[Außerhalb des Lagers] Taverne 'Zum lachenden Kilikier'

  • Wie Ferkel sich an die Muttersau drängen und an ihren Zitzen laben, so drängten sich viele gedrungene Häuser an das große Legionslager von Nikopolis und labten sich daran. Der ganze Ort lebte fast ausschließlich von der stattlichen Garnison, die hier stationiert war.


    In einer schmalen Seitengasse, gar nicht weit vom Haupttor des Lagers entfernt, stand ein zweistöckiges Haus. Es unterschied sich nicht von den anderen Häusern in dieser Gasse, wenn man einmal von der rot bemalten Amphore absah, die gut sichtbar über dem Hauseingang hing.
    Das Haus beherbergte nämlich eine Taverne, die als die Taverne 'Zum lachenden Kilikier' bekannt war.


    Sie gehörte einem Mann namens Gelon, der tatsächlich viel lachte und aus der kilikischen Stadt Iotape stammte. Gelon war ein raubeiniger, bärenstarker aber gutmütiger Kerl. Man munkelte, dass er früher zu den berüchtigten kilikischen Piraten gehört hatte, die seit Generationen die Küsten des östlichen Mittelmeers unsicher machten. Er selbst aber sprach niemals über seine Vergangenheit und was er getan hatte, bevor er nach Ägypten gekommen war.


    Iotape war Gelons kostbarster Besitz, abgesehen von seiner Taverne, versteht sich. Sie war irgendwo im Delta als Sklavin geboren worden und niemand wusste, wie man sie als Kind genannt hatte. Vielleicht hatte sie ihren ursprünglichen Namen selbst auch bereits längst vergessen, denn keiner konnte sich erinnern, dass sie ihn je genannt hätte. Als ihre weibliche Schönheit erblühte wurde sie an ein vornehmes Freudenhaus im Broucheion-Viertel von Alexandria verkauft, wo sie bald unter dem Namen 'Berenice, die Fingerfertige' bekannt war. Doch die Jahre gingen ins Land, ohne das es ihr gelang, einen wohlhabenden Alexandriner so sehr für sich zu gewinnen, dass er sie aus dem Bordell frei gekauft hätte. Unvermeidlich kam der Tag, an dem sie durch eine Jüngere ersetzt und verkauft wurde. So gelangte sie zu Gelon und in die Taverne 'Zum lachenden Kilikier'. Er nannte sie fortan Iotape, nach seiner Heimatstadt und weil das auch der Name einer Prinzessin gewesen war.
    Von da an bediente Iotape die Gäste des 'Lachenden Kilikiers' und gelegentlich nahm sie, für ein paar Sesterzen extra, auch noch immer besonders einsame Männer mit hinauf in ihre Kammer, die im zweiten Stock über der Schankstube lag. Denn wenn auch ihre Schönheit langsam verblasste, von ihrer einstmals weithin gepriesenen Fingerfertigkeit hatte sie nichts eingebüßt.


  • Ein wenig nach Luft ringend näherte sich Cursor der Taverne, Verus hatte ihn schnell eingeholt.


    "Das muß der lachende Kilikier sein",


    stellte Cursor fest und sah Verus fragend an,


    "Kilikier? Waren das nicht die Piraten, die wir gezüchtigt haben und denen wir erst einmal Benehmen beibrachten? Vielleicht ist das so eine Piratenspelunke, vielleicht wird da sogar geschmuggelt. Auf alle Fälle ist es gut, daß wir zu Zweit sind. Also, nichts wie in die gute Stube!"

  • Verus schaute Cursor verwundert an. Er hatte nämlich noch nichts von Piraten gehört, die sich Kilikier nannten. Aber was solls, die Hauptsache war ja, dass die beiden feiern konnten.


    Als Corsor dies mit den Piraten erwähnt hatte, war ihm nicht mehr sehr wohl. Man wusste ja nie, was sich dort für Leute herumtrieben. Also griff sich Verus unter die Toga und betätschelte den Dolch, den er bei sich trug. Wieder ein bisschen ermutigt, ging Verus Cursor nach, in die Taverne.

  • Amüsiert hatte Cursor Verus` Griff nach dem Dolch bemerkt. Aber nichtsdestotrotz versicherte er sich seines griffbereiten "Beschützers".


    "Verus, wir bleiben dicht beieinander. Sollte es brenzlich werden, sofortiger Rückzug. Auf in den Kampf!"


    Cursor drückte die Tür zur Taverne auf. Schummriges Licht empfing die beiden. Er vergewisserte sich, daß Verus hinter ihm war.


    Nachdem sich seine Augen an die dunkle Helligkeit oder das helle Dunkel gewöhnt hatten, erkannte Cursor ein paar grobe Holztische und -bänke. Niemand war zu sehen. Es schien, als wären sie um diese Zeit die einzigen Gäste.


    "Komm`Verus, setzen wir uns erst einmal. Ich schlage vor, gut erzogen wie wir sind, daß wir warten bis der Wirt kommt. Wenn nicht, machen wir uns bemerkbar."

  • " Einverstanden."


    Verus und Cursor setzten sich an einen der Holztische und warteten. Nach einer geraumen Zeit war der Wirt immer noch nicht da.


    " komm, wir rufen diesem lausigen Wirt. Wenn er nicht auftaucht, müssen wir halt zu anderen Mitteln greiffen.
    Wir könnten ihm einen Schreck einjagen oder ihm vormachen, wir müssten sein Lokal durchsuchen, auf Befehl der römischen Legion. Wir könnten ihm aber auch ganz normal rufen.


    So wie es scheint ist dieses Lokal nicht gerade das best besuchteste." meinte Verus zu Cursor.

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    Gelon – der Besitzer der Taverne und ihr Namensgeber – war hinter dem Haus gewesen, wo es einen kleinen Innenhof gab. Dort hatte er einen frisch geschlachteten Hammel aus der Decke geschlagen. Mit anderen Worten: Er hatte ihm das Fell über die Ohren gezogen. Denn heute wollte er wieder einmal einen großen Bottich Kilikischen Hammeleintopf aufsetzen, für den er und seine Taverne in der ganzen Stadt berühmt waren.


    Nun kam er wieder in seine Schankstube und erblickte zwei Gäste, die sich zu dieser frühen Stunde bereits hierher verirrt hatten. Gelon wischte sich die blutverschmierten Hände – waren Pranken waren das – an seiner Lederschürze ab und ging zu den Männern. Mit erfahrenem Blick taxierte er sie. Es waren zweifellos römische Legionäre aus dem nahen Legionslager.


    “Salve die Herren Soldaten!“


    Er hatte eine heisere, wiewohl tiefe Stimme.


    “Was darf ich bringen? Wein? Ich habe guten Wein aus dem Delta oder welchen von Cyprus.“

  • Publius schaute sich schnell den Schankwirt an und sagte dann:
    " Salve, Wir hätten gerne einen Guten Wein, der nicht zu teuer ist. Können wir mal kosten?"


    Nebenbei gab er Cursor zu erkennen, dass der Wein auf Publius` Rechnung kommt.

  • "Junge, Junge",


    flüsterte Cursor Verus zu, nachdem er den mit seiner blutverschmierten Schürze unheimlich wirkenden Wirt fixiert hatte,


    "hoffentlich schaut der nur so aus! Ob der sich darauf einläßt, daß wir erst einmal von seinem Wein kosten dürfen, noch dazu, wo er uns nicht kennt?"

  • " Nur keine Panik, ich habe mich vor der Tür auf das Schlimmste bereit gemacht. Wir können ja den probierten Wein bezahlen. Schliesslich zahle ich nicht für einen wässrigen oder stinkenden Wein."
    murmelte Verus zu Cursor.


    Dann griff er wieder unter die Toga, um zu sehen ob sein Dolch immer noch recht in der Scheide steckte. Neiin.. Verus hatte den Dolch verlohren. Und da Verus suchend um sich schaute, fragte der Wirt ihn, ob er etwas verlohren habe. Worauf Verus antwortete er vermisse seinen Dolch.
    Der Wirt zückte einen länglichen Dolch blitztschnell aus einem Tuch, welches er als provisorischer Halter verwendete. Verus war durch die schnelle Bewegung mit dem Dolch so erschrocken, dass es ihn beinahe vom Sitzt haute. Etwas später, als Verus` Blutdruck wieder auf 120 war, sagte er, der Dolch gehöre ihm. Worauf der Wirt ihn ihm übergab. Dankend sagte Verus dies gäbe ein extra Trinkgeld.

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    Gelon machte nicht den Eindruck, als wolle er den Römern an die Gurgel gehen. Er kratzte sich stattdessen seinen schwarzen Bart. Zwar sprach er für einen Kilikier ein ganz passables Latein, aber es war natürlich nicht seine Muttersprache und darum missverstand er den Soldaten auch prompt.


    “Kosten? Eine Kanne aegyptischer Wein kostet drei As, der cyprische vier. Das ist nicht zu teuer und mein Wein ist sein Geld wert.“, versicherte er.
    “In eurem Lager kriegt ihr nicht so guten Wein und mehr bezahlen müsst ihr da auch.“

  • Verus wusste, dass der Wirt nicht lügen konnte. Denn wenn ein Wirt einen schlechten Wein verkauft, hat er bald keine Kundschaft mehr.


    Da der Wirt nicht richtig verstanden hatte, sagte Verus in einem freundlichen Ton:


    " Ich wollte eigentlich fragen, ob wir zuerst einwenig probieren könnten. Aber jetzt als ich gehört habe, dass es vernünftige Preise sind, die ich mir als Probatus leisten kann, hätte ich gerne eine Kanne mit aegyptischem Wein und eine Kanne cyprischem Wein. "


    Dann fügte er an:


    " Und was willst du Cursor?"

  • Cursor hatte den Vorfall mit dem verlorenen Dolch mitbekommen. Er hatte dabei den Wirt genau beobachtet. Es schien wirklich so zu sein, daß der Wirt nur so aussah.


    "Na ja, dann probiere ich erst mal einen ägyptischen Wein. Wenn möglich, einen Becher. Eine oder mehrere Kannen sind nicht ausgeschlossen."


    Cunctator wandte sich dem wartenden Wirt zu.


    "Sei so gut, und bring` mir einen Becher deines ägyptischen Weins. Hoffentlich ist er so gut wie du ihn anpreist!"

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    Diese jungen römischen Soldaten wussten scheinbar nicht so genau was sie wollten. Der eine bestellte zwei Kannen, der andere nur einen Becher und meinte, dass er später vielleicht mehr wolle, was für Gelon ohnehin feststand, denn welcher Mann würde sich schon mit lediglich einem Becher Wein zufrieden geben.


    “Zwei Kannen mit zwei Bechern, kommt sofort.“, sagte er schließlich der Einfachheit halber. Auf dem Weg nach Hinten drehte er sich aber noch einmal um und meinte: “Und was getrunken wird muss auch bezahlt werden.“

  • "He, caupo,"


    rief Cursor dem Wirt nach, und bemühte sich, ruhig zu bleiben,


    "damit du Bescheid weißt: wir sind Soldaten der römischen Armee und noch dazu der XXII., falls dir das etwas sagt! Wir haben es nicht nötig uns sagen zu lassen, daß das, was getrunken wird, auch bezahlt werden muß. Wir zahlen was wir trinken. Oder sollen wir vielleicht vorher bezahlen? Hier hast du drei As für eine Kanne ägyptischen Weins,"


    Cursor zählte drei Geldstücke auf den Holztisch und staunte über sich selbst, wie ruhig er immer noch blieb,


    "und jetzt setzte deinen Hintern schnellmöglichst in Bewegung, wir sind zu dir gekommen, weil wir Durst haben und nicht um verkappte Moralpredigten anzuhören!"

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    Gelon brummte nur etwas Unverständliches zur Antwort. Er war auf keinen Streit mit den beiden Römern aus, denn ein Nicht-Römer konnte dabei nur den Kürzeren ziehen, wie er nur zu gut wusste. Vor allem wenn es sich bei den Römern auch noch um zwei Soldaten der hiesigen Legion handelte. Die hier stationierten Legionäre waren schließlich seine wichtigsten Kunden.
    Darum sagte er nichts. Stattdessen brachte er eine Kanne Wein und zwei Becher. Er stellte alles auf dem Tisch der beiden Soldaten ab und nahm das Geld.


    “Wohl bekommts!“, sagte er und dann begab er sich wieder in den hinteren Teil der Schankstube.

  • Als Verus sah, dass der Wirt sich verzogenhatte und niemand zu sehen war. Dann sagte er leise:
    " He Cursor, du hast doch mal was gesagt von Legionswechsel. Und du wolltest mir den Grund nicht nennen, da du dich in der Öffentlichkeit befunden hattest. Aber hier scheint mir der Ort gelegen. ^Wenn du nicht zu laut sprichst, hört dich bestimmt keiner."

  • Ohne auf das, was Verus gesagt hatte einzugehen, legte Cursor los.


    "Alles, was recht ist, aber hast Du das mitgekriegt?"


    Gereizt sah er Verus an, und ohne dessen Antwort abzuwarten, grantelte er weiter:


    "Du hast doch eine Kanne ägyptischen und eine Kanne cyprischen Weins bestellt, ich wollte einen Becher ägyptischen Weins haben, weil ich erst probieren wollte. Auf die Belehrung von diesem caupo hin bestellte ich eine Kanne ägyptischen Weins, den ich, wie Du gesehen hast, im Voraus bezahlte. Hätte er gesagt, daß wir erst mal probieren sollten und dann bezahlen könnten, das wäre ein Wort gewesen!


    In was für eine Spelunke sind wir da geraten? Und nun bringt der eine Kanne von irgendeinem Wein. Ich glaube, der versteht uns nicht!"


    Cursor redete sich immer mehr in Rage. Vor allem, daß der caupo das Geld vorab genommen hatte, ging ihm gehörig gegen den Strich. Schließlich sahen die beiden nicht wie Nichzahlenwollende oder -Könnende aus!

  • Verus sagte gelassen:


    "Habs schon mitbekommen, vielleicht ist er zu schwach, um alles auf einmal zu bringen oder er ist schwerhörig. Ich gebe ihm noch ein bisschen Zeit. Wenn er aber nicht bald den Rest bringt, den wir bestellt haben, entfache ich ihm ein Feuerchen unter seinem Allerwertesten. Er wird dann lernen, auf die Wünsche seiner Gäste einzugehen. Sonst hat er bald keine mehr."


    Dies sagte er in einer Lautstärke, die der Caupo nicht überhören konnte, ausser er wäre taub gewesen.


    Dann zählte er seine Pulsschläge, er war jetzt wirklich nicht mehr in guter Stimmung. Der Wirt musste sich beeilen, sonst....


    Der Wirt tat so, als ob er nichts mitbekommen hätte. Jetzt war Verus stinksauer. Er stand auf und bewegte sich mit langen Schritten auf den Wirt zu, der gerade irgendetwas vor sich hin traubelte.
    Als er dem Wirt gegenüberstand und der Wirt verwundert ein Unschuldsgesicht aufsetzte, sagte Verus in einem unnatürlichen, übertriebenen, säuselnden Ton:



    " Lieber Herr Wirt, könnten sie mir sagen, was ich und mein Freund bestellt haben?"


    In einem wenigerfreundlichen Tonfall fuhr er fort:


    " -Nicht- Dann hören sie mir jetzt gut zu. Ich habe eine Kanne mit cyprischen und eine Kanne mit ägyptischen Wein bestellt. Mein Kollege hat einen Becher mit ägyptischen Wein bestellt.


    Entweder du holst jetzt dies. Oder dein SCHUPPEN hat den schlechtesten Ruf aller. Dafür kann ich persönlich sorgen. Denke nur, deine Gäste sind in der Regel nur Soldaten. Was würdest du tun wenn keine mehr deine schäussliche Speluke betreten?"


    Verus wartete auf eine Antwort.

  • Allmählich wurde die Stimmung in der caupona mulmig.


    Cursor bemerkte, daß auch bei Verus die Grenze eines Spaßes überschritten war.


    "Und jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo der caupo zwischen Krieg und Frieden wählen kann. Es ist ja nicht das erste Mal, daß, sagen wir mal deplazierte Äußerungen, Anlaß zu einem Krieg gaben. Und Krieg muß nicht unbedingt bedeuten, daß wir seine Bude zerlegen. Du hast vollkommen recht: wir brauchen nur verbreiten, inwieweit hier Kundenfreundlichkeit angesagt ist, von dem vorausgezahlten Wein ganz abgesehen. Dann kann der seine Schenke zumachen."


    Cursor rempelte Verus an.


    "Bin gespannt, was der caupo jetzt zu tun gedenkt!"

  • Verus war selbst sehr gespannt, wie wohl der Caupo reagieren würde. Denn wenn er sich gegen die beiden Probaten anlegen würde, wäre er so gut wie arbeitslos.


    Verus schmunzelte zu Cursor herüber:


    "Der Dumme würde sich gegen den Mächtigeren stellen."


    Der Wirt hatte nicht mehr lange Zeit, denn Verus wollte seinen Wein.

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