Posca wurde nun knallrot. Aus dem einen Schweißtropfen waren viele geworden. Die Frage rührte an seiner Soldatenehre und war ihm sichtlich unangenehm. “Ich... nein, nicht auf eigenen Wunsch... ich bin bestraft worden. Kurz... davor.“
Officium des Praefectus Legionis
- Decius Germanicus Corvus
- Geschlossen
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Dieses Bekenntnis überraschte den Präfekten überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil. Genau darauf hatte er zu sprechen kommen wollen. Das wurde deutlich, als er jetzt eine Schriftrolle hoch hielt: “Du hast einen Befehl deines Centurios verweigert, richtig? Da war ein aufständisches Dorf. Ihr hattet den Befehl bekommen alle Einwohner des Dorfes zu töten und zwar nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen und Kinder, stimmt das?“
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Posca wurde klar, dass der Präfekt vollkommen im Bilde war. Die Rolle musste seine Personalrolle sein, wo sein ganzer Werdegang festgehalten war. Insgeheim verfluchte er die römische Armee mit ihren penibel geführten Akten.
“Ja, dass stimmt.“, bekannte er wortkarg. Er wollte aufbegehren. Am liebsten hätte er gesagt, dass diese Ereignisse doch schon unendliche lange her waren, dass er noch jung gewesen war und das die hebräischen Bauernfamilien, denn es war ein Dorf in Iudaea gewesen, ihm Leid getan hatten. Aber er sagte nichts. -
“Und du hast dich geweigert?“
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“Nicht bei den Männern, Praefectus.“
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“Aber bei den Frauen und Kindern, ich verstehe.“, vollendete Germanicus Corvus. “Hast du aus deiner anschließenden Bestrafung und späteren Versetzung gelernt?“
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“Ja, Praefectus.“ Posca straffte den Rücken. “Ich habe danach nie wieder einen Befehl verweigert.“
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“Nie wieder? Kein einziges mal?“
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“Nein. Ich habe gelernt und ich habe verstanden.“
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“Als man dir vor zwei Jahren befohlen hat gegen Rom und den Kaiser zu marschieren, da hast du also auch nicht gezögert?“, spielte Corvus nun auf den Laeca-Aufstand an. Posca war seit 15 Jahren in der XXII. und natürlich war er auch damals dabei gewesen, aber eben auf der falschen Seite. Die Mehrzahl der einfachen Soldaten dieser Legion, aber auch die überwiegende Mehrheit der Centurios und Optios war damals den Verrätern gefolgt. Posca war keine Ausnahme, dass wusste Corvus. Nun musste er diese Männer führen und so schnell wie möglich herausfinden, wie weit er sich auf sie verlassen konnte.
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“Nein, Praefectus. Ich habe nicht gezögert, ich tue was meine Vorgesetzten mir sagen.“, antwortete Posca fast schon fatalistisch und auch ein wenig trotzig.
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Corvus nickte. “Ich verstehe. Nun bin ich dein Befehlshaber. Wirst du künftig auch immer alles tun was ich dir befehle, ganz gleich was es ist und ohne zu zögern?“
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“Ja, Praefectus. Du befiehlst, ich gehorche!“
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“Gut, sehr gut, Centurio. Dann befehle ich dir jetzt folgendes: Du wirst das Kommando über die I. Centurie der II. Kohorte übernehmen.“ Würd er er sich auf diesen Mann verlassen können? Er besaß, so schien es Germanicus Corvus, kein Rückrat, weil man es ihm vor langer Zeit bereits gebrochen hatte. Wie es aussah war er ein willenloses Werkzeug seiner Offiziere, bestenfalls darauf bedacht, sich keinen Ärger einzuhandeln und im Kleinen von seiner eigenen Macht zu profitieren. Corvus kannte diesen Typus. Er hatte nichts dagegen einzuwenden.
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Posca war für einen Moment reichlich verdattert. Das ganze Gespräch hatte bis hierher mehr einem Verhör geglichen. Er hatte schon mit dem Schlimmsten gerechnet, aber nicht damit, dass der Präfekt ihm nun die I. Centurie einer Kohorte geben würde. Es war eine kleine Beförderung.
“Ich... Ich danke dir, Praefectus Legionis!“, brachte er schließlich heraus. -
“Enttäusche mein Vertrauen nicht, Centurio. Du kannst wegtreten!“
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“Praefectus!“ Posca salutierte.
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“Ach, Centurio...“
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“Ja, Praefectus?“
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“Deine kleinen Nebeneinnahmen, du weißt schon, dass muss aufhören! Wir verstehen uns?“
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