veni, vidi, redimi

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    Trautwini


    ... mit einem deutlichen Fingerzeig wies Trautwini die Träger an, die Sänfte der Aurelierin ganz sachte ab zu setzen und dem übrigen Gefolge deutete er an, dass sie hier warten sollten. Wie lange waren sie schon nicht mehr auf den Märkten Rom´s gewesen? Es kam ihm selbst schon wie eine Ewigkeit vor. Und verglichen mit den Märkten in Mogontiacum war in Rom einfach alles größer, überschwänglicher, aber auch unübersichtlicher. Es war später Vormittag und die Sonne brannte bereits jetzt vom Himmel herab. Kopfschüttelnd sah sich Trautwini um, benetzte mit der Zunge seine spröden Lippen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Wo sollten sie nur anfangen?


    "Trautwini ...?" ertönte es plötzlich aus dem Inneren der Sänfte, deren Vorhänge zum Schutz vor der Sonne und allzu neugierigen Blicken zugezogen waren. "Warum halten wir? ... hast du endlich gefunden wonach ich suche?"


    "hnggg ... " augenblicklich zuckte Trautwini zusammen und drehte sich zur Sänfte hin um: "Ja, domina? ... Ich meine, nein domina noch nicht! Einen Moment Geduld bitte. ... Ich war schließlich auch lange nicht mehr in Rom! Und ich muss mich auch erst orientieren, wo wir den ganzen Kra..ehm, die vielen schönen Sachen finden, die wir suchen!" verteidigte sich Trautwini so gut es ging. „...Und außerdem bin ich Leibwächter und kein Einkaufsberater!“ fügte er stumm in seinen Gedanken hinzu. Erstaunlicher Weise blieb es, auf seine Worte hin, in der Sänfte völlig ruhig. Trautwini stutzte, war aber sehr zufrieden über den offensichtlichen Erfolg seiner Worte. Also wandte er sich wieder um, nahm das kleine Wachstäfelchen mit den Notizen hervor, welches ihm die Herrin in die Hand gedrückt hatte und ging die zu erledigenden Dinge noch einmal der Reihe nach durch. „Also, was brauchen wir alles...“, begann er murmelnd mit sich selbst zu reden.“hm, hm ... ein paar vestis longa, eine blaue palla, eine grüne palla, hm, hm ...nachsehen, was es auf dem Sklavenmarkt so alles gibt, hm ... Schuhe, hm, Schmuck, Ringe, Spangen... ein Diadem, dann einen exotischen Badezusatz oder eine schöne fibula für Deandra und Helena....hm, hmmm?„Trautwini stockte, als er die ganze Liste überflog und schob abwägend die Unterlippe vor. Wollte die denn halb Rom aufkaufen? Kopfschüttelnd las er weiter: „ ... einen guten Wein für den Onkel und einen für Cotta, hm, hmmm? .. einen Kamm und eine Bartschere für Lupus? hm, hm Spielsachen für Sisenna und so weiter und so weiter ...“


    Seufzend schob Trautwini die Tafel zurück unter sein Gewand. Das sah eher nach einer Lebensaufgabe aus, als nach einem einfachen Einkaufsbummel. Er bezweifelte stark, dass sie das alles an einem Tag würden kaufen können. Hilflos blickte er sich wieder um. Wenn er sich doch nur etwas besser mit solchen Dingen auskennen würde, oder wenn zumindest jemand vorbei käme, der in solchen Dingen bewandert wäre und den man fragen könnte.

  • Wie eine gorgo kam sich Plotina in diesen Tagen vor, denn ja, sie vernachlässigte ihr Äußeres, besonders ihre Haare, schlief nicht mehr gut, hatte kaum noch Appetit und trank trotz der großen Hitze zu wenig. All diese Dinge, die einen großen Teil eines Menschenlebens ausmachen, liefen an der Sergierin im Moment vorbei, denn ihre Gedanken, vor allem aber ihr Herz kreisten gerade unablässig um eine Frage, die sie fast wahnsinnig machte. Hätte sie das Geld gehabt - vielleicht hätte sie gar bei einem der von ihr sonst so verachteten orientalischen Kulte ihre Zuflucht gesucht, einfach um Ablenkung und vielleicht auch einen Rat zu bekommen.


    Am heutigen Tage war es Plotina gelungen, sich wenigstens so weit zusammenzuraffen, dass sie etwas mehr Sorgfalt auf ihre Haare verwendet hatte. Dabei war ihr aufgefallen, dass sie dringend einen neuen Kamm benötigte und einen kaufen sollte. Dieser Gedanke gab Plotina neuen Auftrieb, denn die Aussicht, sich auf den wuseligen Mercatus durchboxen zu müssen, lenkte die Sergierin von ihren nagenden Zweifeln ab und weckte ihre Lebens- und Kampfgeister. So nahm Plotina noch in der Casa Sergia ein kräftiges Frühstück zu sich - das erste Mal seit Tagen -, und trank auch ausreichend Wasser, um gegen die Hitze in der Innenstadt gewappnet zu sein.


    Wasser war auch das Stichwort, das Plotina gleich einfiel, als sie sich zwischen fliegenden Händlern, Kindern, gelangweilten Sklaven und zeternden Händlern auf den Mercatus durchkämpfte. Denn alle Stöße und Püffe, die in diesem Gedränge schier unvermeidlich waren, hüllten die Beteiligten und damit auch Plotina in einen allgegenwärtigen Schweißgeruch, gegen den nur ein reinigendes Bad in kühlem Wasser geholfen hätte. Und alles wurde noch viel enger, als Plotina an der Stelle vorbei musste, an der für gewöhnlich und so auch heute die Sänften abgestellt wurden. Schon aus der Entfernung von einigen Schritten hatte Plotina einen bärtigen, und - soviel Ehrlichkeit musste sein - gutaussehenden Sklaven erblickt, der bei einer besonders edlen Sänfte stand, sich jedoch den Schweiß von der Stirn wischte, dass es spritzte. Plotina tat alles, um eine Berührung gerade mit diesem Sklaven zu vermeiden, doch es half nichts: Der Strom der Menschen drängte sie geradezu in seine Arme. In einer Mischung aus leichtem Ekel und Scham wandte sich die Sergierin an den jungen Mann:


    "A, verzeih, ich wollte dir keinen Stoß versetzen."


    Mit diesem Satz wollte es Plotina eigentlich auch gut sein lassen, doch als sie dabei den Sklaven genauer ansah, kam dieser ihr so ratlos und hilflos vor, dass sie es einfach nicht übers Herz brachte, ihn stehen zu lassen; zu sehr erinnerte sie seine Ratlosigkeit an ihre eigene. Sie suchte nach einer unverfänglichen Frage und kam schließlich in Anbetracht der Sänfte zu dieser hier, die sie lächelnd vortrug:


    "Na, wartest du hier auf deine Herrschaft?"

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    Auch wenn sein Blick in erster Linie hilflos wirkte, denn das war Trautwini im Moment wirklich, so vernachlässigte er selbstverständlich nicht seine Aufgaben und Pflichten als Leibwächter. So musterte er genau die Umgebung und vor allem den Strom der Menschen, die sich der Sänfte näherten. Und wie es so ist, ob nun zufällig oder auch bewusst, jedenfalls fiel Trautwini eine Frau besonders auf. Zugegeben, ihre äußere Erscheinung wirkte auf den ersten Blick nicht sehr gepflegt, aber dennoch gefiel sie Trautwini so sehr, dass seine Augen etwas länger auf ihr verweilten . Da! ... hatte sie nicht eben gerade zu ihm herüber gesehen? Leider konnte Trautwini es nicht mehr nachprüfen, denn just in dem Moment glaubte ein Händler seinen Karren ausgerechnet über Trautwini´s Füsse schieben zu müssen. Fluchend trat Trautwini einen Schritt zur Seite und warf dem Händler einen bösen Blick nach, als er auch schon einen leichten Stoß an seiner Seite spürte, dem gleich darauf eine Entschuldigung folgte.


    Mürrisch drein blickend drehte er den Kopf wieder herum, doch seine Gesichtszüge erhellten sich sofort als eben diese Frau, die er kurz zuvor beobachtete hatte, nun vor ihm stand. Nun unterzog er sie natürlich einer genaueren Betrachtung, denn er war ja Leibwächter und das gehörte eben dazu. Schließlich konnte jeder hier etwas im Schilde führen, oder unbemekrt eine Waffe zücken. Zufrieden stellte Trautwini fest, dass diese Fremde, außer den üblichen Waffen einer Frau, nichts auffälliges an sich hatte und nun lächelte er entspannt und entsann sich wieder ihrer Worte. "Der Stoß ... ach was ... ich hoffe du hast dir dabei nicht weh getan?!" winkte er grinsend ab. Dann lies er angeberisch seine Brustmuskeln ein paar mal spielen und zwinkerte ihr zu. Wenn ihm eine Frau gefiel, vergaß er schonmal seine Umgebung, zumal er die trügerische Stille hinter sich wohl falsch einschätzte. Gut, die Fremde vor ihm war eine freie Frau und er ein Sklave, daran hatte Trautwini keinen Zweifel, doch ein bisschen vor ihr angeben wollte er schon "Ich bin nämlich Leibwächter musst du wissen, da muss man schon so einiges aushalten." entgegnete er leicht amüsiert, da sie sich für den "Stoß" wie sie es nannte, tatsächlich entschuldigen wollte. Und noch amüsierter klang er, als sie fragte, ob er denn auf seine Herrschaft warte. "Ich? nein nein ... keine Sorge! ... im Moment wartet eher meine Herrschaft auf mich ..."


    Lachend deutete er mit dem Daumen über die Schulter zur Sänfte hin. Doch als ihm bewusst wurde, was er da eben sagte fror das Lächeln auf seinem Gesicht auch schon ein und er brach mitten im Satz ab. Er musste sich nicht extral umdrehen um zu wissen, dass gerade ein gutes Dutzend Augenpaare ihn und die Fremde groß anblickten. Sicher fragten sich die übrigen aurelischen Sklaven gerade, was ihr Kollege da eigentlich machte und ob er denn nun ganz den Verstand verloren hatte. Mit einer wildfremden Frau zu flirten, während in der Sänfte die Herrin wahrscheinlich alles mit hören konnte. Doch noch blieb alles ruhig und Trautwini entschied, dass er jetzt schnell handeln musste. "Du weisst nicht zufällig, wo man hier gut einkaufen kann. Kleider, Schmuck, Wein ... eigentlich so ziemlich alles was es gibt? Wir waren lange nicht in Rom und ich finde mich hier nicht zu recht. Kannst du uns nicht helfen, oder einen Rat geben?" Sein Blick wirkte nun nicht mehr hilflos, oder gar amüsiert. Eher schon bittend und drängend.

  • Dass ein Sklave nach diesem ihrem unfreiwilligen Rempler nicht gleich nach Corhortes Urbanae und Vigiles schreien würde, war Plotina klar gewesen; auf eine so freundliche Erwiderung war sie aber gar nicht gefasst und strahlte den Sklaven an, als dieser vor ihr seine Brustmuskeln spielen ließ. Normalerweise mochte die Sergierin bei Männern ein solches kindisches Getue nicht, aber in dieser Situation und bei diesem Sklaven, der noch dazu Leibwächter war, wie sie jetzt erfuhr, belustigte es sie nur. In ihrer eigenen Ratlosigkeit war sie dankbar für jede kleine Abwechslung.


    Als der Sklave dann bedeutungsschwer mit seinem Daumen nach hinten wies, nahm Plotina zum ersten Mal die Sänfte so richtig in Augenschein. Da sie selbst in Ermangelung von Geld und auch, weil das einfach nicht ihre Art war, eigentlich nie in Sänften zu reisen pflegte, kannte sie sich in dieser Materie wenig aus. Es kam ihr aber doch der Verdacht, dass es sich bei dem Insassen der Sänfte um jemanden von erheblichem Einfluss handeln müsse, vielleicht sogar um einen Senator. Plotina wandte ihren - nun ebenfalls bedeutungsschweren - Blick wieder zu dem freundlichen Sklaven hin, beugte sich minimal zu ihm vor und sagte zu ihm mit gedämpfter Stimme:


    "Er ist also noch da drin?"


    Als Plotina nun aber mitansehen musste, dass der Sklave sich offenbar sehr beunruhigte, machte sie sich Vorwürfe über ihre plumpe Vertraulichkeit, die diesen Leibwächter vor seinem gestrengen und hochgestellten Herrn sicher in Schwierigkeiten brachte. Nicht, dass er noch ausgepeitscht werden würde! Schon wollte Plotina sich, Entschuldigungen murmelnd, zurückziehen, als der Sklave sich wieder an sie wandte mit der Bitte um Einkaufstipps. Die Sergierin traute ihren Ohren kaum und musste loslachen:


    "Also, wenn ihr 'eigentlich so ziemlich alles, was es gibt' sucht, könnt ihr natürlich nichts falsch machen: Einfach einmal an allen Ständen vorbei, und schon ist der Einkauf erledigt."


    Mit Blick auf die reiche Ausstattung der Sänfte, die den Reichtum des Insassen bezeugte, fügte Plotina an:


    "Vielleicht könntet ihr auch einfach alles gleich aufkaufen und von einer Sklavenkohorte abtransportieren lassen. - Also, ich für meinen Teil wollte einen neuen Kamm kaufen; da wüsste ich allerdings eine gute Händlerin, die auch Schminke, Schmuck und Ähnliches verkauft."

  • Trautwini musste nun doch wieder lachen, als die Frau vor ihm scherzhaft erwähnte sie sollen doch einfach die Stände der Reihe nach abklappern und alles auf kaufen und wegschaffen lassen. Wie gern hätte er jetzt einfach die anderen Sklaven mit der Sänfte fortgeschickt, hätte sich ihr vorgestellt, ihr seinen Arm angeboten und wäre mit ihr einfach über den Markt spaziert, oder wohin sie auch wollte. Doch irgendwie ahnte Trautwini, dass dies kein guter Gedanke wäre und als er eben noch darüber nachdachte, warum sie vorhin von einem Er gesprochen hatte, fiel ihm das Stichwort mit der "guten Händlerin" wieder ein " ...ehm ... also weißt du, das mit den Ständen ist vielleicht keine so gute idee... wir suchen eher nach etwas edleren und ausgefalleneren Dingen ... aber die Händlerin von der du gesprochen hast ... Kämme, Schminke, Schmuck den ganzen Weiberkra ... ehm ... genau DAS! ist es wonach ich suche ... wo ...?"


    Weiter kam Trautwini nicht mehr mit seinen Worten, denn nun meldete sich die Stimme zu Wort, die er eigentlich schon längst erwartet hatte. ".... das ist übrigens kein Er sondern eine Sie ..." bemerkte er nur noch kleinlaut und drehte sich halb zur Sänfte hin um zu hören was die Herrin wollte. Ihre Stimme klang wie immer herrisch, leicht genervt, aber auch neugierig und - was ihn am meisten überraschte - bei weitem nicht so gereizt und wütend, wie er eigentlich erwartet hatte.


    "Trautwini! ... was soll das werden, willst du das ich hier noch einen Hitzschlag bekomme? Mit wem redest du da eigentlich die ganze Zeit?"


    Prisca hatte natürlich alles von dem Gespräch mit bekommen. Und wie so oft wartete sie erst einmal ab, was sich daraus ergab. Um sich dann, zu einem passenden und selbstgewählten Zeitpunkt, selbst ein zu mischen. Als sie hörte, dass die Frau eine gute Händlerin kannte, wollte sie das Gespräch zumindest ab jetzt selbst in die Hand nehmen.


    Prisca zupfte am Vorhang der Sänfte, worauf zwei Sklaven sofort hinzueilten und die Vorhänge ein wenig auseinander hielten. Von ihrem Platz in der Sänfte aus musterte Prisca die Frau kurz und kritisch von oben bis unten, dann meinte sie in einem kühlen und neutralen aber nicht abfälligen oder gar unfreundlichen Tonfall zu ihr.


    "Salve! Du kennt also eine gute Händlerin für Schminke und Schmuck und andere Dinge? ... Mein unfähiger Sklave hier kennt sich jedenfalls nicht aus und bevor ich ihn für seine Unverschämtheit, einfach hier rum zu stehen noch auspeitschen lasse wäre ich dir sehr verbunden, wenn du uns weiter helfen könntest."


    Prisca hatte sich auf der Liege etwas zur Seite gedreht und auf dem Ellbogen abgestützt. Nun blickte sie die Frau abwartend an, machte aber keine Anstalten sich noch mehr zu erheben, oder gar auf zu stehen.



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  • Mit Entsetzen sah Plotina mit an, wie sie den sympathischen Sklaven durch ihre Unbedachtheit in immer größere Schwierigkeiten brachte. Hatte es erst fast so ausgesehen, als wolle er schon auf ihren nicht ernst gemeinten Vorschlag eingehen, einfach mal queerbeet die Stände abzuklappern, wenn man doch schon ,alles' suche, so nahm wenigstens er nun die Vernunft an, die Plotina wieder einmal vermissen ließ, und lenkte zum eigentlichen Thema zurück. Weiberkram suchten sie also, so, so, dachte die Sergierin bei sich. Ob der Herr in der Sänfte diesen für seine Gemahlin, eine Mätresse oder gar für sich selbst suchte - hätte die neugierige Sergierin zwar brennend interessiert, doch unterstand sie sich natürlich, diese Frage etwa laut an den Sklaven zu richten.


    Dieser schien ohnehin durch ihre Schuld genug Ärger zu haben und ordentlich ins Schwitzen zu geraten wegen ihrer dummen Äußerungen, die sein Dominus in der Sänfte natürlich mitanhören musste. Wenigstens war Plotina nun bereit, sich dieser ihrer Verantwortung zu stellen, und zog nicht mehr in Erwägung, sich schnell zurückzuziehen: Wenn der Dominus diesem Sklaven drohen würde, würde sie, Plotina, für ihn einstehen!


    Und eine verärgerte, nörgelige Stimme meldete sich auch alsbald aus dem Inneren der Sänfte - eine Frauenstimme. Der Sklave konnte Plotina gerade noch "stecken", dass es sich bei der Herrschaft in der Sänfte tatsächlich um eine Dame handelte. Plotinas Haltung straffte sich; sie war bereit, dieser verwöhnten Göre ins Gesicht zu sehen. Dazu sollte die nun aufgescheuchte Sergierin auch alsbald die Gelegenheit erhalten, denn auf eine Anweisung der Domina hielten nun zwei Sklaven die Vorhänge der Sänfte ein wenig auseinander, was nicht besonders einladend aussah, aber Plotina zumindest ermöglichte, nicht nur das Gesicht ihres Gegenübers in Augenschein zu nehmen, sondern auch ihre Füße: eine Patrizierin also, das hatte ihr gerade noch gefehlt. Die arrogante Art der jungen Frau, die sicher nicht älter war als sie selbst, eher jünger - allerdings auch ganz entschieden schöner -, schüchterte die einfache Bürgerin Plotina nicht wenig ein. Als aber das Stichwort vom "Auspeitschen" fiel, nahmen die Augen der Sergierin einen funkelnden Ausdruck an, und es fiel ihr schwer, ihren bisherigen unbedachten Äußerungen nicht eine weitere folgen zu lassen. Sie atmete tief durch, überlegte dabei einen Moment lang und sagte dann:


    "Salve! Es fällt mir schwer zu glauben, dass eine wunderschöne Frau wie du noch der Schminke bedürfen sollte. Wenn du aber nach Möglichkeiten suchst, die Vorzüge deines Typs noch weiter zu unterstreichen oder auch ein abwechslungsreicheres Erscheinungsbild zu bieten - dann kenne ich tatsächlich eine sehr vertrauenswürdige Händlerin hier."


    Mit voller Absicht drehte die Sergierin ihren muskulösen Körper nun von der Patrizierin weg und zu dem Sklaven hin. Was sie nun sagen wollte, war ein wenig gewagt:


    "Wenn du mir deine Wünsche mitteilst, will ich mich gerne in der Begleitung deines ehrfurchtgebietenden Sklaven hier aufmachen und das Gewünschte besorgen. Wenn du allerdings doch lieber deinem eigenen Urteil vertraust ..."


    Plotina blickte die junge Frau nun von der Seite her ein wenig herausfordernd an; auf ihren Gesichtszügen zeigte sich aber mittlerweile auch ein gewisses nachsichtiges Lächeln: Dieses junge Ding da war gewiss fremd in Rom, und sie würde ihr ein wenig unter die Arme greifen.

  • Trautwini wurde langsam immer nervöser und wusste nicht so recht wohin mit seinen Händen. Also hielt er sie ringend vor dem Körper und sah immer wieder zwischen den Frauen hin und her. Vor der Androhung der Peitsche hatte er keine Angst, besonders dann nicht wenn sie von Prisca ausgesprochen wurde. Das tat sie ständig, aber letztendlich entschied über ihn ausschließlich ihr Onkel. Und der würde ohne driftigen Grund seinen Leibwächter nicht auspeitschen lassen. Aber das konnte er der Fremden ja nicht hier und jetzt mitteilen. Was für eine Frau! , dachte er sich nur und betete zu den Göttern, das seine Herrin das Angebot annehmen würde. Mit dieser Frau würde auch stundenlanges Einkaufen erträglich sein, davon war er überzeugt und malte es sich in seinen Gedanken schon wunderschön aus. Aber ihm blieb nichts weiter übrig als stumm zu warten und weiter zu hoffen.


    So sehr man Trautwini seine Nervosität ansehen konnte, umso weniger lies Prisca sich anmerken was sie sich gerade dachte. Den Kopf auf dem angewinkelten Arm gestützt, die Augen etwas zusammengekniffen, was aber vor allem am grellen Tageslicht lag, hörte sie den Worten der Frau zu. Prisca hatte keine Zweifel, das die Fremde eine Plebejerin wäre, wenngleich sie dies nicht automatisch abwertend betrachtete. "Etwas Schminke, eine ansprechendere Kleidung und das Haar könntest du dir auch ein wenig mehr zurecht machen. So schwer ist das doch nun wirklich nicht, aus deinem Typ etwas zu machen! Man sieht doch, wie Trautwini dich anhimmelt. Er ist zwar nur ein Sklave, aber eben auch ein Mann....und er scheint dir auch zu gefallen, oder warum stellst du dich so auf seine Seite? " dachte sich Prisca und das klang fast schon ein wenig neidisch. Diese Gedanken behielt sie auch tunlichst für sich, denn etwas anderes wollte sie ja auch noch heruas finden. "Will sie mir nun schmeicheln oder mich provozieren? Will sie mir wirklich helfen oder beabsichtigt sie mit ihrem Tun etwas Bestimmtes? Etwas seltsam finde ich es schon, dass sie gleich die ganzen Einkäufe für mich erledigen will" .


    "Eine vertrauenswürdige Händlerin sagst du? das klingt gut. Ich war lange nicht in Rom und daher bin ich immer noch auf der Suche nach guten Adressen." auf sie schmeichelnden Worte ging sie erst gar nicht mehr ein, schließlich war sie von ihrem eigenen Aussehen überzeugt. "Es ist wirklich nicht leicht gute Händler zu finden, genauso wenig wie man heutzutage gute Sklaven findet ..." den Einwand konnte sich Prisca, mit einem Seitenhieb auf Trautwini, nicht verkneifen. Sein nervöses Auf-der-Stelle-Treten ging ihr langsam auf den Geist und so befahl sie ihm, sich etwas nützlich zu machen. "Trautwini ! ... steh hier nicht so rum und starr Löcher in die [SIZE=7]Fr[/SIZE]... Luft, hol lieber einen Schirm und spende der Frau damit etwas Schatten!" Das geschah natürlich nicht nur aus reiner Nächstenliebe sondern auch, damit sie selbst nicht ständig gegen das grelle Licht anblicken musste. Und auch um zu zeigen, dass sie als Patrizierin einen gewissen Anstand pflegte, den sie umgekehrt auch von anderen erwartete. Aber hauptsächlich hatte sie wohl Trautwini einen Gefallen getan, wie sie eben bemerkte, denn der konnte gar nicht schnell genug einen der stets mitgeführten Schirme aufspannen.


    Ungewollt musste Prisca selbst schmunzeln, doch schnell fing sie sich und blickte wieder ernst. Obwohl, warum eigentlich so ernst ... die andere Frau lächelte sie doch auch nachsichtig an und eigentlich gab es ja nichts, worüber sie sich ihre Laune verderben lassen sollte. Sie war in Rom und froh darüber, endlich wieder ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Einkaufen, nach gehen zu können. "... naja, so redet es sich doch viel angenehmer bei der Hitze, oder?" meinte sie dann einlenkend und erwiderte das Lächeln. "Ich heisse übrigens Prisca und was mein Urteil angeht ja! ... da vertraue ich am liebsten auf mein Eigenes. Ich danke dir sehr für dein Angebot, aber wenn die Händlerin in der Nähe ist würde ich mich gern selbst von der Qualität ihrer Waren überzeugen. Wir können gern gemeinsam gehen, falls du ohnehin auf den Weg dorthin warst, oder etwas Zeit übrig hast ... " schlug sie also vor und blickte die Frau wieder abwartend an.

  • Auf ihre zugegebenermaßen etwas provokante Frage hin erhielt Plotina zunächst einmal keine Antwort, sondern sah sich von der entzückenden Patrizierin eingehend begutachtet, ja fast taxiert wie auf dem Sklavenmarkt. Die Sergierin versuchte, diesem Blick standzuhalten, was ihr - wie sie selbst sich einredete - auch gelungen wäre, hätte nicht ihre Neugierde sie immer wieder dazu verführt, zu dem netten Sklaven hinzusehen, Trautwini ... das klang so mädchenhaft ...


    Der Name des Sklaven bildete aber nicht den einzigen Gegenstand der Grübeleien, die der Sergierin durch den Kopf gingen, während sie von der jungen Patrizierin gemustert wurde. Plotina fragte sich natürlich auch, was die junge Dame mit diesem Verhalten wohl bezweckte: Sicherlich wollte sie sie damit verunsichern, keine Frage; aber vielleicht wollte sie auch eigene Unsicherheit verbergen. Oder war sie etwa gar nicht so gut bei Kasse? Noch neulich, bei einem Besuch in der Taverna Apicia hatte sie gehört, dass der vermeintliche Reichtum der Patrizier oft mehr Schein als Sein sei ...


    Plotina begann nun ihrerseits, die Sklaven der jungen Frau sowie das Interieur der Sänfte zu taxieren, konnte aber nichts Verdächtiges feststellen wie z.B. verblassenden Glanz. Aus diesen Überlegungen wurde sie jedoch schon bald gerissen, als die Patrizierin wieder anfing, von der Händlerin zu reden - und dann doch tatsächlich Trautwini anwies, einen Schirm über Plotina zu spannen. Im ersten Moment war die Sergierin darob nicht wenig verdutzt, war ihre Haut doch bei weitem nicht so hell wie die ihres adeligen Gegenübers, so dass sie hätte geschützt werden müssen. Allmählich aber begriff sie, dass diese Geste zweifellos eine Ehrung für sie war, und so setzte sie an, stammelnd einmal der Patrizierin und dann wieder Trautwini zu danken. Als die Dame in der Sänfte dann auch noch lächelte, schmolzen Plotinas Vorbehalte immer mehr. Vollends von ihr eingenommen aber war sie, als sie sich nun auch noch vorstellte, und zwar einfach mit ihrem Cognomen; von einer Patrizierin hätte Plotina erwartet, dass diese ausschließlich ihren Gensnamen nennen würde. In diesem Moment aber fiel der Sergierin natürlich auch ein, dass sie selbst sich ganz entgegen ihrer Gewohnheit noch gar nicht vorgestellt hatte; Trautwini hatte sie ganz schön aus dem Konzept gebracht.


    "Ich, äh, heiße Sergia Plotina, also: Plotina. Ich freue mich, dich kennenzulernen!"


    Bei diesen Worten lächelte Plotina nun wieder ganz offen und fast mädchenhaft, wie sie es so oft tat, wenn dankbare Empfindungen an ihr Herz rührten. Bald aber besann sie sich wieder auf den Wunsch - Priscas.


    "Und ja, was diese Händlerin angeht: So ganz in der Nähe ist sie auch wieder nicht, sondern ein bisschen versteckt; ich vermute, ihr fehlen kräftige Sklaven oder die nötigen Verbindungen in die Unterwelt Roms, um sich für ihren Stand einen besseren Platz zu sichern. Aber gerade das macht sie für mich so anziehend."


    Mit einem Blick auf Trautwini fügte die Sergierin hinzu:


    "Ich bin zwar auch ziemlich kräftig, aber es wäre wohl eine gute Idee, einen ausgebildeten Leibwächter wie Trautwini mit uns zu führen, der uns den Weg freiboxt ... äh, freimacht."

  • Ein wenig stutzte nun auch Prisca und hob fragend eine Augenbraue, während die Frau ihrerseits ziemlich genau die Sänfte, sie und ihr Gefolge in Augenschein nahm. Als Patrizierin war sie zwar solche Blicke gewöhnt, doch nach der langen Abwesenheit musste auch sie sich erst wieder an das Leben in einer so riesigen Stadt wie Rom gewöhnen. Die eher zurückhaltende Art der Frau schmolz aber zusehends dahin und die Geste mit dem Schirm hatte sie wohl noch mehr verblüfft. Als sie sich dann selbst vorstellte und ihren Cognomen noch einmal betonte, wurde Prisca schnell bewusst, warum Plotina dies eher zögerlich tat.


    Für eine Patzrizierin hatte sie sich wohl eben etwas zu ungezwungen oder zu vertraut verhalten, als sie sich nur mit Prisca vorgestellt hatte. Zwar mochte es Prisca gar nicht, wenn ihr solche Fehler unterliefen, denn sie legte viel Wert darauf stets würdevoll zu erscheinen, andererseits lage es eben in ihrer Art, dass sie manchmal zuerst redete und dann erst überlegte. Patrizier konnten es ohnehin meist nur falsch machen dacht sie sich, dem einen war man zu spießig, dem anderen wiederum zu wenig aristokratisch. Plotina zumindest, schien zu keiner der beiden Gruppen zu gehören, denn sie schien sich mittlerweile sichtlich darüber zu freuen und lächelte ganz offen.


    "Egal, was soll das Ganze!" kam Prisca zu dem Entschluß, dass es wirklich Schlimmeres gäbe."Plotina ich freue mich ebenfalls, deine Bekanntschaft zu machen. ... Und der Vollständigkeit halber, ... ich heisse Aurelia Prisca ... aber Prisca genügt, ... schließlich sind wir hier ja nicht auf einem Empfang oder auf einer offiziellen Feier." lächelte sie ganz ungezwungen der Sergierin zu und versuchte so, ihren kleinen Fauxpas zu überspielen.


    Jedoch bei den weiteren Worten Plotina´s wurde Prisca wieder etwas unsicherer und das sah man ihr womöglich sogar an. Sie biss sich auf die Unterlippe und blickte eher nachdenklich über den Markt, bevor sie wieder den Blick Plotinas suchte. Das die Händlerin etwas versteckt läge und Trautwini ihnen den Weg dorthin freiboxen sollte, klang für Prisca gar nicht mehr so vertrauenswürdig. Das diese Händlerin wohl keine Verbindungen zur Unterwelt hatte, empfand sie dabei noch als die beste Nachricht.


    Das würde mit Sicherheit eine gehörige Standpauke geben wenn ihr Onkel erfuhr, dass sie am Ende bei anrüchigen Händlern einkaufte. "Obwohl, mein Onkel wird mich ohnehin schimpfen wenn er erst merkt, dass ich mir mal eben ein gutes Dutzend seiner Sklaven ungefragt ausgeliehen habe. Womöglich sucht er gerade Trautwini und der steht da drüben und hält, selig wie ein kleines Kind, einen Sonnenschirm über Plotina.", grübelte Prisca im stillen vor sich hin. Jedoch nicht lange, dann sagte sie sich zum zweiten Mal "Egal, was soll das Ganze!"


    "hmm, die Händlerin liegt also versteckt sagst du, dann werden wir wohl mit der Sänfte nicht bis zu ihr hin kommen, wie?" fühlte sie eher vorsichtig vor und konnte ihr Unbehagen darüber, zu Fuß gehen zu müssen, nicht ganz verbergen. Über ihre Sicherheit machte sie sich hingegen eher wenige Sorgen. Die vier Sänftenträger, zwei Nubier, ein Germane und ein Brite, waren allesamt recht imposante Erscheinungen, groß und kräftig gebaut und zudem mit den Grundkenntnissen der Selbstverteidigung vertraut. Dann hatte sie ja noch Brix und Naavi ... na gut, für was sie eigentlich Naavi, den Tonsor mitgenommen hatte, wusste sie selbst nicht mehr so genau. Und dann war da ja noch „Trautwini! ... ja der Gute wird - wie mir scheint - besonders auf dich Acht geben, Plotina!“ bemerkte Prisca schmunzelnd und einem vielsagenden Blick zu ihrer neuen Bekannten und deutete mit deinem Kopfnicken auf Trautwini, über dessen Gesicht soeben ein zufriedenes Lächeln huschte. „Also dann .... lasst uns aufbrechen! ... wohin müssen wir Plotina? ... ich freue mich jedenfalls über deine Gesellschaft. Denn alleine, nur mit diesen Sklaven, macht mir das Einkaufen so gar keinen rechten Spass.“ stellte Prisca abschließend an ihre Sklaven gerichtet fest, blieb aber selbst noch liegen solange sie nicht wusste, ob nun die Sänfte mitgenommen werden könnte oder nicht und lächelte der Sergierin freundlich zu.



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  • Unter dem Sonnenschirm, den Trautwini ihr zwar auf Anweisung hin, vielleicht aber doch nicht ganz unfreiwillig, hielt, fühlte sich Plotina wie von Zauberhand gestreckt gleich ein wenig größer als sonst. Verstohlen versuchte sie zu ergründen, ob die Passanten sie nun vielleicht mit anderen Augen ansahen, etwas ... ehrfürchtig womöglich? Doch nein, es schien, als nehme Rom genauso wenig Notiz von Sergia Plotina unterm Sonnenschirm wie von Sergia Plotina an anderen Tagen.


    Zu diesen kindischen Überlegungen wurde Plotina die Gelegenheit gegeben, weil die schöne Patrizierin vor ihr von ihren eigenen Gedanken gebannt schien. Nachdem ihre verstohlenen Ermittlungen unter Roms Passanten ein für die Sergierin unbefriedigendes Ergebnis erbracht hatten, stellte sie sich als nächstes die Frage, was wohl in Prisca vorgehen mochte. Sicher war es für eine Tochter aus so gutem Hause nicht alltäglich, mit einer Plebejerin zu verkehren, und dann noch mit so einer ärmlichen. Und dann kam Prisca ja auch gar nicht einmal aus Rom. Bestimmt aus Mantua, dachte Plotina, diesem - wie sie es vom Hörensagen kannte - konservativen Nest. Allerdings wäre sie selbst durchaus auch einmal gerne in dieses Städtchen gereist; von Italia hatte sie bis jetzt leider so gut wie gar nichts gesehen.


    Von ihren Reiseplanungen fuhr die Sergierin auf, als Bewegung in die Gestalt Priscas kam, ja, ein regelrechter Ruck durch ihren eher zierlichen Körper ging. Noch einmal stellte sich die Patrizierin ihr vor, und dies gleich mit drei erfreulichen Ergänzungen: Erstens betonte sie, dass auch sie sich ihrerseits freue, Plotina kennenzulernen, zweitens sagte sie das in einem wirklich warmen Ton und drittens nannte sie nun auch ihren Gensnamen und befriedigte so die Neugier der Plebejerin.


    "Aurelia ... Ich möchte nicht neugierig sein,"


    log Plotina,


    "aber wurde nicht vor Kurzem einer deiner Verwandten in den CH gewählt? Du musst wissen, ich bin durchaus interessiert an Politik, auch wenn es für uns Frauen dort ja leider so gut wie keine Betätigungsmöglichkeiten gibt, egal ob Patrizierin oder Plebejerin."


    Außerdem war Plotina so, als habe es da in letzter Zeit noch etwas um diese Familie gegeben, einen Skandal oder Eklat. Doch derartig indiskret war die Subauctrix der Acta Diurna dann auch wieder nicht, um in diesem Augenblick eine solche Frage zu stellen. Und sicherlich war diese junge Frau hier daran bestimmt nicht beteiligt gewesen. Prisca schien mit ihren Gedanken auch schon wieder ganz woanders zu sein, und Plotina hatte den Eindruck, dass sie sich um etwas sorgte. Und so war es auch; ihre Worte offenbarten nämlich bald ihre Gedanken, die um ein Haar schon Falten auf das makellose Gesicht gezaubert hätten. Plotina bemühte sich daher, alle Bedenken zu zerstreuen.


    "Die Händlerin - sie heißt übrigens Eurydike, aber keine Sorge: Sie ist noch sehr lebendig! :D - also, man findet sie ziemlich am Anfang einer kleinen Seitengasse, meist der zweite Stand rechts. Bis zu dieser Gasse könnte man vielleicht sogar mit der Sänfte kommen, allerdings liegt diese Gasse von hier aus gesehen quer auf der anderen Seite. Ob es Sinn macht, den Weg mit der Sänfte zurückzulegen, diese Entscheidung überlasse ich dir."

  • Die Entscheidung fiel Prisca nicht leicht, doch letztendlich befand sie, dass es vernünftiger wäre zu Fuß zu gehen. Genügend Sklaven zum Schutz waren vorhanden und es hörte sich zumindest nicht nach einer langen Wanderung an. Also erhob sich Prisca aus ihrer Sänfte und ließ sich von Arsinoe, der einzigen Sklavin die sie mit genommen hatte, die Falten ihrer stola zurecht zupfen. Die Bemerkung mit der Neugier weckten eine Sekunde lang wieder ihr Mißtrauen. Doch auf Plotina´s Erklärung hin, verwarf sie jeden Gedanken daran, dass die Sergierin irgend etwas zu beabsichtigen versuchte.


    Nachdem ihre Sklavin einen weiteren Schirm über ihr aufgespannt hatte, trat sie nun auf Plotina zu und stellte nebenbei fest, dass die sympatische Ausstrahlung der Sergiern, deren etwas nachlässiges Äußeres, deutlich überwog. Mit einer einladenden Handbewegung gewährte sie ihr den Vortritt, denn reden konnten sie genauso gut im Gehen und Plotina kannte schließlich den Weg. Sofort wurden sie auch schon von den Trägern schützend umringt und waren also vor der übrigen Menschenmasse sicher abgeschirmt. Ein kurzer Blick zu Trautwini, ja auch der setzte sich in Bewegung und schien regelrecht neben Plotina her zu schweben.


    "Nun ich hoffe doch sehr, dass die Händlerin noch lebendig ist, oder sollte ich mir ernsthaft Sorgen diesbezüglich machen?"
    schickte Prisca vorweg, denn Plotina´s offensichlichen Scherz hatte sie nicht ganz verstanden. Dann ging sie aber direkt zu dem Thema über, welches die Sergierin wohl mehr zu interessieren schien.


    "Ja, du hast recht, der Verwandte von dem du sprichst ist zufällig sogar mein Onkel. Er wurde zum decemvir litibus iucandis gewählt. begann Prisca ungezwungen mit Plotina zu plaudern und fragte dann nach. Du interessierst dich wirklich für Politik?! ... ist das nicht schrecklich langweilig und vor allem unbefriedigend ... ich meine ... so wie du selbst sagst, haben wir Frauen ja so gut wie keinen Einfluss darauf was in der Politik geschieht." stellte sie ein wenig verärgert fest, denn warum sollten Frauen nicht auch mehr Mitsprache in solche Dingen haben. Die Konsequenz für Prisca war daher die: Warum sich also damit befassen? Ich für meinen Teil freue mich natürlich sehr für meinen Onkel und bin überzeugt, dass er sein Amt mit vollem Einsatz und zur vollsten Zufriedenheit für uns Römer ausfüllen wird. Aber was genau er da macht? ... Naja, ich bin in diesen Dingen nicht so sehr bewandert, muss ich gestehen." zuckte sie schließlich entschuldigend mit den Schultern, aber den Grund dafür hatte sie ja genannt. Ein Einkaufsbummel so wie jetzt, noch dazu in netter Begleitung, waren jedenfalls in Priscas Augen mindestend genauso wichtig.

  • Prisca schien einige Zeit lang überlegen zu müssen, ob sie den Fußweg wagen oder nicht doch lieber die Sänfte nehmen wollte. Währenddessen sah Plotina sich um und musste dabei feststellen, wie voll es bereits auf den Märkten geworden war. Deshalb nickte sie ihrer neuen Bekannten zustimmend zu, als diese sich nun erhob und ihre Sänfte verließ. Auch über ihrem Haupte wurde nun ein Schirm ausgebreitet, und die Sklaven machten sich bereit, eine schützende Hülle um die beiden Frauen unter den Schirmen zu bilden.


    Auf diese Art und Weise also von allen nur erdenklichen Seiten geschützt - nur ein Erdbeben hätte ihnen jetzt etwas anhaben können -, traten die beiden ungleichen Damen ihren Marsch an in Richtung auf die Seitengasse, von der die Sergierin geredet hatte. Diese wies den Sklaven mit ihrer Hand und einigen gesprochenen Kommandos den Weg, war ansonsten aber ganz damit beschäftigt, das ungewöhnliche Wohlgefühl zu genießen, so sicher wie nie zuvor über die Mercatus Urbis zu wandeln. Dankbar schenkte sie Trautwini ein Lächeln. Doch vergaß sie auch ihre eigentliche Wohltäterin nicht, deren elegante Figur sich bei jeder ihrer Bewegungen aufs Neue zeigte. An sie wandte Plotina sich jetzt wieder:


    "Für dich ist es vielleicht ungewohnt, zu Fuß über die Märkte zu gehen, nicht? Nun, dafür ist es für mich sehr ungewohnt, mich so gelassen und sicher hier bewegen zu können. Ansonsten muss man in Rom nämlich ziemlich aufpassen. Stell dir vor, an den Parilia wurde direkt neben mir ein Mann auf dem Forum Romanum von einem Dieb um seinen Geldbeutel gebracht, am hellichten Tag!"


    Mitten in ihrer Empörung fiel Plotina plötzlich ein, dass dieser Mann ja kein anderer als Theodoros gewesen war. Und mit seinem Namen verbunden tauchten auf einmal auch wieder alle anderen Bilder auf, die sich der Sergierin von diesem Tag unauslöschlich ins Gedächtnis eingebrannt hatten, vor allem auch jenes eine Bild ... dann aber auch die Szene in der Schola Atheniensis. Daran eben hatte Plotina doch heute gar nicht denken wollen, als sie zu den Mercatus ging; nun aber war alles wieder wachgerufen und frischer als zuvor. Tränen stürzten in ihre Augen; sie blickte zur Seite, aber da war ja Trautwini, der sie auch nicht so sehen sollte. Plotina fuhr sich daher mit der Hand über die Augen und schüttelte ihren Kopf, als müsse sie Haare aus ihrem Gesicht entfernen. Und sie war so dankbar, als Prisca jetzt wieder auf die Händlerin zu sprechen kam.


    "O nein! Ich meine, gut, die Händlerin ist nicht mehr die Jüngste, wie gesagt. Wie alt mag sie sein, vielleicht Mitte fünfzig? Aber sie hat noch immer ganz lebendige Augen, blaue wie du!"


    Dabei blickte Plotina ihrer Gesprächspartnerin ins Gesicht und konnte sogar schon wieder ein wenig lachen.


    "Und wenn ihr etwas zustoßen sollte, dann holen wir für unsere Eurydike eben auch eine Leier und folgen ihr wir ihr Orpheus in die Unterwelt, um sie zu befreien. - Spielst du eigentlich ein Instrument? Platon empfiehlt ja die Musik für die Bildung der Persönlichkeit."


    Bei einer Patrizierin erwartete Plotina so etwas einfach. Im gleichen Moment wurde ihr allerdings auch schon klar, dass sie eigentlich gar keine Ahnung hatte, was Patrizier wohl so trieben. Für Politik jedenfalls interessierte sich Prisca also nicht, wie sie selbst betonte, dafür offenbar umso mehr ihr Onkel. Decemvir litibus iucandis ... ja, da wusste Plotina Bescheid.


    "Ich bin überzeugt davon, dass dein Onkel seinen Dienst hervorragend versehen wird. Als decemvir litibus iucandis hat er ja mit Erbschaftsangelegenheiten zu tun. Ich erhielt von einem seiner Vorgänger - ah, übrigens auch ein Patrizier, wie mir gerade einfällt, Flavius Gracchus oder so ähnlich - unlängst auch einen Brief und habe etwas geerbt. Ich kann dir aber sagen, der lebendige Verwandte wäre mir lieber gewesen. Leider lebe ich hier in Rom fast alleine, während du hoffentlich eine große Familie um dich hast."


    Plotina blickte zu Prisca hinüber, musste sich dann aber wieder auf den Weg konzentrieren; die Gasse war nämlich schon in Sichtweite.

  • Zufrieden stellte Prisca fest, dass die Sklaven ihre Aufgabe sehr gut erfüllten. Besonders Trautwini, der sonst eher stumpfsinnig und wortkarg war, erfüllte seine Aufgabe mit Hingabe und warf der Sergiern immer wieder verstohlene Blicke zu. Prisca konnte ihn mittlerweile sogar verstehen, denn Plotina hatte wirklich ein sehr nettes Wesen und ein bezauberndes Lächeln. „Sie ist wirklich nett, nur ihr Äußeres … ob ich sie darauf ansprechen soll? Vielleicht dann, wenn wir bei der Händlerin sind? hmm …nein, nein … ich kenne sie ja kaum“ verwarf Prisca ihre Gedanken im Stillen, während sie ihrer Begleitern zu hörte.


    „Ja ein wenig ungewohnt ist es wohl für uns beide, doch … Nein!! … das ist wirklich passiert, direkt neben dir? Ich dachte immer, das man zumindest am hellichten Tag vor solchem Gesindel sicher wäre?! … Und wo waren die Stadtwachen? … wahrscheinlich wieder mal nicht zur Stelle! Typisch, da kannst du mal sehen, wie wichtig gute Leibwächter sind … so …“


    Wollte sie eben ganz ungezwungen plaudern, so wurde Prisca von der Geschichte mit dem Diebstahl abgelenkt und lautstark äußerte sie sogleich ihren Unmut über solche unhaltbaren Zustände. Bis sich Plotina plötzlich etwas von ihr wegdrehte. Fragend blickte sie nun zu Trautwini, doch der sah nur besorgt die Frau an und warf seiner Herrin dann stumm einen vielsagenden Blick zu. Sie weinte? Wollte er ihr das damit sagen ... aber warum nur?


    „… ist alles in Ordnung mit dir … ich hoffe ich habe nichts Falsches gesagt?“


    Fragte sie nun etwas verunsichert und bezog die Reaktion weniger auf die Geschichte, sondern auf das, was sie gesagt hatte ... oder war am Ende noch Schlimmeres passiert, von dem sie nicht gesprochen hatte? Prisca wusste es nicht, doch in dem Moment begann Plotina auch schon wieder ein wenig zu lachen und redete weiter, als wäre nichts geschehen. Prisca ließ es auf sich beruhen und als sie sich vorstellte, bewaffnet mit einer Leier, in die Unterwelt hinab zu steigen musste auch sie wieder lachen..


    „Eine wirklich skurrile Vorstellung, einfach so in die Unterwelt zu steigen! ... Nun bin ich aber wirklich gespannt, wer diese Händlerin ist! - Nein, ein Instrument spiele ich selbst nicht, dafür haben wir Sklaven. Aber der Musik zu lauschen und ein wenig dazu zu singen, ja das gefällt mir. Auch Gedichte mag ich und ich gehe sehr gerne ins Theater."


    Ein Instrument zu spielen schickte sich wohl nicht für eine Patrizierin, aber von den anderen Dingen erzählte sie gerne. Vielleicht hatte Plotina ja ähnliche Interessen. Doch als die Sergiern das Thema auf ihrem Onkel und seine Aufgaben brachte und schließlich von einer Erbschaft und ihrer Familie sprach, musste Prisca an ganz etwas anderes denken. „Vielleicht ist ja ihre Trauer schuld daran, dass sie ihr Äußeres so vernachlässigt und sie gerade eben so traurig wirkte.“, nun war Prisca froh, noch kein Wort über Plotinas Aussehen verloren zu haben. Denn sie wurde augenblicklich an den Tod ihrer eigenen Mutter erinnert und wie schrecklich sie sich selbst dabei gefühlt hatte. Sichtlich bedrückt ging sie nun ein paar Schritte stumm neben ihrer neuen Bekannten her und bemerkte gar nicht, dass sie sich ihrem Ziel bereits näherten.


    „Das tut mir leid für dich. Der Verlust eines lieben Menschen ist immer ein schweres Schicksal. Auch unserere gens wurde davon nicht verschont. Wenngleich unsere Familie immer noch sehr groß ist, mussten wir in letzter Zeit viele Tote beklagen."


    Prisca blickte traurig zu Boden, doch eigentlich wollte sie sich und auch Plotina nicht mit solchen Gedanken belasten. Daher versuchte sie schnell das Thema wieder von dem Vergangenen ab zu lenken. Vielleicht teilte Plotina ja eine ihrer Interessen, die sie auf ihrer Studienreise kennen und schätzen gelernt hatte.


    "Was hältst du übrigens davon, wenn wir einmal gemeinsam ins Theater gehen? ...Natürlich nur wenn du möchtest. Ich bin zwar lange nicht in Rom gewesen und weiss daher gar nicht was zur Zeit gespielt wird, ... aber in Griechenland habe ich die Theaterbesuche immer sehr genossen."


    Mit einem Lächeln und einem aufmunternden Nicken sah sie zu Plotina, die wohl gerade damit beschäftigt war, nach der Händlerin Ausschau zu halten. Wenn sie diese bereits erreicht hätten, würde dies natürlich ebenso helfen, um auf andere Gedanken zu kommen.

  • Plotina biss sich auf die Lippen. Den Blicken, die Prisca und Trautwini austauschten, konnte sie deutlich ansehen, dass beide ihre Masche durchschaut und ihre Tränen gesehen hatten; Prisca fragte jetzt sogar danach, was natürlich sehr einfühlsam war; hätte Plotina die junge Dame besser gekannt - wie gerne hätte sie ihr jetzt auch ihr Herz ausgeschüttet. Was aber sollte sie so sagen? Die Sergierin war daher froh, dass Prisca diese Gefühlsaufwallung nun offenbar mit dem Tode eines Verwandten der Plotina in Verbindung brachte, und die Sergierin ließ sie in diesem Glauben. Ein Seitenblick auf die Patrizierin allerdings bestätigte deren Worte, dass auch die gens Aurelia in letzter Zeit einige Tote zu beklagen gehabt hatte, denn Prisca sah für einen Moment zu Boden, nachdem sie diese Worte ausgesprochen hatte. Schon suchte Plotina ihrerseits nach Worten, um ihrer Gesprächspartnerin ihr Beileid auszudrücken, als diese aber betonte, dass ihre Familie nach wie vor sehr groß sei. Ein Lächeln glitt über Plotinas Gesicht:


    "Es muss schön sein, inmitten einer großen Familie zu leben. Leider lebt von uns Sergiern im Moment nur mein Cousin Lupus in Roma, allerdings auch nicht mit mir zusammen, sondern in der Castra der Cohortes Urbanae, wo er als capsarius tätig ist."


    Einen Moment lang wanderten die Gedanken der Sergierin wieder zum Thema des Verkaufs der Casa zurück, doch diese Materie war derartig kompliziert, dass sie nun wirklich nicht hierher gehörte.


    "Nun ja, und so kommt es, dass ich ganze Tage alleine zu Hause verbringe. Gerne hätte ich Geschwister um mich, Verwandte in meinem Alter, oder auch ältere, die ich um Rat fragen könnte. - Oder natürlich Kinder! Ich liebe Kinder!"


    Die Augen Plotinas leuchteten in diesem Moment auf, und mit eben diesen Augen sah sie Prisca jetzt an. Wie es wohl bei ihr war? Ob sie Kinder mochte? Irgendwie sah sie nicht so aus, aber sie war ja vielleicht sogar noch etwas jünger als Plotina. In einer Familie wie der ihren würde aber sicherlich erwartet, dass sie irgendwann standesgemäß heiraten und dann natürlich auch Kinder, gerne Söhne, gebären würde. Allerdings würde sie sich um die Kinder wohl gar nicht selber kümmern müssen, dafür hatten solche oikoi ja ihre Sklaven. Dies aber würde sie, Plotina, auch wenn sie Patrizierin wäre, nicht davon abhalten, sich höchstselbst um ihre Kinder zu kümmern, wenn sie welche hätte. Was sie ihnen alles beibringen würde: Lesen, Schreiben, Rechnen, Griechisch, Literatur, Philosophie ... Plotinas Augen glänzten immer weiter, während sie über dieses alles nachdachte und sich in leuchtenden Farben ausmalte. Da! fast hätte sie es verpasst, den tapfer weiter marschierenden Eskortier-Sklaven die Anweisung zu geben, in die nächste Seitengasse links einzubiegen, denn dort sollte sich eigentlich Eurydike befinden. Noch aber blieb etwas Zeit, bis sie den Stand erreicht haben würden, und so wandte Plotina sich Prisca erneut zu.


    "Ja, auch ich liebe das Theater und die Musik! Es ist nur leider schon so lange her, dass ich in einem Theaterstück war, nämlich im Rahmen der Ludi Praetorae in der "Antigone". Und ...


    hier zögerte Plotina, denn mit einem Mal wurde ihr hier wieder der unüberbrückbare Standesunterschied zwischen ihr und der Aurelierin bewusst, der in ihrem Gespräch sonst schon fast keine Rolle mehr gespielt hatte.


    "Ich würde natürlich schrecklich gerne mit dir ins Theater gehen und fühle mich durch deine Einladung sehr geehrt. Leider jedoch ist das ja nicht möglich; sicherlich verfügt deine gens dort über gemietete eigene Plätze."


    Die Sergierin spürte es selbst: Mit diesen ihren Worten drohte ein Missklang in das bisher so harmonische Gespräch zu fallen. Sie überlegte fieberhaft, ob ihr nicht noch etwas Nettes einfallen würde, erinnerte sich wieder an die "Antigone" im Theatrum Marcelli, an ihre Sitznachbarin Terentia Varena - und ja! an die beiden Zwillinge, von denen sie leider so lange nichts mehr gehört hatte.


    "Interessanter als die Theaterstücke selbst sind ja manchmal die anderen Zuschauer, die man so schön beobachten kann. Und manchmal lernt man ja auch welche kennen. Nach der "Antigone" habe ich zum Beispiel zwei ganz liebe Zwillingsmädchen kennen gelernt - ach ja, man ist schon zu beneiden, wenn man mit Kindern zusammenleben kann. Leben bei euch zu Hause auch Kinder, wenn ich fragen darf?"


    In diesem Moment bog der Aurelier-Tross plus Plebejerin in die von dieser bezeigte Seitengasse ein, und schon konnte Plotina Eurydike nebst ihrem Sklavenjungen Miron sehen, in ein Verkaufsgespräch vertieft.

  • Glänzten Plotinas Augen eben noch vor Tränen, so taten sie dies nun aus sichtlicher Freude. Die Sergierin schien Kinder wirklich über alles zu lieben. Wenngleich die Beschreibung ihrer Familie gerade eher die Vermutung nahe legte, dass in dieser Gens nicht mehr viele Frauen übrig wären, die für einen neuerlichen Kindersegen sorgen könnten. Kinder! tja, darüber eigentlich noch gar keine Gedanken gemacht. Sicher, die kleine Sisenna war trotz ihrer Eigenarten wirklich süß an zu schauen und ihr Schicksal, ohne Eltern auf wachsen zu müssen, ging Prisca nahe. Vielmehr plagten sie ganz andere Gedanken. Wie es nun weiter ginge hier in Rom, nachdem die Zeit der Reisen endlich (oder leider) zu Ende wäre.


    "Ja eine große Familie um sich zu haben ist schön ... aber manchmal auch ganz schön anstrengend kann ich dir sagen. Auch was Kinder betrifft. Ich selbst lebte ja viele Jahre eher abgeschieden in Ostia, allein bei meiner Mutter, bevor sie ... ich meine bevor ich dann auf Studienreise ging. ... Naja und jetzt bin ich hier in Rom, bei meinen übrigen Verwandten und werde sehen, was die Zukunft für mich bereit hält "


    der Versuch ein wenig von sich ihrer Familie und ihre Ansichten zu Kindern zu vermitteln, misslang Prisca gehörig. Im sprechen merkte sie bereits, wie die Erinnerungen den Rahmen zu sprengen drohten und so vertraut waren sie und Plotina nun auch wieder nicht, um ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Und auch nach dem Grund, warum Plotina so allein hier in Rom lebte, traute sich momentan nicht zu fragen, aus Angst es könnte noch mehr Betrübliches zu Tage fördern. So war es denn gut, dass sie im Spazieren gehen redeten. Denn jede von ihnen wurde, durch den Trubel um sie herum, auch wieder etwas abgelenkt und so blieb die Möglichkeit die Themen eher sprunghaft zu wechseln.


    "Das freut mich zu hören, dass du Theater und Musik ebenso liebst wie ich ..."


    schon stockte Prisca erneut. Ihr Vorschlag mit dem gemeinsamen Theaterbesuch schien Plotina eher zu beschämen, als zu freuen und Prisca merkte, dass die Standesunterschiede hier in Rom wohl stärker waren, als sie gedachte hatte. "Immer noch, oder immer schon, ?" Gut, in Ostia hatte sie vielleicht generell nie den Kontakt zu Plebejern gehabt, dass ihr das so bewusst aufgefallen wäre. Und dann war sie ja auch lange Zeit auf Reisen. In Griechenland und Germanien? So betrachtet, kannte Prisca solche extremen Standesunterschiede gar nicht, auch wenn sie sehr viel Wert auf ihre adelige Erscheinung legte. "Ich sollte vielleicht zuerst einmal mit meinem Onkel reden, wie er dazu steht. Aber regieren nicht eh die Plebejer schon längst ganz Rom und sollten wir Patrizier uns wirklich so von ihnen distanzieren? ... waren nicht sogar die Sergier selbst einmal von altem Adel gewesen? vor langer Zeit zumindest, bis ....war da nicht etwas vor gefallen ... ?" ...Prisca kam jedenfalls nicht darauf, was es war.


    "Hm ... gemietete Plätze, ich verstehe dich schon. ... Da sieht man mal, wie lange ich schon nicht mehr in Rom gewesen bin. Auf meinen Reisen durch Griechenland, waren die Plätze in den Theatern jedenfalls nicht immer für mich reserviert und trotzdem hatte ich meinen Spaß. ... na wie dem auch sei, wir werden sehen!"


    auch Prisca wollte nicht, dass dieses Thema zu einem Missklang oder gar Missverständnis führen könnte und lies es auf einer eher knappen Bemerkung ruhen. Jedoch versuchte sie mit diesen Andeutungen der Sergiern zu vermitteln, dass sie - trotz ihrer adeligen Erscheinung, auf die sie auch Wert legte - nicht gewohnt war, in einem "goldenen Käfig" zu hausen.


    "Ja, ich beobachte auch gerne die Leute so wie du. Da haben wir ja doch eine Gemeinsamkeit! ... und ja, bei uns zu Hause lebt die kleine Sisenna. Sie ist eine Verwandte von mir. Sie ist ein wirklich süßes Kind, obwohl ich die Launen und Eigenarten von kleiner Kinder nicht immer ganz verstehe und nachvollziehen kann. ... Kannst du sie verstehen? ... zumindest hast du ja erwähnt, dass du Kinder liebst. ... aber sie immer um sich herum zu haben? Ich weiss nicht so recht, ob ich das möchte.


    Leute beobachten! Natürlich eine von Prisca´s Lieblingsbeschäftigungen, der sie gemeinsam jederzeit nachgehen könnten. Prisca nickte schmunzelnd und erwähnte dann aber Sisenna mit eher nachdenklicher Miene, denn schließlich hatte das Kind beide Eltern verloren. „Ist das die Händlerin?!“ fragte sie nur kurz und beiläufig, als ihr Blick zufällig an einem Stand hängen blieb, vor dem eine Frau und ein Junge gerade mit einander sprachen. Etwas skeptisch musterte Prisca jedenfalls den Stand und hoffte, dass wenigstens die Ware hielt, was der Stand nicht ganz so sehr versprach.

  • Während Plotina sich nun freudestrahlend der griechischen Händlerin näherte, bei der sie zwar nicht besonders viele Sesterzen, die sie nun einmal nicht besaß, gelassen hatte, dafür aber umso mehr lobende Worte für ihre Auslage - und hoffentlich auch einen guten Eindruck - während sich die Sergierin also nun also mitsamt ihrer neuen patrizischen Bekannten und deren aurelischem Gefolge Eurydikes Stand näherte, hörte sie Prisca weiterhin aufmerksam zu und machte sich dabei ihre Gedanken.


    Aus Ostia also ... Leider hatte Plotina auch in dieser liebreizenden Stadt bisher nur wenige Stunden verbracht, nämlich gleich am Tag ihrer Ankunft im Hafen. Doch sie konnte sich schon vorstellen, dass man dort recht abgelegen wohnte. Und wenn man dann noch allein mit der Mutter zusammenlebte, stand man sicher unter ständiger Kontrolle. Der Gedanke an die Mutter der hübschen Patrizierin versetzte Plotina einen leichten Stich, da sie ihre eigene ja nicht einmal kannte; dies würde sie nun aber auf keinen Fall erzählen. Hellhörig wurde Plotina allerdings auch wegen der Tatsache, dass Prisca, wenn sie denn nur mit ihrer Mutter gelebt hatte, wohl auch schon etliche Verwandte verloren hatte. Mit einem sanften Blick schaute sie die Patrizierin an und versuchte, auf ein anderes Thema zu kommen.


    "Wie mir scheint, hast du jetzt hier in Rom eine richtig große Sippschaft um dich herum. Das kann bestimmt manchmal anstrengend sein, doch denke ich mir, ist es in erster Linie sicher auch schön und abwechslungsreich. Und wenn dann noch ein Kind dabei ist ... Ich hoffe, du magst Trubel?!"


    Dabei sah die Sergierin Prisca lachend an - und stellte sich im Innern die Frage, wie es da mit ihr selbst aussehe. Eigentlich hatte sie ja immer beides gehabt: Gewohnt hatte sie stets abgeschieden, aber mit großen Städten in unmittelbarer Nähe - eigentlich eine sehr angenehme Weise des Lebens, bei der man beides haben konnte.


    "Aber so ganz neu ist Rom für dich doch sicher auch nicht, wenn du in Ostia aufgewachsen bist? Überhaupt hast du schon eine Menge von der Welt gesehen, wenn du zum Studium in Griechenland gewesen bist. Ich schätze an Patriziern sehr, dass sie ihre Töchter meist so gut ausbilden; in plebejischen Familien ist das ja leider nicht immer der Fall. Ich hatte das Glück, in der Nähe von Alexandria aufzuwachsen und dort von einem guten paedagogus unterrichtet zu werden."


    Plotina schmunzelte, als sie merkte, dass sie wieder einmal auf einen Fauxpas zusteuerte, ihn aber dieses Mal im letzten Moment verhindern würde.


    "Womit ich natürlich nicht sagen will, dass ich mich mit deiner Bildung messen kann. Aber Alexandria hat natürlich in der Hinsicht viel zu bieten. Wenn du aber in Griechenland gewesen bist, sprichst du ja auch die Sprache. Ein kleiner Tipp: Hier und da eine griechische Wendung, und du wirst bei Eurydike bald einen Stein im Brett haben, wenn ich mich mal so ausdrücken darf."


    Verschwörerisch lächelte Plotina Prisca an und konnte nun selbst mit den ersten Griechisch-Kenntnissen glänzen, denn sie begrüßte die Händlerin auf Koin´e. Dieser war es in der Zwischenzeit gelungen, ihrer vorigen Kundin einen Armreif zu verkaufen, so dass sie jetzt ganz frei war, sich Prisca zu widmen. Sie lachte den beiden jungen Frauen entgegen und erwiderte die Begrüßung der ihr bekannten Sergierin. "Plotina, hast du geheiratet? Sonst kommst du immer alleine her - und heute mit einer halben Centurie. Von weitem dachte ich schon, du bringst mir die Aedilen an den Hals; stattdessen ist es eine Zwillingsschwester der Aphrodite."


    Dieser letzte Satz bezog sich natürlich auf Prisca, der Plotina nun die Händlerin vorzustellen hatte.


    "Prisca, das ist also Eurydike! Und dir, Eurydike, kann ich nur raten, deine besten Stücke aus den Truhen hervorzuholen - für diese anspruchsvolle Kundin hier."


    ... deren Namen die Sergierin nicht nannte, war sie sich doch nicht sicher, ob ihre neue Bekannte überhaupt genannt werden wollte. Den Rat Plotinas hatte die erfahrene Händlerin natürlich schon vorausschauend befolgt und dem Sklavenjungen Miron einen Wink gegeben. Dieser machte sich jetzt an einigen Truhen zu schaffen, die erst jetzt, wenn man unmittelbar an der Auslage der Eurydike stand, überhaupt zu sehen waren. Die Händlerin wandte sich nun selbst an die Patrizierin: "Edle Dame, es ist mir eine Ehre, dass Du meinen Stand aufsuchst. Und ich versichere Dir, er birgt mehr, als Du im Moment vielleicht vermutest ... Gibt es etwas Bestimmtes, das Du suchst?"

  • "Ja, Trubel mag ich eigentlich ganz gern." gestand sich Prisca ein, während sie über die Worte Plotinas nach dachte. Wobei sie auf den ganzen Trubel, den die Reise nach Germanien verursacht hatte, liebend gern verzichtete hätte. Über diese Strapazen und dieses schreckliche Land wollte Prisca eigentlich nie mehr ein Wort verlieren. Was hatte eine Patrizierin wie sie schon in Germanien verloren? Eigentlich nichts, doch andererseits hatte sie dort auch eine große Familie hinzu gewonnen.


    "Nun ja, ein gewisser Trubel ist sicherlich sehr schön. Wenngleich nicht jede Art des Trubels besonders erbaulich ist. Und Kinder? ... Im Moment zumindest kann ich mir nicht vorstellen, eigene Kinder zu haben. " Prisca warf einen kurzen eher fragenden Blick zu Plotina. Das Thema Familie und Kinder schien der Sergiern irgendwie besonders am Herzen zu liegen, oder kam ihr das nur so vor? Für Prisca waren Kinder, zumindest im Augenblick, kein Thema genauso wenig, wie sie sich eine Heirat vor stellen konnte.


    "Natürlich ist mir Rom nicht ganz neu. Wenngleich mich meine Reisen für eine sehr lange Zeit von hier fort geführt haben. ... In Griechenland gab es sehr viel zu sehen und zu studieren, ich war sehr gerne und lange dort. ..." zumindest wenn man die Germanien-Reise mit einschloss, hatte ihr Reise etwas länger gedauert wie ursprünglich geplant. Aber darauf wollte Prisca nicht eingehen. Ebenso wenig auf eine Diskussion über die Unterschiede der Erziehung zwischen Plebejern und Patriziern. Mochten sie auch noch so unterschiedlich sein, so machte doch jeder das Beste aus seiner Situation. Vielmehr zeigte sie ein echtes Interesse an Plotinas Aussage zu Alexandria und gab daher auch völlig neidlos und mit einem Lächeln zu:


    "Nur keine falsche Bescheidenheit Plotina! ... Ich glaube dir sehr gern, dass du in Alexandria eine gute Erziehung genossen hast. Nein wirklich, Ägypten würde ich selbst liebend gern einmal bereisen. Die alte Kultur und die Bauwerke ... ja, dieses Land hat mit Sicherheit sehr viel zu bieten. Du musst mir unbedingt einmal mehr davon erzählen, wie es dort ist ... ja, eine Reise dorthin konnte sie sich wirklich gut vor stellen. Doch wann und ob sich jemals eine Gelegenheit dazu bieten würde, stand in den Sternen.


    Ihre Aufmerksamkeit wurde nun wieder ganz auf den Stand vor ihnen gelenkt. Einen Augenblick mussten sie warten, bis die Sklaven den Platz davor soweit frei geräumt und abgeriegelt hatten. Dann konnten sie ungehindert und ungestört die Auslagen begutachten. "Ich werde mir deinen Rat zu Herzen nehmen!" konnte sie gerade noch zu Plotina flüstern und verfolgte dann staunend und etwas amüsiert das Gespräch der beiden Frauen. Natürlich fühlte sich Prisca durch das versteckte Kompliment der Händlerin geschmeichelt und Euydikes freundliche Art, ließen die anfänglichen Zweifel an ihr schnell verfliegen.


    "Eurydike, es freut mich sehr deine Bekanntschaft zu machen. Plotina hat mir schon sehr von der Qualität deiner Waren vorgeschwärmt und gerne will ich mich davon überzeugen lassen, hier die goldenen Äpfel der Hesperiden zu finden. ... Trautwini, was brauchen wir alles?" Prisca begrüßte die Händlerin freundlich nickend und mit einem Lächeln trat sie interessiert einen Schritt näher. Plotinas Rat folgend versuchte sie sich mit einem Vergleich aus der griechischen Mythologie, aber für die Einkaufsliste selbst war ihr Sklave zuständig.


    ... und Trautwini hatte es geahnt. Dabei war es doch so schön gewesen, einfach nur neben seiner Herzensdame her zu gehen und sie beschützen zu dürfen. Ein letztes Mal warf er Plotina einen sehnsüchtigen Blick zu und trat dann vor um, sichtlich nervös und mit der Situation leicht überfordert, die Einkaufsliste zu verlesen. "Ehm... das Zeu.. grhmm ... also ..." fast versagte ihm die Stimme. Tratuwini räusperte sich und versuchte es erneut. "...wir bräuchten also so Fisteln ... Fibulen ... nee das heißt Fibulas, oder?? jedenfalls viel Schmuck ... und Duftzeug für´s Wasser!? ... und hier! eine palla ....ach herrje, Kleidung hast du ja gar nicht oder? ....was brauchen wir noch? ...". Prisca rollte genervt mit den Augen. "... was ich brauche ist eine gute Sklavin, auf die ich mich verlassen kann. Du taugst wirklich nur als Leibwächter und sonst zu nichts" dachte sie sich und kopfschüttelnd warf sie Plotina und Eurydike einen fast entschuldigenden Blick zu.

  • Als Plotina Trautwinis Versuche hörte, sich in der Sprache der Frauen verständlich zu machen, schaute sie zuerst ganz erschrocken auf Prisca und dann auf Eurydike. Dann aber musste sie schmunzeln, vor allem als sie sah, wie souverän die griechische Händlerin die Situation zu meistern gedachte.


    Diese sah zunächst einmal Prisca zunächst erstaunt und dann erfreut an. "Mit den goldenen Äpfeln der Hesperiden kann meine Ware es vielleicht nicht ganz aufnehmen, obschon ja ein Herakles vorhanden wäre, sie zu bewachen" - dabei blickte Eurydike lächelnd zu Trautwini. "Was den Schmuck angeht, Schmuck ist ja hier auf dem Ladentisch schon ausgebreitet", dabei deutete Eurydike auf die Auslage, fügte dann aber mit vorgebeugtem Oberkörper und leiser Stimme an: "Die wirklich wertvollen Stücke allerdings natürlich nicht; mein Sklave Miron holt sie gerade hervor." Und wirklich machte sich dieser Sklave gerade an einer der geheimnisvollen Truhen zu schaffen; im nächsten Moment trug er auf seinen zarten Jünglingshänden eine Art Schublade zum Ladentisch, auf der lauter fibulae lagen; offenbar hatte der Junge gute Ohren und einen wachen Verstand. Eurydike sah dies mit Wohlgefallen und ließ diese edlen und zweifellos echten Schmuckstücke auf ihre patrizische Kundin wirken. Gleichzeitig überlegte sie, was mit dem "Duftzeug fürs Wasser" gemeint sein könnte, kam aber schon bald darauf. "Suchst Du edle Badezusätze, werte Dame, kannst Du Dich freuen, auf dem Weg zu mir dieser Ägypterin hier begegnet zu sein, die Dir sicherlich einige Badezusätze aus ihrer Heimat empfehlen kann."


    Bei diesen Worten nun musste Plotina laut auflachen. Halb zu Eurydike, halb zu Prisca gewandt, versuchte sie zu erklären:


    "Das ist die blumige Art, die ich an euch Griechen so liebe! Eurydike nennt mich nämlich immer "die Ägypterin", obwohl ich das natürlich gar nicht bin, sondern römische Bürgerin. - Also, was diese Badezusätze angeht: Ich nehme ja das einfache Rosmarinöl, wenn du aber etwas Exklusives suchst, wäre natürlich der Badezusatz mit Amber das Richtige."


    Eurydike, die aufgrund ihrer Kenntnisse sowohl der Badezusätze als auch der Sergierin mit eben dieser Antwort gerechnet hatte, stellte entsprechende Fläschchen aus farbigem Glas zurecht und öffnete sie, um der Patrizierin zu ermöglichen, daran zu schnuppern. Diesen Moment nutzte Plotina, um weiter über ihre Heimat zu reden, obwohl ihr dies schwer fiel angesichts des Mannes, der bald wieder den Boden seiner und ihrer Heimat betreten würde.


    "Also Prisca, wenn du nach Aegyptus reisen willst, darfst du aber nicht so bald heiraten, und wenn doch, dann jedenfalls keinen Senator, denn die dürfen ja nicht nach Alexandria und Aegyptus. - Aber im Ernst: Über Aegyptus haben sich viele Legenden gebildet, die man so im Land gar nicht bestätigt findet. Dennoch gibt es natürlich viele Überreste dieser faszinierenden Kultur, und Alexandria ist ja die Hauptstadt des östlichen Teils des Imperiums und im Moment wohl auch die unbestrittene Hauptstadt der Wissenschaft. Also, wenn ihr Aurelier für die kleine Sisenna bei euch mal eine Lehrerin sucht ..."


    Während Plotina so geredet hatte, setzte Eurydike alles daran, die Aussage Trautwinis zu widerlegen, sie habe gar keine Kleidung im Angebot. Sie hatte daher auf der einen Seite ihres Ladentisches eine dunkelblaue Palla aus edelstem Stoff ausgebreitet; zur gleichen Zeit machte sich ihr Sklave Miron schon wieder an einer anderen Truhe zu schaffen. "Kannst du mir genauer sagen, welche Kleidungsstücke ihr sucht?", sagte die Griechin betont langsam zu Trautwini. Sie glaubte offenbar, er spreche nicht gut Latein.

  • Auch wenn Trautwini unfähig genug war, ein einfaches Einkaufstäfelchen vor zu lesen, auf die beiden Frauen schien er Eindruck zu machen. Zuerst Plotina, die sich für ihn einsetzte und nun auch noch Eurydike, die ihn allen Ernstes mit 'Herakles' verglich. Prisca hingegen warf ihm nur einen vernichteten Blick zu und Trautwini verstummte sogleich und sah betreten zu Boden als er dies sah. Prisca hatte schon genug Zeit mit ihm verschwendet, nun wollte sie endlich die Waren begutachten und neugierig trat sie auch schon näher.


    "Das sind wirklich schöne Stücke" bemerkte Prisca sogleich, während ihr Blick noch über die edlen Schmuckstücke glitt. Die Vielfalt, die Euridyke hier anbot bestärkte Prisca in ihrer Überzeugung, dass es sich durchaus lohnen konnte, auch einmal abseits der bekannten Einkaufsmöglichkeiten zu suchen. Sie griff nach einer goldenen fibula, welche mit reichlich Rubinen verziert war und drehte sie in beiden Händen hin und her. "Diese hier gefällt mir ...und ... dies hier auch" schon hatte sie neben den fibulae einen goldenen Armreif entdeckt und hob auch diesen auf um ihn zu begutachten. Für den Moment vergaß sie fast die beiden anderen Frauen und suchte weiter nach Kostbarkeiten und die bereits gewählten reichte sie an den Jungen weiter, der sie solange verwahren sollte. "Ja, Badezusätze benötige ich auch ...aus welcher Heimat sagtest du stammen sie?" bestätigte Prisca zunächst halb abwesend die Worte von Euridyke und erst, als Plotina zu lachen begann, begriff sie die scherzhafte Anspielung auf Plotinas Herkunft hin.


    "Ja es war wirklich ein Glück, dass ich Plotina begegnet bin. Ob sie nun Ägypterin ist oder nicht, ohne sie hätte ich wohl nie von diesem wahren Schmuckkästchen hier erfahren. ... Amber schlägst du vor, Plotina? ...hmm, warum nicht?!" lachte Prisca dann mit den anderen Frauen zusammen und lobte noch einmal die Qualität von Euridykes Waren. In der Tat fand sich hier so manches, was es in den noblen Geschäften Roms nicht zu sehen gab. Schon wandte sie sich den Badezusätzen zu und schnupperte, den Rat ihrer neuen Bekannten folgend, zuerst an der Phiole mit der Amber-Essenz. Prisca nickte zufrieden. Doch bevor sie sich entscheiden wollte, verglich sie auch noch die anderen Düfte. Ihr Gehör hingegen schenkte sie ganz Plotina.


    "Nein, ich hatte eigentlich nicht vor, so schnell zu heiraten. ... Obwohl, bei einem Senator? ... findest du nicht eine Senator wäre es wert, auf so eine Reise zu verzichten?" Priscas Worte waren ebenso scherzhaft gemeint wie die von Plotina, denn die Absicht zu heiraten hatte Prisca nicht. Doch dann schien ihre Bekannte wieder auf das Thema Kinder und Erziehung zurück kommen zu wollen. Prisca hörte aufmerksam zu, bis sie durch Trautwinis Unfähigkeit erneut abgelenkt wurden. Herrisch hob Prisca die Hand und schnitt ihrem Sklaven damit das Wort ab, das er soeben auf Euridykes Frage hin ergreifen wollte und wandte sich stattdessen selbst an die Händlerin.


    "Entschuldige bitte Euridyke, aber das übernehme ich besser selbst. Also, ich suche eine stola ... aus Seide sollte sie sein, leicht und luftig, für die heißen Tage eben. Eine helle Farbe ... vielleicht sogar weiss. Jedenfalls eine abgesetzte Borte am Saum sollte sie haben. Nur welche Farbe? ... hmm, Purpur vielleicht, oder stattdessen eine goldene Stickerei. Und dazu passend eine palla ... ach was rede ich lange! ... am besten wird sein, du zeigst mir einfach alles, was du anzubieten hast." Eigentlich waren Priscas Vorstellungen schon sehr konkret, doch irgendwie auch nicht. Daher sollte Euridyke die Sachen einfach her holen lassen.


    Jedenfalls bliebe so auch etwas Zeit, um endlich zu erfahren, was Plotina eigentlich sagen wollte. "...wo waren wir stehen geblieben? ... ahh ja! ... also, gesetzt dem Fall wir bräuchten eine Lehrerin für Sisenna ... wen würdest du uns empfehlen?" Prisca warf ihrer Bekannten einen fragenden Blick zu. Soweit sich Prisca zumindest erinnern konnte, gab es - außer einer Sklavin - noch keinen paedagogus , der sich um die kleine Sisenna kümmerte.

  • Den eifrigen Ernst, mit dem Aurelia Prisca die Schmuckstücke und auch die Düfte prüfte, sah Plotina mit wohlwollendem Amüsement an und Eurydike mit Wohlgefallen. In der gleichen Zeit tauschten die beiden nichtadeligen Frauen noch schnell die letzten Neuigkeiten aus: Eurydike hoffte, demnächst einen besseren Platz auf den Märkten zu bekommen, da sich die römische Unterwelt derzeit selbst neutralisiere, und Plotina erzählte von ihrer neu erworbenen Weinkelterei. Auch suchte sich Plotina einen neuen Kamm aus Horn aus, denn einen solchen zu kaufen, war sie ja ursprünglich auf den Markt ausgegangen - und hatte Prisca gefunden, von Trautwini ganz zu schweigen.


    Eurydike dagegen konnte man die Erleichterung darüber ansehen, die Kleiderfrage nun nicht mehr mit ihrem "Herakles", sondern mit dessen in diesen Dingen wohl erheblich bewanderterer domina direkt besprechen zu können. Was diese dann allerdings an Wünschen äußerte, machte es der Griechin nicht gerade einfacher. Die dunkelblaue Seiden-Palla lag immer noch ausgebreitet auf dem Ladentisch; nacheinander folgten ihr jetzt aus verschiedenen Truhen und mithilfe der Hände von Eurydike und ihres jungen Sklaven verschiedene stolae und weitere pallae. Einen Moment lang überlegte die Griechin, auf welches der Kleidungsstücke sie nun besonders hinweisen sollte. "Eine weiße Seiden-Stola hätte ich hier; die Borte ist allerdings mit blauem Faden bestickt. Ansonsten wäre hier noch eine Stola, ebenfalls Seide selbstverständlich, die leicht ins Gelbliche geht - fühl' nur den herrlich leichten Stoff!" Und tatsächlich schien das luftige Gewebe auf den Händen Eurydikes gleichsam zu schweben. "Bei den pallae stellt sich nun die immer gleiche Frage: Suchst du zu der hellen Stola ebenfalls etwas Helles oder im Gegenteil etwas besonders Farbenfrohes?" Von beiden Sorten hatte die Händlerin mittlerweile einige Stücke ausgebreitet, an den Borten meist reich verziert durch Stickereien.


    Auf Priscas Bemerkung zu einer Heirat mit einem Senator hin konnte sich die alte Griechin ein gewisses Lächeln nicht verkneifen, Plotina aber musste laut lachen.


    "O, sind Senatoren nicht meist, nun, sagen wir: ältere Herren? Tja, da kann man sich dann eine Reise nach Ägypten vielleicht wirklich schenken: Statt alte Kultur dann eben alte Haut."


    Nach dieser launigen Bemerkung beeilte sich die Sergierin allerdings hinzuzufügen:


    "Aber das kann ja auch ganz schön sein; es kommt eben auf den Menschen an, dem diese Haut gehört. Manche Senatoren sind ja wohl auch noch jünger."


    Ein Thema anderer Art, an dem Plotina ungleich persönlicher interessiert war als an Heiraten mit Senatoren, war die Erziehung von Kindern. Nun sie so nah an ihrem Ziel war, fielen ihr auf einmal irgendwie nicht die richtigen Worte ein, und es dauerte ein bisschen, bis sie schließlich sagte:


    "Was Aurelia Sisenna angeht ... Ich weiß zwar nicht, ob ich sie so vieles lehren könnte, dass es am Ende für einen Senator reichen würde, noch dazu für einen älteren ... Aber einiges beibringen könnte ich ihr ganz sicher. Ich hatte an mich selbst gedacht."


    Ob sich die Aurelier sie als Lehrerin für die kleine Sisenna überhaupt würden leisten können, würde Plotina ja gleich nachher sehen, wenn es für Prisca ans Bezahlen gehen würde. Den Badezusatz mit Amber hatte die geschäftstüchtige Sergierin nicht nur wegen seiner unbestreitbaren Qualität vorgeschlagen, sondern auch, weil er ja beinahe mit Gold aufgewogen wurde. :P

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