Assur - Im Palast

  • Assur war seit mehreren Generationen eine Verwaltungszentrale der Parther und eine blühende aufstrebende Stadt. Während im Norden eine große Agora mit öffentlichen Bauwerken zu besichtigen und besuchen waren, so konnte man im Süden einen Palast bewundern, den allerdings nur von außen.


    In einem Raum des Palastes. Die prunkvolle Ausstattung lässt großen Reichtum erkennen, der zudem sehr gern zur Schau gestellt wird. Der Boden ist mit Teppichen ausgelegt, bequeme große Kissen laden zum Verweilen ein, allerdings nur, wenn man auch dazu berechtigt ist. Die anderen (so wie die Sklaven) müssen stehen und den Herren vor sich zu Diensten sein. Vorherrschende Farbe sind Rottöne in mehreren Schattierungen. Auf einem kleinen Tisch sind mehrere typische lokale Speisen angerichtet, daneben Oliven, Trauben, mit Honig gesüßte Mehlspeisen, Früchte, Wein. Das "arabische Zimmer" war ein bevorzugter Aufenthaltsort des Shahs, er mochte die Bequemlichkeit, die hier vorherrschte.


    "Oroes! OROES! Verdammte Römer! Wie konnten sie solch ein Reich errichten, wenn sie nicht mal fähig sind, den Namen ihrer Gegner richtig zu schreiben?"


    Osroes wandert im Raum hin und her, das Gesicht vor Zorn gerötet. In der Hand hält er ein Schreiben, das einer seiner Spione abgefangen hatte. Das römische Siegel ist abgebrochen, der Inhalt erzählt von einigen kleineren Übergriffen, "Grenzstreitigkeiten", die eigentlich nicht der Rede wert waren. Außer einem winzigen Detail, in welchem von kleinen Truppenveränderungen an der syrischen Grenze gesprochen wurde. Und genau dieses Detail gefällt dem Shah überhaupt nicht, neben seinem falsch geschriebenen Namen. Er knüllt das Schreiben zusammen und schleudert es in Richtung seines Neffen.


    "Mein Name ist SHÁH IN SHÁH OSROES und nicht Oroes! Verdammte Hundesöhne!"

  • Komfortabel ausgestreckt, in Nähe des Shahs - wenn auch nicht zu Nahe, wusste er doch nur zu gut, dass ein vor Zorn umhergeworfener Becher schmerzhaft sein konnte, lag Parthamasires, Neffe des Shah in Shah, und strich einer ihm zu Füßen sitzenden Sklavin übers Haar.
    Es war ein herrliches Leben im Palast. Nun gut, man musste die Launen Osroes' über sich ergehen lassen, doch alles im Leben hatte seinen Preis.
    Durch den Wutausbruch seines Oheims verlor er jedoch vor Schreck die Olive, die er gerade zu verspeisen gedachte. Ganz abgesehen davon, dass die Nachricht an seiner Stirn abprallte. Vorwurfsvoll sah er zur Sklavin.


    "Dummes Ding. Scher dich fort!"


    Die Sklavin gehorchte und erhob sich, während der parthische Prinz sich seinem König zuwandte.


    "Oheim, ärgere dich nicht.", sagte er mit schmeichlerischem Lächeln auf den Lippen. "Wie kann man von einem Volk, das sein ganzes Wissen einem anderen Volk gestohlen hat, erwarten, dass sie den Namen des Königs der Könige richtig schreiben? Es wundert mich, dass sie überhaupt fähig sind, etwas anderes als krumme Linien zu Papier zu bringen."


    Er richtete sich langsam auf, wobei er, durch das Klimpern seiner zahlreichen Armreifen untermalt, die Nachricht aufsammelte und langsam aufzufalten begann. Im Augenwinkel immer seinen Onkel betrachtend, sodass er einer erneuten Attacke im Zweifelsfall ausweichen konnte.

  • Noch immer zornig, jedoch nicht mehr hin- und hergehend, winkte er ab.


    "Du sprichst Unsinn, Neffe. Kein Volk kann groß werden, in dem es nur von anderen Völkern kopiert und nichts eigenes hervorbringt. Ich werde dich an deinen Gleichmut erinnern, wenn du deinen Namen falsch geschrieben liest."


    Mit diesen Worten nahm er seinen Becher Wein, nahm einen Schluck aus dem goldenen Gefäß und verzog gleich darauf angesäuert das Gesicht.


    "Bei Ahura Mazda, hat der Vorkoster seinen Sinn für Geschmack verloren? Mehr Honig!" knurrte er zu einem Sklaven, der allerdings nur stoisch nickte, dem Shah das gewünschte brachte und ihm den Honig unter den Wein mischte. Osroes setzte, nein er legte sich auf einen der großen Kissen und nahm eine Dattel, welche er ein wenig begutachtete und sanft drückte, bevor er sie in seinen Mund verschwinden ließ.


    "Wann wirst du nach Armenia aufbrechen? Du solltest deine Pflichten endlich wahrnehmen." Ein lautes Schmatzen begleitete seine Worte, nur wenig später spuckte er achtlos den Dattelkern heraus.

  • Sein Name falsch geschrieben? Nun, sein Name war ungleich schwieriger zu schreiben, als der seines königlichen Onkels, so erwartete erst gar nicht, dass ein Volk, das nur aus Soldaten zu bestehen schien, Parthamasires richtig zu Papier brachte.
    Kurz überflog er die wenigen Zeilen, die Osroes ihm an den Kopf geworfen hatte. Militärisches Blabla, römisches noch dazu, so verlor er schnell das Interesse und warf die Schriftrolle hinter sich. Sofort war ein Sklave zur Stelle, der eben Diese aufsammelte und später einem der Sekretäre übergeben würde. Parthamasires indes beschäftigte eine wichtigere Frage: Traube oder Granatapfel?


    Sein Oheim brachte schließlich die Sprache auf Armenia, ein Thema, das er selbst heute zu vermeiden gedacht hatte. Um einer sofortigen Antwort zu entgehen entschied er sich für Traube und begann langsam und sorgfältig zu kauen.


    "Nun, Oheim.", setzte er schließlich an, als jede weitere Verzögerung einer Erwiderung die Geduld seines Onkels gefährlich strapaziert hätte. "Die Reisevorbereitungen haben sich ein wenig hingezogen."
    Nicht zuletzt durch seinen Unwillen, von hier fort zu gehen, doch dies laut auszusprechen wäre seiner Gesundheit äußerst abträglich gewesen.
    "Doch, mit deiner Erlaubnis, werde ich am morgigen Tag aufbrechen. Wenn du also noch Ratschläge für mich haben solltest...?"
    Die nächste Traube verschloss den Mund des Prinzen wieder.

  • Der Datteln überdrüssig, wandte sich Osroes nun einer feinen Mehlspeise zu, aus mehreren dünnen Lagen Teig mit Honig und überbacken mit Nusssplittern. Eine Ode an solche Süßspeisen. Nur leider musste er sich von dieser Köstlichkeit gedanklich abwenden.


    "Ich erlaube es nicht nur, ich wünsche es sogar, Neffe."


    Er schleckte sich den rechten Daumen ab, wo ein Tropfen des Honigs zurückgeblieben war. Er widerstand heroisch der Versuchung, sich noch ein kleines Gebäckstück zu greifen und winkte stattdessen einen Sklaven herbei, der in seinen Händen eine Schale mit parfümierten Wasser trug.


    "Ratschläge? Du solltest mittlerweile selber wissen, was du zu tun hast. Immerhin hattest du gute Lehrer, dafür hatte dein Vater schon gesorgt."


    Seine Hände waren nun sauber genug, befand Osroes, so benetzte er sein Gesicht mit dem Wasser, welches herrlich nach wilden Zitronen duftete. So würde sein Gesicht noch eine schöne Zeit lang erfrischt sein, auch wenn dieser erfreuliche Zustand aufgrund der Hitze nicht lange anhalten würde.


    "Achte auf die Römer. Die hecken was aus, da bin ich mir ganz sicher. Verstärke die Befestigungen, treffe Vorkehrungen. Und feiere nicht allzuviele Gelagen."

  • 'Ich wünsche es sogar, Neffe.'
    Innerlich verdrehte der Neffe die Augen. Wenigstens hatte Osroes nicht auf einer sofortigen Abreise bestanden.
    Mit dem Vorsatz, die wenigen Stunden noch so gut wie möglich zu nutzen, pickte Parthamasires sich erneut eine Traube heraus.


    "Gewiss Oheim, die hatte ich. Doch keiner von ihnen wird sich mit deinem Wissen und deinen Erfahrungen messen können."


    Ganz abgesehen davon, dass er zeitlebens die Lehrer, die ihm etwas über militärische Strategien und Feldzüge beibringen wollten, geflissentlich ignoriert hatte. Viel interessanter fand er die Redekunst, die Fähigkeit, allein durch Worte Menschen einzulullen, sodass sie - ohne zu wissen warum - taten, was man ihnen befahl. Bei Sklaven ging dies selbstverständlich schon ohne große Anstrengung und einem solchen hielt er seinen Becher hin, damit er ihn vollgießen konnte.


    Langsam fuhr er sich mit einer goldberingten Hand über seinen Bart.
    "Du denkst, sie werden uns angreifen? Das parthische Reich? Das ist ihnen noch nie gut bekommen, langsam sollten sie ihre Lektion doch gelernt haben."


    Römer, Befestigungen, Vorkehrungen... erneut Worte, die seine Gedanken abschweifen ließen. Darum sollte sich sein Stab kümmern. Er selbst würde die Bürde auf sich nehmen, das Volk Armeniens anti-römisch einzustimmen, sofern dies überhaupt noch nötig war. Falls nicht, umso besser. Mehr Zeit für die Gelage, die er nicht feiern sollte.


    "Wenn du mich dann entschuldigst, Oheim."
    Parthamasires hatte sich erhoben und verbeugte sich tief vor dem Shah in Shah.
    "Ich werde mich zurückziehen, um morgen ausgeruht zu sein."

  • Unwirsch winkte Osroes die Schmeicheleien seines Neffen ab und fächerte sich selbst ein wenig Luft zu um die Wirkung der Frische der wilden Zitrone ein wenig zu verstärken. Die Kühle war so angenehm bei der Hitze, ein wahrer Hochgenuss.


    "Sehe ich aus wie ein Hellseher?"


    Eine Antwort erwartete er jedoch keineswegs, sein Neffe würde schon wissen, was er mit dieser Aussage meinte. Also nickte er nur und nahm sich wieder eine Dattel.


    "Der Segen Ahura Mazdas sei mit dir."

  • "Ich danke dir, Oheim. Ich werde dich nicht enttäuschen."


    Erneut folgte eine tiefe Verbeugung. Anschließend wandte der Neffe sich um, um das 'arabische Zimmer' zu verlassen.

  • Es hatte seine Zeit gedauert, in welcher Surenas den Weg von seinem Stadthaus zum Palast zurücklegen musste. Selbstverständlich hatte er sich nicht übermäßig beeilt und einen "kleinen" Umweg genommen, der ihn durch mindestens zwei Märkte führte. Überall rannten die Leute herum, handelten laut schreiend, aßen, lachten. Und die Tiere hinterließen ihre ganz eigene olfaktorische Note. Er fand es grandios. Surenas wäre noch länger auf den Straßen geblieben, wenn nicht einer seiner Getreuen den Satrapen an seine Audienz beim Sháh in Sháh erinnert hätte. Widerwillig spornte er sein Pferd an und eilte zum Palast.


    Nur kurz nach seiner Ankunft fand er sich im sogenannten "arabischen" Zimmer wieder. Er ließ in aller Schnelle seinen Blick über das Interieur schweifen und zuckte innerlich mit den Schultern. Er mochte Bequemlichkeit, doch das hier hatte schon etwas Degeneriertes an sich. Allerdings war Surenas keineswegs so dumm, dies laut auszusprechen. Sein Sháh in Sháh lag mit dem Rücken zu ihm auf einem der großen und sicher sehr bequemen Kissen und trank seinen Wein aus dem Pokal. Der Sklave, der Surenas in dieses Zimmer geführt hatte, trat zum Sháh in Sháh und meldete die Ankunft des Satrapen.

  • Mit keiner Körperregung zeigte der parthische Herrscher, ob er die Nachricht des Sklaven verstanden hatte.
    Sein Satrap, sein Satrap, hatte ihn warten lassen, nun würde er warten. Hätte Osroes nicht um die Qualitäten Surenas' gewusst, er hätte ihm wohl eine schlimmere Strafe als Nichtbeachtung zugedacht.
    In aller Gemütsruhe liess er sich einige Trauben reichen, welche er nacheinander verspeiste.
    Von seinem Neffen hatte der Sháh in Sháh bereits seit geraumer Zeit keine neue Nachricht erhalten. Beunruhigend genug. In den nächsten Tagen würde er wohl jemanden schicken müssen, der in Armenien nach dem Rechten sah. Noch dazu, wo die Römer nun zum Greifen nah waren. Und genau aus diesem Grund hatte er ihn nun zu sich zitiert. Zu sich befohlen und dieser Wurm hatte es gewagt, sich alle Zeit der Welt zu lassen, um hier zu erscheinen. Doch der König der Könige blieb ruhig. Äußerlich.


    Den Kern der letzten Traube spuckte er einem nahestehenden Sklave vor die Füße, welcher sich so ehrerbietig und dankbar zu Boden warf, um ihn aufzusammeln, als sei der unschmackhafte Teil der Frucht aus purem Gold.
    Osroes indes hob gnädig einen Arm, um Surenas heranzuwinken. Noch würdigte er ihn jedoch keines Blickes, sondern sah stattdessen gelangweilt zur Sklavin, welche seinen Weinpokal hielt.


    "Du kommst spät."

  • Belustigt sah er sich das Schauspiel an. Es war nicht, dass er seinen Sháh nicht achtete, aber er wusste auch um die instabilen Machtverhältnisse, die einen jeden von ihnen umgab. Surenas schmunzelte und begab sich ins Gesichtsfeld seines Sháhs. Kurz blieb er stehen, dann verneigte er sich.


    "Verzeih, mein Sháh, ich wurde aufgehalten." Eine Ausrede, wie auch der König sicherlich wusste. "Darf ich dir Grüße von deinem Vetter, meinem Vater ausrichten?" Vetter war gut gesagt, eigentlich waren sie so weit miteinander verwandt, dass es kaum der Rede wert war. Mit etwas begierlichem Blick schaute Surenas auf den Weinpokal des Königs der Könige, ein Ritt durch die Stadt machte durstig, auch wenn man sich nicht so viel Zeit ließ wie Surenas noch eben.


    "Du wolltest mich sprechen?" sprach er das genauso Offensichtliche wie Unausweichliche aus. Nach den Entbehrungen der letzten Wochen wollte er eigentlich ein paar Tage Ruhe haben und eine ruhige Kugel schieben, doch Surenas hatte das Gefühl, dass seine diesbezüglichen Wünsche wohl wieder hintanstehen müssen.

  • Es drängte ihn danach zu fragen, was den Herrn Satrapen denn aufgehalten hatte. Doch der Sháh hörte am Tag so viele Lügen und Ausflüchte, dass er deren müde wurde und sich die Frage samt Antwort ersparte. Stattdessen griff er zum Weinpokal, den Blick Surenas` zufrieden zur Kenntnis nehmend, und trank genüsslich einen Schluck. Daran, dem 'Gast' auch etwas anzubieten, dachte er im Traum nicht.


    "Ich danke Dir für die Grüße, Surenas. Ich hoffe, er erfreut sich bester Gesundheit?", erwiderte er die übliche Höflichkeitsfloskel.
    In Wahrheit war ihm nichts unwichtiger als die Befindlichkeit von entfernten Verwandten - noch weniger interessierte ihn allein der Gesundheitszustand von nahen Verwandten. Blutsauger, allesamt. Ein jeder wartete darauf, dass er, Osroes, das Szepter aus der Hand gab, freiwillig oder gezwungen. Wie er so lange am Leben geblieben war, wussten wohl allein die Götter.


    "Ich wollte Dich sprechen, in der Tat."
    Mit der freien Hand deutete er auf einen freien Platz, auf dem der Satrap sich niederlassen sollte.
    "Die Römer, sind unseren Grenzen unangenehm Nahe. Du hast sicher schon von der Landung des Kaisers samt seinen Legionen gehört?"

  • Die Frage nach seinem Vater bejahte Surenas mit einem angedeuteten Nicken. Damit war der Höflichkeit Genüge getan und er folgte dem Weisen des Königs und setzte sich auf den ihm zugewiesenen Platz. Kurz überlegte er, ob er sich Zeit lassen sollte bis er es bequem hatte, aber angesichts der Laune des Sháhs unterließ er solche Spielereien. Allerdings nahm er angesäuert zur Kenntnis, dass der Sháh anscheinend seine gute Kinderstube vergessen hatte, denn ein Getränk wurde ihm noch immer nicht angeboten. Seine linke Augenbraue zuckte ein wenig ob dieser Nachlässigkeit, den höflichen Teil der Audienz hatte man tatsächlich schnell hinter sich gebracht. Nun, vielleicht konnte man den Rest genauso schnell absolvieren. Surenas unterdrückte einen Stoßseufzer und ließ nur einige Gedanken zu den vergangenen Stunden zu, welche er in zweifelsohne viel angenehmerer Gesellschaft als der jetzigen verbrachte. Und hübscher waren sie auch. Und jünger. Und besser gelaunt. Aber so hatte er die Vorfreude auf die Zeit nach der Audienz, wenigstens etwas.


    "Ja." antwortete er gedehnt. "So nebenbei. Und?" sprach er mit einem leichten Grinsen, der etwas süffisantes an sich hatte. Allerdings wäre sein Spruch gerade noch lässiger und arroganter gekommen, wenn er nebenbei etwas geknabbert hätte, aber die Höflichkeit des Königs war an diesem Tage schon unterirdisch anzusiedeln. Was für ein Jammer.

  • So nebenbei. So nebenbei. Wie gut, dass der Sháh in Sháh ein solch ausgeglichenes Gemüt hatte. Manchmal. Gelegentlich. Im Moment.
    Nun gut, die Tatsache, dass Osroes noch nicht mit Dingen auf den Satrapen warf, war vermutlich allein Surenas` Geschick im Führen vom Armeen zu verdanken. Der König brauchte ihn. Und Surenas wusste das mit Sicherheit.
    So bemühte er sich, seine aufsteigende Wut zu zügeln und die unverholenen Unverschämtheiten seines Gegenübers zu ignorieren.


    "Und?", grollte die erste Antwort über Osroes Lippen. "Und ich gedenke, den Söhnen einer Wölfin ein ihnen gebührendes Willkommen zu bereiten. Hier kommst du ins Spiel, Surenas."


    Es folgte eine kleine Pause, in der der Sháh erneut an seinem Wein nippte.


    "Du wirst nach Edessa reisen. Du wirst eine Armee mit dir führen und du wirst die Römer in einer Schlacht vernichtend besiegen. Verstanden? Wage es nicht, diese Brut auch nur einen Schritt weiter als Edessa ins Land kommen zu lassen."

  • Er hatte es geahnt. Kaum war er da, musste er wieder weg. Und dann auch noch so ein Auftrag. Die Römer so einfach vernichtend besiegen, als ob es sonst nichts wäre. Vielleicht auch noch andere Wünsche? Sterne vom Himmel holen vielleicht gewünscht? Surenas unterdrückte mühsam das Verlangen, dem König eine sehr unadlige Geste zu zeigen und kompensierte dieses Verlangen mit einem Nicken.


    "Ich werde mein möglichstes geben. Es gibt da nur ein Problem: Bis meine Getreuen aus meiner Satrapie vollzählig ausgehoben und bewaffnet sowie hier eingetroffen sind, wird es mindestens mehrere Wochen dauern." Ohne Armee konnte er ja schlecht irgendwo hinziehen und sich den Römern stellen, vielleicht würde der Sháh jetzt davon absehen und Surenas hätte doch seinen kleinen Urlaub?

  • Der Sháh unterdrückte ein Schmunzeln. Nein, so leicht würde Surenas natürlich nicht davonkommen.


    "Oh, mach dir darüber keine Gedanken. Zufällig habe ich in der Nähe eine eigene Armee stationiert, die ich dir zur Verfügung stellen werde."


    Hinweise wie 'Mach sie nicht kaputt' oder 'Behandle sie pfleglich' unterließ er in Anbetracht der Umstände.
    Da der Satrap nun wohl ohnehin bald gehen würde, ließ sich der König schließlich noch dazu herab, Surenas etwas anzubieten.


    "Ach, ich vergaß. Möchtest du Wein?"


    Schwer musste er sich das hämische Lächeln verkneifen, doch niemand konnte König werden, ohne seine Gefühlsregungen verbergen zu können. So verzog auch Osroes keine Miene.

  • 'Wie überaus praktisch, gleich in der Nähe eine Armee parat zu haben.' dachte Surenas, nickte und schaffte sogar ein wohlwollendes Lächeln. "Niemand wird je die Weisheit meines Sháhs übertreffen können." antwortete Surenas. Anscheinend war dies schon von langer Hand geplant, der alte Fuchs.


    "Niemals würde ich es wagen, ein solches Angebot abzulehnen." meinte er fast zu seinem eigenen Erstaunen sogar ehrlich. Immerhin war ein Pokal Wein besser als keiner und zu befürchten hatte Surenas eh nichts, hatte er ja gerade erst einen Auftrag erhalten, den der Sháh mangels Alternativen kaum jemand anderen geben konnte. Allerdings, was wusste man schon, was in den Gehirngängen eines Sháh in Sháhs herumgeht? Aber jetzt war es ohnehin zu spät, er hatte schon angenommen.


    Wenigstens etwas gutes hatte die Order: so könnte er Shirin wiedersehen, und das noch, bevor sie an den Idioten Parthamasires verheiratet wird. "Mein Sháh, da fällt mir ein, wie schlägt sich dein Neffe in Armenia?"

  • Wer jeden Tag so viele Schmeicheleien zu hören bekam wie Osroes sollte eigentlich schon taub für Derlei Dinge sein. Eitel wie er jedoch war, nickte er wohlwollend, als seine 'Weisheit' gelobt wurde.
    Einen Wink mit der Hand später hielt nun auch der Heerführer etwas zu Trinken in der Hand.


    "Nun denn, auf Parthien!", sprach der König und prostete Surenas zu.
    Genießen konnte er den Wein freilich nicht, wurde er doch wieder an seinen Neffen in Armenien erinnert, welchen er bis eben noch erfolgreich verdrängt hatte.
    "Parthamasires scheint erfolgreich die Armenier auf seine Seite gebracht zu haben. Er hat ein Händchen dafür, das Volk zu begeistern."
    Allein diese oppulente Feier, die er geplant zu haben schien. Die Notwendigkeit dieser Maßnahmen zog der Sháh in Sháh zwar in Zweifel, wenn es jedoch den gewünschten Effekt brachte, sollte ihm auch ein nackter Tanz seines Neffen auf den Zinnen der Stadt recht sein, wenn ihm danach war. Wobei ihm auch gleich wieder einfiel, dass er noch einen Boten nach Artaxata schicken wollte.

  • Der trockenen Kehle des Surenas nach zu urteilen, war es für den dargebrachten Kelch allerhöchste Zeit. "Auf Parthien." prostete Surenas zurück und nippte vom Wein, der für seinen durstigen Geschmack zu schwer war. Was für ein Jammer.


    "In der Tat, eine der größten Talente deines Neffen." In Wirklichkeit mußte dies seine einzige sein, so dachte Surenas. Er hielt nicht viel vom Neffen seines Sháhs, würde dies nur natürlich nirgendwo öffentlich zugeben. Es wurden schon mehr Adlige getötet für eine unbedachte Äußerung als in einem Krieg. Auch in seiner Verwandtschaft, obwohl die meisten, die es traf, waren außerordentliche Dummköpfe und hatten es nicht anders verdient.


    "Möge Ahura-Mazda deinem Neffen weiterhin so wohlgesonnen sein und seinen Pfad auch in Zukunft beleuchten." Surenas deutete einen Gruß an und trank dann den Kelch zur Hälfte aus. Mehr wollte er nicht von dem Wein, einerseits wegen der Schwere, andererseits wollte er nicht gierig erscheinen. Und insgeheim wartete er darauf, dass sein Sháh ihn aus der Audienz entlassen möge.

  • Geistesabwesend nickte Osroes. In Gedanken hatte er mit dieser Begegnung bereits wieder abgeschlossen.
    Sein Kelch war inzwischen leer, weshalb der Sháh ihn rücklings hinter sich warf, jedoch umgehend von einem nahestehenden Sklaven einen Ersatz gereicht bekam.


    "Möge Ahura-Mazda auch dir wohlgesonnen sein.", erwiderte er schließlich und wandte seinen Blick wieder Surenas zu.
    "Du wirst noch heute aufbrechen. Aryabarzan-", er deutete auf einen der Umstehenden Lakaien, "wird dir noch alle nötigen Informationen geben. Du darfst dich entfernen."

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