass es ihr gelungen war, eine eben eingetroffenen Frau mit einer gewissen Macht sogleich einzuwickeln und auch noch unentdeckt zu bleiben dabei. Ein wenig begann sie sogar, Prisca zu mögen, das musste sie ja zugeben. Vielleicht konnte sich etwas daraus entwickeln, auch wenn Camryn nicht recht daran glaubte, denn die Schwelle zwischen Sklave und Herr war einfach zu groß, sah man von den Saturnalien einmal ab. Erneut wirkte Prisca nachdenklich. Camryn holte rasch ein wohlriechendes Öl herbei und begann damit, ihr sanft und sorgfältig die hübschen, dicken Haare zu waschen. "Du hast wundervolles Haar, domina", bemerkte sie in die Stille hinein. "Deine ornatrix wird einen wundervollen Kopfschmuck daraus machen können, jeden Tag aufs Neue. Mit diesem Öl hier wird dein Haar schöner schimmern als die reinste Seide aus den östlichen Ländern." Sie lächelte und wusch weiter. Nachdem das Haar sorgsam ausgespült worden war, wirkte Prisca ernst und sogar etwas verzagt. Camryn versuchte, zuversichtlich zu schauen. "Liebe domina, jetzt sieht noch alles finster aus, aber bald wirst du wieder lachen können, ganz bestimmt. Wenn du einen Wunsch hast, zögere nicht, ihn zu nennen. Wenn ich es vermag, werde ich mich selbst darum kümmern. Gräme dich nicht wegen der Dinge, die ich erzählt habe. Ich bin mir sicher, dass mein dominus gut auf dich achtgeben wird, was immer auch geschieht. Er ist ein guter Mensch und ein bewundernswerter Mann", sagte Camryn liebevoll und strich Prisca tröstend durchs Haar. Sie erinnerte Camryn gerade sehr an sich selbst, als sie am Anfang der Sklaverei gestanden hatte. "Es ist zwar gar nicht üblich, aber ich möchte dir trotzdem anbieten, immer für dich da zu sein. Das bin ich zwar ohnehin, weil ich eine Sklavin bin, aber ich will auch unsere Gespräche hüten wie ein Geheimnis, wenn du es möchtest." Nochmals lächelte Camryn bar jedes Hintergedanken Prisca zu, dann stand sie geschmeidig wie eine Katze auf und holte ein großes, flauschiges Tuch herbei, das sie mit den Armen weit ausbreitete. "Ich werde dich zu Bett bringen." So wartete sie, bis Prisca dem Becken entstiegen war, um sie in das Tuch einzuwickeln und sie trockenzurubbeln. Anschließend würde sie beginnen, die Aurelia einzuölen, damit die Haut geschmeidig und jung blieb.

  • Die gespielte Verzweiflung wich langsam wieder aus Prisca´s Gesicht. Ein zaghaftes fast zögerliche Nicken zum Zeichen, dass Camryn´s Worte ihre Wirkung nicht verfehlen würden, folgte und Prisca begab sich in die Position, von der aus Camryn sich um die Haare kümmern konnte. Die Sklavin gab sich wirklich sehr besorgt und obwohl sie dabei nicht schlecht reden wollte, tat sie es trotzdem. Prisca wurde den Verdacht nicht los, dass die Sklavin etwas ganz Bestimmtes damit bezwecken wollte. Die Wäsche ihrer Haare wäre die beste Gelegenheit weiter darüber nach zu grübeln, was jedoch nicht möglich war, denn den fürsorglichen und lieben Worten der Sklavin konnte sich auch Prisca nicht gänzlich verschließen. Hab ich denn gerde eben wirklich sooo verzagt und hilflos gewirkt? konnte Prisca gerade noch für sich denken. Falls Camryn das alles nur geheuchelt hätte, wäre sie zumindest die perfekte Schauspielerin, oder Camryn, oder am Ende sogar sie Beide.


    "Findest du wirklich, dass meine Haare so schön sind? Das Öl duftet jedenfalls sehr angenehm und wenn es den Frauen der östlichen Länder gefällt, so will ich es gerne auch probieren und die ornatrix soll am besten gleich morgen damit beginnen, meine Haare zurecht zumachen."


    Ja, auf ihre seidig glänzenden, langen Haare war sie ganz besonders stolz und Camryn´s Komplimente verfehlten ihre Wirkung nicht. Prisca antwortete geschmeichelt und hielt still, solange Camryn damit beschäftigt war die Haare zu waschen. Von den Kulturen der östlichen Länder hatte sie schon einiges gehört denn der angeblich überschwängliche Reichtum dort beeindruckte sie. Wie mochte es dort wohl sein, in Ägypten oder gar dem Reich der Parther, welches die Römer schon bald erobert haben würden. Zumindest zweifelte Prisca nicht daran, dass es in Rom schon bald viele neue exotische Waren und Sklaven als Kriegsbeute zu bestaunen gäbe. "Wenn ... ja wenn ich nur endlich dieses kalte und grässliche Germanien hinter mir lassen kann!" Davon konnte sie im Moment nur träumen und hoffen, dass wenigstens die Worte von Camryn in Erfüllung gehen werden..


    "Ich bin sicher, dass du dich gut um mich kümmern wirst, so wie es mein Onkel will. und wenn ich einen Wunsch habe, werde ich es dich gerne wissen lassen. Aber wie du schon sagst, im Moment sieht wirklich alles noch sehr düster aus für mich. Ohne meinen Onkel wäre ich wohl verloren, denn er ist wirklich ein sehr bewundernswerter Mann. Allein schon wie er heute, bei meiner Ankunft, die Soldaten zurecht gewiesen und mich anschließend so herzlich empfangen hatte. Und dann im triclinum, als er mich ..."


    "... so liebevoll getröstet hatte, während ich geweint habe. Ganz so, wie es meine Mutter immer getan hat." Während Camryn ihr gerade sanft durch das Haar strich, hätte sich Prica beinahe dazu hinreißen lassen, ganz offen über ihre Gefühle und Ängste zu sprechen. Doch die wollte sie vor Camryn nicht zu geben, auch wenn diese versprochen hatte Geheimnisse für sich zu behalten. So brach sie mitten im Satz ab, egal was die Sklavin davon halten mochte oder auch nicht. Prisca brauchte wirklich eine Person, der sie ganz vertrauen und bei der sie Trost finden konnte und diese Person hoffte sie in ihrem Onkel zu finden. Mehr wollte sie nicht von ihm ... naja das stimmte vielleicht auch nicht ganz ... etwas gab es da schon noch. Ungewollt musste Prisca ganz im Gedanken schmunzeln. Sie wollte ja noch herausfinden, wie sie ihn am besten um den Finger wickeln konnte, um die selben Freiheiten zu genießen, die sie von ihrer Mutter her gewohnt war. Aber das durfte sie Niemandem sagen und daher warf sie schnell einen Blick zu Camryn, als hätte diese sie in ihren Gedanken ertappt.


    "Es ist gut zu wissen, dass du unsere Geheimnisse für dich behalten wirst, Camryn!"


    mit diesen Worten nahm Prisca das unübliche Angebot der Sklavin an, auch wenn sie selbst keine Verschwörung plante, geschweige denn daran gedacht hätte mehr Gefühle zu ihrem Onkel zu hegen als unter Verwandten eben üblich. Mit einem verschwörerischem Lächeln auf den Lippen begab sich Prisca zu den Stufen des Beckens, um dem warmen Wasser zu entsteigen. Schon wollte sie sich in das hingehaltenen Badetuch hüllen, als sie einen Wandspiegel erblickte. Selbstsicher schritt sie an der Sklavin vorbei darauf zu, um sich zuerst davon zu überzeugen, dass ihr Körper nicht zu sehr unter den Strapazen gelitten hatte. Ein paar Mal drehte sie sich prüfend vor dem Spiegel und war eigentlich mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Mit einem Wink rief sie nun Camryn zu sich, um sich das Badetuch umlegen zu lassen und ihr, noch einige Wünsche mit zu teilen, die ihr spontan in den Sinn kamen.


    "Findest du, dass ich zu abgemagert aussehe? ... ich habe ohnehin viel zu wenig Garderobe mit auf meine Reise mitnehmen können, als dass ich mir erlauben könnte in meinen Kleidern unmöglich aus zu sehen. ... Sind die Märkte hier in Mogontiacum wirklich so erlesen, wie mein Onkel behauptet hat? ... Er hat mir nämlich vorgeschlagen, dass ich einen Einkaufsbummel unternehmen soll. Vielleicht sollte ich das auch tun, um mich ein wenig von meinen trüben Gedanken ab zu lenken ... Camryn ich will, dass du mich dann begleitest und mir mit deinem Rat zur Seite stehst! ... Aber für heute hast du schon genug für mich getan. Es reicht, wenn du mir noch ein pflegendes Öl für meine Haut aufträgst und mich dann in mein cubiculum begleitest. Dann darfst du dich zurückziehen. Das Auskleiden kann auch eine andere Sklavin übernehmen."


    Für den Augenblick war ihre Trauer wieder in den Hintergrund gerückt, und das Angebot ihres Onkels, bei einem Enkaufsbummel etwas geld aus zu geben wollte sich Prisca in keinem Fall entgegen lassen. Vielleicht hätten auch Helena und Deandra Lust sie zu begleiten, aber da sie sich ohnehin noch bei den Beiden persönlich vorstellen wollte, könnte sie auch selbst fragen . Und vor allem was Deandra betraf, wollte Prisca sicher gehen, dass nicht Camryn die Überbringerin irgendeiner Nachricht wäre.



    /edits Tippfehler *seufz*

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