Was für eine Zeit war das nur, die ich gerade durchlebte? Germanien blieb in schlechter Erinnerung, weil die letzten Ereignisse all das Schöne weit überschatteten. Es lag nicht allein an mir, weil ich genau das zuließ, es lag auch an Corvi, der sich scheinbar um jeden sorgte, aber eben nicht um mich. So war das bei vielen Männern, hatte Tante Apollonia mehrfach erwähnt: Hilfsbereit zu jedem anderen, aber die eigene Frau musste alleine laufen.
Während ich neben Prisca dem Garten zuschritt, grübelte ich darüber nach, ob ein kleinwenig die Tatsache, dass Apollonia nicht in Liebe mit ihrem Mann verbunden gewesen war, zu ihrer Ansicht geführt hatte. Andererseits verhielt sich Corvi derzeit genau so und zwischen uns gab es keine Zweckverbundenheit. Aber vielleicht wandelte sich Liebe stets in Gewohnheit, bei Sophus war es ähnlich gewesen. Sophus - warum kam ich eigentlich auf ihn? Es musste an Rom und an Apollonia liegen, die Villa barg viele Erinnerungen.
Auch solche, die mich an meine einstigen Eltern erinnerten. Severina war Mutter und Freundin zugleich für mich gewesen, so wie sie offenbar Freundin und Geliebte zugleich für meinen Vater gewesen war. Bei ihnen starb die Liebe offenbar nie. Oder glaubte ich das nur, weil ihr Tod seinen nach sich gezogen hatte? Ich versuchte mich zu erinnern, ob Antoninus auch im Leben Severina Liebe und Fürsorge angedeihen ließ. Dabei stellte ich feste, er war selten zu Hause, aber wenn, dann nahm er sich stets für Mutter die Zeit, nie für andere. Vielleicht verglich ich derzeit auch zu viel, ich sollte das sein lassen.
Ich sog die Luft ein, die keineswegs frei von merkwürdigen Gerüchen war, dennoch war es römische Luft, die mehr als nur Qualität zum atmen bot.
„Ich bin einerseits froh, wieder in Rom zu sein“, begann ich das Gespräch, blickte aber weiter nach vorn, während ich langsam voranschritt. „Andererseits weiß ich nicht, ob ich mich auf die nahe Zukunft freuen kann. Mir scheint, eher nicht. Und wie geht es dir?“
Bei dieser Frage wandte ich den Kopf und schaute Prisca an. Bei all dem Trubel der letzten Zeit waren ihre Pläne irgendwie untergegangen.