officium MAC | In Beschlag genommen von Cotta

  • Die ganze Zeit über hatte ich den Sklaven Leone starr angesehen, wie ich selbst bemerkt hatte. Es stand zu befürchten, dass der Arme sich dadurch sehr in Verlegenheit gesetzt fühlte, was gar nicht meine Absicht gewesen war. Ich war nur selbst immer noch ein wenig gelähmt von den Nachrichten, die ich gleich an der Porta der Villa Aurelia in Rom zu hören bekommen hatte, und suchte fieberhaft nach einer guten Idee, wie ich mit dieser ganzen Situation zurecht kommen könnte.


    Meine Frage nach einem Officium hatte Leone in neuerliche Verlegenheit versetzt, doch immerhin standen ganze drei Officia bereit, und ich war froh, dass ich dem Sklaven nun endlich ins Innere der Villa folgen konnte. Er führte mich zum Officium Corvini, und das wäre zwischen den drei Büroräumen auch meine eigene Wahl gewesen. Insgesamt hatte ich von Leone nun doch einen sehr guten Eindruck.


    Ob er mich allerdings auch vollständig verstanden hatte? Seiner letzten Äußerung über Sisenna glaubte ich entnehmen zu können, dass er sie vielleicht sofort zu mir führen wollte - und gerade das wollte ich ja verhindern. Als wir am Officium des Corvinus anlangten, wandte ich mich daher noch einmal eindringlich an ihn:


    "Das mit der Post und den alten Acta-Ausgaben, was ich dir eben aufgetragen habe - das hat noch Zeit. Komm kurz mit mir ins Büro und schließ die Tür hinter dir."


    Ich ging voran in den geschmackvoll und zweckmäßig eingerichteten Raum und ließ mich gleich auf dem Stuhl hinter dem Schreibtisch nieder.

  • Oh je Sisenna suchen und her bringen ! Froh über diese Aufgabe war Leone nicht gerade. Denn das kleine und flinke Energiebündel einzufangen gestaltete sich erfahrungsgemäß immer als schwieriges Unterfangen. Und wo sie sich gerade aufhielt, das wusste meist nur die Kleine selbst. Ob dieser Herr wirklich wusste, was er da verlangte ? Sein starrer Blick von vorhin hätte es zumindest vermuten lassen können.


    Leone hatte sich eben mit einer Verbeugung abgewandt, um seine Jagd nach der kleinen Hexe zu beginnen, da vernahm er den neuen Befehl des Herrn. Ja was denn jetzt ? ... Post und acta kann warten ... die kleine "Hexenjagd" auch ... ins Büro mitkommen ... und Türe schließen ! ordnete Leone die Befehlskette gedanklich neu. "Jawohl, mein Herr !" antworte Leone dann und machte auf der Stelle kehrt, um die paar Schritte, die er sich bereits von dem officium entfernt hatte, zurück zu gehen.


    Vielleicht käme er ja doch noch um die Suche herum, dachte Leone sich und schloss etwas erleichtert die Tür zum officium hinter sich zu. Was der Herr aber gerade jetzt noch von ihm wollte und warum die übrigen Aufträge plötzlich warten sollten, war Leone nicht nicht klar. "Herr, womit kann ich dir dienen ?" erkundigte er sich daher und stellte sich vor den Schreibtisch, um auf die neuen Weisungen zu warten.

  • An der zögerlichen Art, mit der Leone meiner neuen - und veränderten - Weisung nachkam, konnte ich deutlich ablesen, in welche Verwirrung ich ihn gestürzt hatte. Seine Verwirrung entsprach dabei aber leider nur allzu genau der meinen, in der ich mich befand, seit ich die ersten beunruhigenden Andeutungen aus seinem Munde an der Porta hatte vernehmen müssen. Was auch immer sich hier in den vergangenen Monaten zugetragen hatte - mir war klar, dass ich mit Klarheit und Konsequenz würde agieren müssen. Genau diese beiden Eigenschaften hatte ich bisher durchaus vermissen lassen.


    Ich konnte mich nicht enthalten, tief und hörbar durchzuatmen, hoffte aber, dass dies dem Sklaven in seiner eigenen Konfusion nicht ganz so auffallen würde. Um meine Unsicherheit zu überspielen, griff ich nach einem Wachstäfelchen, das auf dem aufgeräumten Schreibtisch bereit lag. Wie ich schon an der Porta angekündigt hatte, würde es das Beste sein, mir einige Notizen zu machen. Endlich wandte ich mich erneut an den Sklaven:


    "Bevor ich mit Domina Sisenna spreche, möchte ich dir einige Fragen stellen, um über die Vorgänge hier im Hause auf dem Laufenden zu sein. Die erste und wichtigste Frage dabei ist: Wo befindet sich Sisennas Vater, Aurelius Cicero?"


    Ich hatte mich angestrengt, diese Frage in einem sicheren Ton zu sprechen, doch in Wirklichkeit zitterte ich vor der Antwort, denn eine fröhliche würde sie gewiss nicht sein. Und dies galt dann wohl auch für die Antworten auf die folgenden Fragen:


    "Offen gesagt, bin ich auch ein wenig verwundert darüber, Domina Sisenna überhaupt hier anzutreffen. Wer hat sie hierhergebracht? Und warum?"


    Von den Antworten auf diese Fragen hing nun alles ab, die ganze Art, wie ich Sisenna gegenüber treten würde. Inständig hoffte ich, die Antworten aus dem Munde des Leone noch zu hören, bevor Sisenna selbst den Weg in dieses Officium finden würde. Denn im Grunde wunderte ich mich schon darüber, dass sie selbst noch nicht aufgetaucht war. Das Getöse, das im Haus dadurch verursacht wurde, dass mein Gepäck entladen wurde - wohin wohl? -, musste die Kleine doch schon längst aufmerksam gemacht haben.

  • Inzwischen hatte sich Sisenna an die Grabesstille in der Villa gewöhnt. Wenn jemand schrie, dann war es stets sie selbst. Sie verdrängte, dass sich niemand um sie kümmerte, dass es niemanden für Trost und Anleitung gab, dafür spielte sie als Ersatz sie sei die Kaiserin und die Villa ihr Palast.


    Als das Getöse im Vestibulum erklang, schritt sie erhobenen Hauptes den Gang entlang. Den ersten Sklaven, den sie traf, stellte sie mit eingestützten Armen zur Rede.


    „Wer wagt es, in meinen Palast einzudringen? Haben denn die Wachen nicht aufgepasst? Ich lasse sie kreuzigen!“ Irgendwann hatte sie diesen Ausdruck aufgeschnappt, ihn zwar nicht verstanden, aber weil er Angst einzuflößen schien, wendete sie ihn manchmal an. Es war ja auch niemand da, um ihn ihr zu erklären.


    „Der Herr Cotta ist eingetroffen“, erklärte der mehr als dreimal so große Sklave, und Sisenna schaute ihn verständnislos mit in den Nacken gelegten Kopf an. Ihr Mund stand auf, die Augen suchten an verschiedenen Stellen der Decke die Erklärung für diese Auskunft. „Ääääh, … ich bin einverstanden, ich gebe eine Autijenz“, sagte sie schließlich, und meinte Audienz. Weil sie aber nicht wusste, wie eine solche Kaiserhandlung aussah, stand sie vor dem nächsten Problem.


    „Du spielst jetzt den Pretorier“, wies sie den Sklaven an, der diese Spiele inzwischen kannte und sich umgehend aus der Waffensammlung des Hauses einen Gladius nahm. Sich zu weigern, hatte sich stets als wirkungslos erwiesen, also mimte er auch heute den Prätorianer.


    Begleitet von ihrer Eskorte, bestehend aus einem Mann, betrat Sisenna wenig später das Arbeitszimmer. Unschlüssig blickte sie den ihr fremden Mann an.

  • Ich war nie der typische Trunkenbold und Tunichtgut gewesen wie andere in meinem Alter, aber natürlich hatte auch ich schon so meine Erfahrungen mit dem Wein gemacht, und ja: In der erst kürzlich vergangenen Studienzeit in Athen hatte ich so manches Mal mit meinen Kommilitonen des Abends bei diesem Getränk gesessen. Der Wein hatte unsere Zungen gelöst und so manchen geistigen Höhenflug ermöglicht. Und wenn die Nacht dann vorrückte, hatte so mancher von uns das Jammern angefangen, warum die Götter uns ihre eigenen Wege führten und nicht doch lieber diejenigen, die wir vorgezogen hätten.


    Am Tag meiner Ankunft in der Villa Aurelia in Rom hatte ich nur beim kurzen Mittagsmahl ein paar Schlucke Wein getrunken und war somit weit von dem Zustand der Trunkenheit entfernt, den man für gewöhnlich haben musste, um sich in derartigen "moralischen" Überlegungen zu verlieren. Weniger weit entfernt allerdings war ich von der Frage, warum uns die Götter bisweilen auf Wege führen, die wir nicht wollen - als sich nämlich, wie ich dunkel befürchtet hatte, auf einmal doch die Tür zum Officium des Corvinus öffnete und ein kleines Mädchen eintrat, das nur Aurelia Sisenna sein konnte.


    Irgendwie war ich gar nicht überrascht; irgendwie hatte es wohl so kommen müssen. Allerdings fühlte ich mich in diesem Augenblick vollkommen überfordert. Ich war ein junger Mann, hatte die letzten Jahre fast ausschließlich unter anderen Männern zugebracht und sollte nun den Weg eines adeligen römischen Mannes gehen. Selbst hatte ich ja keine eigene Familie; mit kleinen Kindern hatte ich nie zu tun gehabt, und noch dazu mit einem kleinen Mädchen. - So wäre es jedem jungen patrizischen Mann in meiner Lage und in meinem Alter ergangen.


    Hier aber kam etwas hinzu: Irgendetwas musste in der unmittelbaren Familie des Mädchens Sisenna passiert sein, irgendetwas sehr Trauriges, dass sie hier allein in der Villa Aurelia in Rom lebte. Leider hatte die Zeit für mich trotz meiner Bemühungen nicht mehr dazu gereicht, in Erfahrung zu bringen, was eigentlich passiert war. Und schlimmer noch: Ich wusste auch nicht, was Sisenna selbst über all die vermutlich traurigen Hintergründe wusste.


    Und nun stand die Kleine vor mir, begleitet von Sklaven, mit niemandem aus ihrer Familie als mit mir. Innerlich schickte ich ein Gebet zu den Göttern, sie möchten mich nun zu Sisenna das Rechte sagen lassen; diese eine Bitte wenigstens mussten sie mir doch jetzt erfüllen, es ging dabei doch nicht um mich, sondern um dieses arme unschuldige Mädchen!


    Als diese merkwürdigen und teils verworrenen Gedanken gingen mir in rasender Geschwindigkeit durch den Kopf, als sich die Tür des Officiums öffnete und Sisenna eintrat; sie hatten wohl schon eine ganze Weile in meinem Inneren geruht, nämlich seitdem ich die ersten bösen Nachrichten über unsere Gens noch an der Porta erhalten hatte.


    Als nun aber Sisenna durch die Tür schritt wie eine Königin, geschah noch etwas anderes mit mir. Ich sah sie an und musste trotz aller düsteren Befürchtungen lächeln; ja, ein Strahlen breitete sich unwillkürlich über mein ganzes Gesicht aus. Denn dieses kleine, süße Geschöpf stand da vor mir mit einer Würde, die eine gewisse Trauer nicht verbarg, aber gleichzeitig eine Tapferkeit ausstrahlte und, ja, auch trotz allem eine gehörige Portion Schalkhaftigkeit, dass sie mich ganz gefangen nahm.


    Ich sprang auf und versuchte, so langsam wie möglich auf sie zuzugehen, denn ich wollte sie nicht erschrecken; am liebsten wäre ich natürlich regelrecht auf sie zugelaufen. Nein, ich versuchte, behutsam zu sein, und blieb auch noch in einem gewissen Abstand vor ihr stehen; jetzt sah ich auch, dass sie von einem Sklaven begleitet wurde, der ein Gladius bei sich trug: Wollte diese kleine Königin mich etwa schon wieder vertreiben aus ihrem Reich?


    Unwillkürlich musste ich schmunzeln. Ich bereitete mich, mich ihr vorzustellen, wie es sich vor einer amtierenden Herrscherin gehörte, und warf mich ein wenig in die Brust:


    "Sei gegrüßt, Aurelia Sisenna! Vor dir steht dein Verwandter Appius Aurelius Cotta. Die letzten Jahre habe ich in Achaia verbracht, um mich in den Wissenschaften auszubilden. Jetzt weiß ich genug und habe den weiten Weg nach Rom zurückgelegt, um hier bei dir zu wohnen. Ich hoffe, ich werde dir ein guter Hausgenosse sein."


    Diese - zugegebenermaßen recht talentlose - schauspielerische Darbietung sollte Sisenna ein bisschen aufheitern, befürchtete ich doch, ihr in den nächsten Stunden einige überaus traurige Wahrheiten sagen zu müssen. Nachdem ich mein Deklamieren beendet hatte, konnte ich jedoch nicht mehr an mich halten; ich machte einen weiteren Schritt auf sie zu und ging in die Hocke, damit sie nicht immer so zu mir aufschauen musste. Sie hatte grüne Augen wie ich; ach, sie hätte ja meine Schwester sein können! In nicht ganz so erhobenem Ton wie zuvor sagte ich zu ihr:


    "Salve Sisenna, ich bin also Cotta, dein Verwandter, Sohn von Decimus Aurelius Galerianus! Ich freue mich sehr, dass ich dich heute endlich kennen lerne! Und ich hoffe, dass du mich auch hier wohnen lässt. Denn, ehrlich gesagt, dein bewaffneter Sklave da macht mir schon ein wenig Angst. Ist er dein Leibgardist?"


    Dabei blickte ich leicht nach oben zu dem Sklaven mit dem Gladius. Schnell aber lächelte ich wieder die kleine Sisenna an, an der ich mich gar nicht sattsehen konnte.

  • Leone stand stumm an des Herren Seite, als die kleine Hex...Sisenna eintrat. Er verzog nicht eine Miene, weder als Sisenna wie gewohnt herrschaftlich auftrat, noch also Cotta beinahe freudestrahlend über ihre Ankunft aufsprang und sie begrüßte, als sei sie bereits jenseits der vierzehn Jahre. Es stand einem treuen Sklaven einfach nicht zu, und da Leone unbedingt irgendwann einmal die Freiheit erhalten wollte, hielt er sich an dieses ungeschriebene Gesetz. Und obwohl die junge Dame bereits eingetreten war, so sah sich der kakaofarbene Sklave dennoch dazu genötigt, dem Herren seine Fragen zu beantworten. Da er jedoch die Situation erkannte - denn dumm war er ganz und gar nicht - beugte er sich zum Ohr des Cotta und flüsterte einige wenige Worte der Erklärung. "dominus, der Herr Cicero ist spurlos verschwunden, verschollen, sagt man. Die junge Herrin wurde von ihrer Amme hergebracht, sie weiß nichts von dem Geschehen." Dies sollte vorerst genügen, um zumindest nichts Falsches zu sagen und somit das erste Aufeinandertreffen der beiden nicht in Tränen enden zu lassen.

  • Ihre Wortlosigkeit, die nicht einmal einen Gruß für Cotta zustande brachte, rührte daher, weil sie im Stillen mit ihren Eltern gerechnet hatte. Ihnen wollte sie nicht um den Hals fallen, daher die Maskerade als distanzierte Kindkaiserin. Sie war enttäuscht – von ihren Eltern, die sie so lange alleine ließen, und über den Besucher, der sich nicht als Papa erwiesen hatte.


    Mit etwas allerdings hatte ihr Verwandter punkten können: Er hatte ihr Spiel mitgespielt. Sie hielt die gestellte Situation weiterhin aufrecht, weil sie sich dahinter verstecken konnte.
    „Wenn deine Lolität dem Kaiserhaus gegenüber erwiesen ist, darfst du gerne bleiben“, entschied sie nach kurzer Überlegung, während ihre großen Augen den Verwandten betrachteten, bis schließlich ihre Abwehr zusammenbrach. Ihre Körperhaltung fiel zusammen und der kindlich hochmütige Gesichtsausdruck verwandelte sich in den eines kleinen Mädchens, das nur gezwungenermaßen schon viel zu selbstständig war.


    „Du bleibst jetzt hier?“, fragte sie mit piepsiger Stimme, die den Zweifel deutlich werden ließ, den sie inzwischen in die Zuverlässigkeit von Menschen hegte. Eine weitere Frage brannte auf der Seele und musste raus:
    „Sind Mama und Papa mitgekommen?“ Eine Mischung aus noch vorhandener Hoffnung und gleichzeitig Resignation darüber, dass sich der Besucher als für sie fremd erwiesen hatte, schwang in den Worten mit. Und als ob sie die Antwort gar nicht hören wollte, weil sie bestimmt ihre letzte Hoffnung zerstörte, fuhr sie den dunkelhäutigen Sklaven an:


    „Man soll nicht tuscheln!“ Die Belehrung beinhaltete auch den Ärger darüber, weil sie nichts verstanden hatte. Allerdings wirkte ihr Unmut eher putzig. Stimme und Auftreten waren kaum ernst zu nehmen, aber ihr Wort galt trotzdem bei den Sklaven, das hatte sie schnell gemerkt.


    Sie blickte auch an Cotta vorbei, denn sie wollte seine Antwort nicht hören. Warum hatte sie die Frage bloß gestellt?


    „Hast du schon meine bemalte Truhe gesehen?“, fragte sie in dem Versuch, durch ihn durch eine Sprachlawine von einer Antwort abzuhalten. „Weißt du, was es heute zu essen gibt? Kannst du Geschichten erzählen? Spielst du mit mir?“

  • So, das Gepäck des Herrn Cotta war nun endlich ausgeladen, und einige andere Sklaven schafften die Sänfte weg. Das war aber auch schon alles, was wir bis jetzt erledigt hatten. Wohin das ganze Gedöns meines Dominus nun endgültig gebracht werden sollte, wusste niemand so genau, und Aurelius Cotta war mit diesem Leone im Inneren der Villa verschwunden.


    Was sollte ich machen? Nette weibliche Sklavinnen kamen einstweilen nicht in Sicht, und so beschloss ich, Aurelius Cotta suchen zu gehen. Im Atrium war er augenscheinlich nicht, ich konnte aber in Erfahrung bringen, dass er in ein Officium gegangen war, um sich mit diesem Leone zu bereden, und auch, wo ich dieses Officium finden könnte.


    Als ich es fast erreicht hatte, traf mich beinahe der Schlag: Ein Mann mit einem Gladius in der Hand näherte sich dem Officium, in dem mein Herr weilte! Ich machte mich bereit, diesen Mann niederzustrecken - als ich sah, dass mit ihm eine kleine Göre marschierte. Na, was heißt "kleine Göre" - es konnte sich dabei wohl nur um die Domina Aurelia Sisenna handeln.


    Tatsächlich ließ diese sich jetzt auch die Tür des Officiums öffnen. Was sich nun abspielte, hätte mich fast dazu gebracht, laut los zu brüllen vor Lachen. Die beiden Aurelier-Herrschaften Sisenna und Cotta lieferten da ein Stück "Caesar et Cleopatra"-Klamauk vom Feinsten ab! Wobei Domina Sisenna entschieden besser agierte; mein lieber Herr Cotta wäre auf jeder Bühne von den Zuschauern mit einem Hagel von Eiern bedacht worden - ach nein, die wären noch viel zu gut für ihn gewesen! Patrizier sollten die Schauspielerei wirklich lieber Fähigen überlassen!


    Nun allerdings wurde ich wieder ruhiger und trat auch einen Schritt näher an das Zimmer heran, denn im Inneren wurde getuschelt.

  • Noch immer hockte ich vor der kleinen Sisenna. Die - wahrscheinlich nur kurzen - Augenblicke, die vergingen, nachdem ich zu ihr gesprochen hatte, und die mit Schweigen gefüllt waren, bevor Sisenna ihrerseits ihre ersten Worte an mich richtete, kamen mir vor wie eine Ewigkeit. Wieder gingen mir viele Gedanken durch den Kopf, eine Ahnung davon, wie einsam und geängstet sich das kleine Mädchen hier so allein in der Villa unter lauter erwachsenen Sklaven gefühlt haben musste. So gesehen, konnte es natürlich auch nicht überraschen, dass sie solche wunderlichen Angewohnheiten angenommen hatte wie die, mit einem bewaffneten Sklaven durch das Haus zu marschieren. Die Sache mit dem Gladius ging nun allerdings zu weit, und ich würde das unterbinden müssen.


    Zunächst aber sprach nun auch Sisenna endlich mich an. Ihre Frage nach meiner Loyalität zum Kaiserhaus ließ das Schmunzeln wieder in mein Gesicht zurückkehren, das in den vergangenen Augenblicken aus ihm gewichen war. Soviel patrizische Erziehung hatte die Kleine dann wohl doch genossen, dass sie wusste, dass auf diese Loyalität für uns entscheidend ankam - wer auch immer es gewesen war, der ihr das beigebracht hatte. Oder nahm man dies als Patrizier schon mit der Milch der Amme auf?! Jedenfalls konnte ich ihr wahrheitsgemäß antworten:


    "Sei versichert: Dem Kaiser gegenüber werde ich immer treu sein!"


    ... und dir gegenüber auch - hätte ich gerne hinzugefügt, doch tat ich das nur in Gedanken, dort aber umso entschlossener. Mit der hörbaren Antwort hatte ich mir wohl immerhin mein Wohnrecht in der Villa Aurelia gesichert.


    So dachte ich ganz wohlgemut, als ich mitansehen musste, wie die Kleine plötzlich die Maske der eisernen Herrscherin fallen ließ und zu dem ängstlichen, zitternden Mädchen wurde, das sie in ihrer Situation einzig sein konnte. Die nächsten beiden Fragen, die sie an mich stellte - nun in einem ganz anderen und nicht mehr verstellten Ton -, schnitten mir ins Herz, besonders, als sie nach ihren Eltern fragte. Einen kurzen Augenblick lang konnte ich ihrem flehenden Blick nicht standhalten und musste die Augen senken.


    Leone trat nun an mich heran und flüsterte mir eine Antwort auf die Fragen zu, die ich ihm gestellt hatte, gerade als Sisenna das Officium betrat. Diese Antworten entsprachen ganz dem, was ich befürchtet hatte: Sisennas Vater Cicero war - ganz unglaublich - verschollen, leider auch nicht das erste Mal, wie ich wusste. Und dass Sisenna von ihrer Amme hierher gebracht worden war, ließ mich für Sisennas Mutter das Schlimmste annehmen.


    Ich nickte Leone leicht zu als Dank für die Informationen, die er mir so diskret hatte zukommen lassen. Ihr Inhalt war nun keine echte Überraschung mehr für mich. Vielleicht war das der Grund dafür, dass in mir plötzlich eine Idee aufstieg: Während ich diese Antworten schon geahnt hatte, hatten die Götter doch ein Einsehen gehabt und mir einen Einfall gegeben.


    Ich hob meine Augen wieder zu Sisenna, die zwar von all dem noch nichts wusste, wie Leone mir gerade, ganz meiner Befürchtung entsprechend, gesagt hatte, die aber offenbar schon etwas Schlimmes ahnte. So jedenfalls erklärte ich mir die Salve an - zumeist belanglosen - Fragen, die sie nun auf mich abschoss: Ihr Tun hatte etwas von einem letzten Aufbäumen an sich. Langsam streckte ich meine Hand zu ihr hin, so dass es nun bei ihr lag, sie zu erfassen. So behutsam wie möglich sagte ich:


    "Sisenna, ich bleibe jetzt bei dir. Du warst jetzt lange hier allein in Rom mit all den Sklaven; vielleicht war das ein bisschen langweilig für dich und vielleicht hast du auch manchmal Angst gehabt. Wie ich sehe, haben aber alle gut auf dich aufgepasst und hätten dich sogar mit Waffen verteidigt. Jetzt bin ich aber hier und passe auf dich auf, deshalb kann dein Leibgardist sein Gladius auch wieder wegbringen. Solche Waffen sind gefährlich, deswegen tragen wir sie nicht im Haus."


    Ich sah zu dem entsprechenden Sklaven und gab ihm ein Zeichen, sich zu entfernen und den Gladius wegzubringen. Dabei fiel mein Blick auf Maron, der in der Nähe der Tür stand. Seine Anwesenheit kam mir sehr gelegen, und ich winkte ihn zu uns heran. Zu Sisenna gewandt, sagte ich:


    "Ich habe auch neue Sklaven mitgebracht, besonders Maron. Er kommt aus Thrakien, das ist weit weg von hier. Er ist sehr stark und passt auf dich auf und kann dir aus seiner Heimat schöne Lieder vorsingen."


    Ich deutete auf Maron, der sich mittlerweile zu uns gesellt hatte. Eigentlich hatte ich ihn noch nie singen hören, und an dem Gesicht, das er bei meiner entsprechenden Bemerkung zu Sisenna machte, konnte ich ablesen, dass Singen offenbar auch nicht zu seinen Stärken gehörte. Ich musste schmunzeln: Das war jetzt ganz allein sein Problem! Dann wandte ich mich aber sofort wieder Sisenna zu:


    "Deine bemalte Truhe sehe ich mir ganz bestimmt an! Und ich bekomme auch heraus, was es heute noch so zu essen gibt, ich habe nämlich Hunger. Vorher möchte ich aber noch etwas mit dir in den Hortus gehen. Auf meiner langen Reise habe ich den ganzen Tag in einer Sänfte gesessen; jetzt muss ich mich unbedingt etwas bewegen."


    Ich richtete mich langsam wieder auf, schaute aber unverwandt Sisenna an.


    "Zeig doch Maron schon einmal den Hortus; er kennt sich hier ja noch gar nicht aus! Ich komme dann gleich nach."


    Denn ich wollte unbedingt noch ein paar Worte mit Leone wechseln. Mit den schlimmen Nachrichten aber wollte ich Sisenna im Hortus vertraut machen. Irgendeine Stimme in mir sagte, dass dort in der lebendigen Natur vielleicht der beste Ort sei, um Nachrichten von Tod und Verlassenheit zu überbringen.

  • Sisenna hatte zwar die dargebotene Hand gesehen, hörte sich aber zunächst an, was der Onkel sagen wollte. War er überhaupt ein Onkel? Doch, bestimmt. Alle Erwachsenen waren Onkel oder Tanten. Nur die älteren hießen immer Großmutter und Großvater. Sie schob den Kopf vor und kontrollierte bei dem ohnehin nah vor ihr hockenden Cotta das Gesicht auf das Vorhandensein von Falten, fand aber kaum welche. Er war also ein Onkel. Nach der Überprüfung stellte sie sich wieder gerade hin.


    Das Versprechen, auf sie aufpassen zu wollen, klang gut, auch wenn es schon viele zu ihr gesagt, aber nie dauerhaft getan hatten. Sie fasste Vertrauen und legte ihre Hand vorsichtig in Cottas. Er schickte anschließend ihren Prätorianer fort und winkte einen anderen Sklaven heran. Sisenna, die nicht mehr gewöhnt war, dass jemand das Heft in der Hand hielt, Anweisungen erteilte, koordinierte, war von diesen einfachen Handlungen derart beeindruckt, dass sie mit leicht geöffnetem Mund alle Vorgänge verfolgte.


    Um Maron anschauen zu können, musste sie wieder den Kopf in den Nacken legen. Bisher hatte sie noch nie einen Mann singen hören.
    „Du kannst singen?“, fragte sie mit zusammengezogenen Brauen, was ihrem Gesicht eine große Portion Skepsis gab. Noch vor der Antwort schaute sie Cotta wieder an.


    „Warum passt du denn nicht auf mich auf?“ Wieder kamen die Zweifel. Gerade noch hatte der Onkel versprochen, auf sie aufzupassen, sie hatte ihm geglaubt und nun gab er diese Aufgabe schon wieder ab. Sie zog ihre Hand zurück und legte sie auf den Rücken. So war das immer mit den großen Leuten: Nie hielten sie ihre Versprechen, immer enttäuschten sie. Keiner blieb da, niemand kümmerte sich. So schnell wie Cotta hatte aber noch keiner seine Versprechen gebrochen. Und nun schob er sie mit dem neuen Sklaven in den Garten ab.


    Sisenna sagte nichts, schaute den Onkel nur aus traurigen Augen an. Schließlich drehte sie sich herum und ging langsam aus dem Raum.



    edit: Link eingefügt

  • Nun ja, für mein vorgerücktes Alter, so bildete ich mir ein, war ich doch noch ganz schön auf Trab, und das galt nicht nur für meinen muskulösen Körper, sondern auch für meinen Geist. Schon bei der Begrüßung an der Porta durch diesen Leone und beim anschließenden Dialog zwischen ihm und meinem Dominus hatte sich gezeigt, dass hier mit der Gens Aurelia irgendetwas nicht stimmte. Und jetzt hatte sich mein Verdacht bestätigt, auch wenn ich nicht genau verstanden hatte, was dieser Leone dem Herrn Appius zugeflüstert hatte.


    Offenbar aber ging es um die Kleine, deren alberner Schwertträger jetzt endlich weggeschickt wurde. Der traurigen Miene des Herrn Cotta nach zu urteilen, schien die Kleine wohl wirklich ziemlich alleine auf der Welt zu sein, ihre Eltern entweder tot oder hatten sich verdrückt. Er sah mich an und winkte, dass ich kommen sollte, was ich natürlich sofort tat, nicht ohne diesem Leone einen durchdringenden Blick zuzuwerfen: Der sollte sich mal nicht so aufspielen.


    Mein Dominus stellte mich nun der Herrin Sisenna vor, vor der ich mich lächelnd leicht verneigte. Meine Gesichtszüge entgleisten allerdings, als ich Aurelius Cotta davon sprechen hörte, wie gut ich doch singen könne - damit hatte er mir nun freilich eines der Eier ins Nest gelegt, die ich eben noch ihm für seine grandiose Bühnenpräsenz zugedacht hatte. Erleichtert war ich, als ich an einer entsprechenden Frage der Domina Sisenna erkennen konnte, dass sie mir durchaus keine Sangeskunst zutraute - und also wohl auch nicht erwarten würde.


    Aurelius Cotta ordnete nun an, dass ich mit der Kleinen in den Garten gehen sollte, derweil er noch - ja was? Er wolle nachkommen, sagte er. Ich vermutete natürlich sofort, dass er sich noch mit diesen Leone bereden wollte. Die Kleine aber sackte merklich zusammen und schlich schließlich langsam und enttäuscht aus dem Officium.


    In diesem Augenblick tat sie mir ehrlich Leid. So klein und schon ganz allein auf der Welt. Kurz, ganz, ganz kurz kam wieder ein Gefühl in mir hoch aus der Zeit, als ich etwa so alt war wie Sisenna - Domina Sisenna - jetzt. Aber ich wollte nicht daran denken, wusste nur, dass ich den Auftrag meines Herrn auszuführen hatte - und wollte die Kleine ein bisschen ablenken.


    So folgte ich ihr mit energischen Schritten und hatte sie natürlich auch sofort eingeholt. Von der Seite her sah ich sie grinsend an und sagte: "Domina, ich muss Dir etwas gestehen. Du darfst mir aber nicht böse sein, ja? Versprochen?" Abwartend blickte ich sie einen Moment lang an. "Ich ... kann nämlich gar nicht singen. Und zeigst Du mir jetzt trotzdem den Hortus? Vielleicht können wir da ja was spielen."


    Dabei setzte ich mein schönstes Siegerlächeln auf, das bei Frauen sonst immer verfing - warum nicht auch hier?!

  • Mein Herz schlug höher, als Sisenna einen Moment lang ihre Hand in meine legte, während ich noch vor ihr hockte und zu ihr sprach. Das Gefühl, ihre kleine, weiche Hand in meiner zu halten, die mir nun riesig vorkam und deren leichter Flaum auf dem Handrücken mir erst jetzt so richtig auffiel, machte mich stolz und glücklich. Ich empfand aber auch die große Verpflichtung, die ich auf mich nahm, indem ich diesen Vertrauensbeweis von ihr empfing.


    Dieses leises Band, das die Berührung unserer Hände zwischen uns gewoben hatte, wurde allerdings jäh zerrissen, als ich mich wieder aufrichtete und Sisenna bat, schon einmal mit Maron in den Hortus zu gehen, während ich nachkommen wollte; ich wollte doch nur noch ganz kurz mit Leone reden. Für Sisenna aber musste in diesem Augenblick eine Welt zusammengebrochen sein; zu oft wohl war sie schon von Erwachsenen bitter enttäuscht worden in den vergangenen Wochen. Sie sah mich unendlich traurig an, und es kostete mich alle, wirklich alle Mühe, ihrem Blick nun nicht auszuweichen, sondern sie ebenfalls anzusehen, ohne Verstellung, ohne zu lächeln, sondern einfach so traurig, wie ich in diesem Moment eben war. Sisenna wandte sich schließlich um und ging schweigend von dannen, begleitet von Maron.


    Es dauerte einen Moment, bis ich die Verzweiflung, die mich nun übermannte, meinerseits überwinden konnte. Machte ich etwas falsch? Hätte ich Sisenna sofort, auf der Stelle, noch hier im Officium des Corvinus sagen sollen, was Leone mir gerade zugeraunt hatte? Wie würde ich ihr überhaupt alles sagen? Und warum musste ausgerechnet ich es sein, dem es nun oblag, sie mit all diesen furchtbaren Nachrichten vertraut zu machen?


    Endlich, nach einer Weile des Schweigens, hatte ich mich wieder soweit gefasst, dass ich mich an Leone wenden konnte. Es half ja nichts; ich musste nun schon alles hören.


    "Ich danke dir, Leone, für die Diskretion, mit der du mir eben die Information über Aurelius Cicero hast zukommen lassen! Nun also noch der Rest: Ich nehme an, Sisennas Mutter weilt nicht mehr unter den Lebenden? Und: Weiß Domina Sisenna davon?"

  • Entweder hatte der Herr Cotta keine Hand für Kinder - oder aber, er sah wirklich eine zwingende Notwendigkeit darin, jetzt mit Leone reden zu müssen. Jedenfalls schickte er die kleine H...Sisenna mit seinem Sklaven davon. Der sah auch etwas mager aus, der junge Bursche, aber bei dem guten Essen hier, dachte sich Leone, würde er schnell ein paar Pfunde zulegen. Während sein Herr sich sammelte, stand Leone einfach nur herum und wartete. Das tat er meistens, das musste er auch meistens tun, immerhin war er als ianitor hier beschäftigt. Nur manchmal begleitete er die Herrschaften nach draußen, um sie mit seinem mächtigen nubischen Körper vor Gefahren zu schützen. Bettlern beispielsweise. Oder auch aufdringliche, preisende Händler. Endlich stellte der junge Mann eine Frage. Leone wäre schon beinahe weggedöst, im Schlafen stehen oder anders herum konnte er nämlich recht gut. Nur...was auf die Fragen hin entgegnen?


    "Es war mir ein Vergnügen, dominus", sagte er zuerst mal, denn wenn er es richtig verstanden hatte, war der erste Teil tatsächlich ein Lob gewesen. Leone begann, den Jungspund zu mögen. "Sisennas Mutter hieß Curiatia Icela, Herr. Sie lebte zusammen mit ihren Töchtern in Puteoli, schickte aber Helena nach Spanien und Sisenna zu einem erholsamen Aufenthalt hierher, als sie merkte, dass es ihr schlechter ging. Letztendlich starb sie an Wundbrand, die Ärzte konnten ihr nicht mehr helfen. Nun ja, und Sisenna blieb dann hier. Wir wussten nicht, ob wir ihr sagen sollten, was geschehen war. Ähm...das ist die Aufgabe ihres Vaters, nur...naja, der ist verschollen und sonst weilt keiner in Rom. Äh... Der Herr Corvinus ist mit Helena und seiner Schw...Verlobten in Germanien, der Herr Sophus hat eine Reise unternommen und, nunja, die junge Sisenna ist allein mit uns Sklaven hier in Rom."

  • Ich stand immer noch mitten im Officium von Corvinus, und meine Gedanken weilten ganz bei Sisenna, als Leone nun, da wir allein waren, zu einer ausführlichen Antwort über die Lage der einzelnen Familienmitglieder anhob. Ich sah ihn an und staunte ein wenig über die zusammenhängende, präzise Art, in der er Auskunft gab. Diese konnte mir auffallen, weil der Inhalt seiner Nachrichten für mich nach allem, was sich hier bereits abgespielt hatte, keine wirkliche Überraschung mehr sein konnte.


    Sophus auf Reisen, Curiatia Icela verstorben, Cicero verschwunden, Helena in Germanien. Ich resümierte in meinem Geiste noch einmal die wichtigsten Fakten, vor allem diejenigen, die direkt Sisenna betrafen. Alles klang wie aus einer der griechischen Tragödien, aber das hier war wirklich, und Sisenna war echt und musste nun mit dem allen fertig werden. Ich mochte mir nicht vorstellen, wie es in dem Kind aussehen würde, wenn ich ihm das alles gesagt hatte.


    Ernst sah ich Leone an, als ob er mir einen guten Rat geben könnte. Aber die Götter hatten es mir offenbar zugedacht, allein vor dieser Aufgabe zu stehen. So sagte ich zu dem Sklaven nur noch:


    "Ich danke dir für deine Offenheit. Es war richtig, Domina Sisenna zunächst nichts zu erzählen; das ... werde ich jetzt tun."


    Und, als ob es in diesem Moment irgendeine Bedeutung gehabt hätte, fügte ich an:


    "Lass dich übrigens nicht verrückt machen von Maron. Er hat einen guten Kern."


    Bevor ich all die traurigen Nachrichten überbrachte, hatte ich einfach noch das dringende Bedürfnis verspürt, irgend jemandem etwas Aufmunterndes zu sagen.


    Ich nickte Leone zu und begab mich in Richtung Hortus.

  • Es war schon reichlich spät, die Sonne bereits untergegangen, nur Nachtvögel noch zu hören, als ich am Abend dieses meines ersten Tages in der Villa Aurelia in Roma noch einmal in das Officium des Corvinus zurückkehrte und am Schreibtisch Platz nahm. Nun war alles für mich bereitet: Lampen waren entzündet, die mir die Lektüre der alten Acta-Diurna-Ausgaben und der in der Villa aufgelaufenen Epistolae ermöglichten, belegte Brote und gemischter Wein luden ein, mich zu erfrischen. Es würde sicherlich noch sehr spät werden.


    Obwohl ich selbst von der Anreise aus Ostia her noch sehr müde war und mir nun, da ich im Schein der Lampen über den Schreibtisch gebeugt saß, fast die Augen zuzufallen drohten, musste ich unbedingt noch am heutigen Abend einen Brief an Corvinus fertig stellen. Es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren, besonders nach all dem, was ich heute mit Sisenna hatte erleben müssen. Aber gerade meine Sorge um sie war es, die mich nicht zögern ließ, noch heute zu schreiben.


    Noch vom Nachmittag her lag das Wachstäfelchen aufgeschlagen auf dem Schreibtisch, auf dem ich mir hatte Notizen machen wollen. Dies tat ich nun, denn auch ohne viel nachzudenken, hatte ich natürlich vieles auf dem Herzen, das ich Corvinus anvertrauen wollte.


    Die Lektüre der Acta-Diurna-Ausgaben bestätigte nur noch einmal, was ich schon von Leone über Cicero gehört hatte: Tatsächlich hatte er sich als amtierender Comes von Italia auf und davon gemacht, ja, war auch einer Gerichtsverhandlung gegen ihn nicht gefolgt. Die Götter allein mochten wissen, was mit ihm war.


    Interessanter für mich war dagegen ein Brief von Corvinus aus Mogontiacum, der offenbar nur wenige Tage vor mir hier in der Villa Aurelia in Rom angekommen war. Er war zwar an Cicero gerichtet, aber natürlich sah ich mich in der augenblicklichen Lage befugt, sein Siegel zu öffnen und ihn zu lesen. Aus ihm ging hervor, dass Corvinus ebenfalls schon vom Verschwinden Ciceros wusste und ihm mit demselben Unverständnis gegenüberstand wie ich.


    Auch während dieser Lektüre machte ich mir weiter Notizen, so dass sich das Wachstäfelchen bedrohlich füllte. Ich blickte auf dieses mein Werk: Stoff für viele Briefe. Doch ich würde versuchen, mich kurz zu fassen, denn es galt, keine Zeit zu verlieren.


    Für das Abfassen des Briefes selbst brauchte ich lange; der Weinkrug leerte sich und ebenso das Tablett mit den Broten. In der Hoffnung, nichts Wesentliches vergessen zu haben, rief ich Maron heran, der in der Nähe des Cubiculums von Sisenna Wache hielt, und erteilte ihm den Auftrag, diesen Brief so schnell wie möglich auf den Weg zu bringen. Müde, ausgelaugt, leer begab ich mich selbst zu Bett.

  • ... und als Cotta die Tür des Officiums öffnete, wäre er beinahe über Sisenna gestolpert. Sie konnte nicht einschlafen. Immer wieder kam ihr der Satz in den Kopf, den Onkel Cotta ihr im Garten gesagt hatte, den sie aber nicht verstehen konnte, und obwohl sie sich vorgenommen hatte, nie wieder nachts unartig aufzustehen, weil sie ja annahm, dass dies ein Grund für das Wegblieben ihres Vaters war, zog es sie zu ihrem Onkel hin.


    Zuerst war sie in sein Zimmer gegangen. Ganz leise schlich sie dabei über den Gang, damit keiner der Sklaven sie bemerkte. Doch das Cubiculum war noch leer. Sie seufzte und zog die Tür leise ins Schloss. Als nächstes lief sie zum Triclinium, doch das lag verlassen, das Licht war bereits gelöscht. Mit ratloser Miene stand sie viele Augenblicke im dunklen Gang, lauschte in die Stille, versuchte die Angst zu unterdrücken, auch wenn es nur teilweise gelang. Sie wollte unentdeckt bleiben, also wehrte sie die gespenstischen Schatten der Büsten und Bodenvasen ab, indem sie einfach die Augen schloss.


    Plötzlich kam ihr der rettende Einfall: Sie war doch heute schon einmal in einen Raum geführt worden, den sie zuvor nicht kannte. Dort war er, ganz bestimmt. Dort musste er sein. Sie zwang sich, die Augen zu öffnen und suchte in den vielen Gängen nach diesem Officium. Als sie es fand, traute sie sich jedoch nicht hinein. Was, wenn auch dieser Onkel wieder verschwand, nur weil sie nicht artig im Bett liegen geblieben war? Nicht auszudenken. Sie wollte bereits wieder umdrehen, als sich die Tür öffnete und Onkel Cotta wie ein riesiger Schatten im Türbogen stand. Sie blieb erstarrt stehen und schaute ihn an.

  • Trotz meiner mittlerweile beinahe schmerzenden Müdigkeit war ich mir, als ich das Officium verließ, gar nicht so sicher, ob ich nach diesem dramatischen Tag so einfach würde einschlafen können. Ich malte mir aus, dass ich in meinem Cubiculum noch das Fenster weit aufstellen wollte, mich davor in den Korbsessel setzen und den Sternenhimmel betrachten; das würde mich sicherlich allmählich ruhiger werden lassen.


    Doch soweit kam es nicht, denn nur wenige Schritte von der Tür des Officiums entfernt geriet ich fast ins Straucheln - über


    "Sisenna!"


    Ihr Name entfuhr mir in meinem ersten Schrecken, und tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf: Wieso war sie hier? Maron hatte doch aufpassen sollen! Er war doch sonst so zuverlässig! - Aber, ach ja, ich hatte ihn ja selbst wegen des Briefes von seinem "Wachposten" abberufen. Diese Zeit hatte Sisenna offenbar gleich genutzt, um sich auf Wanderschaft zu begeben; und dies wiederum verriet mir nur, dass sie wahrscheinlich die ganze Zeit wach gelegen und nur auf eine Gelegenheit gewartet hatte - ja, um was zu tun? Mich zu suchen?


    Ich sah die Kleine liebevoll an, die da vor mir auf dem Boden kauerte, und hockte mich neben sie. Im Stillen hatte ich zwar schon damit gerechnet, dass sie nach diesem traurigen Tag nicht gut würde schlafen können - deshalb hatte ich ja überhaupt Maron nach der anstrengenden Reise noch vor ihrem Cubiculum postiert. Doch nun fühlte ich mich ziemlich hilflos. Ich begann, über irgendetwas zu reden.


    "Du bist also auch noch wach. Ich habe gerade einen Brief an Corvinus geschrieben, nach Germania, wo auch Deandra ist und Prisca und deine Schwester Helena. Ich bin sehr gespannt, was sie antworten werden."


    Einen Augenblick lang starrte ich vor mich hin in die fast vollständige Dunkelheit, zu keinem richtigen Gedanken mehr fähig. Dann aber wurde mir bewusst, was für ein Bild wir beiden am Boden hockenden Aurelier hier abgeben mussten, und ich konnte mich eines Lachens nicht erwehren. Ich wandte mich wieder zu Sisenna:


    "Und jetzt, würde ich mal ganz stark behaupten, müssen wir beiden schlafen gehen. Wenn du magst, trage ich dich in dein Cubiculum und bleibe bei dir, bis du eingeschlafen bist. Du kannst mir dort auch noch was erzählen, wenn du möchtest."


    Ich hatte zwar keine Ahnung, wie man so ein Kind trug, aber dafür würden meine Kräfte wohl noch ausreichen.

  • Sisennas Augen waren auf Cotta gerichtet, als er über den Brief berichtete. Sie hörte die Namen von Frauen, die sie sicherlich schon einmal gesehen hatte, aber erinnern konnte sie sich nicht. Zumindest war dies bei Deandra und Prisca der Fall. Es spielte zudem keine Rolle, ob sie diese Frauen kannte, denn alles was zählte, war die Tatsache, dass sie nicht hier in Rom, sondern irgendwo waren. Cotta hätte ihr berichten können, dass Sisenna so viele Geschwister hatte wie es Sklaven in der Villa gab – es hätte sie nicht getröstet. Er war da, war greifbar, stand zur Verfügung, kümmerte sich.
    Sie war einverstanden mit dem Vorschlag, nun schlafen zu gehen, reckte beide Arme nach oben und ließ sich hochheben. Im Laufen schlang sie die Arme um seinen Hals und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte Cotta so bis Mantua laufen können.


    „Du bleibst so lange, bis ich eingeschlafen bin?“, murmelte sie schlaftrunken. Ein Gähnen, das ihre Entspannung zeigte, schloss sich an. „Mama hat immer gewollt, dass ich ihr zuhöre und nicht selber Geschichten erzähle.“ Manchmal wunderte sich Sisenna über Onkel Cotta. Er schien nicht zu wissen, dass man vom Erzählen wach wird. Nur Zuhören schläferte ein. Das Herumtragen allerdings gefiel ihr. Onkel Cotta war stark, bestimmt war er ein Held. Sisenna lächelte mit geschlossenen Augen.

  • Während ich Sisenna von dem Brief erzählte, sah diese mich ein wenig verständnislos an, wie mir schien. Sie musste wirklich schon müde sein - oder wollte sie das alles nach diesem Tag erst einmal nicht an sich heranlassen? Jedenfalls war es schon mehr als hohe Zeit, ins Bett zu gehen, und so nahm ich die Kleine, wie angekündigt, auf meinen Arm. Sie war viel leichter, als ich gedacht hatte, und doch drückte ich sie eng an mich, denn als ich sie einmal auf meinem Arm hatte, begann auch mein Herz heftig zu schlagen vor Sorge, ihr könnte etwas geschehen oder ich die kostbare Last fallen lassen. Dieser mein starker Druck schien aber Sisenna gar nichts auszumachen; sie legte ihre Arme um meinen Hals und lehnte ihr Köpfchen an meine Schulter. Ich konnte gar nicht anders und legte auch meinerseits vorsichtig meinen Kopf an den ihren.


    So hätte ich trotz meiner Müdigkeit noch stundenlang weiterlaufen können, Sisenna in meinen Armen und ihren warmen Atem an meiner Schulter. Und tatsächlich wurde unser Gang durch die Villa Aurelia in Rom auch kein kurzer, denn schließlich war ich nach Jahren den ersten Tag wieder hier und konnte in der Dunkelheit das cubiculum des Mädchens nicht so leicht finden. Sisenna schienen diese Irrungen aber nichts anhaben zu können; sie verhielt sich ganz ruhig, und ich dachte schon, sie sei eingeschlafen. Da aber meldete sie sich schlaftrunken noch einmal zu Wort, um sich zu versichern, dass ich auch wirklich bei ihr bleiben würde, bis sie eingeschlafen sei. Außerdem erinnerte sie an ihre Mutter, die immer gewollt habe, dass Sisenna ihr zuhöre statt selbst Geschichten zu erzählen. Ich musste lächeln.


    "Ja, ich bleibe bei dir, bis du einschläfst. Und wenn du lieber eine Geschichte hören möchtest, dann wird mir schon noch eine einfallen."


    Nun langten wir auch am cubiculum Sisennas an. Vorsichtig versuchte ich, ihr Gewicht auf meinen Armen ein bisschen anders zu verteilen, um sie mit einer Hand halten und mit der anderen die Tür öffnen zu können. Dies gelang mir, und ich stieß die Tür weit auf, damit von außen Licht in das cubiculum falle und ich Sisenna sicher in ihr Bettchen legen könnte. Zum Glück war ich ja schon am Nachmittag kurz bei ihr gewesen, so dass ich das Bett leicht fand. Ich beugte mich und legte das Mädchen behutsam nieder. Mit meinen nun wieder freien Händen ertastete ich den Stuhl, den ich am Nachmittag in der Nähe des Bettchens erblickt hatte, und nahm darauf Platz. Ich legte eine Hand auf Sisenna und begann zu erzählen:


    "Es war einmal eine Krähe, die an einem eiskalten Wintertag auf einem Baum saß, der auf einem Feld in der Nähe eines Waldes stand. Die Krähe war allein, das Feld lag da wie tot und war mit Rauhreif überzogen, und an dem Baum hingen nur noch einige weniger dürre, verschrumpelte und braune Blätter. Da erblickte die Krähe am Boden unter dem Baum ein kleines Stückchen Leder, das die Bauern hier irgendwann vergessen haben mussten; es hätte gut von einem Gürtel stammen können. Weil der Krähe so alleine langweilig war, beschloss sie, sich das gute Stück einmal genauer anzusehen. Sie stieß sich ab von dem Zweig, auf dem sie saß, glitt elegant zu Boden und untersuchte dort das Stück.


    Interessiert griff sie es mit ihrem Schnabel und erhob sich wieder in die Luft. Sie nahm an Geschwindigkeit auf, stieg mit ihrer Beute höher und höher und warf das Stück Leder schließlich voller Übermut und Lebensfreude in die kristallklare Winterluft. Geschickt gelang es ihr, das Stück noch im Fluge wieder mit ihrem Schnabel aufzufangen. Dies tat sie immer wieder: Hoch in den blauen Himmel mit dem Stück Leder, und dann wieder auffangen im Flug.


    Eine andere Krähe, die in der Nähe des Waldes auf dem Boden gehockt hatte, sah dies voller Neid. Nun stieg auch sie in die Lüfte, und als die erste Krähe das Stück Leder wieder einmal gen Himmel geworfen hatte, flog sie dazwischen und schnappte ihr das Stück vor dem Schnabel weg. Dies aber hatte auch eine dritte Krähe gesehen, die noch an einer anderen Stelle in der Nähe des Waldes gehockt hatte. Auch in ihr stieg Neid auf, als sie die anderen beiden Krähen derart beschäftigt sah; und so hob auch sie sich in die Luft und schloss sich den beiden anderen an - wenn schon nicht zum Spielen, dann doch wenigstens, um den beiden anderen ihre Freude zu vergällen.


    Dieser Dreikampf der Krähen in der Luft um das Stück Leder und um Neid und Freude führte die Vögel immer höher in die Luft und zugleich immer weiter über den Wald. Mittlerweile waren die Krähen auch dazu übergegangen, nicht mehr nur das Stück Leder zu erjagen, sondern auch, sich gegenseitig mit ihren Flügeln anzugreifen. Und so kam es, wie es kommen musste: Bedrängt von einem Angreifer, öffnete eine Krähe ihren Schnabel, und da dies die Krähe gewesen war, die das Stück Leder zuvor gehabt hatte, fiel dieses nun senkrecht nach unten und mitten in den Wald an die Stelle, wo dieser am dichtesten war. Einer kleinen braunen Waldmaus kam dies gelegen; sie stiebietzte das Stück und verwendete es, um den Eingang zu ihrem unterirdischen Loch damit zu verdecken.


    Da die drei Krähen an und für sich erfahrene Krähen waren, war ihnen, als das Stück Leder in den Wald fiel, sofort klar, dass sie es nun verloren hätten, denn im Wald kannten sie sich nicht aus, schon gar nicht an jener Stelle, wo er so dicht war. So flogen sie missmutig alle zusammen zu dem einsamen Baum auf dem Feld, wo die erste Krähe am Anfang alleine gesessen hatte. Unterwegs machten sie sich heftige Vorwürfe und beschuldigten sich gegenseitig, schuld zu sein am Verlust ihres Zankapfels, und als sie auf dem Baum anlangten, waren sie nahe daran, einander die Augen auszuhacken. Weil eine Krähe der anderen aber bekanntlich keine Augen aushackt und da es sich, wie gesagt, um erfahrene Krähen handelte, ließen sie schließlich davon ab und schwiegen einander nur böse an.


    Irgendwann aber machte sich unter ihnen die Erkenntnis breit, dass dies doch noch gar nicht das Ende vom Lied sein musste. Sie sahen einander an und hätten gelächelt, hätten sie einen so süßen Mund gehabt wie du. So aber erhoben sie sich gleichzeitig in die Luft, um zu einem Dorf oder einer Stadt der Menschen zu fliegen, denn wer konnte schon wissen, ob sie dort nicht noch viel schöneres Spielzeug finden würden."


    Ich horchte einen Moment lang in die Stille hinein, doch von Sisenna war nichts mehr zu vernehmen als tiefe, ruhige Atemzüge. Vorsichtig löste ich meine Hand von ihr, erhob mich von meinem Stuhl und verließ, leise hinter mir die Türe schließend, das Zimmer.



    Sim-Off:

    Sorry, aber Kinderaugen bringen auch schmale Lippen zum Beben. =)

  • Nachdem ich das Dringendste, sicher aber nicht alles Nötige für Sisenna veranlasst hatte und sie ja jetzt auch Cadhla um sich hatte, ging ich daran, allmählich all die Aufträge abzuarbeiten, dir mir Corvinus in seinem Brief genannt hatte. Für einen von diesen hatte ich am Tage Maron in die Stadt geschickt, um Erkundigungen einzuholen. Er war darin sehr gut, das wusste ich, von einer schwer zu übertreffenden Bauernschläue, die manchmal schon an Gerissenheit grenzte.


    Nach einer frugalen cena und nachdem ich Sisenna zu Bett gebracht hatte, war Maron bei mir im Officium gewesen und hatte mir Bericht erstattet. Das, was er - zum Teil mit Hilfe von Wein in einer Taverna - hatte in Erfahrung bringen können, vervollständigte die Mosaikteilchen, die ich vor meinen geistigen Auge schon zusammengesetzt hatte auf der Grundlage dessen, was mir Corvinus in seinem Brief geschrieben hatte, und meiner eigenen Lektüre der Acta Diurna. Dies bedeutete aber auch, dass gerade hier Handlungsbedarf bestand. Mit einem Dank schickte ich Maron weg, da ich ihm wegen seiner mangelnden Beherrschung des Lateinischen in Schriftform ja leider nicht diktieren konnte. Ich machte mich also selbst ans Werk und setzte einen Brief an den neuen comes der regio Italia, Quintus Didius Albinus auf, den ich hernach Maron aushändigte, damit er ihn am nächsten Tag zur casa Didia bringe.


    Ich selbst fühlte mich danach so seltsam. Einerseits war ich bei weitem nicht so erschöpft wie an meinem Ankunftstag, als ich nach der anstrengenden Anreise mich nicht nur sofort Sisennas hatte annehmen müssen, sondern auch bis spät in die Nacht hinein noch eine Epistula an Corvinus geschrieben hatte. Dennoch fühlte ich mich jetzt leer, genauer gesagt: allein.

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