cubiculum | Aurelia Prisca

  • „Kinderspiele sind es, die wir da spielen. An überflüssigen Problemen stumpft sich die Schärfe und Feinheit des Denkens ab; derlei Erörterungen helfen uns ja nicht, richtig zu leben, sondern allenfalls, gelehrt zu reden. Lebensweisheit liegt offener zu Tage als Schulweisheit; ja sagen wir’s doch gerade heraus: Es wäre besser, wir könnten unserer gelehrten Schulbildung einen gesunden Menschenverstand abgewinnen. Aber wir verschwenden ja, wie alle unsere übrigen Güter an überflüssigen Luxus, so unser höchstes Gut, die Philosophie, an überflüssige Fragen. Wie an der unmäßigen Sucht nach allem anderen, so leiden wir an einer unmäßigen Sucht auch nach Gelehrsamkeit: Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir.“


    "Non vitae, sed scholae discimus..." murmelte Prisca gedankenverloren und lies ihren Blick auf dem letzten Satz aus Senecas epistulae morales ad Lucilium ruhen, mit dem Seneca ganz offen Kritik an den Philosophenschulen seiner Zeit geübt hatte. Auch wenn Seneca zu Lebzeiten mit seiner Meinung von Frauen eher abwertend gewesen war, mochte sie diesen Philosophen doch sehr. Vor allem wegen seinen ambivalenten Züge, seiner Dramen und kritischen Denkweisen schätzte sie ihn und zog seine Schriften gerne zu Rat, wenn sie über eine Entscheidung nach zu denken hatte. Heute war so ein Tag, und Prisca hatte sich deshalb schon früh in ihr cubiculum zurück gezogen, um es sich mit etwas Obst und einer Erfrischung auf einer Liege bequem zu machen. "...so so, für die Schule lernen wir also und nicht für das Leben ..." resümierte sie laut für sich, legte die Schriftrolle zur Seite und griff stattdessen nach einer der Weintrauben, um diese genüsslich zwischen ihren Lippen verschwinden zu lassen. Seneca mochte damit die Schulen an sich kritisiert haben, doch auf das Wissen selbst konnte dies auf keinen zu treffen."Non scholae, sed vitae discimus..."* korrigierte Prisca diesbezüglich Senecas Ansicht, denn Wissen bedeutete Macht. Und Macht war etwas was Prisca ebenso gefiel ,wie der Luxus mit dem sie sich täglich so gerne umgab.


    Seltsamerweise musste Prisca bei dem Stichwort Macht aber noch an ein weiteres ihrer Lieblingsthemen denken und ungewollt schweifte Prisca zunächst einmal ganz von den ursprünglichen Gedanken über Seneca und seinen Ansichten zur Schule und Bildung ab. Langsam drehte Prisca sich auf den Rücken und ein wissendes Lächeln huschte dabei über ihre Lippen. Ja, genau das eine Thema beschäftigte sie von Tag zu Tag immer mehr. ... ob da ein direkter Zusammenhang bestand, oder war es eher Zufall, dass sie Macht und Liebe unbewusst so miteinander verband? Wer außer Prisca selbst hätte diese Frage beantworten können und wer wusste schon, welche Gedanken und Bilder in solchen Momenten in ihrem Kopf herum huschten, während sie alles um sich herum vergaß. Eine zeitlang blieb sie so auf dem Rücken liegen, hielt die Augen geschlossen und entspannte sich ganz. Nur ihre rechte Hand bewegte sich wie von alleine und umspielte sanft ihre Brüste, die nur durch eine dünne weisse Seidenstola verhüllt waren, während Prisca alleine für sich zu träumen begann ...



    *) [SIZE=6]und war mit diesem Ausspruch wohl allen Lehrern um Jahrhunderte voraus, die heutzutage diese Version des Satzes nicht nur im Lateinunterricht so gerne verwenden.[/SIZE]

  • ... wie lange hatte sie so da gelegen und für sich geträumt? .... war sie etwa gar eingeschlafen? ...


    nein natürlich hatte sie nicht geschlafen ...Wenngleich sich Prisca so gut erholt fühlte, als hätte sie viele Stunden lang geschlafen. Mit einem letzten wohligen Seufzer streckte sich Prisca genüsslich auf ihrer Liege aus und öffnete langsam die Augen. Eine zeitlang lag sie einfach nur da und lies ihren Blick ins Leere gleiten. Sie genoss die Ruhe die sie umgab und ein leichtes Schmunzeln umspielte ihre Lippen als sie daran dachte, welcher spontanen Eingebung ihrer Gedanken sie soeben gefolgt war und wie schön sie es empfunden hatte. Wie schön würde es erst sein, diese Phantasien gemeinsam aus zu leben ...


    ... seufzend richtete Prisca sich auf, um sich kurz zu strecken bevor sie endlich auf stehen wollte. Gewissenhaft zupfte sie ihr Gewand zurecht und überlegte gut gelaunt, was sie heute noch alles unternehmen sollte. Ein Besuch in den Thermen, ein Spaziergang am Tiber, oder ein Bummel über die Märkte? ... alles bot sich an und vielleicht würde sich dort ja auch die eine oder andere Bekanntschaft ergeben ...


    Während Prisca so darüber nach dachte wozu sie alles Lust hätte, griff sie nach der Schale mit dem Obst um sich einen Apfel heraus zu nehmen. Dabei fiel ihr Blick erneut auf Senecas Skript mit den epistulae morales... achja, das hätte sie beinahe vergessen. Eine Entscheidung wollte sie heute ja auch treffen ... wie an der unmäßigen Sucht nach allem anderen, so leiden wir an einer unmäßigen Sucht auch nach Gelehrsamkeit. Darüber, ob sie sich weiterbilden und für den cursus res vulgares anmelden sollte, oder nicht... Ja, warum eigentlich nicht! dachte sich Prisca und biss herzhaft in den süssen Apfel. ... Bildung konnte schließlich nie schaden, weder in der Liebe noch in allen anderen Dingen ...


    ... kurzerhand entschlossen setzte Prisca sich auch schon an den Tisch, füllte die Anmeldung aus und rief nach einem Sklaven der das Dokument umgehend bei der Schola Atheniensis abgeben sollte. ...

  • Sie sollte die abgebrannten Kerzen auswechseln und die Kerzendochte auffüllen.. so hatte Dina es ihr aufgetragen. Die Dinger mit dem Öl würde Dina später übernehmen. Tilla hatte noch nicht begriffen, wie sie mit dem Ölwechsel umgehen sollte, wenn zugleich die Flamme weiterbrannte. Irgendwie bekam sie immer große Angstgefühle und zitternde Hände. Die ältere Sklavin wollte es ihr später noch einmal in Ruhe zeigen, erstmal mit Wasser üben lassen. Erleichtert darüber diese Aufgabe noch nicht ausführen zu müssen, widmete sie sich den Kerzen und kam dabei so durch ziemlich alle Räume des Hauses.


    Die Herrschaften waren mehr oder minder anwesend und hatten sie auch teilweise nur wahrgenommen. Eben weil sie inzwischen eine Sklavin in einem Haus und keine herumstreunende Diebin auf der Straße mehr war. Das Reinschleichen gelang ihr immer noch ganz gut, jedenfalls dann, wenn sie barfuß lief. Auch jetzt baumelten die Sandalen an ihrem Gürtel, als sie die Tür zum Raum aufdrückte, in dem sie sich um die Kerzen kümmern muste. Tilla hielt inne.. es war jemand anwesend. Sie saß am Schreibtisch und schrieb. Aurelia sah ganz schön beschäftigt aus. Das stumme Mädchen beobachtete sie ein paar Momente, bevor sie zu den Kerzenhaltern rüberging und die Kerzen geschäftig auswechselte. Die abgebrannten Kerzen legte sie in den Weidenkorb zurück. Heute trug sie wieder eine moosgrüne Sklaventoga und ihren ledernen Gürtel, die dunklen Haare fielen offen über ihre Schultern.

  • Gerade eben hatte Prisca die Anmeldung unterzeichnet und nun lehnte sie sich entspannt in ihrem Korbsessel zurück und überdachte noch einmal in Ruhe ihre Entscheidung. Nein, eigentlich gab es nichts zu überdenken. Bildung war wichtig und vor allem hier in Rom war sie fast schon ziwngend erforderlich. Außerdem wäre es eine willkommene Abwechslungund vielleicht würde sie auch die eine oder andere interessante Bekanntschaft machen können. Zufrieden nickend legte sie das Dokument zurück auf den tisch und in eben diesem Moment vernahm Prisca ein leises tapsen und rascheln ganz in ihrer Nähe. Etwas erschrocken drehte sie sich um und erblickte eine junge Sklavin, die wie aus dem Nichts aufgetaucht gerade dabei war, in aller Seelenruhe die Kerzen aus zu tauschen.


    "Du da!" rief Prisca etwas verärgert nach dem Mädchen das sie vielleicht schon einmal in der villa gesehen haben mochte, aber nicht mit Namen kannte. "Wie kommst du dazu, ohne anzuklopfen einfach einzutreten?" Prisca rang innerlich damit, sich ihre gute Laune von eben nicht verderben zu lassen, daher war ihre Stimme noch ruhig und lies lediglich eine leichte Verärgerung erkennen. "Her zu mir! Wie ist dein Name und was machst du da überhaupt?" fragte Prisca ungeduldig und musterte das Mädchen von oben bis unten. Hübsch war sie ja an zu sehen, aber hatte man dieser Sklavin noch keine Manieren beigebracht oder warum antwortete sie nicht augenblicklich, wenn sie etwas gefragt wurde."Na was ist mit dir? ... sprich endlich!" Mit einem strengem Blick bedachte Prisca das Mädchen und wartete ungeduldig, das die Sklavin endlich antwortete.

  • Sie schreckte zusammen und hielt die abgebrannte Kerze, die sie gerade in der Hand hatte, so eben noch fest, bevor sie auf dem Boden fallen und zerbrechen konnte. Hoppla. Also war Aurelia doch gar nicht so beschäftigt wie es ausgesehen hatte. Mist, so ein Mist aber auch! Mit dem Korb in der Hand drehte sie sich rum und ging gehorsam zu Aurelia rüber. Diese verlangte, dass sie sich ihr erklärte. Mit gesenktem Kopf stand Tilla vor ihr. Die Wachstafel musste zum Einsatz kommen!


    Das Mädchen bückte sich und zog ihre Tafel hervor, auf der ein bereits angefertigter Text stand. *Tilla bin ich. Von der Straße komm ich her. Ich bin stumm, keine Stimme und Zunge mehr hab. Tafel und Stift ersetzen das Verlorene. Gebärden für eine Zeichensprache lernte ich von den Straßenkindern.* Mit dem Griffel fügte sie außerdem unter diesen Sätzen die verlangten Antworten hinzu. *Dina hat mir aufgetragen, die Kerzen auszuwechseln. Ich wollte euch nicht mit Anklopfen stören. Ihr wart beschäftigt mit den Papieren.* Tilla legte die Tafel Aurelia hin und wagte es das erste Mal sie wieder anzusehen.

  • Die Strenge in Priscas Gesicht wich und langsam hoben sich ihre Augenbrauen und sie blickte die Sklavin verwundert an, als diese ohne ein Wort zu sagen auf sie zu kam. Was machte sie jetzt? Immer noch sagte das Mädchen keinen Ton, sondern begann zu schreiben und hob schließlich etwas hoch. "Was ist das?" fragte Prisca ohne den Blick von der Sklavin zu nehmen. Prisca wollte nichts lesen, oder sich zeigen lassen, sie wartete immer noch auf einen Antwort, die diese Sklavin offensichtlich nicht geben wollte.


    Schließlich nahm sie die Tafel doch entgegen und lies ihre Augen über das wandern, was da fein säuberlich geschrieben stand. Priscas Augen weiteten sich ein wenig während sie die Zeilen überflog. Tilla...von der Straße ...stumm ... keine Zunge ...Zeichensprache ...Straßenkinder ... Kerzen wechseln? ... Mitleid, Verwunderung und Verärgerung mischten sich in ihre gute Laune als sie das las und erzeugten eine undefinierbare Stimmung in Prisca. Sie wusste nicht so recht, wie sie nun darauf reagieren sollte. Eine stumme Sklavin? wie sollte das denn gehen? Prisca legte die Tafel zur Seite auf den Tisch. "Tilla ist also dein Name? ..." zuerst einmal rang sich Prisca zu dieser unsinnigen Frage durch und stellte damit eigentlich nur ihre eigene Unsicherheit heraus.


    Langsam erhob sich Prisca aus ihrem Sessel. Sie musterte Tilla ausgiebig von oben bis unten wie ein exotische Pflanze und begann langsam die Sklavin zu umrunden. Sie musste darüber nach denken, wie sie am besten mit dieser Sklavin umgehen sollte. Schließlich blieb sie wieder vor Tilla stehen. "Nun Tilla ..." begann Prisca wieder zu sprechen, wobei in ihrer Stimme nicht ganz die Strenge zu spüren war, die sich wieder auf ihrem Gesicht abzeichnete. "Zuerst einmal, wie lange bist du schon hier in der villa? ... denn egal was du tust, ich wünsche nicht das du dich einfach so hinter meinen Rücken hier herein schleichst! ist das klar? " auch wenn Sklaven eigentlich nicht weiter auffallen sollten, in ihrem eigene cubiculum wollte Prisca von keinem Sklaven so einfach überrascht werden.


    Nun seufzte Prisca leise und schüttelte für sich den Kopf. Egal welche Frage sie stellen würde, sie würde wohl nicht umhin kommen auf die Antworten zu warten und diese von einer Tafel ab zu lesen. War es die Sklavin überhaupt wert, sich diese Mühe zu machen? "Gut als nächstes ... wie und warum hast du deine Zunge verloren?" noch klang Priscas Stimme kühl und zeigte keine Spur von Anteilnahme für dieses Schicksal. War das Mädchen vielleicht krank gewesen, oder hatte man ihr die Zunge zur Strafe heraus geschnitten. Indem sie das fragte, hob Prisca die Tafel wieder vom Tisch hoch und gab sie Tilla zurück, damit diese ihre Antwort darauf niederschreiben konnte, während sie sich abwartend wieder in den Sessel setzte.

  • Nun nimm doch die Tafel... bettelte sie die Ältere an und atmete erleichtert auf, als diese zu lesen anfing. Aus aufmerksamen Augen betrachtete und beobachtete sie Aurelias Mimik. Mit einem Nicken beantwortete sie Aurelias Frage nach ihrem Namen und lächelte scheu. Wie immer war es ein scheues Lächeln. Tilla konnte nicht anders. Es war einfach zur Gewohnheit geworden, dieses scheue Lächeln. Und ebenso zur Gewohnheit war es geworden, genau drei Schritte zurückzuweichen, danach wieder stehen zu bleiben, wenn man auf sie zukam. Mit flachem Atem ertrug sie die Musterung aus den fremden Augen und dieses Herumgehen um sie herum. Fast fühlte sie sich wieder auf den Sklavenmarkt zurückversetzt.


    Aurelia fragte sie nach ihrer bisherigen Aufenthaltsdauer. Sie hielt beide Hände hoch, zeigte ihre Finger und deutete zehn Tage an. Denn egal was du tust, ich wünsche nicht das du dich einfach so hinter meinen Rücken hier herein schleichst! Ist das klar? Tilla nickte schnell auf diese Aufforderung hin.


    Schon kam die nächste Frage auf sie zu. Diese bezog sich auf ihre Vergangenheit, wie sie sie stumm geworden war. Das Mädchen senkte die Schultern noch ein bisschen mehr, zog den Kopf ein. In dieser Stellung verrharrend nahm sie die Tafel antgegen und wischte das bereits geschriebene weg. *Ich weiss nicht, wer meine Eltern sind. Ich bin meinem Herren als Baby vor die Tür gelegt worden. Er behielt mich und zog mich als seine Sklavin auf. Schon früh musste ich mit ansehen, wie jeder Fehler bestraft wurde. Keiner durfte dem anderen helfen. Der Herr stand über allen. Er teilte mich zum Botengänge machen und Einkaufen mit der Kochgruppe ein. Nur das konnte ich ganz gut. Dann ist ein Sklave erkrankt, als es ein Festmahl geben sollte und der Majordoromus hat zu mir gesagt, ich soll beim Servieren helfen. Niemand hat mir gezeigt, wie das geht oder was ich machen soll. Es passierte beim Wein einschenken, ich verschüttete Wein. Noch in der gleichen Nacht nahm er mir die Stimme weg.* Schmerz und Trauer waren auf Tillas Gesicht zu lesen, als sie die Tafel zurücklegte.

  • Lange war die Sklavin anscheinend noch nicht hier, wahrscheinlich gerade mal zehn Tage. Das wollte ihr Tilla anscheinend mit ihren Fingern mitteilen, die sie auf ihre Frage hin hoch streckte. Recht viel länger konnte es auch nicht sein, denn sonst wäre sie Prisca sicher aufgefallen. Nicht viel entging ihrer Beobachtungsgabe, auch wenn es sich "nur" um einen einfachen Sklaven handelte. Und eine stumme Sklavin war zumindest ungewöhnlich ... obwohl? ... wenn man die übrigen aurelischen Sklaven bedachte ... so ungewöhnlich nun auch wieder nicht.


    ... dann eher außergewöhnlich! So wie Tilla, in ihrem mossgrünen Gewand und ihrem langen offenen Haar, das ihr bis über die Schulter fiel und dann auch noch ....barfuss? erneut schüttelte Prisca für sich den Kopf, als sie das sah. Sie sagte aber nichts weiter, da Tilla immer noch damit beschäftigt war die Antwort nieder zu schreiben. Also wartete Prisca, trommelte nur ein paar mal mit den Fingern auf die Lehnen des Sessels und machte sich weiter ihre Gedanken. Tilla wirkte recht scheu aber sie bemühte sich offensichtlich den nötigen Gehorsam zu zeigen und ihre Aufgeben schnell zu gut zu erledigen. Nur jetzt in dem Augenblick, als sie ihr die Tafel überreichte, war auf Tillas Gesicht so etwas wie Schmerz und Trauer zu erkennen.


    Aber konnte ihr das nicht eigentlich alles egal sein? Prisca ärgerte sich ein wenig über sich selbst, weil sie so viel Zeit und Gedanken an die Dienerschaft verschwendete, anstatt sich um wichtigere Dinge zu kümmern. Ungeduldig griff Prisca nach der hingehaltenen Tafel und sah Tilla noch einmal eindringlich an, bevor sie begann sich das Geschriebene durch zu lesen. Immer wieder huschten ihre Augen über den Text und unbewusst erweichten sich ihre Gesichtszüge. Sklaven waren lediglich Sachen, deren Schicksal, Sorgen und Nöte sie normalerweise nicht weiter interessierten und Bestrafungen gehörten eben dazu, aber das was sie hier lesen musste... immer wieder blickte Prisca von der Tafel auf und sah zu Tilla hinüber, als müsse sie sich erst darüber klar werden, ob das stimmen konnte.


    Konnte die Sklavin ihr Mitleid erwarten? wollte Tilla das überhaupt, auch wenn sie gerade sehr traurig und verletzt aus sah? ..., wollte sie selbst das überhaupt? ... Mit einem Seufzer legte Prisca die Tafel in den Schoß und betrachtete wieder das Mädchen das vor ihr stand. "Was dein ehemaliger Herr dir angetan hat, war ungerecht und grausam!" bemerkte Prisca schließlich knapp, aber mit mitfühlender Stimme und gab Tilla daraufhin mit einem leichten Nicken die Tafel zurück. "Vergehen müssen bestraft werden, aber so etwas wird dich hier mit Sicherheit nicht erwarten.“ fügte Prisca dann mit überzeugter Stimme hinzu, denn das ihr Onkel oder irgendein anderer Aurelier je so grausam handeln würde, konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen. „Für welche Aufgaben bist du eigentlich vorgesehen und welche Fertigkeiten hast du? ... kennst du dich zufällig mit Frisuren, Düften und ähnlichen Dingen aus?“ Wollte Prisca dann interessehalber wissen und wandte sich solange wieder ihren Papieren zu, während Tilla antworten sollte. Bei der letzten Frage nach den Frisuren dachte sie allerdings auch ein wenig eigennützig. So könnte sie vielleicht endlich dem Plappermaul Alexandros und seinen wirren Geschichten entgehen.

  • Tilla blickte zu Boden. Mit einem Nicken stimmte sie ihr zu den Worten über ihren ehemaligen Herren zu, lauschte Aurelias Worten. Sie bekam die Tafel zurück und hielt sich an ihr fest. Wieder sagte jemand zu ihr, dass hier in diesem Hause anderen nicht mehr wehgetan wurde und sie eine ähnliche Bestrafung nicht fürchten musste.. Noch einmal bccikte sie auf die Worte über ihre Vergangenheit hinab, welche sie nieder geschrieben hatte und begann es schon mal Stück für Stück wegzuwischen. Schweigend machte sie sich daran, die nächste Frage zu beantworten.


    *Nun, Blumen giessen und im Garten helfen kann ich ganz gut. Ich habe geholfen, Heu zusammenzurechen, wenn die Wiese gemäht wurde. Nüsse und Äpfel pflücken sowie Weintrauben ernten gehören zum Garten. Rosen zurückschneiden. Laub zusammenkehren. Vom Musizieren wurde ich oftmals zu meinem Bedauern abgehalten. Ich kann Schreiben, Lesen, Einkaufen, Botengänge erledigen.* Die übrigen Talente behielt sie ebenfalls für sich, jedenfalls das, was die sogenannten 'Straßenfertigkeiten', Selbstverteidigung, Klettern, Rennen, Reiten betraf. Ihren Hang zu Diebstählen, verriet sie lieber noch nicht, auch wenn es ihr des eine oder andere Mal in den Fingern juckte.


    Kennst du dich zufällig mit Frisuren, Düften und ähnlichen Dingen aus? Bei dieser Frage musste sie passen, dennoch schrieb sie etwas dazu. *Ich kenne nur eine ältere Frau, die schon weisse Haare und keine Zähne mehr hatte. Die war ebenfalls Sklavin. Sie kannte solche Dinge nicht, die Ihr erwähnt. Ich hab sowas nur schon mal Frisuren gesehen und Düfte gerochen. Meistens gefiel es mir richtig gut. Schade, das ich es noch nicht gelernt habe, dafür war bisher keien Zeit übrig.* Damit reichte sie Aurelia die Tafel zurück.

  • Es dauerte ein paar Minuten in denen Prisca noch in ihren Unterlagen vertieft war, bis sie aus den Augenwinkeln heraus bemerkte das ihr die Tafel bereits wieder hin gehalten wurde. Mit einem leichten Augenrollen nahm sie, zum wiederholten Male, die Tafel entgegen und lehnte sich im Sessel zurück. Wie umständlich und zeitaufwändig es doch war, nur weil die Sklavin nicht sprechen konnte. Auf jede Antwort musste Prisca warten und wenn sie - so wie jetzt - schneller kam als erwartet, musste sie sich auch noch ständig den Kopf verdrehen. Das musste doch irgendwie auch einfacher gehen ... "na ja, zumindest schreiben kann sie sehr schnell und auch sehr sauber, sie ist jung und hübsch und wie mir scheint ist sie auch sonst nicht ungeschickt. ...mal sehen für welche Aufgaben sie angeschafft wurde." dachte sich Prisca und begann neugierig den Text zu lesen ...


    "Oh ... naja das sind dann wohl eher die... einfacheren und handwerklichen Tätigkeiten, für die du vorgesehen bist .." ... Blumen giessen ... Wiese mähen ... ernten .... kehren ... sichtlich enttäuscht klang Priscas Stimme, als sie die Tätigkeiten von Tilla anmerkte. Und mit Kosmetik und Frisuren kannte sich das Mädchen offensichtlich auch nicht aus. Schade dann gäbe es wohl weiterhin keine Alternative zu Alexandros, der sie irgend wann um den Verstand reden würde und Saba, die jede Frisur derart auftürmte das Prisca anschließend kaum den Kopf bewegen konnte. Nachdenklich drehte Prisca die Tafel zwischen den Fingern hin und her und war kurz davor die Sklavin mit einem Wink fort zu schicken. Diese Sklavin schien wirklich keinen besonderen Nutzen zu haben, oder? ... oder wurden ihre Fähigkeiten vielleicht nur verkannt? ...


    Priscas Blick blieb auf einer Stelle im Text ruhen. "Wie meinst du eigentlich das hier?..." begann Prisca wieder zu sprechen und deutete auf eine bestimmte Stelle auf der Tafel"...du schreibst hier du wurdest zu deinem Bedauern oft vom Musizieren abgehalten?! ...heißt das nun, das du es nie richtig gelernt hast... oder hat man dich nur nie spielen lassen? Ein Instrument spielen konnte man schließlich auch ohne Zunge und der Musik zu lauschen, wäre immerhin ein sehr angenehmer Zeitvertreib. Die anfängliche Enttäuschung war zumindest vorerst wieder verschunden und die Neugier geweckt. Prisca gab die Tafel zurück und deutete gleichzeitig mit erhobenem Ziegefinger an, das Tilla mit der Antwort noch warten sollte. Gerade fiel ihr etwas ein ...


    "Moment! ... zeig mir zuerst deine Hände! ..." forderte Prisca, um ihre Vermutung zu bestätigen das Tillas Hände noch nicht völlig von der Gartenarbeit ruiniert wären. Prisca dachte gerade an einen kleinen Test, mit dem sie Tillas Qualitäten und Geschick überprüfen wollte. "... und jetzt geh zu der Kommode und bring mir von dort den blau schillernden Flakon, die weiße Amphore mit dem goldenen Löwenkopfverschluss und den grünen Flakon rechts daneben!" Prisca deutete auf das Kosmetikschränkchen, auf dem unzählige Flakons , Amphoren und Töpfchen mit den unterschiedlichsten Duftwässerchen und Duftölen standen. Das blaue Gefäß duftete nach Lawendel, die Amphore enthielt Priscas Lieblingsduft der Rosen, und in dem grünen Flakon befand sich ein süßlich würziger Duft, den die Ägypter miniaki nannten.


    "Und nun riech an den Fläschchen, benenne mir die Düfte die sich darin befinden und dann sag mir, welcher dir davon am besten gefällt!" Gut, das kam vielleicht alles überraschend für Tilla und sie mochte den Sinn und Zweck nicht verstehen. Aber Tilla brauchte auch keine Angst vor einer Strafe zu haben. Deshalb lächelte Prisca ihr diesmal sogar aufmunternd zu, während sie ruhig und nicht im Befehlston ihre Anweisungen erteilte. Anders als noch vorhin, wandte sich Prisca nicht wieder den Unterlagen zu, sondern lies die Sklavin nun nicht mehr aus den Augen, bis diese das Gewünschte erledigt und ihre Antworten gegeben hätte...

  • Tillas Mundwinkel zuckten bei Aurelias Kommentar über das was sie konnte. Herrgottnochmal, sie hatte doch mit den Fingern angezeigt, dass sie erst 10 Tage hier war, polterte sie gedanklich los. Impulsiv kratzte sie sich die Nase und lächelte schulterzuckend Aurelia an. Die Arbeit im Garten gefiel ihr außerordentlich gut und außerdem half ihr der Gartendienst von den schrecklichen Erlebnissen bei ihrem alten Herrn loszukommen. Diese Erlebnisse mit angenehmen Erlebnissen zu überdecken. Denn im Garten gab es Dinge die nicht so wehtaten wie die Menschen, die einfach sprachen und handelten wie es ihnen beliebte. Um die Kaninchen kümmerte sie sich insgeheim immer noch. Wenn sie der Älteren ihre Straßenfähigkeiten verriet, dann würde sie schneller als sie denken konnte, mit Sicherheit wieder beim Sklavenhändler landen. Mit einem Nicken nahm sie die Tafel entgegen, sah Aurelia erstaunt an, als sie nach dem Musizieren fragte. Tilla nickte und schüttelte nacheinander den Kopf, hoffte somit die Fragen beantwortet zu haben. Die Tafel legte sie ab, als die Frau nach ihren Händen verlangte. Tilla zeigte sie gehorsam vor. Erst vor wenigen Stunden hatte sie gebadet und im Garten war sie außer einer Stippvisite bei den Kaninchen zudem auch noch nicht gewesen. Ein bisschen Kerzenwachs klebte unter dem linken Daumen und Zeigefingernagel.


    Ihre dunklen Augen beobachteten Aurelias Hände, die auf ein Möbelstück deuteten. Stumm drehte sie sich in die angezeigte Richtung um und musterte die Ansammlung Dinge. Das konnte ja heiter werden... aber warum nicht? Mit neugierigem Blick in den Augen ging sie los, blieb vor der Kommode stehen. Blau schillernden Flakon, weiße Amphore mit goldenen Löwenkopf und grünen Flakon schallte es durch ihren Kopf. Tilla strich ihre Haare hinter die Ohren, liess die Finger über die Ansammlung wandern und pickte das Verlangte heraus. Mit allen dreien kehrte sie zurück, reihte sie auf Aurelias Tsch auf und ergriff das grüne. Sie verzog das Gesicht und stellte es kopfschüttelnd zurück. *Verzeiht, das ist mir fremd. Ich mag es nicht.* notierte sie auf die Tafel. Tilla ergriff nun das blaue, stöpselte es vorsichtig auf. Ein freudiges Strahlen huschte über ihr Gesicht. *Lafedel* schrieb sie dazu, ahnte nichts von den Rechtschreibfehlern. Jetzt kam die Löwenkopfamphore. Dieses Mal schnupperte sie genießerisch, lächelte breiter als je zuvor Aurelia an. *Rosen, das ist einfach. Im Garten blühen viele Rosen und in vielen Farben. Es gibt weiss, rosa und rot. Wenn die Amphore weiss ist, stammt der Duft von weissen Rosen, stimmts?* Behutsam stellte sie die weisse Amphore ab. *Ich mag die Farbe Blau, weil sie mich an Wasser erinnert. Den blauen Duft kann man überall mitnehmen oder in die Kleidertruhe stecken, ins Kopfkissen oder auf die Handgelenke reiben.*

  • Nachdem Prisca sich davon überzeugen konnte, dass Tillas Hände sauber, zart und von der schweren Arbeit noch nicht gezeichnet waren, nickte sie zufrieden. Egal ob es sich um das Haare kämmen, Schminken, Massieren oder nur um das bloße Berühren ihrer kostbaren Kleider, Düfte und Schmuckstücke handelte - Als Patrizierin hatte sie schließlich hohe Ansprüche und nur hübschen Sklavinnen mit makellosen Händen gestatte Prisca überhaupt, diese sinnlichen Aufgaben zu übernehmen. Als nächstes sah sie neugierig zu, wie Tilla zu der Kommode ging um das Gewünschte von dort zu holen. Kein außergewöhnliche Aufgabe um sie dabei zu beobachten, aber auch hier wusste Prisca, wie viele ihrer kostbaren Düfte bereits schon der Ungeschicktheit von Sofia zum Opfer gefallen waren.


    Tilla jedoch war sehr geschickt mit ihren Händen. Ohne ein Klimpern und Klirren zu verursachen, pickte sie auch schon die drei Fläschen zwischen den anderen heraus. Fast könnte sich einem der Verdacht aufdrängen, dass die kleine Sklavin es gewohnt war Dinge lautlos und unbemerkt verschwinden zu lassen. Immer noch abwartend und leicht amüsiert verfolgte Prisca dann, wie Tilla die Düfte aufreihte, sie der Reihe nach ausprobierte und sich akribisch ihre Notizen dazu machte. Besonders als Tilla an dem grünen Flakon roch und dabei leicht die Nase kräuselte musste Prisca hinter vorgehaltener Hand leicht kichern denn dieser Duft war in der Tat etwas gewöhnungsbedürftig. Vielleicht war es nur Langeweile, der Reiz des Neuen verbunden mit der Tatsache das diese Sklavin stumm war, warum Prisca solches Interesse an ihr zeigte. Andererseits war eine geschickte Sklavin stets willkommen und es wäre eine Schande sie mit minderen Aufgaben zu unterfordern.


    DieTafel nahm sie Tilla auch sogleich wieder aus der Hand, um aufmerksam das Geschriebene durch zu lesen. "So so, du magst also nicht, was dir fremd ist ... der Duft weißer Rosen gehört also immer in einen weißen Flakon ... und Lafedel ist wohl eine ganz besondere Blumenart..." bemerkte sie absichtlich in einem besonders tadelndem Tonfall. Aber mit einem gefälligen Lächeln zeigte Prisca der Sklavin auch, das ihr gefiel was da geschrieben stand. Und bei dem Wort Wasser wurde Prisca sogar an das Meer erinnert und wie schön es wäre, wieder einmal einen Ausflug dorthin zu unternehmen. "Blau erinnert dich also an Wasser? ...ist es das Meer, das dir gefällt und möchtest du gerne einmal dorthin? ... oder warum magst du gerade diese Farbe so gern?" frage Prisca mit echtem Interesse, während sie die Tafel an Tilla zurück reichte und schon Pläne schmiedete.


    Ein Ausflug nach Ostia wäre wirklich einmal ein willkommene Abwechslung und eventuell könnte die Sklavin sie dorthin begleiten. Ja! ein wenig Erholung und Entspannung am Meer ..mit Musik ...und musizieren konnte die Sklavin ja auch. Zumindest hatte sie auf die Frage vorhin genickt, oder hatte sie den den Kopf geschüttelt oder gar beides? ... ständig auf die Gesten achten zu müssen war wirklich anstrengend und ganz und gar nicht nach Priscas Geschmack. "Welches Instrument spielst du eigentlich?" fragte sie daher irrtümlich weiter nach der musikalischen Begabung, als Tilla noch an der ersten Antwort schrieb.

  • "So so, du magst also nicht, was dir fremd ist ... der Duft weißer Rosen gehört also immer in einen weißen Flakon ... und Lafedel ist wohl eine ganz besondere Blumenart..." Tilla lächelte verlegen, rieb sich den linken Fußballen an dem rechten Knöchel und freute sich trotz des Tonfalls, der sie im ersten Moment erschreckt hatte, über das Lächeln, welches sie da von Aurelia bekam. Sie spitzte die Ohren und versuchte immer rechtzeitig zu nicken, wenn die Frau denn eine Sprechpause inmitten den nachfolgenden Sätzen machte. Blau erinnert dich also an Wasser?... Ist es das Meer, das dir gefällt und möchtest du gerne einmal dorthin?... Oder warum magst du gerade diese Farbe so gern? Sie kam mit dem Nicken kaum nach und war froh, die Tafel zurückzubekommen.


    *Vieles um uns herum ist Blau. Der Himmel bei Tag ist hellblau und bei Nacht dunkelblau. Klares Wasser in blauen Gefäßen schimmert blau. Aus dem Garten kenne ich den Lafedel als einzige blaugefärbte Pflanze. Pflaumen sind auch blau.* Sie schweifte schon wieder ab. *Ich war noch nie am Meer. Ich habe vom unendlichen Wasser gehört, welches man nicht trinken kann. Zu gerne möchte ich dorthin gelangen und seine Größe sehen. Nachschauen, ob das mit den stetig wiederkehrenden Wellen und dem Zurückziehen des Meerwassers stimmt.* Kurz kratzte sie sich das Kinn, um eine vernünftige Erklärung für ihre farbige Vorliebe zu überlegen. *Ich mag die Farbe Blau, sie ist die Farbe des Himmels, mit dem jeder Tag nach dem grellgelben Sonnenaufgang beginnt. Man sagte mir, wegen der Farbe werden Gottheiten des Himmels oft mit blauen Gewändern dargestellt. Außerdem ist Blau die Farbe der Sehnsucht, der Treue, der Wahrheit, des Glaubens und der Bildung.* Sie war stolz auf sich, das Gesagte noch zu wissen und hoffte darauf, das Aurelia dies auch wusste. Noch nie hatte sie dies weitergegeben. Sie sah Aurelia an, die sie nach dem Instrument fragte. Ganz spontan deutete Tilla eine tibia an.


    Im aufkommenden Eifer, alles gut erklären zu wollen, ging Tilla um den Schreibtisch herum, stellte sich neben Aurelia auf und ergriff abermals den Griffel. Rasch zeichnete sie das angedeutete Instrument auf und fügte eine kleine Fanfare hinzu. *Die tibia wollte ich leise spielen, aber alle meinten, ich spiele viel zu laut und nahmen sie mir wieder weg. Die da, die Fanfaren, spielen immer die Marktschreier, wenn sie was wichtiges ankündigen wollen, aber woher bekomme ich sowas? Ich mag die mal ausprobieren.* Tilla zog ihre Hände beiseite, damit Aurelia lesen konnte und blickte leicht wehmütig auf die Zeichnung.

  • Das ständige Nicken der Sklavin zu allem, was sie sagte irritierte Prisca und es stellte ihre Geduld langsam auf eine echt Probe. Nicht nur das sie ständig darauf achten musste, wann und wie Tilla auf etwas antwortete, um es richtig zu deuten, nein - Prisca war sich auch nicht ganz sicher, ob das ständige Nicken nicht nur eine übereifrige Geste der Gehorsamkeit war. Beides war natürlich völlig unzumutbar und dafür musste es einfach eine einfach Lösung geben. Manchmal würde eben ein einfaches 'Ja' oder 'Nein' bereits reichen und mehr als einmal brauchte es die Sklavin dann auch nicht zu "sagen". Genau! – eben kam Prisca eine Idee, die sie genauso schnell auch wieder zur Seite schieben musste, als die Sklavin plötzlich neben sie trat. Noch ehe sie etwas hätte sagen können, nahm ihr Tilla die Tafel auch schon halb wieder aus der Hand, um mit vollem Eifer das Instrument auf zu malen, welches sie gerne spielen möchte. „Eine tibia?“ fragte Prisca verwundert dazwischen und las weiter, als Tilla mit einem wehmütigem Blick die Sicht auf die Tafel endlich wieder frei gab. "Schon gut, ich habe verstanden, du kannst also kein Instrument spielen! ... Nun, vielleicht wirst du irgendwann die Erlaubnis bekommen, ein Musikinstrument zu erlernen. Jedenfalls wird es keine Fanfare sein, wie sie die Marktschreier verwenden!“ enttäuscht und mit einem kurzen strengen Blick zu Tilla beendete Prisca damit das Thema Musik und widmete sich stattdessen dem, was sie über die Farbe Blau aufgeschrieben hatte.


    Und das entschädigte wieder für den misslichen Umstand eben und erstaunt hoben sich Priscas Augenbrauen ein enig, während sie minutenlang nur stumm da saß und ihr Blick auf der Tafel ruhte. Sicher war es ihr an und für sich egal, welche Gedanken oder Meinungen Sklaven haben mochten. Sklaven sollten einfach da sein und ihren Zweck erfüllen, mehr nicht. Aber wenn sie schon nach ihrer Meinung gefragt wurden, dann erwartete Prisca eben keine geheuchelten Antworten von ihnen, sondern ehrliche und überlegte Antworten. Und diese Eigenschaft schien zumindest bei Tilla vorhanden zu sein. Ein Ansatz, den es vielleicht lohnte weiter aus zu bauen.


    "Es gefällt mir, was und wie du über die Farbe Blau schreibst. Vor allem die Farben des Himmels, das Wasser und wie du das Meer beschreibst, ja so in etwa empfinde ich auch für diese Farbe.“ Ein knappes Lob zwar, aber immerhin ein Lob für die Sklavin. Und Prisca teilte ihr sogar etwas von ihren eigenen Gedanken mit, denn soeben hatte sie beschlossen ihren gefassten Plan, auch in die Tat umsetzen zu wollen. „Ich hatte mir gerade überlegt, ob ich nicht schon bald einen Ausflug nach Ostia und an das Meer unternehmen sollte...“ dachte Prisca noch einmal laut vor und tippte dabei immer wieder mit dem Zeigefinger gegen ihren Mund während sie kurz aus dem Fenster blickte.“ Ja, das wäre wirklich eine willkommene Abwechslung und das werde ich auch tun ... und ich denke, ich werde dich dorthin mitnehmen wenn du mir weiterhin gute Dienste leistest." Ja doch, Prisca empfand diese stumme Sklavin als angenehm und so wollte sie ihr Geschick auch weiterhin prüfen. Auch wenn sie sich dafür wohl oder übel als Versuchsobjekt opfern musste. „Haare kämmen kannst du doch sicher, oder? Das dürfte nicht allzu schwer sein für den Anfang. Geh und hol sofort Saba her, sie soll dir zeigen wie man eine Frisur zusammensteckt!“


    Mit diesen Worten und einem Wink schickte sie die Sklavin zunächst fort. Während Prisca nun allein war, nutzte sie die Gelegenheit um weiter über ihre Idee nach zu denken. Dazu stand sie auf und ging zu der Kommode, auf der eine kleine Elfenbeinschatulle stand. In dieser bewahrte Prisca einige Schmuckstücke und Erinnerungen auf. Sie öffnete den Deckel und holte etwas kleines heraus, das golden schimmerte. Kurz drehte sie es zwischen ihren Fingern und verbarg es dann in ihrer Hand, bevor sie sich in ihren Korbsessel zurück setze, um ungeduldig auf die Rückkehr von Tilla und Saba zu warten.

  • Rasch ergriff sie die Tafel und bemühte sich schriftlich das Missverständnis zu korrigieren. *Doch! Ich kann die tibia spielen. Die anderen meinen, ich spiele viel zu laut, dabei bemühe ich mich leise zu spielen. Ich weiss nicht, was ich falsch mache, da ich nur abgucken kann, wie andere das Instrument spielen.* Tilla sah Prisca an, irgendwie hatte sie auch kaum erwartet die Fanfare, die merklich lauter als die tibia war, spielen zu dürfen. Somit blieb es weiterhin ein langgehegter Wunsch! Ihre Wangen röteten sich bei dem erneuten Lob, welches sie erhielt, nur weil sie über 'Blau' geschrieben hatte. Und dann sprach die ältere auch noch übers Meer. Tilla klatschte begeistert in die Hände, sprang übermütig mit ein, zwei Hüpfer in die Luft. Auja!! freute sie sich, drückte Aurelias Hand. Wir fahren ans Meer. Wir fahren ans Meer! gestikulierte Tilla eifrig.


    Mit einem schnellen Nicken zeigte sie, dass sie Prisca gehört hatte und huschte aus dem Zimmer. Den Kerzen-Korb nahm sie mit aus dem Zimmer, schliesslich war sie mit dieser Aufgabe fertig. Sie übergab den Korb Dina und 'erzählte' ihr, dass sie bei der domina Prisca sein würde und fragte die ältere Sklavin nach Saba. Die war gerade im balneum beschäftigt. Tilla trabte hinüber und bat sie ihr zu Prisca zu folgen. So gut, kannte sie Saba nicht... aber die Ältere folgte ihr. Ein wenig außer Atem, weil sie sich mit der Rückkehr beeilt hatte, stand sie wieder vor der Tür der Frau. Diesmal klopfte sie an die Zimmertür und ignorierte Sabas verwunderten Blick, dass sie barfuß herumlief. Tilla war stolz, weil sie sich noch rechtzeitig an die Ermahnung erinnerte. Nach der Antwort trat sie ein, überflog mit schnellem Blick, ob sich etwas im Zimmer geändert hatte. Die Duftfläschchen und -amphoren standen immer noch auf dem Schreibtisch, ganz so, wie sie sie zurück gelassen hatte. Flink hob sie etwas imaginäres aus der Luft auf, deutete auf Saba und auf ihre Füße. Ich hab sie gefunden. Saba ist gekommen.

  • Mit einem Kopfschütteln hatte Prisca geflissentlich über den Gefühlsausbruch der Sklavin hinweg gesehen, als diese sich über die Nachricht ans Meer zu fahren so überschwenglich gefreut hatte. Als Prisca dann auf die Rückkehr warterte nahm sie noch einmal die Tafel zur Hand und musste fest stellen, das Tilla also doch ein Instrument spielen konnte. Gut - auch das wollte sie zu gegebener Zeit einmal nachprüfen. Zunächst erwartete sie aber die beiden Sklavinnen zurück, die sich gerade mit einem Klopfen an der Tür anzukündigen schienen.


    "Salve domina, du hast nach mir rufen lassen?" erkundigte sich Saba gleich nach dem Eintreten, da Tilla ihr den Grund noch nicht verraten hatte. Tilla war neu und anscheinend stumm, das wusste Saba ja von den anderen Sklaven bereits. Näher kannte sie das Mädchen allerdings noch nicht."Ich will das du Tilla alles beibringst was sie wissen muss, um eine Frisur zurecht zu machen. Wir fangen gleich damit an! Eine einfache Frisur genügt für heute.“ erwiderte Prisca prompt und ohne Saba großartig zu beachten oder gar an zu sehen. Saba wusste ja welche Frisur sie dementsprechend anfertigen solle.


    „Ja, domina.“ Kam sogleich von Saba die erwartete Antwort und sie machte sich auch schon daran, das Tischchen mit den Kämmen, Haarnadeln, Spangen, und anderen Hilfsmitteln zu holen, um alles hinter dem Sessel der Herrin auf zu bauen. Das sie ihr umfangreichens Wissen mit einer anderen Sklavin teilen sollte gefiel Saba gar nicht, denn bisher war sie die Einzige, die es verstand wirklich kunstvolle Haartrachten zu gestalten. Außerdem waren Frisuren generell ein sehr heikles Thema, welches enormes Fingerspitzengefühl erforderte. Oft dauerte es Stunden bis eine bestimmte Frisur richtig saß und die Wutausbrüche der Herrinnen waren meist unvermeidbar, wenn ihnen die Haartracht anschließend nicht mehr gefiel. Sogar von einem Fall von Totschlag einer anderen Sklavin hatte Saba einmal gehört, nur weil ihre Herrin nicht mit der Frisur zufrieden war. Aber das waren nicht die Aurelier gewesen und soweit würde hier auch nie jemand gehen. Nur an die eine oder andere Ohrfeige konnte sich Saba sehr gut erinnern und die Letzte lag noch gar nicht mal so lange zurück. Das würde Tilla, früher oder später, sicher auch noch am eigenen Leib zu spüren bekommen.


    Nein, absichtlich wollte Saba die junge Sklavin auch nicht in Schwieirgkeiten bringen und so meinte sie zu ihr mit einem aufmunternden Lächeln "Sie her Tilla, wie ich es mache.". In eine Hand nahm sie sogleich den Kamm und zwischen Zeige- und Mittelfinger der anderen Hand hielt sie eine Haarsträhne am Ansatz fest. Saba redete nicht viel, um die Herrin nicht unnötig zu stören. Also musste Tilla das meiste vom Zusehen allein lernen, warum Saba was tat. *...Haarsträhne an der Kopfhaut entlasten, damit es beim durchkämmen nur ja nicht ziept ...siehst du?..* deutet sie mit ihren Händen an und begann mit dem Kamm ein paarmal das feine Haar zu durchkämmen, bevor sie es mit einer anderen Haarsträhne gleich tat. Schließlich hielt sie Tilla den Kamm hin, damit diese es genauso nachmachen solle.


    Prisca achtete unterdessen genau darauf, ob und was sich da an ihrem Haar tat. "Wie stellt sie sich an?" wollte sie dann nach ein paar Minuten bereits von Saba wissen, doch das reichte ihr noch nicht ganz. "Gebt mir einen Spiegel, damit ich sehen kann was ihr da mit mir macht." so ganz traute Prisca der Sache noch nicht und bevor sie den Spiegel in die Hand nehmen konnte, wollte sie noch etwas los werden."...ach ja, Tilla! her zu mir, ich habe noch etwas für dich!"

  • Ach du meine Güte, sie sollte von Saba lernen, wie man frisierte. Das war sicherlich ganz spannend. Groß wurden ihre dunklen Augen, als sie das Instrumentarium zum Frisieren entdeckte, welches Saba holte. Oh... und welcher Kopf sollte dafür zur Verfügung stehen?!? Schnell hatte sie es heraus, sah mit einem Male über ihre handliche Geschicklichkeit zweifelnd zwischen Saba und Aurelia hin und her. Letztere sprach mit der anderen Sklavin, als ob diese so gar nicht richtig wahrnahm. Mhm, die Herrin wollte für den Anfang eine einfache Frisur.


    Tilla schluckte und folgte Saba mit einem schwachen Lächeln, suchte an ihrer Seite einen Platz, wo sie gut sehen konnte. Immer wieder reckte sie ihren Hals, stellte sich auf die Zehenspitzen, folgte mit den Augen Sabas Händen. Wegen ihrer sprachlichen Behinderung blieb ihr nichts anderes übrig als zu nicken. Tilla kam auf die Eingebung es mit ihrem eigenen Haar zu versuchen, aber das war nicht so das wahre. Schnell liess sie von dieser Idee ab und umfasste das ihr überreichte Haarbündel mitsamt dem Kamm. *Haarspitzen auskämmen, bis der Kamm nicht mehr hängenblieb.. nächstes Haarbündel aufnehmen und auskämmen.* Fragend sah sie zu Saba hoch, versuchte sich zu gewissern ob sie es wenigstens zufriedenstellend machte. Ein wenig glänzten ihre Augen, es machte ihr sichtlich Spaß. Es war schön, weiche Gegenstände wie in diesem Fall Haare zu erfühlen. Überhaupt bekam sie viel zu wenig menschliche Nähe und Berührungen. Die Herrin hatte was für sie. Tilla legte den Kamm auf das Frisiertischchen ab und verliess ihren Platz an Sabas Seite. Neugierig sah sie die Herrin an, bemerkte ihre Hände, die etwas umklammerten. Ihr eigener Schmuckstein, der weisse Tränenstein mit blauglitzernder Füllung, lugte vorwitzig unter ihrem Tunikakragen hervor.

  • Sehr genau beobachtete Saba, was Tilla mit dem Kamm anstellte. Denn frisieren war nicht gleich frisieren! Ohne Zweifel würde jedes Haar, das sie zuviel im Kamm finden würden, eine Standpauke zur Folge haben und mit Sicherheit würde sie und nicht Tilla dafür bestraft werden. Also blickte Saba immer wieder verstohlen zu Prisca und beobachtete deren Reaktion. Saba wusste genau, das es ziepen musste, doch sie kannte die Herrin Prisca mittlerweile auch. Trotz der strengen Art und wie sie sich meist gab, zeigte die Herrin in vielen Dingen doch auch Nachsicht... manchmal jedenfalls. Trotzdem riskierte Saba es, auf die gestellte Frage hin bereits mit einem anerkennenden Lob zu antworten. "Tilla stellt sich sehr geschickt an, domina." runzelte gleichzeitig aber etwas skeptisch die Stirn, während sie den Spiegel weiter reichte. Sie konnte ja grundsätzlich nicht ahnen, wie Prisca in dem Moment darüber denken mochte.


    "Es ziept! Und das soll geschickt sein?" dachte sich Prisca nur zu Sabas Worten. Sie unterlies es aber - für den Moment zumindest - die Sklavin dafür zurecht zu weisen. Prisca nickte nur unbedacht und prompt verfing sich durch ihre Bewegung eine Haarssträhne im Kamm. "Dann ist es ja gut! ... Au! pass doch auf!" seuzfend quittierte Prisca die eigene Unachtsamkeit mit tadelnden Worten für die andere Sklavin. „Mir bleibt auch nichts erspart...“ Prisca musterte erneut und mit strengem Blick die kleine Sklavin, als diese wieder neben ihr stand und sie mit ihren dunklen Augen ebenso neugierig ansah. Schon wollte sie dazu ansetzen Tilla dafür zurecht zu weisen, denn es ziemte sich nicht für eine Sklavin, die Herrschaft so an zu sehen. Dann lies sie es aber bleiben, dachte noch einmal darüber nach, ob ihr Plan funktionieren könnte und hob schließlich die Hand, um Tilla etwas zu geben. "Hier nimm! das schenke ich dir." nachdem auch Tilla ihre Hand ausgestreckt hielt, legte Prisca ihr ein kleines Schmuckstück aus Gold auf die Handfläche."Ich habe es schon seit meiner Kindheit und ich liebe den Klang den es macht. Nicht zu laut aber doch hörbar. Ich möchte das du es bei dir trägst, wenn du zu mir kommst und dich damit bemerkbar machst, wenn es erforderlich ist." erklärte sie dann weiter. Prisca wusste noch nicht, ob das Glöckchen den von ihr gewünschten Effekt erzielen würde, aber einen Versuch war es ihrer Ansicht nach wert. Jedenfalls wollte sie Tilla damit nicht demütigen, darum war es auch als Geschenk gedacht und die kleine Sklavin brauchte es sich ja nicht um den Hals zu hängen.


    "Ich denke wir versuchen es einfach und werden sehen, ob es funktioniert. Einmal schellen bedeutet 'Ja' zweimal bedeutet 'Nein'. Für einfache Antworten und immer dann, wenn ich dich nicht direkt sehen kann sollte es genügen. Verstanden? ...und nun mach weiter mit deiner Aufgabe!" So würde Prisca eben nicht ständig den Kopf nach ihr drehen müssen, um Tillas Antworten mit zu bekommen. Dmait war das Thema eigentlich erledigt und Saba hielt sich schon bereit, um Tilla als nächstes zu zeigen, wie sie den duftenden Balsam ein zu massieren hatte, der die Haare glänzend und geschmeidig halten sollte, als Prisca eine weitere Frage an die kleine Sklavin stellte. "Was ist das eigentlich für ein Stein, den du da um den Hals trägst und woher hast du den?" Neugierig sah Prisca nun Tilla an und wartete auf ihre Antworten. Die Tafel lag ja noch immer auf dem Tisch bereit.

  • Ohlala, Saba lobte sie. Tilla lächelte sie dankbar an und nahm sich feste vor, ihr etwas zu schenken. Sie machte mit dem Haarbüschel auskämmen weiter und nahm aus den Augenwinkeln wahr, dass Aurelia sie aus einem Spiegel heraus beobachtete. Nun denn... es ziepte? Aufmerksam betrachtete sie den augenblicklichen Haarbüschel und ertastete darin einen Haarknoten in den Spitzen. Ah.. das war also ziepen. Sie umklammerte das Haarbüschel etwas fester und kämmte den Knoten aus.


    Aber jetzt stand sie vor Aurelia, linste neugierig zu dem Ding rüber, welches sich in der Hand der Älteren verbarg. Die Ältere streckte ihr die gefüllte Hand entgegen, so daß Tilla gar nichts anderes übrig blieb es entgegen zu nehmen. Erstaunt sah sie das goldene Glöckchen an. Es sollte von nun an ihr gehören?? Ihre Lippen öffneten sich, hauchten mit einem tiefen Atemzug ein stummes 'Oh'. Beinahe hörte sie gar nicht zu, bewegte das Glöckchen in ihren Handflächen, lauschte dem Klang. Es war schön rund und liess sich prima halten. Es passte gut in ihre geballte Faust hinein. Die Klangschwingungen fühlte sie in der ganzen Hand, hielt das unerwartete Geschenk spontan ans Ohr, um noch mal zu lauschen. Allmählich wandelte sich ihre Mimik von Überraschung zu Freude. Danke.. das ist soo tollll. gebärdete sie rasch, grinste Aurelia Prisca dankbar an. Ich passe gut drauf auf. Es war ja auch aus Gold.. und zudem ihr erstes wertvolles Schmuckstück, welche sie nicht aus Not und Überlebenskampf heraus auf der Straße gestohlen hatte.


    Einmal schellen bedeutet 'Ja' zweimal bedeutet 'Nein'. Für einfache Antworten und immer dann, wenn ich dich nicht direkt sehen kann sollte es genügen. Verstanden? Sie schellte ein knappes Ja um Aurelia eine Antwort zu geben und sah zu ihrem Stein herunter, der da aus ihrem Tunikakragen herauslugte. Mit dem Glöckchen in der Hand ging sie zur Tafel und begann zu schreiben. *Es hing um meinen Hals, als ich als Säugling vor der Tür meines alten Herrn gefunden wurde. Mit der Zeit bekam ich immer eine größere Schnur, damit es bei mir bleibt. Keiner sagte oder erklärte mir, was die Träne bedeuten soll. Aber es ist wenigstens innen drin blau. So blau wie das Meer und der Himmel. In der Babydecke lag ein Zettel, ich solle Mia Romanius heissen, aber mein alter Herr benannte mich um in Tilla, strich den zweiten Namen weg. So lautet die Sage von der Sklavenamme, die mich aufgezogen hat.* Gegen den Schreibtisch gelehnt schob sie Aurelia die Tafel rüber und gehorchte Sabas Blick, sich wieder bei ihr aufzustellen, um mit dem Frisieren weiterzumachen. Tilla verstaute das Glöckchen in einen leeren Beutel an ihrem Gürtel, zog diesen sorgsam zu. Vorsichtig tunkte sie einen Finger in den Balsam, schnupperte und 'cremte' die bereits ausgekämmten Haarbüschel damit ein.

  • Nun machte Saba aber große Augen. Ein Geschenk? ... von der Herrin? Das hatte es ja noch nie gegeben. Saba beobachtete die beiden genau. Zwar empfand sie keinen Neid, aber das würde sie bestimmt den anderen Sklaven erzählen. Schließlich war sie ja als Plappermaul bekannt und sie war gespannt, was die anderen dazu sagen würden. Das Glöckchen sollte also einen Zweck erfüllen ... oder war die Herrin einfach zu faul, um sich ein wenig nach dem Mädchen um zu drehen. Wäre das denn zu viel verlangt gewesen? Andererseits schien sich Tilla wirklich darüber zu freuen, also warum sich Gedanken machen. Saba konzentrierte sich wieder ganz auf ihre Arbeit und nahm ebenfalls ein Haarbüschel zwischen ihre Finger, um es mit dem Balsam ein zu reiben. "Nicht zuviel davon!, damit es nicht die Haare verklebt!" flüsterte sie ganz leise zu Tilla und deutete auf eine Stelle, an der Tilla etwas zuviel aufgetragen hatte. Dann nickte Saba aber lächelnd, weil Tilla es für den Anfang wirklilch schon sehr gut machte.


    Nun mussten die Haare noch hochgesteckt werden. Zweifellos eine Kunst für sich und Saba deutete Tilla an, nun genau hin zu sehen. Dann nahm sie einen kleinen Stab zur Hand und wickelte eine Haarsträhne darum. Mit Hilfe dieses Stabes drehte Saba nun die Haarlocke zum Kopf hin ein und fixierte sie dort mit einer kleinen goldenen Spange. Das wiederholte sie ein paar mal und zupfte zwischendurch mit den Fingern einzelne Haare wieder auseinander. Immer wieder warf sie einen prüfenden Blick zu Tilla, ob diese auch genau auf passte, was sie da machte. Nun nahm sie eine Haarnadel und hielt sie demonstrativ hoch. *Wenn du damit unachtsam umgehst, wirst du es schnell bereuen* wollte Saba mit dem eindringlichen Blick zu Tilla ausdrücken, dann fädelte sie die Nadel auch schon geschickt durch die bisher zusammengesteckten Haarsträhnen hindurch und fixierte sie so. „Nimm jetzt die Spangen wieder heraus und achte darauf, dass die Haare durch die Nadel gehalten werden.“ wies Saba die andere Sklavin weiter an. Nun gab sie den Stab an Tilla weiter und trat ein wenig zurück. „Nun du!“ meinte sie, deutete auf die Stelle an der Tilla weiter machen sollte und verschränkte anschließend die Arme vor der Brust. Trotz ihrer abwertenden Haltung war Saba natürlich wachsam und würde jederzeit eingreifen, falls Tilla etwas falsch machen sollte.


    Prisca achtete unterdessen nicht mehr so sehr darauf, was die Sklavinnen gerade mit ihrem Haar anstellten. An Stelle des Spiegels hielt sie nun die Tafel in beiden Händen und las immer wieder den Text durch, den Tilla aufgeschrieben hatte. Nicht das sich Prisca sonderlich um die Vergangenheit der Sklaven scherte. Genau genommen scherte sich Prisca recht wenig um die Sklaven. Aber der Stein um Tillas Hals stimmte sie doch nachdenklich und außerdem hatte sie gerade nichts Besseres zu tun, als da zu sitzen und zu warten, bis die beiden Sklavinnen endlich mit der Frisur fertig wären. „Wie lange dauert es denn noch? ... Stellt euch gefälligst nicht so an. Ich sagte vorhin, eine einfache Frisur genügt! ...also los“ trieb sie ungeduldig Saba und Tilla an. MIt ihren Gedanken war sie aber ganz wo anders. Irgendwo hatte sie von solch einem Stein schon einmal gehört oder gelesen. Nur wo? ...war das gar auf ihrer Studienreise in Athen gewesen? ... Wenn ja, musste es mit dem Stein etwas Besonderes auf sich haben und dann würde er wohl kaum im Besitz einer einfachen Sklavin sein. Nein, das ergab alles keinen rechten Sinn, stellte Prisca für sich fest und legte die Tafel damit ergebnislos zurück auf den Tisch.


    Oder hatte Tilla den Stein gar gestohlen? Nur so ergäbe es vielleicht einen Sinn ... Die Gedanken ließen Prisca einfach nicht los. „Tilla!“ befahl Prisca die kleine Sklavin erneut zu sich. „....wie kamst du eigentlich in den Besitz meines Onkels? ... hat dich dein alter Herr verkauft? War er nicht mehr zufrieden mit dir, oder warum hat er dich hergegeben?“ Prisca musterte Tilla genau, als diese vor ihr stand. „ ...oder bist du deinem alten Herrn gar davon gelaufen?“ So recht wusste Prisca auch nicht, was sie sich von der ganzen Fragerei versprechen sollte. Aber nicht alles musste immer einen Sinn ergeben, um das Interesse einer jungen Patrizierin zu erwecken, die sich ansonsten schnell langweilen konnte. „Gib mir den Stein, ich möchte ihn mir genauer ansehen!“ befahl Prisca dann auch und hielt fordernd die Hand auf.

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