• Valerian war schlichtweg geschockt, als der Centurio den Gefangenen schlichtweg tötete. Er maß sich kein Urteil darüber an, ob diese Entscheidung nun richtig oder falsch war. Dafür fehlte es ihm schlicht an Erfahrung. Nur die Leichtigkeit, mit der Crispus dies erledigte, war irgendwie unfaßbar.


    Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, sah Valerian zu, wie der Mann starb. Doch an seiner Blässe konnte man durchaus erkennen, daß ihm diese Sache zu schaffen machte. Als Primus ihn dann fragte, ob er die Arme oder Beine nehmen wollte, war es für ihn, als erwachte er. Nach kurzem Durchatmen antwortete er dann: "Die Beine." Und schon griff er nach eben jenen, um den Toten mit Primus zusammen in den Graben zu schaffen.

  • Sie legten den toten Armin in den Graben. Auch hier achtete Primus darauf, daß der getötete Krieger würdig, mit dem Gesicht nach oben bestattet wurde.
    Er kramte zwei Kupfermünzen hervor und legte sie dem Toten auf die Augen.
    Dann nickte er Valerian zu und sie begannen den Graben mit ihren Füßen zuzuschütten. Nach getaner Arbeit meinte Primus,
    Ich fürchte das war nicht unser letzter Toter, aber ich hoffe unser letztes Schlachtopfer. Bitterkeit schwang in seiner Stimme mit und er wandte sich zum gehen.

  • Ruhig und ernst half Valerian Primus dabei, den Toten in eine würdige Haltung zu bringen, sah zu, wie er ihm die Münzen auf die Augen legte und wunderte sich ein wenig, daß er ihm die Münze nicht auf die Zunge legte. So kannte Valerian es. Aber solcherlei Bräuche waren eben überall ein wenig anders. Er redete Primus da nicht drein, der Kamerad machte das schon richtig.


    Dann bedeckten sie den Toten schweigend mit Erde. Als Primus am Ende doch sprach, nickte Valerian. "Das hoffe ich auch." Doch er rechnete eher damit, daß sich diese Hoffnung nicht erfüllen würde. Vielleicht würden sie sogar einmal gezwungen sein, selbst so zu handeln.

  • Primus legte seine Hand auf Valerians Schulter und meinte,
    Komm, wir müssen noch unsere Klamotten packen und den Anderen helfen.Er warf einen letzten Blick zurück auf den frischen Erdhaufen.
    Es ärgerte ihn, daß er nur noch zwei Münzen gehabt hatte,...aber so hatte er wenigstens dem Toten sein gesamtes Vermögen vermacht.

  • Die Hand auf der Schulter tat Valerian gut und er blickte Primus dankbar an. "Gepackt habe ich zum Glück schon." Er atmete tief durch. "Ich bin froh, wenn wir hier wegkommen." Der Übungsmarsch war also doch ganz anders verlaufen, als sie alle gedacht hatten. Der Vorfall zeigte nur zu deutlich, wie wichtig es war, regelmäßig zu patrouillieren. Selbst in Gebieten, die als sicher galten.


    Als sie zu den anderen zurückkehrten, schienen sie ebenfalls abmarschbereit zu sein. Sicher würden sie jeden Moment den Befehl zum Antreten erhalten.

  • Während Valerian und Primus schon mit dem Gefangenen beschäftigt waren, konnte der Optio einige Abbauarbeiíten besichtigen. Er salutierte vor dem Centurio und machte sich auf zu den Abbauten der Palisade. Die Hinrichtung hinterließ einen merkbaren Eindruck. Es ging irgendwie so schnell... und genauso schnell starb der Gefangene. Doch Reatinus hatte kein Mitlied, denn letzte Nacht erst wollte der Mann ihn töten.

  • Primus ging zu Sergius, der bereits seine Sachen bereit gestellt hatte.
    Er nahm seine Ausrüstung auf, und dankte Sergius mit einem Nicken.
    Das Marschlager war in Aufruhr,...der Abmarsch stand wohl unmittelbar bevor.


    In einiger Entfernung sah er den Optio,...er schien seinen Gedanken nachzuhängen. Auch wenn der Optio ihm letztendlich das Leben verdankte, so war er anscheinend nicht in der Lage über seinen Schatten zu springen...
    Naja, vielleicht noch nicht.
    Neben sich hörte er Sergius etwas kauen,...ein letzter Rest vom Frühstück.

  • Kurz nachdem der Bandit das Zeitliche gesegnet und im naheliegenden Wald verscharrt worden war, ließ der Centurio erneut zum Sammeln blasen - diesmal jedoch zum Abmarsch.


    Er selbst hatte inzwischen sein Sagum angelegt, das Maultier am Zügel und den vitis in der anderen. Er wollte wieder zurück nach Hause.


    "Parate vos ad iter!"


    brüllte er über den Platz, während er die letzten Zuschüttarbeiten am Graben persönlich überwachte.

  • Es kam noch einmal so etwas wie hektische Betriebsamkeit auf, während derer die letzten Sachen gepackt, die letzten Gräben zugeschüttet und auch ansonsten alles wieder in Ordnung gebracht wurde. Dann fanden sich die Männer überraschend schnell ein und stellten sich entsprechend der Marschordnung auf. Valerian fand seinen Platz, richtete nochmal kurz seine Ausrüstung und wartete dann darauf, daß es losgehen konnte.

  • Und schon war die Palisade unter Reatinus´ Aufsicht verschwunden. Während sich einige Legionäre schon aufmachten, den Graben zuzuschütten, hörte der Optio schon den Centurio diverse Befehle schreien. Sie konnten zurück ins Castellum! Endlich! Sofort machte er sich auf zu seinem Zelt und schnappte sich sein Marschgepäck, welches wegen der letzten Nacht nicht einmal ausgepackt worden war. Dann marschierte er zum Versammlungsort, wo eifrige Legionäre schon bereit standen.

  • Primus und Sergius kamen zum Sammelplatz und reihten sich in die Marschreihe ein. Primus sah sich um und atmete tief ein.
    Für einen Übungsmarsch waren die vergangenen zwei Tage sehr aufregend gewesen. Die Gesichter der umstehenden Legionäre spiegelten einerseits Vorfreude wieder nach Hause zu kommen andererseits Befürchtungen in weitere Auseinandersetzungen zu geraten.

  • Endlich kam auch der Centurio zum Versammlungsplatz. Er hatte noch die letzten Nachzügler angetrieben und gab nun die Befehle zum Abmarsch:


    "Sarcinas sumite!"


    "In agmen venite!"


    "Pergite aequatis passibus!"


    Während er dann den Zug von dem eingerissenen Lager weg anführte, war er fast erleichtert, dass der Gefangene es ihnen erspart hatte, sich mitschleppen zu lassen. Sonst hätte er auch noch darauf Acht geben müssen...

  • Bereit für den Abmarsch gliederte sich Reatinus wieder hinter der Formation ein, wo ein Optio eben hin gehörte, um die fauleren Legionäre anzutreiben. Noch vor Sonnenuntergang würden sie warscheinlich wieder im Castellum sein... wenn nicht noch ein Probatus zusammenbrach. Doch daran mochte Reatinus nicht denken. Einer war ja schon genug Last auf den Schultern!
    Der Optio versuchte sich trotzdem so sehr zu entspannen, wie man bei einem Marsch überhaupt konnte.

  • Da war es wieder das ...Laevum, laevum, laevum...
    Die vertrauten Marschgeräusche nahmen zu.
    Die Centurie setzte sich in Bewegung,...zurück ins Castellum, ...zurück nach Hause. Primus blickte zur Seite und sah Sergius marschieren, wie so oft kaute er auf irgendetwas herum.
    Wie es wohl Rufus gehen würde, fragte er sich.
    Vor ihnen ritt der Centurio auf seinem Muli, hinter ihnen marschierte der Optio.
    Valerian und Superbus sah er nicht,...
    Sie hatten etwas gemeinsam...nach diesem Abenteuer...zumindest hatten sie einiges gelernt.

  • Es dauerte nicht lange, bis alle angetreten waren und der Centurio den Befehl zum Abmarsch gab. Im Gleichschritt ging es nun wieder in Richtung Mogontiacum. Natürlich schweiften Valerians Gedanken auch zu dem gestrigen Erlebnis. Immerhin hatte er zum ersten mal getötet. Und war dann auch noch Zeuge geworden, wie Crispus den Gefangenen tötete. Merkwürdigerweise hatte er keine Probleme mit dem Mann, den er selbst getötet hatte. Vielleicht, weil er darauf geachtet hatte, ihm nicht ins Gesicht zu sehen. Doch bei dem getöteten Gefangenen lag die Sache schon anders. Sicher, der Mann war verstockt gewesen und hätte sicher nichts gesagt. Deshalb war die Entscheidung des Centurios bestimmt richtig. Aber der Mann hatte Valerian angesehen. Und Valerian hatte zugesehen, wie er starb. Das war nicht ganz so einfach wegzustecken.


    Gerne hätte Valerian darüber mit Drusus gesprochen, der ja neben ihm marschierte. Doch der Centurio hatte ja Gespräche untersagt. Und am gestrigen Abend waren sie einfach alle viel zu müde gewesen.


    Weiter vorne sah Valerian Primus marschieren. Neben Sergius, mit dem sich Primus wirklich sehr angefreundet zu haben schien. Ob das alles für Primus leichter war? Er hatte ja schon Kampferfahrung...

  • Während die Männer so marschierten, befahl Crispus


    "Centuria, carmen!" (Kompanie, ein Lied!)


    Und bevor sich die Probati eines aussuchten, begann er mit seiner etwas rauhen Stimme den alten Legionärs-Schlager anzustimmen, den schon so viele Generationen von Soldaten zum Besten gegeben hatten, weil er ihnen half, den Takt zu halten.


    "Ein weiter Weg, ein weiter Weg,
    und zwanzig Jahr sind um,
    da stand es in dem Scheunentor,
    mein Kind in Clusium.


    Die spanischen Mädchen sind honigsüß
    und die in Gallien wie Gold
    ihr sanften Vögel Thrakiens
    von Herzen war ich euch hold.
    Jedoch mein Kind in Clusium,
    das ich küsst und verließ in Clusium
    ich nie vergessen sollt.


    Ein weiter Weg, ein weiter Weg,
    und zwanzig Jahr sind um,
    doch immer steht nach dir mein Sinn,
    mein Kind in Clusium.*"


    Sim-Off:

    * aus: Der Adler der Neunten Legion ;)

  • Die Männer kamen langsam in Bewegung, Reatinus logischerweise als letzter. Er blickte sich ein wenig um. Außerhalb der Straße, wie für Germanien normal, fanden sich Wälder und Dunkelheit. Nur eine schmale Linie gewährte Blick in den dunkel bewölkten, trüben Himmel, der um diese Zeit ebenfalls völlig üblich war. Doch als der Centurio ein Marschlied anstimmte, kam wieder Heiterheit auf und das trübe Wetter war schnell vergessen.


    Mit seiner kräftigen Stimme sang er vergnügt mit.


    "Ein weiter Weg, ein weiter Weg,
    und zwanzig Jahr sind um,
    da stand es in dem Scheunentor,
    mein Kind in Clusium.


    Die spanischen Mädchen sind honigsüß
    und die in Gallien wie Gold
    ihr sanften Vögel Thrakiens
    von Herzen war ich euch hold.
    Jedoch mein Kind in Clusium,
    das ich küsst und verließ in Clusium
    ich nie vergessen sollt.


    Ein weiter Weg, ein weiter Weg,
    und zwanzig Jahr sind um,
    doch immer steht nach dir mein Sinn,
    mein Kind in Clusium."

  • Sim-Off:

    @ Crispus: Endlich mal jemand, der dieses geniale Buch kennt :D Kennst Du auch die beiden Folgebücher?


    Valerian kannte das Lied und war eigentlich froh, daß er dadurch aus seinen Grübeleien gerissen wurde. Und so stimmte er zwar nicht unbedingt fröhlich, aber dafür immerhin wohlklingend mit ein:


    "Ein weiter Weg, ein weiter Weg,
    und zwanzig Jahr sind um,
    da stand es in dem Scheunentor,
    mein Kind in Clusium.


    Die spanischen Mädchen sind honigsüß
    und die in Gallien wie Gold
    ihr sanften Vögel Thrakiens
    von Herzen war ich euch hold.
    Jedoch mein Kind in Clusium,
    das ich küsst und verließ in Clusium
    ich nie vergessen sollt.


    Ein weiter Weg, ein weiter Weg,
    und zwanzig Jahr sind um,
    doch immer steht nach dir mein Sinn,
    mein Kind in Clusium."

  • Während Sergius mitgröhlte, war Primus nur zu einem Brummen in der Lage.
    Ihm fehlte hier völlig jedwede Kenntnis.
    Nur den Refrain sang er mit.
    Er musste jedoch zugeben, daß er auch eine gewisse Leichtigkeit empfand.
    Sicher, sie wurden jetzt meilenweit gehört, aber wer griff schon eine komplette Centurie an?

  • Sim-Off:

    Was, es gibt Folgebücher? Warum hab ich die noch nicht gelesen? ?(


    Immer weiter marschierten die Legionäre durch den windigen Tag. Der Centurio genoss jedoch den Gesang und betrachtete die Landschaft, die langsam deutlich die Spuren des Herbstes offenbarte: Hier ein goldener Baum, dort ein Stoppelfeld. Sicher würde bald der Schnee kommen - hoffentlich konnten sie dann im sicheren Lager bleiben...

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