atrium et triclinium | "Germanenankunft"

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    Es war ein sonniger Tag, als unsere Wagen sanft durch Rom schaukelten. Heiß sandte sie ihre Strahlen zur Erde und peinigte die Bodenbewohner mit großer Hitze, die sich in den Straßen und Gassen staute, in den Platten der Straße gespeichert wurde und tausende und abertausende Schweißtropfen verursachte. Uns ging es da nicht anders, und als der Reisewagen, für den wir am Stadttor eine Sondergenehmigung erwirkt hatten, endlich vor der villa Aurelia anhielt, stöhnte ich auf und sandte ein Dankgebet gen Himmel. Noch ehe Caecus vom Kutschbock gesprungen war, stand ich neben dem inzwischen verhassten Reisegefährt und vertraute darauf, dass die Sklaven Prisca aus der Kutsche halfen, denn sie war es, die gerade mit mir fuhr. Deandra befand sich bei Helena, doch es konnte nicht lange dauern, bis auch diese beiden ihrem stickigen Holzgefängnis entflohen.


    Inzwischen hatte Caecus gesehen, dass seine Hilfe nicht mehr vonnöten war, und er wandte sich auf der Stelle um und strebte der villa entgegen, um unsere Ankunft anzukündigen. Einige der mitgereisten Sklaven begannen bereits damit, die beiden Gepäckwagen zu entladen, und nur wenig später öffnete sich die porta und der ianitor entsandte weitere kräftige Sklavenhände zum Helfen, damit die Kolonne nicht unnötig lang den Weg blockieren würde. Ich selbst machte mich indes auf den Weg ins Haus und war bereits suchend im atrium angelangt, als ich hastige Schritte vernahm und den Kopf der Quelle des Geräusches entgegen wandte. Die Sklaven, welche an mir und den anderen vorbeiliefen, grüßten Mitsklaven wie Herrschaften freundlich, liebevoll oder einfach nur höflich, eine junge Sklavin von nicht mehr als vierzehn Jahren fiel Deandra um den Hals, ehe sie sich rot im Gesicht hastig zurückzog, und ein schüchterner Sklave warf abwechselnd Helena wie Prisca mehrdeutige Blicke zu.

  • Ich war nervös, von Gemütsruhe keine Spur. Warum war ich eigentlich so lange weg, wenn es doch nichts half? Fragen ragen über Fragen! Wer würde alles dabei sein, würde man meinen angedachten Spass verstehen, würde Corvinus Cotta verfluchen, weil er sich darauf eingelassen hatte oder mich, weil ich auf diese Idee gekommen war, würde er mich überhaupt erkennen, na ja, vielleicht an den Augen, würde das Essen ausreichen, würde es auch schmecken und den Erwartungen entsprechen. Fragen ragen über Fragen.


    Und dann fuhren sie vor. Ich brüllete noch ein bisschen durch das Haus:


    „Alles fertig in der Küche, genug Wein vorhanden, genug Säfte, Trauben, Obst, Oliven, Feigen? Was ist mit dem Geflügel und der Gänsestopfleber? Und der Fisch, was ist mit dem, ist der auch frisch. Wenn die Moränen nicht schmecken sollten, haue ich sie dem Koch um die Ohren, die waren teuer. Was ist mit dem puls ist der vorbereitet?“
    Nicht das ich nicht schon 24 mal während des vergangen Tages gefragt hätte, aber nicht, dass ich was vergessen hatte. Nach mal eben die Haare durcheinander gebracht und den Bart zerzaust, dem Bruder mit dem Handrücken der Rechten auf die Brust geklappst und ab in die Arena. War er eigentlich auch so nervös wie ich. Wo ist der Sklave der die Nachricht brachte, der darf hier nicht auftauchen. Nur die Ruhe, wir atmen ein und wir atmen aus. Und jetzt raus, in aller Ruhe. Boah bin ich nervös.


    Ich ging in das Atrium, die porta stand noch offen und von draußen war ein Gewirr an Stimmen zu hören, welches sehr der Athener Agora ähnelte. Verschiedenste Sprachen unterhielten sich scheinbar, gaben Anweisungen, fluchten und herzten sich. Der erste den ich erblickte, war Corvinus, hatte sich ganz schön verändert, und ich erst. Er würde mich garantiert nicht erkennen und auf die Idee das ich es bin, würde er gar nicht erst kommen. Also grüßte ich mit ruhigen, aber überraschten Worten:


    „Salve! Mein Name ist L. Aurelius Lupus. Verzeih, aber falls du M. Corvinus bist, muss ich dir leider sagen, dass wir von eurer Ankunft völlig überrascht sind.“
    Ich hob belehrend die Arme in die Höhe und ließ sie wieder fallen, um dann mit betonten Worten weiterzusprechen.


    „Hättest du uns doch eine Nachricht zukommen lassen, so hätte wir Vorbereitungen getroffen, aber so. Wir wussten natürlich, dass ihr in Bälde eintreffen werdet, aber damit konnte doch niemand rechnen! Was können wir euch nun anbieten, außer einem Schluck Wasser und etwas puls. Du musst nämlich wissen, dass ich meinen Bruder Cotta überzeugen konnte sich meiner kynischen Lebensweise anzuschließen und wir nun schon eine gewisse Zeit auf diese Weise hier leben!!“


    Ich blickte zu Cotta hinüber.


    „Nicht war, Cotta?“

  • In den vergangenen drei Tagen hatten Lupus und ich fast jeden Augenblick mit der Ankunft unserer Verwandten gerechnet, und Lupus war dementsprechend beschäftigt gewesen, die Sklaven bei ihren Vorbereitungen zu überwachen. Schließlich war ja auch viel zu tun: Die villa musste auf Hochglanz gebracht werden, die cubicula mussten hergerichtet werden, in den Truhen wurde die noch vorhandenen Kleidungsstücke der einzelnen gens-Mitglieder noch einmal nachgesehen - und nicht zuletzt wollten wir unseren Verwandten natürlich ein in jeder Hinsicht abwechslungsreiches Willkommens-Mahl bieten. :D


    Ich war unendlich froh und dankbar dafür, dass Lupus all diese Sklavenarbeiten mit viel Sorgfalt und Liebe zum Detail überwacht hatte. Fest hatte ich mir vorgenommen, ihm dafür in einer ruhigen Minute einmal ganz herzlich Dank zu sagen! Bei all diesen Vorbereitungen, vor allem aber bei den kulinarischen, hatte mein Bruder ein Geschick und eine Umsicht bewiesen, die mich wirklich immer wieder in Staunen versetzte. Mit Freude sah ich, wie gut wir uns nun, da wir beide erwachsen waren, eigentlich ergänzten: Ich der eher ruhige, stille Typ, der sich oft hinter den Schreibtisch setzte, und er der lebendige, lebensfrohe Mann mit den stets neuen Einfällen. Für so etwas wie die Vorbereitung eines Festmahls fehlte mir jeder Sinn, den aber mein Bruder in einem reichen Maße besaß.


    Marons Erkundigungen war es zu verdanken, dass wir am Morgen des Ankunftstages davon in Kenntnis gesetzt wurden, dass die Reisewagen unserer Verwandtschaft sich im Anweg auf Rom befänden. Mein Bruder hatte mich noch mal eindringlich auf den von ihm ausgeheckten Plan eingeschworen; er hatte mich teilweise sogar abgefragt, ob ich auch alles richtig verstanden hätte. Ja, großer Bruder, das hatte ich, :D, aber ich hatte mich doch nicht seinem Willen beugen können und mir einen Bart wachsen lassen; dies wollte ich dann doch dem traurigen Ereignis einer pompa funebris vorbehalten. Lupus hatte sich also in schönster Kyniker-Manier Haare und Bart wild durcheinandergewuschelt, wohingegen ich am Vormittag noch ein Bad genommen hatte; ich war auch nicht uneitel.


    Viel Zeit zum Nachdenken blieb mir nach dem Gang ins balneum dann gar nicht mehr, denn deutliche Wagengeräusche und dann sogar Willkommens-Rufe drangen schon bald an mein Ohr und scheuchten mich von der Kline in meinem cubiculum auf, auf die ich mich noch zum Lesen zurückgezogen hatte, um die Zeit bis zur Ankunft zu vertreiben. Bei dem Lärm stand ich aber schnell auf und eilte zur Porta, wo ich auch sogleich unsere Verwandten erblickte. Ich hatte sie ja nun alle mehr als drei Jahre nicht mehr gesehen, Prisca sogar noch sehr viel länger nicht mehr, und so benötigte ich einen Moment, um sie alle zuzuordnen - jedenfalls die Frauen, Corvinus als einziger Mann war ja schnell erkannt!


    Sie alle sahen von der langen und sicher auch unbequemen Reise ein wenig mitgenommen aus, aber das war natürlich nichts gegen den Anblick, den Lupus bot, der unsere Verwandten nun mit dem von ihm sorgfältig vorbereiteten Text begrüßte. Zugegeben, er spielte seine Rolle hinreißend, und ich hätte gewiss lachen müssen - wenn mich nicht doch in diesem Moment in Gegenwart der Verwandten das Gefühl beschlichen hätte, einen Fehler gemacht zu haben, indem ich dem Vorschlag meines Bruders zugestimmt hatte. Aber zu spät, und ich wollte Lupus nun natürlich auch nicht desavouieren. Daher nickte ich eifrig, wenn auch vielleicht ein wenig künstlich, als Lupus mich ansprach, das von ihm Gesagte zu bestätigen.


    "Es ist eine Freude, euch endlich wieder zu sehen und hier in Roma zu haben - Corvinus, Deandra, Helena und Prisca! Ich hoffe, ihr könnt euch auch noch ein wenig an mich erinnern: Ich bin Cotta und war drei Jahre lang in Athen."


    Dies war natürlich alles mit vollem Herzen gesagt und war mir sehr leicht gefallen. Aber nun rief wieder die Rolle, die mir in der puls-Komödie zugedacht war. Ich wandte meinen Blick zu den Sklaven, die eifrig damit beschäftigt waren, das Gepäck der Herrschaften auszuladen. Dann fasste ich mir ein Herz und sagte so ernsthaft wie möglich:


    "Hoffentlich war die Reise nicht gar zu anstrengend für euch, aber Wasser und puls werden euch sicher wieder zu Kräften bringen!"

  • Der Hintern schmerzte von langen Sitzen. Im Gegensatz zu anderen fand ich niemals Schlaf in solch schaukelnden Gefährten, schwatzhaft war ich auch nicht veranlagt, also blieb nur das Schweifen der Gedanken. Einer Tätigkeit, der ich an sich mit Vorliebe nachging, aber bei einer derartig langen Reisezeit gingen selbst mir irgendwann die Themen aus, denn es fehlten Gedankenanstöße. Ich schaute daher nach draußen, zählte bisweilen die Bäume am Straßenrand, versuchte, in Wolkenanhäufungen Bilder zu entdecken, lauschte dem Klappern der Pferdehufe und nahm aus reiner Beschäftigungstherapie in lockerer Folge winzige Schlucke aus meinem Wasserbecher, der beständig nachgefüllt werden musste. Immerhin sorgte der hohe Wasserkonsum dafür, dass ich mich einerseits trotz der Hitze recht erfrischt fühlte und andererseits häufiger für Zwischenstopps sorgte, um das Wasser wieder abzuführen. Ich nutzte dann jeweils die Gelegenheit, um mir die Beine zu vertreten.


    Endlich jedoch nahte der Augenblick, an dem ich dieser Kutsche dauerhaft würde den Rücken kehren können. Ich setzte mich bereits aufrecht hin, lehnte den Kopf nahe dem Sichtfenster an das Holz und nahm auf diese Weise bereits lange, bevor wir das Anwesen erreichten, die bekannte Grundstückseinfriedung wahr. Auf mein Winken hin, kam ein Sklave herbeigeeilt, der die Tür öffnete, seine Hand einladend hinstreckte und mir damit das Aussteigen erleichterte.


    „Den Göttern sei Dank, ich habe wieder aurelisch-römischen Boden unter den Füßen!“


    Mit diesem Stoßseufzer schritt ich auf die Villa zu, die ich zwar in und auswendig kannte, die ich aber trotzdem derzeit nur als Gast betrat. Auf dem Weg zum Atrium fiel mir eine junge Sklavin um den Hals, der ich verwundert nachschaute, als sie sich hurtig zurückzog. Ich blieb stehen und grübelte, wessen Sklavin das war. Oder kannte ich sie gar als Kind, und zwei Jahre hatten genügt, um sie nicht wiederzuerkennen? Ich schüttelte lächelnd den Kopf, setzte mich wieder in Bewegung und stand wenig später im Atrium.


    Eine Sprachlawine, die sich über Corvi ergoss, zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Schon bald erfuhr ich, dass es sich um Cottas Bruder handeln musste, den ich sicherlich wegen der gewöhnungsbedürftigen Optik auf der Straße nicht als Verwandten erkannt hätte. Es schien, als wäre er über Wochen gereist und nicht wir. In das Gespräch wollte ich mich jedoch nicht mischen, vielmehr suchte ich den Blickkontakt zu Cotta, der inzwischen auch die Empfangshalle betreten hatte. Mein verwunderter Blick, in Verbindung mit fragend gerunzelten Brauen, sprach Bände. Meine zuckenden Mundwinkel konnten sich nicht entscheiden, ob sie in einem Schmunzeln oder in Missbilligung enden sollten.


    Schließlich entschied ich mich zu einem Gruß, was nie verkehrt war.


    „Salvete!“


    Ich kam ins Stocken, aber Cotta hieß uns in diesem Augenblick willkommen und stellte sich vor.


    „Aber sicher erinnere ich mich. Ich kenne sogar deinen, ähm, euren Vater noch“, erwiderte ich freundlich und linste dabei zu Corvi, um zu schauen, wie er auf Lupus reagierte. Das Angebot mit Wasser nahm ich, nun ja, mit gedämpfter Begeisterung auf, hatte ich doch den gesamten Tag bereits Ummengen an Wasser zu mir genommen. Und Puls kam für mich ja nun mal überhaupt nicht infrage.


    „Ähm, es gibt nur noch Puls und Wasser unter den Vorräten?“, fragte ich noch einmal nach, weil mir Lupus’ Aussagen noch im Kopf schwirrten. Mit angehobenen Brauen sah ich Lupus an.

  • Mitten im Schritt stockte ich, als ein zotteliger Braunbär das atrium betrat. Jedenfalls hatte ich im ersten Moment den Eindruck, dass es einer war. Auf den zweiten, gründlicheren Blick hin erkannte ich allerdings, dass es kein Bär war, sondern vielmehr ein neuer Sklave sein musste. Missbilligend registrierte ich, dass er scheinbar viel zu wohlwollend eingekleidet worden war, denn diese Aufmachung gebührte keinem Sklaven. Doch als ich gerade Anweisung erteilen wollte, Cotta zu benachrichtigen, tat der Zottelbär seinen Mund auf und stellte sich als Aureliusn Luous vor. Ich konnte nicht umhin, zu gaffen. Nicht nur, dass ich entsetzt war, wie man sich so gehen lassen konnte, nein, die weiteren Worte bargen noch zusätzliche Überraschungen: Brix hatte scheinbar einen Umweg genommen und war doch nicht hier eingetroffen, und darüber hinaus schien in der städtischen villa Aurelia so einiges im argen. Kynetische Lebensweise? pulsum und Wasser? Ich öffnete den Mund und schloss ihn ungesagter Worte wieder. Das Reden übernahm ohnehin Deandra, die inzwischen neben mir stand und ebenso verwundert schien wie ich. Beim Iuppiter, mit allem hatte ich gerechnet, aber doch nicht damit?! Ich warf Deandra einen fragenden Blick zu und sah auch Prisca hilflos an. Helena betrat gerade das atrium und gesellte sich zu uns. Auch ihr Gesicht erschien mir nicht begeistert.


    Da ich mich so überrumpelt fühlte, fiel die Begrüßung, gelinde gesagt, frostig aus, denn ich stand auf dem Mosaik in Form eines Baumes wie angewurzelt und diesen Lupus anstarrend da. Alles, was ich hervorbrachte, war vorerst ein ziemlich intelligentes "Ähm...", gepaart mit mürrisch gerunzelter Stirn und der Frage, was zum Henkersknecht hier während meiner Abwesenheit geschehen war.


    Nur einen winzigen Moment später kam wirklich derjenige, dessen Schritte ich geglaubt hatte, zu hören: Cotta. Schon während seiner für mich unnötigen Vorstellung - ich hatte ihn gleich erkannt - umarmte ich ihn brüderlich (mir fiel wieder einmal auf, dass mir meine Brüder doch sehr fehlten) und klopfte ihm zwei-, dreimal auf den Rücken. "Appius, alter Haudegen", grüßte ich ihn in vertrauter Manier und fühlte mich gleich fiel besser als nur mit seinem - vermeintlichen! - Bruder, dem ich nun einen flüchtigen Blick zuwarf. Doch schnell wandte ich mich wieder Cotta zu, der nun ebenfalls etwas von pulsum redete. Ich ließ ihn los und sah forschend von einem zum anderen. Trieb man hier seine Spielchen mit uns? Auch Deandra hakte nach, und ich stimmte mit ein. "Das mag ich gar nicht glauben", sagte ich und sah nun wieder den an, der vorgab, Lupus zu sein. "Lucius Lupus? Der Lupus?" fragte ich skeptisch, obwogl er ja bereits im Vorfeld gesagt hatte, dass er Cottas Bruder war, den ich zwar kannte, aber eben wohl nicht mehr gut genug, um ihn unter dieser Matte an Haaren wiedererkennen zu können. Was war nur mit ihm geschehen?


    Verwirrt sah ich wieder zurück zu Cotta, mit dem ich ja den Briefkontakt gehabt hatte. Warum hatte er nichts von den Zuständen erzählt, die hier gegeben waren? "Also", sagte ich schließlich kategorisch und hob beide Hände in einer abwehrenden wie eine Klärung verlangenden Geste. "Was ist hier eigentlich los? Ist Brix nicht schon vor Tagen hier eingetroffen? Was hat es mit dem Puls auf sich? Und warum, bei Mars' mächtiger Lanze, siehst du aus wie ein Germane, Lucius?" Zack, der Hausherr war daheim. :D

  • Je näher sie Rom kamen, umso ruhiger und nachdenklicher wurde Prisca. Ihren Onkel, der die letzte Etappe zusammen mit ihr gefahren war, hatte dies sicher nicht sonderlich gestört. Denn so musste er sich nicht ständig ihre Nörgeleien über die unbequeme Reise anhören. Bald hatte diese Odysee ja ein Ende, aber für Prisca bedeutete es auch einen Neuanfang. Sie kehrte nicht in das Heim zurück, das sie vor über zwei Jahren verlassen hatte. Nicht Ostia, sondern Rom war von nun an ihr zu Hause und nicht ihre Mutter, sondern viele neue Verwandte würden künftig ihr Leben begleiten. Leise seufzend beugte Prisca sich zum Fenster des Wagens und blickte hinaus. Es war keine Resignation, sondern Unsicherheit, die momentan ihre Gefühle bestimmten.


    Als sie dann endlich vor der Villa vorfuhren, verflüchtigte sich die Unsicherheit wieder ein wenig und machte Platz für die Freude und Erleichterung darüber, dass sie es endlich geschafft hatten. Nachdem sie den verhassten Wagen endlich entstiegen war hielt sich Prisca erst einmal in der Nähe von Helena und ein wenig im Hintergrund auf. Sie versuchte sich zu orientieren und staunend hingen ihre Augen an dem imposanten Gebäude, welches die Villa Aurelia darstellte. Und ihre Augen wurden noch größer als eben, durch die Porta dieser Villa, freundlich grüßend ein Waldmensch ins Freie trat.


    Jedenfalls sah dieser Mann auf den ersten Blick so aus. Doch recht schnell entpuppte sich dieser als ein Familienangehöriger namens Lupus. Prisca konnte sich kein so rechtes Bild von ihm machen, denn der Bart und die wirre Kopfbehaarung verdeckten das meiste von seinem Gesicht. War "Germanen-Style" jetzt Mode in Rom, fragte sich Prisca und verwarf den Gedanken sogleich, als sie Cotta erblickte. Dieser vertrat mit seiner Erscheinung wenigstens würdig das Bild eines Patriziers der gens Aurelia, so wie Prisca sich es vorstellte. "Salvete!" Mit einem freundlichen Lächeln grüßte sie dann, denn abgesehen von der etwas seltsamen Erscheinung des einen Bruders, freute sie sich wirklich die Beiden endlich kennen zu lernen. Dann überlies sie Deandra und Marcus den offiziellen Teil der Begrüßung. Für nette Gespräche wäre sicher noch bei dem nun folgenden Festmahl genügend Zeit und Gelegenheit. So dachte sich es Prisca zumindest.


    Unmerklich zuckten ihre Mundwinkel dann nach unten und das Lächeln fror ein wenig ein als sie hörte, was das Begrüßungsessen darstellen sollte. Wasser und Mehlpampe, das konnte es doch nicht sein! ... oder doch? Zumindest ließen die Worte von Lupus und Cotta keinen Zweifel daran, dass sie es ernst meinten. Prisca schüttelte sich innerlich und wollte nicht weiter darüber nachdenken. Puls hatte sie schon als Kind immer gehasst und das würde ihr empfindlicher Magen ohnehin nicht lange behalten können.


    "Oooh! ... Wasser und puls, wie schön!" stellte Prisca fest und lächelte etwas gezwungen in die Runde. Sie sagte es gerade so leise, dass der leichte Unmut in ihrer Stimme nicht weiter auffiele und laut genug, damit es gegenüber den anderen höflich wirkte. "Für mich dann bitte nur ein bisschen Wasser!" ... "die Pampe können meinetwegen die Sklaven haben". fügte sie nur ihm Gedanken hinzu, lauschte aufmerksam den weiteren Gesprächen und stellte sich schon mal auf noch größere Überraschungen ein.

  • „Salve auch dir Deandra.“


    Langsam wurde ich warm und so viel es mir auch nicht schwer ihr in gekonnter Nüchternheit zu sagen:


    „Das ist richtig! Wasser und puls. Das Essen eines wahren Römers!“


    Das klappte ja wunderbar, entsetzten schien sich breit zu machen und mein Äußeres machte die Geschichte glaubwürdiger. Ich musste mich sehr zusammenreißen, um mein Gesicht nicht mit einem verräterischem Lachen zu schmücken. Wie es zu erwarten war, erkannte mich niemand und die Nennung meines Namens schien noch größer Verwirrung auszulösen.
    Ich sah, während ich sprach, abwechselnd in die Gesichter, welche sich nun mehrten und beendete meinen Rundblick bei Cotta. Mein Tonfall blieb nüchtern, mein Gesicht ohne Mimik.


    „Wie gesagt, eine Nachricht hätte genügt und wir hätten selbstverständlich Vorbereitungen getroffen! Natürlich ist nicht davon auszugehen, dass sich jeder mit unsere Lebensweise anzufreunden weiß, schon gar nicht so hochgestellte Persönlichkeiten der Gens Aurelia. Aber nun sind wir völlig unvorbereitet. Die Vorratskammern sind und der Weinkeller auch!“


    Das war im übrigen nicht gelogen, weil sich schließlich alles in der Küche befand und zubereitet werden würde. Mit dem was wir alles gekauft haben hätte man zweifelsohne eine ganze Legion wochenlang versorgen können.
    Ich runzelte nachdenklich die Stirn und blickte kurz zu Boden, strich mir dann Haar und Bart glatt, zuckte mit den Schultern und sagte in nachdenklichen Worten:


    „Letzte Woche haben wir doch Brot gekauft, davon könnten noch Rest da sein, vielleicht. Oder war das schon vor zwei Wochen? Spielt auch keine Rolle. Gut, das wird jetzt ziemlich trocken sein, aber genießbar allemal. Das ist nichts was einen Kyniker wie mich stören würde. Wie ihr an Cottas noch unkynischem Aussehen erkennen könnt, befindet er sich noch auf dem Wege, das ist aber nur eine Frage der Zeit. Er hat schon große Fortschritte gemacht. Dies beantwortet doch hoffentlich eure Fragen.“


    Ich versuchte galant vom Thema abzulenken, um die Sache herunterzuspielen und sie als Selbstverständlichkeit darzustellen.


    „Entschuldigt meine Unhöflichkeit, kommt herein, draußen ist es heiß. Ihr werdet feststellen, dass sich das Haus in tadellosem Zustand befindet. Ihr müsst mir unbedingt etwas über Germanien erzählen, das interessiert mich sehr!“


    Um noch einen oben drauf zu setzen sagte ich:


    „Nimmst du unsere Lieben bitte mit ins Triclinum, Cotta. Ich werde derweil mal in der Küche vorbeischauen und Wasser hohlen!“


    Falls jemand denken würde, dass wir uns einen Spaß erlauben, würde er eines Besseren belehrt werden. Das triclinum war leer. Es war alles in der Küche, ich hatte noch etwas vor.

  • Abgesehen von dem erwiderten Gruß, der den üblichen Gepflogenheiten entsprach, klang keine einzige Auskunft Lupus’ alltäglich, beruhigend oder gar ermutigend. Es verschlug mir die Sprache. Ich legte in einer Geste der Bestürzung die Finger meiner linken Hand vor den Mund, starrte zunächst Lupus, dann Cotta und schließlich Corvi an, der mir als einzige Rettung in dieser besorgniserregenden Situation erschien. Meine Vorstellung, ich würde nach den vielen Einschränkungen und Verzichten während des Germanienaufenthalts nunmehr wieder in die Zivilisation zurückkehren, erwies sich als Illusion. Fast schien er mir, als wäre ich ein ganzes Zeitalter fortgewesen, weil sich die Dinge so grundlegend geändert hatten.


    „Aber du kannst doch nicht …“ ‚… selbst die Getränke holen gehen’, wollte ich auf Lupus’ letzte Bemerkung hin anfügen, aber die Worte erstarben auf den Lippen. Inzwischen fixierte ich wieder ihn. Längst war meine Hand kraftlos herabgesunken. Ich stand leicht vorn übergebeugt, so als könne die forschende Haltung dazu beitragen, die Ursache dieser unglaublichen Veränderungen in meinem Elternhaus zu ergründen, aber eine Erklärung kam von seiner Seite nicht. Wie unter Zwang wendete sich mein Blick wieder Corvi zu, aber Momente der stillen Bestürzung vergingen, ehe ich mich annähernd gefasst hatte.


    „Marcus?“, presste ich schließlich heraus, was ein Notruf, ein Erklärungsgesuch und ein Appell gleichzeitig war.


    Auf der Suche nach einer Erklärung blickte ich auch zu Prisca, um zu ergründen, wie sie mit der Situation umgehen würde. Auf keinen fall würde ich mich von der Stelle rühren, auch wenn Cotta jetzt in das Triclinium gehen würde.

  • Das Prisca nach außen hin immer noch so ruhig und gelassen wirkte lag vielelicht nur daran, dass sie die letzen Wochen auf so vieles verzichten musste. Die innere Verzweiflung, die sich langsam in ihr ausbreitete, konnte sie jedenfalls noch einigermaßen unterdrücken. So warf sie Denadra zuerst einen eher resignierten, aber vielsagenden Blick zu, denn insgeheim stellte sie sich gerade ihr künftiges Leben bildlich vor:


    "Ja, wir werden alle auf dem Fussboden schlafen, oder in Fässern im Garten. Jeden Tag Wasser und puls und eine selbstgeschneiderte Tunika, die einmal die Woche gewechselt wird. Sklaven werden wir natürlich auch keine mehr haben und lediglich die gemeinsamen Stunden, in denen wir irgendwo am Boden und im Kreis sitzen und uns an den Händen halten, werden unser Leben mit Glück und Freude erfüllen."


    Priscas Blick zu Deandra wurde mit einem Mal fragender, weil ihr gerade ein rettender Gedanke in den Sinn kam:


    "Ob ich Deandra fragen soll? Vielleicht darf ich ja mit ihr zusammen in die Villa Claudia ziehen? Oder ich lasse mich adoptierten, wenn das ginge ... oder ... ich heirate den Nächstbesten, der mir über den Weg läuft...."


    Ja so verzweifelt war Prisca bereits, dass sie sogar bereit gewesen wäre sofort zu heiraten, aber alle diese Gedanken verwarf sie sofort wieder, nur um weiter zu grübeln, was das alles zu bedeuten hatte. So überzeugend spielten Lupus und Cotta ihr diese Komödie vor. Letztendlich konnte sie nur mit den Schultern zucken, als sie schließlich etwas hilflos zu Deandra meinte:


    "Vielleicht sind das ja die neuen Sitten hier in Rom? Wir waren schließlich lange weg."


    Wieder ging ihr fragender Blick durch die Runde, auf der Suche nach einer plausiblen Erklärung.

  • Ich hatte mich bereits umgekehrt, um mich auf den Weg in die Küche zu machen und fand endlich eine Situation um wenigsten für den Bruchteil eins Wimpernschlages ein Lächeln im Gesicht zulassen zu können. Man sollte auch nicht zu sehr übertreiben, scheinbar wird bereits darüber nachgedacht, was außer dem Essen noch alles nicht vorhanden ist. Ich drehte mich wieder um, gestikulierte mit der Rechten und setzten ein leicht besorgtes, aber beruhigendes Gesicht auf:


    „Nur keine Sorge. Dies sind natürlich nicht die neuen Sitten in Rom. Einzig Cotta und ich sind es, hier im Haus, die auf diese Weise leben. Darum sind auch die Vorräte gering und nur für das Nötigste ausgerichtet. Darum sprach ich von einer Mitteilung an uns.“


    Leicht vorwurfsvoll blickte ich zu Corvinus und gestikuliert aufzählend mit der geöffneten linken Hand


    „Sie hätte uns veranlasst das Entsprechende zu beschaffen, die Vorratskammern zu füllen und auch den Weinkeller. Die Zimmer sind weiterhin möbliert, die Sklaven alle Vorhanden wie ihr seht und das Haus gepflegt und auch der Garten. Einzig Cotta und ich fallen aus dem Rahmen und wie ihr seht, ich mehr als mein lieber Bruder.“


    Ich schüttelte kurz den Kopf


    „Jetzt kommt schon rein, es ist heiß. Ich hohle jetzt das Wasser und bringe es ins triclinium.“


    sagte ich in aufforderndem Ton und ging in die Küche um nach dem Essen zu sehen. Dort angekommen überzeugte ich mich davon, dass auch alles seine Richtigkeit, kommandierte nach links, kommandierte nach rechts und schmeckt zum Ärger des Koches einiges selber ab, als ob ich es besser wüßte. Aber ich war furchtbar nervös, auch wenn es bis jetzt doch alles geklappt hatte.

  • Während der Begrüßungszeremonie gelang es mir nur mühsam, mein Schmunzeln über die gelingende Komödie zurückzuhalten: Lupus spielte seine Rolle als quickfideler kynischer Zeremonienmeister einfach zu gut! In einem einzigen Moment war es mir vergönnt, meine Züge zu entspannen: Als Corvinus mich zur Begrüßung vertraulich umarmte und die weiblichen Mitglieder unserer gens freundlich, aber auch schon ein wenig erschrocken grüßten, war ein freundliches Lachen auch von meiner Seite natürlich angebracht, das die fast schon verkrampften, eingemeißelten Gesichtszüge merklich lockerte. Ich war aber auch froh, alle so wohlbehalten wiederzusehen!


    Dies aber dauerte nur einen kurzen Moment, dann hieß es für mich schon wieder, mit meiner Miene in ernsthafter Würde zu machen, denn Lupus hob mit neuen erhellenden Erklärungen an. Einzig die ununterbrochene Meditation stoischer Leitsätze half mir in diesen ungemein komischen Augenblicken dabei, meine Fassung zu bewahren und nicht loszulachen - die Meditation stoischer Leitsätze, daneben aber auch meine dritte große Leidenschaft neben der Philosophie und der Politik: die Beobachtung von Menschen. Während mein Bruder nämlich weiterhin auf die lieben Verwandten in einer Art und Weise einsprach, die für diese nur verwirrend sein konnte, bot sich mir die Gelegenheit, ihr Verhalten in dieser für sie unerwarteten Situation zu studieren: Corvinus versuchte natürlich energisch, das Heft des Handelns wieder an sich zu bringen; Deandra schien ehrlich erschüttert und Prisca, die ich von allen ja am wenigsten kannte, schien über ein ausgesprochen helles Köpfchen zu verfügen; mir kam es nämlich so vor, als suche sie bereits im Stillen nach Fluchtmöglichkeiten für ihre Person aus dieser "kynischen Idylle".


    Aus diesen meinen Beobachtungen wurde ich unsanft gerissen, als Lupus mich aufforderte, unsere Verwandten nun ins triclinum zu führen, während er aus der culina Wasser holen wollte. Diesem Verlangen leistete ich auch nur zu gerne Folge, gab es mir doch die Möglichkeit, im Voranschreiten vor den Familienmitgliedern diesen den Rücken zuzudrehen und nun doch einmal wieder zu lachen. Das Lachen allerdings unterdrückte ich dann auch wieder recht schnell, weil ich noch einiges sagen wollte und man an meiner Stimme die lachenden Gesichtszüge ja nicht erkennen sollte; ich beabsichtigte nämlich, noch eins draufzusetzen:


    "Wenn wir auch im Moment nicht viel hier haben - Wasser ist genug da! Es wird sicher neben dem Trinken auch noch dazu reichen, euch die Füße damit zu waschen - an den überflüssigen Luxus eines Bades denkt ihr doch sicher nicht?"


    Ich musste grinsen und war wirklich froh, dass ich Maron stricte in den hinteren Teil der villa beordert hatte. Er hatte es gar nicht laut zu sagen brauchen, ich wusste auch so, dass er mein und Lupus' Scherz durchaus missbilligte. Und hätte ich nun auf dem Weg ins triclinum auch noch in sein entgeistertes Gesicht sehen müssen - ich hätte ganz sicher laut loslachen müssen. So aber gelang es mir noch, einigermaßen glaubwürdig anzufügen:


    "Ich hoffe, ihr alle seid nicht so konsterniert, dass ihr gar nicht mehr an unseren kleinen Sonnenschein denkt: Sisenna! Ich kann euch übrigens beruhigen, sie wird natürlich nicht nur von Wasser und puls ernährt, und gewaschen wird sie auch regelmäßig! Allerdings versäumen Lupus und ich natürlich nicht, sie bereits jetzt mit den Grundsätzen der kynischen Philosophie vertraut zu machen. Es ist ja so wichtig, dass Kinder schon früh den richtigen Weg gewiesen bekommen!"


    Als ich diese Worte ausgesprochen hatte, waren wir am triclinum angelangt. Ich war gespannt, wann mein Bruder sich wieder zeigen würde.

  • In der culina herrschte weiterhin Hochbetrieb und das meiste war auch schon so gut wie fertig. Wein, Säfte und posca waren gut gekühlt, uvae(Trauben), ficus (Feigen) und palmulae (Datteln) schmeckten wunderbar und weil ich schon mal da war, aß einfach mal ein paar Datteln und wischte mir den Mund ab, bloß nicht riskieren, dass ich etwas im Bart oder am Mund kleben hätte, was mich verriet. Auf einem der Tische lagen fertig zubereitete Schnecken neben gefüllten Schweineeutern. Es sah alles sehr lecker aus und war bereit serviert zu werden.
    Ich ließ mir ein Tablett geben, auf welchem ich das Wasser ins triclinium schaffte. Ein Sklave trug dazu einige leere Schüsselchen und eine größere mit dem angefertigten puls. Ihm würde ich gleich die Anweisung geben das fertige Essen ins triclinum bringen zu lassen. Dort angekommen setzte ich ersteinmal mein mimikloses Gesicht wieder auf und stellte fest, dass alle noch kreuz und quer umher standen. Verwundert blickte ich die Damen an


    „Was ist denn hier los? Setzt euch, macht es euch bequem! Hier ist das Wasser und vom puls brachte ich auch direkt etwas mit. Es wird dich freuen, Cotta, dass er heute wieder sehr dick und sättigend geworden ist. Der Spelt ist wirklich gut. Hier sie mal.“


    Ich stellte das Wasser ab und nahm die Schüsseln dem Sklaven ab und stellte sie zum Wasser, stach dann mit einem Löffel in die puls-Schüssel, hob ihn an und ließ den Brei zurück in die Schüssel gleiten. Ich schaufelte etwas davon in eine der Schüssel und aß demonstrativ und mit großer Vorfreude im Blick ein wenig davon.


    „Hmmm, lecker! Ist wirklich gut. Also, wer ist hungrig? wer will auch was?“


    Ich blickte fragend und mit einer ungeheuren Selbstverständlichkeit in die Runde. Mir machte das nichts aus, ich hatte jahrelang viel schlechterer Dinge gegessen, aber ich wollte meinen Bruder nicht zu sehr einnehmen. Das würde ihm bestimmt nicht schmecken. Also fügte ich noch an:


    „Was ist eigentlich mit deinem Appetit, Cotta? Du hast heute morgen schon so viel gegessen, willst du eigentlich auch etwas haben, hast du schon wieder Hunger? Wahrscheinlich nicht, oder?

  • Ich hörte wohl nicht recht. Immer noch wartete ich darauf, dass man diesen schlechten Witz als solchen enttarnte und uns gebührend empfing - mit Wein und exquisiten Speisen, einem heißen Bad und einem warmen Bett, wie man es wohl erwarten konnte. Doch statt diesen Irrsinn zu beenden, versicherte uns Cotta nur, dass genug Wasser da war. Deandras drängende Aufforderung - zumindest verstand ich die Art, wie sie meinen Namen aussprach, als solche - veranlasste mich schließlich zum Handeln, ebenso wie Priscas Annahme, die Mode habe sich geändert. Ich schnaubte verächtlich, als Lupus sich entfernte und allein Cotta bedauernswerterweise meine Missgunst abbekam - Lupus hatte sich gut aus der Affäre gezogen...


    "Appius. Wir sind in den letzten Wochen über tausend Meilen gereist. Wir haben uns auf der Reise nur notdürftig reinigen können, haben Tag um Tag nur wenige karge Mahlzeiten eingenommen und uns das Sitzfleisch wund gesessen", fasste ich genervt zusammen und wurde dabei immer lauter. Als ich fortfuhr, blieben sogar einige Sklaven stehen und sahen erschrocken in unsere Richtung. "Und nun kehren wir heim, und du willst mir weismachen, dass Brix nicht hier angekommen ist und alles, womit die aurelischen Vorratskammern gefüllt sind, Wasser, pulsum und hartes Brot ist?! Bei Iuppiters Stein und Mars' Bart, ich hoffe für euch, dass dem nicht so ist, sonst verliere ich meine Geduld!" Die war mir ohnehin schon abhanden gekommen, was sicherlich zu merken war, sowohl am Ton als auch an der Lautstärke. Ich schwenkte den Zeigefinger um, mit dem ich eben noch in Cottas Brust gebohrt hatte, und deutete auf eine vorbeilaufende Sklavin, die neu sein musste. "Du! Richte unsere Zimmer her und schaff Wein und gutes Essen herbei. Und zwar flott." Dahin war die Vorfreude auf die Heimat, so einen Empfang wünschte ich ja niemandem.


    Wir standen immer noch im atrium herum, um uns herum wuselten allmählich wieder die Sklaven, beladen mit Gepäckstücken und sonstigem Krimskrams, als Lupus zurück kam. Sein Aussehen machte mich krank, seine Worte erzürnten mich und als schlechten Scherz empfand ich diese Angelegenheit schon längst nicht mehr. Ich wollte ein gutes Gespräch, eine weiche Liege, gutes Essen, wohlschmeckenden Wein, ein Bad und eine Massage - aber nicht Wasser und Puls! Ich deutete auf Lupus. "Lucius,, ich kann nur hoffen, dass du dich so nicht draußen hast blicken lassen. Die Aurelier werden dann nicht nur mit einem abtrünnigen comes in Verbindung gebracht, sondern auch mit einem 'germanischen Patrizier' - das können wir doch nicht verantworten! Oh tempora, oh mores, was ist nur aus uns geworden - was ist nur aus euch geworden?!" rief ich entrüstet aus und hob kurz die Arme in einer hilflosen Geste. Verzagt schüttelte ich den Kopf. Dass Lupus sich über den Brei hermachte, war nicht gerade eine Bestätigung, dass hier alles zum Besten stand. Ich wandte mich wieder an Cotta. "Vetter, ich bin enttäuscht. Wir werden sicher einige Tage bei den Claudiern unterkommen können. Kynetische Lebensweise...dass ich nicht lache!" Ich schnaubte abfällig und wandte mich Deandra, Prisca und Helena zu, die fassungslos um mich herum standen. "Meine Damen - wir gehen", kommandierte ich und wies zur porta.


    Sim-Off:

    Hehe 8)

  • Jetzt schön ruhig bleiben und nicht los lachen und schon gar nicht plappern. Das war ja zu erwarten. Aber es galt harmonisierende Worte zu finden. Ich ging auf den gereizten Corvinus zu; so ungefähr stellte ich es mir vor, wenn man vor einem gereizten Keiler steht. ‚Wenn ich lange genug hinsehe, sehe ich vielleicht auch die Stoßzähne‘, dachte ich.
    Ich ging auf ihn zu legte meine linke Hand auf seine Schulter und legte meine sanfteste Stimme auf, welche doch nur selten keine beruhigende Wirkung gezeigt hatte.


    „Vetter, alles wird gut! Beruhige dich. Bedenke bitte, dass du soeben eine Sklavin damit beauftragt hast die Zimmer herzurichten und Essen und Wein zu besorgen. Aber wisse. Als ich in der culina war, entsandte ich einen der Sklaven um sich der Sache anzunehmen. Es wird für alles gesorgt, es wird nur einen Moment Geduld brauchen.“


    Ich blickte ihm in die Augen


    „Was deine anderen Fragen betrifft wisse folgendes. Natürlich waren wir nicht auf den römischen Straßen unterwegs, zumindest nicht ich, das wäre doch ein törichtes und höchst beschämendes Unterfangen gewesen. Für uns alle.“


    Ich zeigte mit der geöffneten Rechten auf eines der Speisesofas, ließ die Linke aber auf seiner Schulter. Meine Stimme blieb ruhig und der Gesichtsausdruck verriet Anteilnahme an seine Situation.


    „Nimm erst einmal Platz. Dort ist es bequem, dort kannst du die Füße hochlegen, zur Ruhe kommen und die Augen schließen. Horch, die Vögel singen! Woran erinnert dich das? An DEIN zu Hause. Dort, wo DU nun bist! Das mit dem Essen wird in Kürze geklärt sein und nur wegen so einer Lappalie wirst du doch nicht auf dein zu Hause verzichten!! Noch eine weitere Strecke auf dich nehmen und sie den Damen zumuten, nur weil es mit dem Essen etwas länger dauert als DU es natürlich gewohnt bist. Aber ich werde euch mit einer ganz simplen kynischen Möglichkeit die Zeit bis zum Essen verkürzen. Kann jeder und ist nichts schwieriges wofür man Überwindung bräuchte. Dazu müsst ihr euch aber setzten und mitmachen! Ja?“


    Ich blickte nacheinander in die übrigen Gesichter und hielt bei unserem Keiler


    „Seit so gut und reist nicht sofort wieder ab, es wird sich doch um alles gekümmert!“

  • Irgendwie schaffte es Lupus, mich und die anderen ins triclinium zu geleiten, ohne dass ich es richtig registrierte. Mürrisch hörte ich Cottas älterem Bruder zu und sah mich dabei im triclinium um. Die alten Vorhänge waren durch neue ersetzt wurden, hier und dort war eine andere Anordnung der Dekorationsgegenstände vorzufinden und an der Südseite prangte inzwischen nicht mehr die auf die Wand gemalte triereme, sondern ein recht detailliertes Bildnis mit Zypressen und dem Abbild der Ceres. Allmählich fühlte ich mich doch am Ende der Reise angelangt, ich seufzte tief.


    Lupus' Erzählungen schwangen recht zügig an mir vorbei und während ein Sklave den Frauen Sessel heranschleppte, ließ ich mich bereits auf eine Liege sinken und stützte die Ellbogen auf die Oberschenkel und das Kinn auf die Hände auf. Lupus' Hang zur Kynetik ging mir bereits jetzt auf den Geist, und dass ich ihn nicht beim Sprechen unterbrach, war nur Deandras Blick zu verdanken, den ich eben aufgefangen hatte. Stumm musterte ich sie, während Lupus weitersprach, und mir kamen Gedanken in den Sinn, die ganz gewiss nichts mit Kynetik zu schaffen hatten, doch da forderte uns Lupus auf, bei irgendeinem Blödsinn mitzumachen. Ich richtete mich auf und sah zu Cotta. Wie lang mochte Lupus schon hier wohnen, wie lange hatte mein armer Vetter es nun schon mit diesem Unsinn aushalten müssen? Ich machte eine wegwerfende wie resignierend wirkende Geste zu Lupus hin. "Lucius, tu mir einen Gefallen und verschone uns mit diesem Quatsch. Bestell dir lieber einen ordentlichen Barbier oder schicke nach Naavi und Saba, damit sie dich von dem ganzen Haar befreien", grummelte ich, nun schon wieder etwas versöhnlicher.

  • Interessaaant. Das Leben, das ich Jahrelang führte, nennt er Quatsch. Was soll ich denn davon halten. Ist auch egal, aber wir sollte hier mal langsam hin machen, bevor das Essen noch kalt wird. Also legte ich Tempo vor.
    Corvinus hatte sich gesetzt. Ich ging wieder auf ihn zu und legte meine Hand über seine Augen. Er war doch viel zu erschöpft um sich zu wehren. Meine Stimme blieb ruhig.


    „Schließt die Augen!“ Ich sah mich um und blickte in die Gesichter der Familienmitglieder, welche nun alle genervt mit geschlossenen Augen auf ihren Sitztgelgenheiten Platz genommen hatten.


    „Hört das Vogelsingen, und lauscht dem Flattern ihrer Flügel und spürt den Wind in eurem Haar, riecht das gemähte Gras, aus welchem sie sich erhoben und das nun auf den Boden sinkt. Schmeckt die Feige auf eure Zunge, die soeben von dem Baum herunter viel, auch welchem der Vogel gelandet ist.“


    mit einer Handbewegung gab ich dem Sklaven Anweisung, die Speisen herein bringen zu lassen. Die Sklaven hatten sich hinter der Türe postiert, traten nun mit leisen Schritten ein und postierten sich in direkter Sichtweite.


    „Und jetzt hört das Klappern von Pokalen, riecht den Duft des ficatum (Gänsestopfleber), schmeckt den turriculae am Gaumen und seht mit geöffneten Augen die Cena.


    Ich zog meine Hand von Corvinus Augen und ließ ihn einen Blick auf die breite Auswahl an Speisen, Getränken und Früchten werfen. Endlich durfte ich mein Grinsen zeigen. Ich legte meine Hand wieder auf seine Schulter und sagte


    „Willkommen zu Hause“

  • Nun die Sache schien sich irgendwie nicht so recht aufklären zu wollen. Lupus und Cotta waren beide sehr freundlich und gaben sich wirklich alle Mühe. Aber die arme Verwandtschaft, welche wochenlang gelitten und auf engstem Raum so viele Entbehrungen hatte hinnehmen müssen, mit Wasser und Brei abspeisen zu wollen, das war wirklich die Höhe. Besonders der puls, den Lupus gar so stolz präsentierte, war eine Frechheit. Zumindest Prisca empfand es wenig appetitlich, wie der Brei von dem Löffel zurück in die Schale plumpste. Da war es auch wieder, dieses flaue Gefühl "Oh je ... schnell an was schönes denken ... wir sind zu Hause ... alles ist gut ... !" So gut es ging versuchte sich Prisca von dem Anblick abzulenken, damit nicht das Gleiche passieren würde, wie vor ein paar Tagen im Reisewagen.


    Jedenfalls nahm Prisca recht schnell in einem der Korbsessel Platz, nachdem sie Deandra und Helena noch einmal kurze Blicke zugeworfen hatte. Nur die beiden würden wohl erahnen können, was sie dazu veranlasste. Mit dem Reden hielt sie sich zumindest vorerst zurück, bis sich das flaue Gefühl sich wieder verflüchtigt hatte. Aber da sie nun schon mal saß, konnte Prisca bequem die weiteren Gespräche verfolgen.


    Interessant war es obendrein, ein wenig die Reaktionen der anderen zu studieren. Deandra und Helena wirkten eher fassungslos und sprachlos, so wie sie selbst. Bei Cotta wurde sie das Gefühl nicht los, das er sich absichtlich immer wieder abwandte,, nur um nicht zu zeigen was sich auf seinem Gesicht gerade abspielte ... lachte er etwa gar und fand er das hier lustig? Lupus hingegen blieb ihr ein Rätsel, denn seine Haarpracht verschleierte jede Mimik bis zur Unkenntlichkeit ... wie mochte er wohl in Wirklichkeit aussehen? Und ihr Onkel? "Hoppla, der kann ja richtig wütend werden! ... Interessant!" dachte sich Prisca. Von Nutzen war es sicher zu wissen, wie man ihn in Rage bringen konnte. Um es eben zu vermeiden, wenn sie irgendwann einmal ihren Kopf bei ihrem Onkel durchsetzen wollte.


    Im Moment amüsierte sich Prisca eher, als dass sie sich weiter darüber aufregen wollte. Dazu trugen mit Sicherheit die beiden Brüder bei, die irgendwie eine köstliche Vorstellung ablieferten. Aber auch die Tatsache, dass alles wirklich nur auf einem Missverständnis beruhte und sie nicht gezwungen wären dauerhaft dem Kynismus zu frönen, beruhigte sie weiter. Schon wollte sie beruhigende Worte für ihen Onkel finden, aber da rief Lupus auch schon zu einer Art Meditation auf.


    „Na gut, dann schließe ich eben die Augen ... so ... Vogelstimmen? die hatte ich jetzt lange genug auf unserer Fahrt im Ohr ... und schmecken, was soll ich denn schmecken? ... den puls etwa, bäh?! ... ich hör es eigentlich nur die ganze Zeit über irgendwo scharren und klappern ... was ist denn nun?"


    Langsam wurde Prisca ungeduldig, so mit geschlossenen Augen dazu sitzen und den bildhaften Ausführungen zu folgen. Fast wollte sie schon blinzeln, aber da hieß Lupus sie alle noch einmal willkommen. Als Prisca ihre Augen wieder öffnete, fehlten ihr erst einmal die Worte. „ Oooh, also ... das... also, das ist ... ja unglaublich, ist das ...!“ murmelte sie beim Anblick der vielfältigen Speisen, die mit einem Mal vor ihnen standen. Dann sah sie das Grinsen in Cottas Gesicht (bei Lupus konnte sie es ja nur vermuten) und begann zu ahnen, dass sie auf einen gut inszenierten Schwindel hereingefallen waren. Zuerst blickte sie noch verwundert umher, dann aber entspannte sie sich sichtlich und konnte, noch ein wenig verzagt, schon wieder lächeln. "Alles nur ein Scherz, den Göttern sei dank"


    edits: tippfehler, sorry

  • Wir hatten an nichts gespart. Auf der einen Seite fand sich gekochtes attagena (Haselhuhn) und turtur (Turteltaube), auf der anderen vulvae steriles (Gebärmutter von Jungsäuen), hier morena (Moräne), dort phenicopterus (Flamingo); Wasser hatten wir ja bereits und posca und Wein waren nun auch zu sehen, Feigen, Datteln und Trauben warteten neben mit Honig und Milch gefüllten Schälchen.


    Grinsend blickte ich Corvinus an.


    „Hier den turriculae (Wein) musst du probieren, der schmeckt ausgezeichnet und die Cocleae (Schnecken) erst.“


    Ich blickte in die Runde und sage nun lachend:


    „Hier meine Lieben, aus allem was ihr hier seht, kann man doch einen wunderbaren Brei mischen.“


    Gleich fliegen mir die Datteln um die Ohren.

  • Während Corvis energischem Auftreten betrachtete ich zunächst Cotta, später auch Lupus, als er aus der Culina zurückkehrte, aber so recht beeindruckt erschien mir keiner der beiden, was ich mit einem Kopfschütteln quittierte. Wäre ich mit einer ähnlichen Kritik bedacht worden, hätte ich mich vermutlich vor Schreck setzen müssen. Ich verstand die Welt nicht mehr, dementsprechend ungläubig, ja fassungslos, starrte ich vor allem Lupus an, der in diesem Augenblick das Futter einfacher Soldaten verschlang.


    „Ich glaub’ das einfach nicht“, murmelte ich mehr zu mir als zu einem der Umstehenden.


    Als Corvi schließlich entschied, der Villa den Rücken zu kehren, um bei meinem Vater eine Anfrage zur zeitweiligen Unterkunft für uns alle zu stellen, nickte ich zustimmend, auch wenn ich von der Idee gleichermaßen überrascht wie begeistert war. Ich wandte mich bereits zum Gehen, als er sich von Lupus aufhalten ließ, daher stoppte ich ebenfalls den Schritt, und obwohl ich unter diesen Umständen keineswegs einen unnötig langen Stopp in der Villa Aurelia befürwortete, folgte ich schließlich sogar, wenn auch als Letzte, ins Triclinium.


    Wieder bewunderte ich Priscas ruhige Art. Sie schien sich keineswegs schnell beeindrucken zu lassen, nahm sogar Platz und betrachtete die Vorgänge allem Anschein nach wie das Publikum ein Theaterstück. Und einem Lustspiel glich die augenblickliche Vorstellung, in der Lupus Corvi aufforderte, auf das Singen der Vögel zu achten, und uns andere zur Beteiligung an irgendwelchen kynischen Möglichkeiten, sich die Wartezeit zu vertreiben. Mir war diese Betrachtungsweise im Grunde nicht möglich. Ich stand noch immer am Eingang des Speisezimmers, aber als sich schließlich alle setzten, sogar Corvi resignierte und Platz nahm, riss ich mich zusammen, steuerte auf Prisca zu und setzte mich auf den äußeren Rand eines der Korbsessel. Zum einen, um bei weiteren komischen Wendungen schnell wieder aufstehen zu können, und zum anderen, weil ich nun wirklich lange genug gesessen hatte. Mehr als ein Blickwechsel gelang mir mit Corvi nicht, für eine bessere Verständigung saß er zu weit weg.


    Seine Äußerungen, die an Lupus gerichtet waren, standen aber im Einklang mit meinem Empfinden über diese aberwitzige Situation, die offensichtlich noch immer nicht ihren Höhepunkt erreicht hatte. Zu allem Überfluss hielt Lupus auch noch Corvis Augen zu. Es musste meine Verblüffung sein, die mich noch immer auf dem Rand des Korbsessels hielt.


    „Das gibt’s doch alles nicht“, murmelte ich wieder. Lupus besaß wirklich Nerven.


    Ich blickte zu Prisca, die tatsächlich auf die Aufforderung hin ihre Augen schloss. Mein Blick wanderte zu Cotta, der sich offensichtlich ebenfalls wortlos fügte. Und Corvi? Der ließ sich doch jetzt in seinem abgenervten Zustand nicht die Augen zuhalten. Oder doch?




    Sim-Off:

    Irgendwie ist das zu viel Handlung auf einmal für mich, und Corvis Reaktion fehlt auch noch. ;) Ich teile mal in zwei Posts.

  • Mehr als einmal hatte Onkel Cotta in Sisenna große Erwartungen über die Ankunft gleich vieler Familienangehöriger aus Germanien geweckt, sie sogar ins Unermessliche gesteigert. Sie opferte am Hausaltar Teile ihres Frühstücks, betete lange und hoffte, damit die Götter zur Heimkehr ihrer Mutter und ihres Vaters bewegen zu können.


    An dem bewussten Tag wurde sie ausgerechnet in dem Moment gebadet, als die Kutschen vorfuhren. Sie trieb die Sklavinnen an, sich zu beeilen, aber das Abtrocknen und neu Einkleiden dauerte länger als es ihr lieb war. Sie zappelte vor Ungeduld, was die Sklavinnen eher behinderte als vorantrieb. Als sie der Meinung war, fertig zu sein, lief sie los, riss die Tür auf und rannte in das Untergeschoss, aus dem Stimmen zu ihr drangen. Die noch nicht gebundene Kordel ihres Kleides flatterte in ihrem Rücken.


    Außer Atem erreichte sie das Triclinium und prallte gegen einen der Sklaven, der sich gerade anschickte, mit leeren Tablett in die Küche zurückzukehren.


    „Au!“, rief sie in weinerlichem Ton und fasste sich an die schmerzende Stirn, die an die Tablettkante gestoßen war. Mit der anderen hand schubste sie den Sklaven zur Seite, was mehr dessen Schreck als ihrer Kraft zu verdanken war.


    Ihr Blick wanderte von einem zum anderen. Zwar entdeckte sie ihre Schwester, aber von Mutter und Vater fehlte jede Spur.


    „Ihr habt sie nicht mitgebracht“, resümierte sie vorwurfsvoll, während sie noch immer die Hand an die Stirn drückte.

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