Oecus
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Germanicus Corvus lag gerade beim morgendlichen Ientaculum (Frühstück) zu Tisch und aß frisch gebackenes Brot mit Moretum, als ein Sklave ihm einen Brief brachte, der mit der frühen Post am Morgen gekommen war.
An den
Praefectus Alexandriae et Aegypti
Decius Germanicus Corvus
Regia Praefecti
Alexandria, Alexandria et AegyptusSalve Decius Germanicus Corvus!
Ich möchte mich auf diesem Wege noch einmal für die Einladung zu Deiner Hochzeit bedanken. Es war eine wirklich schöne und erhebende Zeremonie und ich freue mich zudem, dass uns nunmehr nicht nur ein verwandtschaftliches, sondern darüber hinaus auch ein Klientelverhältnis verbindet.
Heute hörte ich, dass Du mit deiner Ehefrau, die Du bitte herzlich von mir grüßen möchtest, nach Aegyptus aufgebrochen bist. Wenn dieser Brief Alexandria erreicht, dann werdet ihr vielleicht auch bereits angekommen sein. Wenn Du also diese Zeilen liest, dann hoffe ich, dass ihr eine angenehme Seereise ohne Zwischenfälle hinter euch habt.Gestern besuchte mich ein anderer meiner Klienten. Sein Name ist Caius Sergius Curio. Sein Vater war Marcus Sergius Stephanus, ein alter Freund, mit dem ich vor langer Zeit in der Curia Provincialis Italia zusammen gearbeitet habe und der leider viel zu früh verstorben ist. Sergius Curio war einige Zeit beim Cursus Publicus beschäftigt. Ich glaube, zuletzt war er immerhin Praefectus Vehiculorum und für die ganze Provinz Italia zuständig. Nun sucht er nach einer neuen Herausforderung und bat mich um meinen Rat.
Ich nehme an, dass Du in Deiner Regia einige Neubesetzungen vorzunehmen gedenkst und Dir deshalb fähige Männer willkommen sein könnten. Darum erzählte ich von unserer Bekanntschaft und versprach ihm, bei Dir nachzufragen, ob Du interessiert daran wärst, ihn in Deiner Verwaltung zu beschäftigen. Ich währe Dir sehr verbunden und halte ihn für einen tüchtigen Mann, im besten Alter, sich mittelfristig für höhere Aufgaben zu empfehlen.
Solltest Du dazu gewillt sein, dann schreibe ihm bitte. Er wohnt momentan hier in Rom, im Haus seiner Familie, der Casa Sergia.
Ich selbst werde nun in Kürze im Gefolge des Imperators Caesar Augustus nach Syria aufbrechen. Mögen uns die Götter beistehen, und auch dir, bei den Aufgaben, die nun in Aegyptus auf dich warten. Mögen sie Dich und Deine Frau segnen.
gez. Lucius Aelius Quarto
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ROMA - PRIDIE NON IUL DCCCLVII A.U.C.
(6.7.2007/104 n. Chr.)Corvus las den Brief, lächelte an der Stelle, wo sich der Senator noch einmal für die Einladung bedankte, schaute nachdenklich, als dieser ihm von seinem Klienten berichtete und legte ihn schließlich wieder beiseite. Dann schnappte er sich ein Ei, pellte es, und biss herzhaft hinein.
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Aus dem Perystilium kommend, hatte ich mit Archias im Schlepptau den ein oder anderen Gang des Domus hinter mich gebracht und war schließlich und endlich im Oecus angekommen, wo einige geistesgegenwärtige Sklaven gerade dabei waren, alles für ein entsprechendes Mahl vorzubereiten.
"So, da wären wir.", verkündete ich, nahm auf einer der Klinen Platz und bedeutete dem Aelius sich auf einer (anderen) niederzulassen.
In Ermangelung von Gesprächsstoff - ich kannte den Kerl ja fast nicht - griff ich auf die üblichen Standards zurück: Wetter, Familie, Beruf.
"Wie ist es denn so, als Praefectus Vehiculorum in Alexandria? Du musst wissen, eine zeitlang hatte ich diesen Posten vertretungsweise in Italia inne."
Jaja, lang lang ists her. Seufz.Edit: Link
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Da er im Grunde hinter Aelia her gedackelt war, hatte Caius ausreichend Zeit gehabt, sich zu fragen, wie alt sie sein mochte. Bei ihrem ersten Zusammenstreffen (das man wahrhaftig so nennen konnte, auch wenn es der Zeh ihrer Freundin war, den er zerquetscht hatte) hatte er nicht auf ihr Hinterteil geachtet. Nun tat er es unweigerlich. Wohin hätte er auch sonst schauen sollen, während er hinter ihr her ging? Instinktiv verglich er mit dem von Seiana. Aelia war breiter. Allerdings nur ein bisschen, und ihr Hintern schien auch etwas birnenförmiger zu sein als der von Seiana. Caius fragte sich nun fieberhaft, wie alt Aelia sein mochte, dass sie schon mit der Schwerkraft zu kämpfen hatte. Zumindest hinten. Vorn traute er sich nicht, genauer zu schauen. Dass sie und der Präfekt bisher keine Kinder hatten, sprach entweder für Aelias Alter oder für ein Nichtvorhandensein dessen, was dazu nötig war. Äh, ja. Caius tauchte aus seinen Gedanken auf und nagelte seinen Blick nun an Aelias Hinterkopf fest. Das war sicherer. Und tatsächlich, da drehte sie sich um und ließ sich auf einer Liege nieder.
»Schön habt ihr's hier«, bemerkte Caius (sehr höflich, zumindest in Anbetracht seiner vorherigen Gedanken). Er sah sich um. Deutlich war hier Aelias Handschrift zu sehen. Für Caius' Geschmack war das Tumatsch (ein neumodisches Wort, das gebildete Ägypter dann und wann benutzten, wenn sie herablassend ihr Missfallen bekundeten, wie Caius am Tag zuvor gelernt hatte). Also lenkte er seine Aufmerksamkeit schnell wieder auf Aelia.
»Ach naja, ich...« begann er bereits zu antworten, als er erst den letzten Teil des Satzes realisierte und überrascht blinzelte.
»Du hast das mal vertretungsweise gemacht? Das ist ja interessant. Wobei ich mich vorstellen kann, dass es in Italien weitaus stressiger ist als hier. Hier kannst du nämlich froh sein, wenn die Leute nicht nur taubstumme Boten vorbeischicken, die gerade mal salve und vale sagen und den Brief abgeben können«, erzählte Caius, und man merkte nun deutlich am nicht vorhandenen Stottern, dass es ihm weitaus besser lag, über unpeinliche Dinge zu reden.
»Wen hast du denn vertreten?« -
Erneut war es wohl einem gnädigen Gott zu verdanken, dass ich keine Gedanken lesen konnte... Es hing? Ja gings dem noch gut? Ich war top in Form
"Oh, danke.", erwiderte ich, als er die übliche Höflichkeitsbekundung hören ließ. "Musste gar nicht so viel ändern, nachdem wir hier eingezogen sind. Verglichen mit dem Haus in Mogontiacum zumindest."
Oooh, Mogontiacum... das war eine wahre Herausforderung gewesen. Und gerade als alle Umbauarbeiten fertig gestellt waren, hatten wir nach Rom zurückreisen müssen. Ein Jammer irgendwie.
Inzwischen dackelte der nächste Sklave mit einem Tablett heran, stellte Becher sowie zwei Karaffen ab - eine mit Wein (den für die nicht soooo wichtigen Gäste), eine mit Wasser und schenkte ein.
"Vertretung... äh... naja, das war nicht direkt für jemand anderen. Es war mehr deshalb vertretungsweise, weil ich zu diesem Zeitpunkt noch den Posten des Magister Scriniorum inne hatte und keine zwei Posten hätte ausfüllen dürfen. Aber irgendjemand musste sich ja auch um die Post kümmern und so... naja."
Ou, das war wirklich lange her. 10 Jahre? 15? Lange.
"Taubstumme Boten hier? Mh... könnte Schlimmeres geben... Allerdings, allzu viel Betrieb war in Rom nicht, soweit ich mich entsinne. War meistens ausgesprochen ruhig. Vielleicht war damals Briefe schreiben nicht 'in'... oder so."
Schwachköpfige Sklaven, die nicht wussten wann sie den Mund zu halten hatten, wie ich heute erfahren hatte. Mpf. -
Da hatte Caius ja noch mal Glück gehabt, dass Aelia keine von diesen Christianern war. Die konnten ja angeblich Gedanken lesen. Man wusste nie, ob man gerade nicht an so einem vorbeilief auf der Straße, wenn man an die letzte Nacht im lupanar dachte. Das war dann sowas wie Porno für Arme. Aber Caius hatte ja auch nicht wirklich eine Ahnung von diesen Typen und ihrem einzigen Gott.
»Ich hab die habitatio auch möbliert übernommen. Kostet zwar extra, aber war besser, als sich erst noch Möbel zu kaufen«, erwiderte er und zuckte mit den Schultern. Was Aelia da so erzählte, war schon weitaus spannender, und Caius sah sie mit großen Augen an.
»Du warst in der Verwaltung tätig? Ja als, das hört man nicht so oft. Also, dass Frauen sowas machen, freiwillig. Nicht dass ich das schlimm finde, ganz im Gegenteil. Da kann man sich viel eher mal was leisten, wenn beide Geld ranschaffen und nicht nur der Mann ackern muss.« Wobei ihm jetzt wieder einfiel, dass Aelia derzeit faul zu hause rumsaß. Vielleicht war sie ja schwanger und durfte nicht mehr? Caius nippte an seinem Becher und platzierte den Blick flüchtig auf Aelias Bauch. Verdammte Tunikafalten (oder war das etwa Fett?). Er entschloss sich, später einfach mal nachzufragen, wie das mit der Kinderplanung aussah. Immerhin war er nicht von der Acta, also würden sie und ihr Mann nicht Gefahr laufen, in der nächsten Ausgabe bloßgestellt zu werden. Ohnehin hätte Caius das nie gemacht. Er war ja nicht lebensmüde...»Aber ich kenn das. Das ist scheinbar so ein globales Problem mit den Postbeamten. Gibt nicht viele davon. In Germanien suchen sie auch wieder händeringend Leute. Naja.... Ewig wollte ich das auch nicht machen. Wenn ich erstmal verheiratet bin.....« Er zuckte mit den Schultern und trank noch einen Schluck.
»Und du würdest dich wundern, was die alles mit Briefen zu mir schicken. Neulich kam einer, da wusste ich nicht recht, ob das nen Sklave oder ein Primat ist, so viele Haare hatte der. Aber ich hab mir sagen lassen, so große Affen gibt es gar nicht.« -
Innerlich musste ich grinsen über den Vergleich einer Wohnung mit dem Präfektenpalast. Nein, diese Aelier. Schon ein lustiges Völkchen. Jedoch kam die Sprache wieder schnell auf die Verwaltung und so zuckte ich mit den Schultern.
„Damals war das absolut üblich.“, entgegnete ich, während mir auffiel, dass sich „Damals“ schon wieder so unendlich lange anhörte. Oh Gott, ich war ja so alt... und dieser Kerl erinnerte mich auch noch daran -.-
„Abgesehen davon… zu dem Zeitpunkt war ich noch nicht verheiratet, also… äh… gut, als ich dann Comes wurde waren wir verheiratet, aber… na ja, spielt ja keine Rolle.“
Muaha, ich warf hier lustig mit meinen ehemaligen Ämtern um mich. Nicht, dass ich Eindruck schinden oder gar prahlen wollte. Neeeein, das war nicht meine Art
Musterte der Kerl mich eigentlich schon wieder? Hatte ich mich zu früh für meinen Sklaven entschuldigt? Wieder schoss eine Augenbraue gefährlich in die Höhe, senkte sich jedoch im Laufe des Gesprächs wieder nach unten.
„Oh… ja… allerdings sind einige Postbeamte an sich auch ein wenig… sonderbar…“
Unwillkürlich dachte ich an den Scriba zurück, den man mir damals in Rom aufgebrummte hatte. Wie hieß der noch gleich… irgendwas mit Fus…
„Achja, mein armer Onkel. Immer auf der Suche nach Frischfleisch.“
Muaha, mein Onkel war ja sein Chef, wie mir soeben einfiel. Hähä
„So viele Haare? Tatsächlich? Den hätte ich zu gerne gesehen… vielleicht ein Mischling? Hier gibt es ja die unmöglichsten Sachen. Neulich habe ich jemanden auf den Märkten gesehen, der hatte zwei verschiedene Augen… also, Augenfarben. Eins braun, eins blau, stell dir vor.“ -
»Ja, klar. Sag ich ja auch gar nichts gegen. Aber die Einrichtung hier hätte ich natürlich auch genommen. Ich frag lieber nicht, was das alles so gekostet hat«, gab Caius zurück und grinste gleich darauf ein wenig verlegen. Man fragte eine Präfektengattin nicht nach einem Preis, so wenig wie man eine Dame nicht nach ihrem Alter fragte.
»Ach, i wo. Wie gesagt, zwei Leute, die arbeiten, bedeuten auch größeren Reichtum. Da hat die Frau viel weniger Zeit, das...« ...sauer verdiente Geld ihres Mannes zu verprassen, hatte er eigentlich sagen wollen, doch er hatte sich gerade noch aus dem Schlamassel gerettet.
»...das... äh...Personal...äh, genau, sich das Personal vorzuknöpfen, und dadurch entsteht viel weniger Stress....« Kleine Schweißperlen hatten sich auf Caius' Stirn gebildet, und er griff nach seinem Weinbecher, um ein wenig abzulenken.
»Ganz vorzüglich, der Wein. Wirklich. Aus Spanien? Oder aus der Region hier?«Die Anspielung auf die Kuriosität der Postbeamten war ihm zwar aufgefallen, aber er sagte jetzt besser nichts mehr dazu. Er hatte sich eh schon fast wieder um Kopf und Kragen geredet. Die andere Information allerdings ließ ihn aufsehen.
»Avarus ist dein Onkel?« fragte er nach, in der Hoffnung, dass er sich verhört hatte. Wenn dem so war, sollte er in seinem nächsten Bericht an ihn unbedingt erwähnen, wie charmant seine Nichte war. Vielleicht hatte er dann Glück, und die Information fand den gewünschten Weg nach Alexandrien und in Aelias Gehör, um sie so zu nicht mehr allzu schlecht über ihn denken zu lassen...»Tja, oh ja... Wie, zwei verschiedenfarbige Augen? Das ist ja ein Ding.« Caius überlegte eine Weile.
»Weißt du, was ich mich schon immer gefragt habe? Ob Leute mit andersfarbigen Augen auch anders sehen.« Leider hatten er und Aelia ja beide braune Augen, so dass das mit dem Vergleichen schlecht ging. -
Ich war bereits halb dabei, einen Kostenvoranschlag zu berechnen, als mir klar wurde, dass allein die Kosten für diesen Raum höchst deprimierend sein mussten. Da Archias ohnehin nicht danach fragte, behielt ich das Wissen um den Preis also für mich. War ich ja gewohnt, Corvus wollte es meist auch nicht wissen. Warum nur?
Er sprach weiter und immer mehr bekam ich den Eindruck, er war ein etwas zerstreuter Mensch. Gut, damit kannte ich mich bestens aus, ich hatte ja schon ein paar Jahre in der Verwaltung hinter mir (und war deshalb meistens für Außenstehende wohl auch ein wenig wirr).
„Najaaa… offenbar knöpfe ich mir das hiesige Personal noch zu wenig vor.“, brummte ich in Anbetracht von Odins Eskapade. Der konnte was erleben… Moment, war der Satz, den der Aelier beendete tatsächlich der, den er angefangen hatte? Ich schürzte die Lippen, doch wurde schon das Thema gewechselt und ich vergaß ob dessen, was vorher gewesen war.
„Letzteres.“ War billig, setzte ich im Geiste hinzu und verkniff mir das Grinsen. „Es ist schon verwunderlich, wie in einem solch trockenen Land so viel wachsen kann. Nil sei Dank.“„Ohja, Avarus ist mein Onkel.“, bestätigte ich schließlich schmunzelnd. „Ich hoffe der letzte Brief, den ich an ihn geschickt habe, ist angekommen. Wäre ja schon peinlich, wenn ausgerechnet so einer verloren geht.“
Die Unschuldsmiene, die ich aufsetzte, schien irgendwie nicht ganz echt zu sein, aber eigentlich konnte ich ja wirklich kein Wässerchen trüben.Nun jedoch wurde es fast schon philosophisch.
„Interessante Überlegung.“, gab ich stirnrunzelnd zu. „Aber… wie anders sehen? Andere Farben?“
Das hätte so manche Reaktion meines Mannes erklärt. Andererseits… nee, wir hatten ja beide braune Augen. Hrm.
„Vielleicht sehen ja auch Männer anders als Frauen. Nur wie ließe sich so etwas herausfinden?“
Wenigstens würde es so manches erklären. -
Ein Mann, der Vieles anders sah als sie, war bekanntlich ihr eigener Ehemann. Genau der betrat in diesem Augenblick den oecus seines Hauses und sah seine Frau zusammen mit einem anderen Mann, der ihm nur entfernt bekannt vor kam.
“Oh! Salve Aelia! Du hast Besuch?“
Sein Tonfall war... nun ja... ein bisschen frostig. Denn in letzter Zeit, und speziell nach ihrem letzten Streit, betrachtete er die 'Männerbekanntschaften' seiner Frau mit gewissem Argwohn.
“Kennen wir uns?“, fragte er in Richtung des Gastes.
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Und es war nur allzu gut, dass Aelia keine Summe nannte. Caius hätte mit jener wohl ein kleines Häuschen auf dem Land kaufen können, wenn er sich so die Ausstattung besah. Hier schien alles Gold zu sein, was glänzte, von Aelias Augen einmal abgesehen. Glücklicherweise hatte sie seinen fehlgestalteten Satz nicht als solchen entlarvt, und so atmete Caius ein wenig auf.
Sein Ablenkungsmanöver hatte ebenfalls eingeschlagen wie eine Bombe, wenn man das so nennen konnte, denn Aelia hing am Haken wie ein Fisch an der Angel. Nicht, dass sie einen Glupschmund hatte. Caius betrachtete kurz Aelias Lippen, die eben die Bestätigung hinsichtlich des Onkels formten (der Schwung beim O war ganz nett anzuschauen). Heute schien in seinen Gedanken der Tag der irrwitzigen Vergleiche anzustehen. Das Lippenrund erinnerte ihn an solche Behgl,wie sie hier auf dem Fremdenmarkt verkauft wurden. Runde Teigkringel mit oder ohne Körnern drauf. Caius fragte sich heute noch manchmal, warum die blanko Teigkringel als plehn bezeichnet wurden. Beim ersten Mal hatte er geschaut wie eine Kuh wenn Iuppiter Scherze trieb, als jemand vor ihm einen plehn Behgl bestellt und dafür einen Teigkreis erhalten hatte. Das mit dem letzten Brief an den Onkel hatte er durch seine Überlegungen schlichtweg überhört. Allerdings nahm er sich nun ganz fest vor, Aelias unübertreffliche Schönheit beim nächsten Bericht auch wirklich zu berücksichtigen.
Die Präfektengattin stellte daraufhin eine ganz eigenartige These auf. Konnte es wirklich sein, dass Frauen anders sahen als Männer? Das würde zumindest erklären, warum es so häufig Streit gab, weil die Frauen die männliche Logik nicht verstanden. Dabei lag das nur daran, dass sie einfach zu viel und zu lange über jedes Wort nachdachten, anstatt simplerweise nur den eigentlichen Sinn dahinter zu erfassen. Dass man keinen Hunger hatte, bedeutete eben nicht, dass man das Gekochte nicht ausstehen oder schon im Büro gegessen hatte. Und dass man keine Lust hatte, implizierte nicht, dass man im Büro eine Affäre hatte....
»Ach, ich wüsste da was. Du und ich, wir beide, wir könnten....« begann er verschwörerisch. Gerade wollte Caius nämlich genau das anmerken, als Er den Raum betrat. Caius klappte den Mund wieder zu und schluckte. Wie er nach Aelias Besuch fragte, ließ schon nichts Gutes erahnen. Caius argwöhnte, wo dieser holzköpfige Sklave vorhin hingelaufen sein mochte, als er so schnell weg war. Er begann zu schwitzen in den Handflächen.
»Oh, praefectus!« grüßte er, als sei er bei etwas Unanständigem ertappt worden. Ein hilfesuchender Blick wurde zu Aelia abgeschossen.
»Ja, ich bin, äh...lius Archias. praefectus vehiculorum?« Tzäss! So alt sah der Präfekt doch gar nicht aus, dass er seine Audienz mit ihm vergessen hatte...oder doch? Musste an der Stutenmilch liegen, die derzeit so angesagt war. -
Meine Wenigkeit war sich natürlich ebenso wenig einer Schuld bewusst, wie es Archias beim Betreten des Domus gewesen war. Gut, den letzten Satz des Aeliers konnte man nun missverstehen… wenn man ihn verstanden hatte. Keinerlei Grund, in die Nervosität des Besuchers mit einzufallen, strahlte ich also dem Gatten entgegen.
„Ach, Decius, wie schön, dass du uns Gesellschaft leistest.“
In seinem eigenen Hause. Ähem. Da Archias sich bereits selbst vorstellte, blieb mir das erspart und so nickte ich lediglich beipflichtend. Warum guckte der denn so ängstlich? Als sei er ein Legionär, der mit Hand in der Soldkasse erwischt worden war. Hm.
Noch etwas fiel mir glühend heiß ein: Ich konnte Corvus doch nicht sagen warum ich den PeVau zum Essen eingeladen hatte… ououou, da musste schnell eine Ausrede her. Ah, war nicht Aelius Quarto der Patron von Corvus? Perfekt.
„Aelius Archias ist der… äh.. Neffe? Es war doch Neffe, nicht? Ja, also der Neffe von Aelius Quarto. Den kennst du doch, richtig?“
Das war einfach mal so ins Blaue hinein geraten. Sofern der Depp nun nicht widersprach würde Corvus es gewiss innerhalb von fünf Minuten vergessen haben und die Sache wäre geklärt. Muaha.
„Und obendrein sorgt er dafür, dass meine Post immer unbeschadet ankommt, da dachte ich mir, ich revanchiere mich einmal mit einem Essen.“
Also, wenn ich nicht unschuldig aussah, dann war Rom nicht römisch. -
“Ach ja, der Praefectus Vehiculorum Aelius Archias.“
Erinnerte er sich daran, dass er den Mann vor einigen Monaten schon einmal bei einer Audienz empfangen hatte? Vielleicht. Aber es wirkte doch eher so, als würde Corvus eine Erinnerungslücke überspielen.
“Der Neffe von Lucius Aelius Quarto also, ja? Der Senator ist mein Patron, wusstest du das?“
Corvus ließ sich auf einer Kline nieder und streckte die Beine aus.
“Oh ja, meine Frau schreibt sehr oft und viel, nicht wahr?“, bemerkte er spitz.
Denn noch immer wollte er nicht akzeptieren, dass sich Aelia mit so vielen 'Brieffreunden' regelmäßig austauschte. Sie hatten kürzlich darüber gestritten. Er konnte es nicht verstehen, vielleicht wollte er es auch nicht, und er ärgerte sich darüber, dass es außerhalb seiner Kontrolle geschah, oder, wie er es vielleicht gesagt hätte: Hinter seinem Rücken.
Er sah Aelius Archias wie jemanden an, den er als Komplizen bei einem Verbrechen ertappt hatte. -
Caius fühlte sich wie im falschen Theaterstück. Er sah zwischen Aelia und Corvus hin und her, nur mit den Augen und ohne dabei den Kopf zu drehen, und fühle sich dabei ziemlich unwohl. Wenn nun das Essen kam und er etwas essen sollte, würde er nichts runterbekommen....und das wiederum würde Aelia ganz sicher persönlich nehmen.
Ein wenig perplex sah er die Präfektengattin schließlich an, als sie ihn als Neffe von Quarto vorstellte. Caius sah sie alarmiert an, doch da entgegnete der Präfekt bereits etwas. Verwirrung breitete sich in ihm aus wie ein Buschfeuer.
»Jaahh...« begann er ein wenig durcheinander.
»Also, ja, ich weiß, dass Quarto dein Patron ist, aber, naja, ich bin nicht sein Neffe«, stellte er richtig. Das würde sonst nur in heillosem Durcheinander enden, und Caius besaß zumindest so viel Grips, dass Durcheinander in Alexandrien wegen ihm auch Probleme später in Rom bedeuten konnten, ob das nun seine Schuld war oder die Aelias.
»Quarto und ich sind gar nicht so eng miteinander verwandt. Kennst du Aelius Callidus? Das ist mein Vetter«, fuhr er fort.»Ja, sie schickt relativ viele Briefe, also, leider kommt sie nie selbst vorbei, aber...« erwiderte Caius, dann stockte er. Hatte er jetzt etwas angestellt?
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Der Blick, mit welchem ich Archias bedachte, hätte locker einem Eichhörnchen das Fell von den Knochen gegerbt. Warum konnten Männer nicht einfach mal nur still lächeln und nicken? Aber neeeein, die hatten es natürlich gleich mit der Wahrheit. Gnah, wie stand ich denn jetzt da.
„Ach.“, winkte ich ab, im Versuch die Situation zu retten, „wie auch immer. Diese Verwandtschaftsbeziehungen verwirren ja meist mehr, als dass sie Klarheit schaffen.“
Ououou. Wenigstens bewies Archias Talent im Ärger-anziehen, denn während ich meinen Gatten bereits tadelnd betrachtete – war doch nicht meine Schuld, dass er keine Brieffreunde hatte – zog der Aelius vermutlich den Zorn beider anwesender Germanikusse auf sich.
Langsam wurde ich mir immer sicherer, dass Odin keineswegs in böswilliger Absicht gehandelt hatte und einfach nur das lose und unkontrollierte Mundwerk dieses Mannes an dieser ganzen Geschichte Schuld war. Den konnte man ja nur missverstehen. Oder verstand man das am Ende richtig und er war einfach nur tollkühn?
„Aber?“, brummte ich mit hochgezogener Augenbraue. -
Die spitzen Blicke waren mehr als Antwort genug. Caius wünschte sich Katander herbei. Der hätte die rechten Worte zu sagen gewusst. Er selbst redete meistens einfach drauflos, und ebenso oft war das ziemlich falsch. Callidus hatte einmal gesagt, dass Caius' Unüberlegtheit ihm irgendwann nur noch Ärger machen würde. Und dass das stimmte, bemerkte der Aelius in letzter Zeit irgendwie dauernd. Er seufzte leise und wirkte ein wenig bedröppelt. Kein Wunder, dass Quarto ihm nie schrieb. Dass er nie nicht zu keiner Hochzeit eingeladen wurde (dabei dachte er an Vespa). Die wollten ihn einfach nicht dabeihaben, so schaute es aus.
»..aber das ist nachvollziehbar, die Gattin des mächtigsten Mannes der Provinz hat sicher genug anderes zu tun.« ...als sich mit einem kleinen Würstchen abzugeben. Caius seufzte erneut und rang sich zu einem zweitklassigen Lächeln durch. Bei Seiana würde er auch deswegen scheitern. Weil er sagte, was er dachte, ohne vorher zu denken.
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“So, also doch kein Neffe meines Patrons sondern ein Verwandter von Aelius Callidus... nein, den kenne ich nicht.“, erklärte Corvus und schaute Aelius Archias dabei an, als sei dies ein Makel.
“Natürlich bringt meine Frau ihre Post nicht selbst weg. Da hätte sie wohl auch viel zu tragen. Aber ich frage mich, weshalb du das bedauerst?!“
Der Praefectus Alexandriae et Aegypti wirkte jetzt fast wie ein Bussard, der eine unvorsichtige Maus erspäht hatte.
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Den Seitenhieb auf meinen gar nicht sooooooo zahlreichen Briefverkehr ließ ich netterweise unkommentiert, nahm mir aber vor, Corvus das bei Gelegenheit heimzuzahlen. Pft, ich war nun mal beliebt, das war ja nichts Schlechtes
Dass der arme Archias nun - einmal mehr – durch eigenes Verschulden mit Höchstgeschwindigkeit in eine Zwickmühle gerauscht war ließ meine Lippen kurz nach oben Zucken. Ha, von mir konnte der nun aber keine Hilfe mehr erwarten, nachdem er mir so gegen den Karren gefahren war. Ich hielt mich nur an meinem Weinbecher fest, schaute interessiert und mit so unbedrohlichen Augen wie denen eines hungrigen Wolfes den Aelier an, gespannt wie er sich hier heraus manövrieren würde. Ob Odin auch nur ansatzweise geahnt hatte, was er lostreten würde?Mein Koch Timeas Malceris bewies indes sein Gefühl für perfektes Timing: Der erste Gang wurde von einigen flinken Sklavenhänden aufgetragen. Irgendwie waren die obligatorischen Eier, mit welchen die Cena eröffnet wurde, im Moment allerdings herrlich uninteressant. Obgleich sie mit viel Klimbim und allerlei Dekoration aufgetischt wurden.
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»Callidus ist äh...er arbeitet im Palast«, fügte Caius als zusätzliche Info an. Er hatte vergessen, was Callidus genau im Palast arbeitete, erinnerte sich nur noch daran, dass er stets viel zu tun hatte und tierisch eingespannt war. Dass Callidus inzwischen gar nicht mehr für den Kaiser arbeitete, wusste Caius nicht. Er fühlte sich komisch, als der Präfekt ihn so seltsam ansah. Hatte er was Falsches gesagt? Und die Augen! Fast hätte Caius erwartet, dass sich die Pupillen zu senkrechten Schlitzen umwandelten. Er schluckte. Und die Frage! Was sollte er denn daraufhin erwidern? Aelia war da auch nicht sonderlich hilfreich. Die sah ihn nur gespannt an, als fände hier gleich eine Opferung statt. Und Caius gefiel partout nicht die Rolle des Lämmchens, die er hier gerade einnahm. Doch wie das Blatt wenden?
Er hüstelte zeitschindend, und dann hatte das Schicksal Erbarmen mit ihm und schickte Sklaven mit Essen herein. Seltsamerweise hatte Caius aber gar keine Lust, sich die Speisen anzuschauen oder auch nur ans Essen zu denken. Nach wie vor Ruhte der Raubvogelblick auf ihm.
»Ich....weil..« Ein räuspern. Kiehp kuhl, hätte Caius' Vater jetzt gesagt. Ruhig Blut. Du hast dir nichts vorzuwerfen. Es ist ja auch alles bereits geklärt. Eigentlich.
»Ich finde sie sympathisch.« Da war es raus. Blieb nur zu hoffen, dass der Präfekt das nun nicht in den falschesten aller falschen Hälse bekam. -
“S-y-m-p-a-t-h-i-s-c-h-?“
Der Präfekt sagte das Wort so, als hätte er es zum ersten mal gehört und würde etwas sehr anstößiges dahinter vermuten.“Gehört es zu deinen Gewohnheiten, verheirateten Frauen derartige Gefühle entgegen zu bringen?“
Wurde an dieser Stelle schon erwähnt, wie wenig Verständnis Germanicus Corvus den 'angeblichen Freundschaften' seiner Frau zu anderen Männern entgegen brachte? Er war in dieser Hinsicht ebenso überraschend wie erschreckend altmodisch.
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