Atrium - Der Junggesellinnenabschied

  • Hungi mußte etwas an sich halten, um ihr nicht den Vogel zu zeigen. Tarpeischer Felsen... jaja. Und erneut fand eine einzelne Traube ihren Weg des Vergänglichen. Zu mehr kam er kaum, denn der Redeschwall von Lucilla war ja schon quasi legendär, den konnte man nur unterbrechen, wenn man eine Frau war. Oder gewisse Tricks anwandte. Jedoch ersteres war er nicht, und für letzteres war der passende Moment schon verstrichen. Was für ein Jammer. Also ließ er schweigend ihre eloquente Rede über sich ergehen, lächelte, nickte ein oder zweimal und lächelte weiter. Den Göttern sei Dank wars diesmal nicht so lang, eher phänomenal kurz.


    Zwei Atemzüge lang sagte er nichts, sondern blickte sie nur an, noch immer lächelnd. Dann zuckte er mit den Schultern. Na gut, diesen Argumenten habe ich nichts entgegenzusetzen. Das war natürlich heillos untertrieben, war Hungi doch nicht dumm, er hatte auch die Vorteile einer solchen Verbindung erkannt. Ja, auch und erst recht die politischen Vorteile. Dann sei es so. Magst noch einen Spritzer? Mit der Linken hatte er die Kanne ergriffen und hielt diese auffordernd in ihre Richtung.

  • Ein kleiner Stein fällt Lucilla dann doch vom Herz. Natürlich hat sie nie im Leben daran gezweifelt, dass Hungi sie als Klientin aufnehmen würde. Aber man weiß schließlich nie. Der erste Schritt zu ihrer politischen Karriere ist damit getan. Der nächste würde mit der Hochzeit folgen. Und danach, ja, dann würde sie mal weiter sehen. Wenn sie erstmal in der Casa Vinicia ein und aus gehen würde, jeden Tag bei Hungi vorbei schauen ...


    Magst noch einen Spritzer? Die Frage kommt so unvermittelt, dass Lucilla den Spritzer in den völlig falschen Hals bekommt, oder eher der falschen Körperöffnung zuordnet. Längst ist Lucillas jungfräuliche Unschuld verblichen, die Zeit, als sie noch glaubte, von einem Kuss schwanger zu werden, lange schon vorbei. Die Jungfräulichkeit ist zwar noch geblieben, aber die Unschuld haben ihre Freundinnen ihr verdorben. Denn unter den - bis auf Lucilla alle verheirateten - jungen (und nicht mehr ganz so jungen) Frauen reiht sich das Thema Spritzer ganz unverblümt zwischen Handtaschen, Schuhe, Kleider und Sklaven.
    "Hungi!" stößt sie ganz entsetzt seinen Namen aus. "Ich bin eine verheiratete Frau! Ich meine ... bald ... äh ..." Lucillas Blick fällt auf die Kanne. " ... ach so .. so einen ... ähm ... Spritzer." Lucilla spürt deutlich, wie ihr die Wärme in die Backen schießt. Zum Glück ist das Licht so spät sozusagen schon ein bisschen gedimmt und vielleicht würde Hungi nicht ganz so deutlich auffallen, dass ihr Gesicht knallrot leuchtet. "Ja, natürlich, gern. Ich ... ähm ... habe großen Durst."
    Herrje, dabei hätte sie es doch wissen müssen. Der gute, alte Spritzer, diese gute, alte Tradition aus Noricum (eigentlich keine Erfindung von dort und wahrscheinlich noch viel älter als Noricum selbst, aber wenn es etwas gibt, das die Einwohner von dort wohl besonders gerne tun, dann ist das bereits existierenden Dingen einen Namen geben und sie als ihre eigene Erfindung deklarieren. :P)

  • Ganz aufgeschreckt schaute Hungi sie an. Welche Furien sie wohl auf einmal geritten hatten? Er wußte es nicht im ersten Moment, erst zwei, drei Momente später, als die "Erklärung" aufgrund ihrer Reaktion folgte (und natürlich tat auch der Wein seine Wirkung und ließ seine Gedankengänge eine Spur langsamer ihre Bahnen ziehen als gewöhnlich), erst dann verstand er. Das war wieder einmal typisch. Gerade ihm sagt man (wie allen sexuell aktiven Männern) nach, daß er nur an das Eine dachte, und dabei? Dabei waren die Frauen ja um keinen Deut besser, sogar schlimmer noch. Aber Hauptsache, den Männern irgendwelche Vorhaltungen machen. Doch was wunderte es ihn, meistens beschwerten sich eh nur die Frauen (oder solche Sittenwächter, mit denen Hungi aber - wer hätte das geahnt - eher selten verkehrte).


    Das ... äh... dachte ich mir schon. meinte er nur dazu und schenkte ihr die Wein-Wasser-Mischung in ihren Becher, die eigentlich nie als norische Erfindung jemals deklariert wurde, wenn überhaupt, dann mit perlendem Wasser, welches jedoch die Zeitgenossen Lucillas und Hungis nicht oder nur begrenzt kannten, selbst wenn wäre es Hungi auch egal, denn er war in Pannonien aufgewachsen. (:P) Sag... bemühte er sich um ein anderes Gesprächsthema, ...was sagt denn eigentlich dein Bruder zu deiner Hochzeit?

  • Lucilla ist natürlich keine von diesen Frauen, die Männer Vorhaltungen machen, dass sie immer nur an das eine denken. Da sie zu dieser Zeit noch nichtmal weiß, wie genau das eine so ist, scheint es immerhin bei dem vielen Gerede durchaus plausibel, dass es schon gute Gründe hat, warum man immer nur daran denkt. Immerhin, ihre Freundinnen reden auch noch die ganze Zeit davon. Es wird wirklich Zeit, dass diese Hochzeit überstanden ist.


    Eilig schluckt Lucilla einige Schlucke Spritzer hinunter. "Meridius?" fragt sie überflüssigerweise nach. Zwar hat sie noch mehr Brüder als ihn, doch ist nur noch einer übrig aber zur Zeit nicht in Rom und außerdem spricht sowieso die ganze Welt immer nur von Meridius, wenn es um ihren Bruder geht.
    "Ich schätze, er hat sich damit abgefunden. Was bleibt ihm auch schon übrig? Er sagt doch immer, dass er nur will, dass ich glücklich bin. Also kann er sich nicht dagegen stellen, denn sonst wüsste ich ganz genau, dass er das nur so dahin sagt. Mal davon abgesehen, dass er eh nichts dagegen unternehmen kann. Er hat keine Gewalt über mich, er stellt nicht die Mitgift, das einzige, was er versuchen könnte, mir zu verbieten, ist die Hochzeit in der Casa Decima zu feiern. Aber da würde Mattiacus ihm schon was husten."
    Lucilla nickt bekräftigend. "Avarus gefällt es vermutlich auch nicht, dass wir in der Casa Decima anfangen müssen zu feiern. Aber er hat ebenfalls keine Wahl." Sie lächelt zufrieden vor sich hin. Schon vor der Hochzeit hat sie alle Fäden in der Hand - das gefällt ihr ausgesprochen gut. :]

  • Aha. Meridius hat also seinen ewigwährenden Groll gegen Avarus runtergeschluckt, für den Moment zumindest. Ohja, nur zu gut konnte er sich an die Dispute beider erinnern, vornehmlich im Senat, weil er beide meistens dort aufeinander antraf und die Herren ansonsten ja verschiedener Wege gingen. Manchmal waren die Streitereien amüsanter Natur, oftmalig aber seeehr nervend, und er verwettete mindestens eine dreistellige Summe darauf, daß so ziemlich jeder Senator froh war, als Meridius Rom verließ, um LAPP von Germanien zu werden. Hungi eingeschlossen.


    Diese Gedanken sprach er jetzt natürlich nicht aus, zum einen wusste Lucilla sicher von diesen Scherereien, zum anderen war die Höflichkeitsfrage nach ihrer Familie abgehakt, und soo interessant war ihr Bruder nicht, als daß er die Konversation über ihn künstlich in die Länge ziehen wollte. Ebenso wenig ihr Verlobter. Schon mehrmals hatte Hungi sich gefragt, was sie wohl an dem alten Geizhals fand, auf eine zufriedenstellende Antwort war er nie gekommen. Fragen würde er sie aber nicht, das wäre wohl doch zu unhöflich. Allerdings mußte er zugeben, daß ihm so die Gesprächsthemen ausgingen. Sie war bald nicht mehr Acta-Chefin, was macht sie denn so dann den ganzen Tag? Ah, und schon ein Thema gefunden.


    Ahja, klingt gut. quittierte er ihre Ausführungen und konnte nicht mal gekünstelt etwaig vorhandenes Interesse vorheucheln. Was wirst du jetzt eigentlich machen? Jetzt, wo du bald nicht mehr über die Acta wachen wirst... Wird dir dann nicht langweilig? In der Tat konnte er sich nicht vorstellen, Lucilla irgendwo in einer Ecke, lesend und ruhig drauf wartend, daß die ersten Kinderlein sich ankündigen.

  • "Langweilige, mir? Geh, ich bitte dich. Langweilig wird mir erst, wenn ich als totes Häuflein Asche in irgendeiner Gruft herum liegen muss. Und dann hoffe ich, dass der Körper doch nur eine Hülle für den Geist ist und mich schnell einer ins Elysium abholt." Sie winkt beschwichtigend ab. "Nein, nein, mir wird so schnell nicht langweilige. Die vielen Verpflichtungen einer Ehefrau und erst einer Ehefrau eines Senators, ständig ist irgendwo ein Fest, wo man ganz repräsentativ herumlaufen muss, dann die Zusammenkünfte der Matronen, deswegen, weil man ja noch mehr Anlässe hat für die man neue Kleider braucht, muss man noch mehr einkaufen gehen, und irgendwann zwischendrin möchte ich ja dann auch noch etwas von meinem Ehemann haben. Ganz ehrlich, ich weiß gar nicht wie ich das alles unter ein Kopftuch bringen soll."
    Bei all dem Geplapper ist Lucilla gar nicht bewusst, dass Hungis Ehefrau Livia damit keine sehr gute Ehefrau abgibt.


    Lucilla grinst hintergründig. "Und falls mir doch einmal langweilig werden sollte, dann kann ich zukünftig ja bei meinem neuen Patron vorbeischauen."
    Sie lehnt sich ein Stück zurück und bemerkte dabei die Dunkelheit über dem compluvium. "Oh, es scheint schon recht spät zu sein? Vielleicht sollte ich so langsam zurück, nicht dass sich Meridius doch noch Sorgen macht." Wieder grinst sie. Meridius ist ihre letzte Sorge. Aber es gibt ja noch so viel zu tun bis zum großen Tag, soviel vorzubereiten ... "Ähm, darf ich dich dann schon um den ersten Gefallen als Patron bitten? Ich habe nämlich gar keine Sklaven dabei, normalerweise schlagen meine Freundin ja jeden Feind in die Flucht. Könntest du mir vielleicht ein oder zwei ausleihen bis zur Casa Decima?"

  • Ahja, die gesellschaftlichen Verpflichtungen eines Senators. Die kannte Hungi nur zu gut, manchmal langweilige Treffen, öfter lustige Verabredungen, jedoch immer aufwendig, wenngleich ihn nicht die Sorge der richtigen Kleidung drückte, eher die Zeit, die ging drauf wie nix. Und Zeit war ein Gut, das er seit seinem (erneuten) Amtsantritt nur in knappem Ausmaß innehatte. Wenigstens hatte er aber eine wunderbare Ausrede, wenn er zu einem langweiligen Essen bei einem noch langweiligerem Zeitgenossen eingeladen wurde, und manches Mal hatte er schon davon Gebrauch gemacht.Ich bestehe sogar darauf, daß du zumindest ab und an in meinem Hause vorbeischaust. ergänzte er nachdrücklich. Immerhin ist es deine Pflicht als meine Klientin. Ein leicht süffisantes Grinsen konnte er hier nicht vermeiden.


    Er folgte ihrem Blick in den Abend hinaus. Rom war zur Nachtzeit ein gefährliches Pflaster, soviele Vigiles konnten gar nicht ihre Patrouillen schieben. Selbstverständlich. Ich werde dir eine kleine Eskorte mitschicken. Nicht daß dir etwas passiert. Er lachte auf. Was würde das auch für ein Bild machen? Der Praefectus Urbi, nicht imstande, eine Dame sicher nach Hause zu bringen.

  • Lucilla kichert leise. "Aber natürlich, meine Pflicht als Klientin. Du wirst keine bessere haben, du wirst es schon sehen."


    Ein bisschen schwankend steht Lucilla auf. Zuvor drückt sie sich aber ersteinmal mühsam von der Cline ab. "Das wäre natürlich gar kein gutes Bild." kichert sie. Am liebsten würde sie Hungis selbst fragen, ob er sie nicht nachhause begleiten möchte. Aber das würde auch kein besseres Bild machen.
    "Ich danke dir, mein lieber Hungi, für die Bewirtung meiner Freundinnen, und natürlich auch für meine eigene. Eine gute Nacht wünsche ich dir noch und dann sehen wir uns spätestens bei meiner Hochzeit. Vergiss sie bloß nicht."


    Mit einem Grinsen auf dem Gesicht lässt sich Lucilla hinaus aus dem Haus geleiten und dort von Hungis Eskorte umringen. Auf dem Weg nachhause lässt sie sich so manches Mal ganz undamenhaft stützen, und dort haut sie sich direkt in die Hapfn und träumt von ...


    ... ganz bestimmt von irgendwem, nur am nächsten Morgen kann sie sich nicht mehr daran erinnern. 8)

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