Arbeitszimmer | Gracchus et Mercurinus

  • Nachdenklich knetete Gracchus seine Unterlippe, die Stirne in Falten gelegt, und versuchte den Wortlaut der vor ihm liegenden Schrift zu durchdringen. Es war die aletheia aus Parmenides' Werk Über das Sein, und bereits das Lehrgedicht an sich hatte Gracchus ein wenig verwirrt. Aquilius fehlte ihm zur Erörterung des Gelesenen, doch sein Vetter tat seine Pflicht im Tempel und schlug sich nicht in einer Art und Weise mit Studien der Philosophie herum, wie diese nurmehr der Jugend zustand, und welche eben aus dem Grunde der Verwirrung vermutlich nurmehr in dieser Art und Weise der Jugend zustand. Eben wollte Gracchus gar ein Seufzen ob dessen echappieren, als ein Pochen an der Türe des Zimmers diesem zuvor kam. Sciurus, welcher seinen unsichtbaren Platz im Raume bewachte, trat zur Tür und öffnete, um nachzusehen, wer für die Störung verantwortlich war. Kurz darauf wandte er sich zu seinem Herrn um, um diesem mitzuteilen, dass ein Scriba des Rex Sacrorum ihn zu sprechen wünschte. Augenblicklich versteifte sich Gracchus' Haltung und er fühlte sich ertappt, obgleich er nicht wusste wobei, doch der Gedanke an den ehrwürdigen Fabius Antistes allein genügte bereits zu solcherlei. Dennoch wies er Sciurus an, den Scriba herein zu bringen. Ein wenig löste sich die Anspannung, als nicht irgendein Scriba, denn Marcus Valerius Mercurinus in den Raum trat, ein Mann, welcher Gracchus durchaus von seinem Dienst im Cultus Deorum bekannt war, und welchen er als äußerst umgänglichen und pflichtbewussten Menschen hatte kennen gelernt.
    "Salve, Valerius, welch unerwarteter Besuch. Bitte nimm doch Platz. Ich hoffe, es führt dich kein Versäumnis meinerseits in dieses Haus?"
    Sciurus derweil schenkte dem Gast einen Becher verdünnten Weines ein und zog sich sodann auf seinen unsichtbaren Posten zurück.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Nach der Durchquerung des Hauses bis hin zum Arbeitszimmer des Flaviers wartete Mercurinus gespannt vor der Tür, bis er hereingebeten wurde. Und da saß auch schon Flavius Gracchus. Auch ein Sklave war bei ihm, aber bei derartig wichtigen Persönlichkeiten war das wohl normal.


    "Salve, Manius Flavius Gracchus!"


    grüßte er betont freundlich zurück. Dann nahm er Platz und holte seinen Brief hervor.


    "Nein, in keinster Weise. Ich bin hier, um Dir einen Brief meines Dienstherrn zu überbringen."


    Er gab das Schreiben weiter.


    Cn. Fabius Antistes Rex Sacrorum M' Flavio Graccho s.p.d.


    Ich schreibe Dir aus einem Anlass von größter Bedeutung und Wichtigkeit.


    Das Collegium Pontificium hat es für notwendig befunden, seine Reihen zu ergänzen um seinen die Pflichten und Aufgaben weiterhin in zufriedenstellendem Maße nachkommen zu können. Aus diesem Grunde biete ich stellvertretend im Namen des gesamten Collegiums Dir, Manius Flavius Gracchus, ein Pontifikat der Stadt Rom an. Ich bin überzeugt, dass Du Dir der Pflichten, aber auch der Ehrwürdigkeit dieses Amtes bewusst bist.


    Solltest Du dieses Angebot annehmen, werde ich Deine Kandidatur verbunden mit der Bemerkung über die Gunst des Collegium Pontificium für Dich dem Senat zur Abstimmung vorlegen.


    Ich hoffe, Du bist Dir der Ehre bewusst, die Dir durch dieses Angebot widerfährt. Entscheide Dich und teile meinem Scriba, Marcus Valerius Mercurinus, diese Entscheid mit.
    Überdenke diese Entscheidung, doch triff sie rasch, denn nun ist es an der Zeit für Dich, Deine Fähigkeiten erneut in den Dienst Roms zu stellen.



    Mögen die Unsterblichen Dich behüten

    ANTE DIEM X KAL OCT DCCCLVII A.U.C. (22.9.2007/104 n.Chr.)

  • Durchaus ein wenig mehr als nur neugierig nahm Gracchus das Schriftstück entgegen, löste vorsichtig das Siegel und begann zu lesen. Zeile um Zeile beschleunigte sich sein Herzschlag, am Ende des Briefes sprang er nochmalig mit seinem Blick über den Text, suchte nach seinem eigenen Namen, um sicher zu stellen, dass tatsächlich das Schreiben an ihn selbst gerichtet war. Doch auch die neuerliche Prüfung änderte die Tatsache nicht. Gracchus blickte auf, den Scriba an. Obgleich sein Konterfei kaum etwas vom Zustand seiner inneren Verzückung verheißen ließ, so leuchteten doch seine Augen in solcher Freude, als hätte er Tausende Sonnen verschluckt, welche nun darauf gierten ihre Strahlen aus seinem Blick hervorbrechen zu lassen. Es brauchte kaum Zeit, seine Entscheidung zu überdenken, war sie doch längstens gefallen, vor Jahren bereits als er es wagte, sich gegen den Willen seines Vaters zu stellen, und selbst jener marginale Zweifel und damit einhergehende Skrupel in Bezug auf seinen Bruder waren längst überwunden.
    "Bitte richte dem ehrwürdigen Rex Sacrorum aus, dass ich mir sowohl der außerordentlichen Ehre, als auch der damit einhergehenden Pflichten bewusst bin, und beides mit größter Freude bereit bin, anzunehmen."

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    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Mercurinus sah das Mienenspiel des Flaviers und war fast etwas beängstigt, was für eine Reaktion der Brief hervorrief. Er kannte natürlich den Inhalt - schließlich war er ihm selbst diktiert worden! Aber dass es dann gleich eine derartige Freude hervorrief...offensichtlich wusste Gracchus nicht, was das Collegium Pontificium für einen Stress bedeutete...


    Dennoch sah er freundlich zu dem Flavier zurück und erwiderte


    "Sehr gut. Ich werde es dem Rex Sacrorum mitteilen."


    Er erhob sich und sah nach der zweiten Schriftrolle.


    "Ich habe noch weitere freudige Nachrichten zu verbreiten - wenn Du mich also entschuldigst..."

  • "Aber natürlich."
    In seiner überschwänglichen Freude ließ es Gracchus sich nicht nehmen, den Scriba selbst bis zur Türe zu geleiten - des Raumes natürlich, nicht der Villa. Nachdem er Valerius verabschiedet hatte, lehnte er sich gegen die geschlossene Türe und ein überaus süffisantes und für ihn völlig untypisches Lächeln kräuselte seine Lippen. Natürlich wusste Gracchus nicht im Geringsten, was ihn würde erwarten, er kannte nicht einmal einen Pontifex persönlich und hatte darüber hinaus bis auf den spärlichen Kontakt als Sacerdos bisherig kaum Berührung mit einem der Collegien gehabt, doch er wusste, dass dies sein Weg war, ganz wie er wusste, woher er kam, und wie er in völlig untypischer Weise wusste, dass er dem gewachsen war, dass dies vielleicht sogar das einzige war, welchem er überhaupt gewachsen war. Er tänzelte förmlich zu seinem Leibsklaven, packte diesen beim Genick und presste ihm einen langen, ausgiebigen Kuss auf die Lippen, suchte mit seiner Zunge die des Sklaven, welcher ein wenig überrascht, doch durchaus bereitwillig die Tat erwiderte.
    "Heute Abend werden wir die larven in ihre Schranken verweisen"
    , flüsterte er Sciurus ins Ohr, ließ dann von ihm ab und verließ den Raum, ohne genau zu wissen, wohin er würde gehen.

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