>meditrinalia< | Das Opfer

  • "Stimmt, die Flotte, daran habe ich gar nicht gedacht. Danke für deinen Tipp." Der Plan einer Plantage gefiel Mattiacus immer mehr. "Gerade frisches Obst ist auf Schiffsreisen sehr begehrt. Wenn ich an die Überfahrten aus Hispania nach Ostia denke, hätte ich schon gerne einen Apfel oder eine Orange auf der Überfahrt gehabt."

  • "Dabei ist das doch sogar noch ein relativ kurzer Weg, nicht wahr?", fragte Macer nach. Immerhin war die Post aus Hispania auch immer recht schnell in Rom. "Ist man auf dieser Strecke nicht nur wenige Tage unterwegs? Ich hätte jetzt vermutet, dass man dort durchaus auf keine Speise zu verzichten braucht."

  • "Mhm, naja, eine Woche braucht man bestimmt, vielleicht noch mehr bei ungünstigen Winden, schließlich fährt man ja immer an der Küste entlang. Nur die Punier wagen denn direkten Weg über Sardinien und die Balearen." Er nippte nocheinmal an seinem Becher, der langsam leer wurde. "Auf Schiffen gibt es immer viel Gepöckeltes, manchmal auch einen Fisch, der gerade gefangen wurde. Ein bisschen Obst tut da gut. Gerade für die Mannschaften sollte gelegentlich mal ein wenig Obst gereicht werden. Als Medicus kann ich sowas nur empfehlen, lassen sich doch die meisten Krankheiten auf ein Ungleichgewicht der Körpersäfte zurückführen, die man mit gezielter Ernährung wieder in Harmonie bringen kann."

  • Macer blickte seinen Gegenüber mit einer Mischung aus Überraschung, Verwunderung und Respekt an. "Du bist Medicus? Das wusste ich gar nicht. Ich habe dich bisher immer für einen ausgebildeten Juristen gehalten." Diesmal war sich Macer sogar sicher, dieses Detail nicht einfach vergessen zu haben, sondern wirklich gerade erst erfahren zu haben.

  • "Ja tatsächlich. Manchmal vergesse ich es selber sogar. Mein größtes Interesse gilt zwar der iurisprudentia, aber im Rahmen meiner Ausbildung legte mein Vater Mercator auch Wert darauf, dass ich mich auch in der Medizin auskenne. An der Schola in Rom studierte ich bei griechischen Ärzten 2 Jahre lang Medizin und machte einen Abschluss als Medicus. In der Zeit vor meiner Quästur in Germanien hatte ich sogar eine Praxis hier in Rom, das clinicum silva nigra. Vor kurzem habe ich die Praxis wiedereröffnet. Wenn du also ein Wehwehchen hast oder sonste neben einem juristischen auch noch einen medizinischen Rat brauchst, dann komm' einfach bei mir vorbei."

  • "Glücklicherweise brauche ich derzeit weder das eine noch das andere", konnte Macer antworten und dabei fiel ihm auf, dass er wirklich schon lange nicht mehr die Dienste eines Medicus in Anspruch nehmen musste. Wobei er sich dabei für die zeit bei den Legionen nicht ganz sicher war, wo die medizinische Versorgung permanent und ohne Aufwand zur Verfügung stand. "Aber es ist immer gut zu wissen, an wen man sich wenden kann. Aber ist Medizin nicht genau wir die Iuristerei vor allem eine Frage der täglichen Praxis?" Er wollte damit keineswegs die Fähigkeiten seines Gegenüber in Zweifel ziehen, aber er stellte sich eine ausgewogene Komabination doch recht schwer vor.

  • "Das kommt darauf an." Eine typische Juristenantwort. "Durch die Praxis bleibt man in ständiger Übung, aber man macht sich weniger Gedanken um eine theoretische Durchdringung, also quasi eine Weiterentwicklung. Ich hoffe, ich drücke das richtig aus. Beide Fächer sind eng mit der Philosophie verknüpft. Theorie und Praxis kommen nicht ohne den anderen aus. Aber um auf deine Frage zurückzukommen. Ich beschäftige mich in der Praxis mehr mit der Juristerei, aber die Medizin kommt, zumindest theoretisch, nicht zu kurz."

  • "Dann schreibst du selber auch Abhandlungen über die Medizin?" fragte Macer daraufhin sofort. Immerhin war es das, was er sich unter theoretischer Beschäftigung mit der medizion vorstellte. Bei der Academis war es schließlich ganz genauso, dort befasste er sich eher theoretisch mit der Kriegsführung und verfasste Unterrichtmaterialien dazu. Eine Frage nach juristischen Schriften stellte er nicht. Er ging fest davon aus, dass es von Decimus Mattiacus eine nicht unwichtige Abhandlung geben würde, die er einfach nicht kannte, weil er sich bisher weniger als eigentlich nötig mit der Juristerei befasst hatte.

  • "Ich habe mich daran versucht, einTraktat über den Zusammenhang von Ernährung und Krankheit zu schreiben. Leider fehlt mir aber eine wichtige Quelle aus einem Buch eines persichen Arztes. Ich hatte gehofft, einmal zur Bibliothek nach Ktesiphon reisen zu können. Aber der Krieg hat das unmöglich gemacht." seufzte Mattiacus. "So bleibt mir bisher nur, ein oder zwei Patienten hier in Rom zu behandeln, um nicht aus der Übung zu kommen. Mit Gesetzen muss ich mich mehr beschäftigten als mit Patienten. Du hast den Prozess über die Hochverräter aus Hispania verfolgt?" fragte Mattiacus.

  • "Woher weißt du denn dann von der Existenz dieses Buches in Ktesiphon, wenn du noch nie dort warst?", fragte Macer weiter nach. "Ich meine, wenn das Werk zitiert wurde, sollten doch zumindest diese Zitate verfügbar sein. Oder auch komplette Abschriften des Werkes in anderen Bibliotheken." Mit medizinischen Werken kannte sich Macer aber auch nicht aus. Er las mehr Historiker und Techniker und die hatte er bisher noch immer in Rom gefunden.

  • "Ich habe von diesem Buch in einer der Unterrichtsstunden gehört. Bisher konnte ich es nirgendwo finden. Ausserdem wollte ich auch einmal mit den Priestern der Perser reden. Ich habe nämlich von Händlern gehört, dass die Mitglieder der Kaste der Magier in Persien sich nicht nur in der Astronomie, sondern auch in der Medizin sehr bewandert sind."

  • Von gebildeten Männern aus persien hatte Macer auch schon gehört, aber jedes Volk hatte wohl seine Gelehrten, die sich in vielen Künsten besonders gut auskannten. Nur die Zusammenstellung, welche Fähigkeiten bei den hoch angesehenen Männern besonders stark vertreten waren, unterschieden sich von Volk zu Volk. Wobei auch dort Macers Wissen eher auf Theorie als auf eigenen praktischen Erfahrungen beruhte. "Astronomie und Medizin. Eine interessante Kombination. Auf den ersten Blick haben diese Disziplinen nicht allzu viel miteinander zu tun, möchte ich meinen. Vielleicht entstehen ja durch den Krieg auch neue Kontrakte und andere Menschen kommen nach Rom, so dass du deine Chance erhältst"

  • "Ich hoffe doch sehr. Ein Gespräch zwischen Gebildeten kann so sehr erfrischend und nützlich für beide Seiten sein. Und zu deiner Feststellung, dass Astronomie und Medizin eine seltsame Kombination ist. Ich soweit ich weiß, glaubten schon die alten Ägypter daran, dass alles in der Natur miteinander zusammenhängt und die Sterne zu beobachten wie das Sezieren eines Körpers sei und die Stellung der Sterne das Wohlbefinden nicht unerheblich beeinflusst."

  • "Nun, ich muss zugeben, dass ich mich mit den Sternen wenn überhaupt bisher nur im Zusammenhang mit Sonnenuhren und ähnlichem befasst habe. Aber dass es dort viele Zusammenhänge gibt, das denke ich auch." Immerhin gab es überall Götter, die für die Ordnung sorgten, bei den Sternen wie bei der Gesundheit. "Und wie spielt dann da die Ernährung mit, die du eben erwähntest?"

  • "Wir Mediziner sind davon überzeugt, dass der Körper und seine Funktionen von 4 Säften bestimmt wird: Blut, Schleim, gelber und schwarzer Galle. Jedem dieser 4 Säfte sind ebenso 4 Elemente zugeordnet: Feuer, Erde, Luft und Wasser. Diese wiederum gehören auch zu 4 Qualitäten: heiß, kalt, feucht und trocken. Du merkst sicher dass die Zahl 4 sehr bedeutend ist." Er machte eine kleine Pause um seine Gedanken zu sammeln.


    "Also, das Gleichgewicht dieser 4 Säfte ist sehr wichtig für den Körper. Wenn einer der Säfte überhand nimmt oder zuwenig davon da ist und das Gleichgewicht nicht mehr stimmt, werden wir krank. Um das zu verhindern bzw. das Gleichgewicht wieder herzustellen, ist die Ernährung sehr wichtig. Man muss die richtigen Zutaten verwenden und die Gerichte dann entsprechend zubereiten."

  • Macer hörte aufmerksam zu und es schien alles auch recht viel Sinn zu ergeben. Die Körpersäfte kannte er natürlich, zumindest Blut ein Schleim begegneten einem ja häufiger. Mit Galle hatte er naturgemäß weniger zu tun. "Das leuchtet mir ein. Der Fisch aus dem Wasser wirkt anders auf die Körpersäfte als die Rübe aus der Erde, nicht wahr?" Macer Wissen ging an dieser Stelle kaum über solche Banalitäten hinaus, aber für ein lockeres Gespräch musste das eben reichen. "Aber falls ich dann nochmal nachfragen darf, was haben denn damit jetzt wieder die Sterne zu tun? Die vier Himmelsrichtungen sind mir klar, die passen auch wieder in dieses Schema, aber Sterne gibt es doch weit mehr als nur vier."

  • "Das stimmt allerdings. Es sind weniger die Sterne selbst, als vielmehr die Sternbilder und Sternzeichen, die das Gemüt eines Menschen mitbestimmen. Du wirst sicher auch bemerkt haben, dass jemand, der z.B., im Sternzeichen des Widders geboren ist, sich anders verhält, als jemand, der als Löwe geboren ist. Und es gibt 12 Tierkreiszeichen und 12 ist wieder ein Vielfaches von 4. Da sind wir wieder unsere magische Zahl." Mattiacus musste schmunzeln." Aber ob das jetzt alles reiner Zufalll ist, oder ob das zum Plan der Götter gehört kann ich dir nicht sagen."

  • Von den 12 Sternbildern hatte Macer natürlich schon gehört, fanden sich diese doch auch auf den Konstruktionsvorschriften für Sonnenuhren wieder. "Ja, jetzt wo du es sagst klingt das durchaus einleuchtend und nachvollziehbar. Ich glaube auch nicht daran, dass es Zufall ist. Alles hat seinen Sinn, gerade die Zahl 12, die überall wieder auftaucht."

  • "Ich denke nicht, dass wir uns dahinter zu verstecken brauchen", erwiderte Macer überzeugt. "Vielleicht gehen wir Römer es weniger mystisch an, aber dafür umso praktischer. Wir haben verstanden, was uns diese Zahlen sagen wollen und nutzen dies. Überall, vor allem in der Technik."

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