Atrium | Lucanus et Gracchus

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    Phoebus, ein junger Sklave, kaum 12 Sommer alt, führte Cnaeus Flavius Lucanus vorbei an den Ahnenmasken, hinter welchen zu jeder Zeit kleine Öllampen ihre flackernden Flammen tanzen ließen und den Mienen so den Anschein von Leben einhauchten, vorbei an edlen Vasen und Skulpturen, an stilvollen und kunstreichen Wandmalereien, über dezente Mosaike hinweg bis ins Atrium der Villa Flavia, in dessen Mitte Wasser leise aus dem Füllhorn einer Fortuna in das mit filigranen Seerosen bestückte impluvium plätscherte. Obgleich die Räumlichkeiten nicht die Prosperität und den Stand ihrerer Bewohner verhehlten, so war der Pomp doch nicht übertrieben, sondern zeigte sich in aparter Auswahl und in der alles umfassenden Harmonie des Zusammenspiels der einzelnen Elemente - ein Verdienst des Esprit der verblichen geglaubten Flavia Leontia. Ohne Augen für diese für ihn alltägliche Ästhetik führte der junge Phoebus den Flavier zu einer Klinengruppe im hinteren Bereich des Atrium und schenkte sogleich mit reichlich Wasser verdünnten Wein in ein Glas, welches er Lucanus auf einem silbernen Tablett anreichte, um dessen Wartezeit zu überbrücken.

  • Ohne Nachdenken und Zögern raffe ich meinen Sack, hiefe ihn über meine Schulter und drücke mich am Türsteher vorbei. Ich erröte, als der Junge auf mich zukommt und wehre seinen Griff nach meiner Habe mit einem leichten Kopfschütteln ab; dann trotte ich hinter ihm her, ihm, der sich wie von Seilen gezogen sicher durch die Räume bewegt.


    Die Einrichtung und die Dekorationen erinnern mich an nichts, was ich jemals außerhalb meines Kopfes gesehen habe, manche mythischen Darstellungen, manche ägyptisierenden Motive jedoch wecken Erinnerungen an die Erzählungen meiner Mutter. Der Boden spiegelglatt, der Knabe huscht darüber, ich komme mir vor wie ein grobschlächtiger Riese, der davor Angst hat, auszurutschen. Lebt hier überhaupt jemand? Ich meine: wie kann man so wirklich leben ohne sich ständig in den Bildern und Kunstwerken zu verlieren, ein riesiges Museum, das nach Essenzen und Ölen riecht, aber nicht nach Menschen und Tieren, nach lebenden Bewohnern.


    Bei einer mit Polstern überhäuften Ansammlung von Möbeln bleibt der Junge stehen, blickt mich ernst durch seine braunen Augen an, macht eine unbestimmte Bewegung, dreht sich dann wieder weg und hält mir nach einigen verborgenen Handgriffen ein Glas - ja, ein Glas! - entgegen, in dem eine leicht gefärbte Flüssigkeit ... schwebt, ja schwebt ist der richtigt Ausdruck.


    Vorsichtig nehme ich meinen Sack von den Schultern und greife nach dem Kelch.


    Danke, eine klasse Idee - ich bin wirklich durstig,


    sage ich und mache lächelnd eine leichte Verbeugung. Der Junge rührt sich nicht, verbeugt sich aber dann nach eingem Zögern ebenfalls und geht, nein gleitet dann hinter die Kulissen.


    Ich bin allein, nur das Plätschern von Wasser ist zu hören. Soll ich mich setzen? Ich stelle den Kelch ab, ohne davon getrunken zu haben, und inspiziere meine Rückseite. 'Na, das lassen wir lieber, wenn ich nicht mit mein letztes As für die Reinigung der Polster investieren will', denke ich mir, zupfe an mir herum, streiche mit meinen Fingern durch das Haar. Jetzt trinke ich aber doch und stehe - Standbein-Spielbein - hoffentlich auch einigermaßen dekorativ herum.


    'Senator', denke ich mir und stelle mir einen uralten Mann vor, voller Schwielen, Pusteln und Fettfalten, so wie der Schmied Hijcho sie hat. Er ist der älteste Mann, den ich kenne.

  • Jener Mann, welcher alsbald um die Ecke eines Korridores ins Atrium hinein bog, war nicht eben als alt zu deklarieren, obgleich er sich durchaus manches mal so fühlte, denn näherte sich ein Mann erst der magische Zahl der Dreißig, so konnte es nurmehr bergab gehen. Mit einem Male meldeten sich dann des Morgens Muskeln und Sehnen, welche bis dahin mit keinem Sinn hatten Aufmerksamkeit erfordert, des Abends waren Knochen zu spüren, welche bis dahin so tadellos ihren Dienst hatten verrichtet, und wo der Körper noch wenige Jahre zuvor mit Jubel und Jauchzen sich verausgabte, so fing er dieser Tage nach jeder sportlichen Betätigung an, sich zu beklagen. Der Verfall des Menschen war wahrhaft deplorabel, obgleich nicht aufzuhalten und nicht umzukehren, doch in seiner Jugend hatte Gracchus dennoch immer geglaubt, von solcherlei verschont zu sein bis ein methusalemgleiches Alter ihn ereilte, und sicherlich des manchen Males heimlich gespottet über Männer im besten Alter und ihre Wehwehchen. Zu spät musste auch er erkennen, dass dies augenscheinlich der Lauf der Welt war, das Spotten und der Unglaube der Jugend, und das frühe Klagen und Bedauern des Reifenden. Indes waren diese kleinen Schwächen des Körpers etwas, was Gracchus gut hinter seiner Gravitas wusste zu verbergen, so dass jener Senator, welcher Lucanus schlussendlich gegenüber trat, ein Mann war in der Mitte seines Lebens, womöglich gar noch vor der Blüte eben dessen - sanguin und vital.
    "Salve, Cnaeus Flavius Lucanus!"
    grüßte er den überaus dekorativ im Raume stehenden jungen Mann, forschend in dessen Miene nach einer Ähnlichkeit mit den Gesichtszügen seines Großonkels Aquilius, dessen Züge Gracchus so mehr als vertraut waren. Wie in diesem Familienzweig nicht selten, hatte Lucanus dunkelblondes Haar und jene nussbraunfarbenen Augen, in welchen ein Mann sich konnte verlieren, zumindest Gracchus konnte dies, hatte dies mehr als einmal in Caius' Augen. Viel weniger Härte lag darin als in den dunklen, beinah schwarzfarbenen Augen des römischen Zweiges, und viel mehr Wärme als in den farblos blaufarbenen Augen, welche Gracchus' Geschwister zierten.
    "Mein Name ist Manius Flavius Gracchus, dein Großvater war mein Vetter."
    Dies nun hörte sich wahrlich alt an, doch hatten die Flavia ihre Generationen bisweilen weit auseinander gezogen.
    "Was mich somit zu deinem Großonkel zweiten Grades macht."
    Obgleich Gracchus sich bereits an die Titulierung des Onkels im Falle Serenus' nicht konnte gewöhnen, und zudem der zweite Grad den Onkel nicht weniger fern erscheinen ließ als den Großvater, so schien Gracchus Onkelhaftes doch noch weit agreabler als etwas, was mit Vätern oder schlimmer noch Großvätern in Verbindung stand, solange er sich nicht selbst dazu im Stande sah, Vater eines Erben zu sein.
    "Bitte nimm doch Platz."
    Mit einer Bewegung aus dem Handgelenk heraus wies er auffordernd auf die Klinen. Der Beschmutzung der Bepolsterung galt indes kein einziger seiner Gedanken, viel mehr doch dem Grunde des Besuches seines Verwandten, denn obgleich er durchaus mit reservierter Freundlichkeit jenem begegnete, so bereitete er sich doch innerlich gleichsam auf eine Konfrontation vor.
    "Was führt dich nach Rom, kommst du direkt aus Hispania?"
    Womöglich hatte gar Furianus sich des jungen Mannes angenommen und ihn in die Hauptstadt geschickt? Obgleich Gracchus versuchte sich zu erinnern, so war ihm entfallen, wer die Mutter des Lucanus war oder ob jene noch lebte, doch zumindest von den näheren flavischen Verwandten war keiner geblieben, ein Umstand, an welchem auch Aquilius bisweilen schwer trug. Womöglich war der junge Mann ohnehin ebenso weit von den verruchten Mitgliedern seines Familienzweigen entfernt, wie Caius dies war.

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  • Meine Augen folgen dem Fluß des Mäandermusters, das die Bodenmitte des Raumes umgibt, überhaupt versuche ich, mich zu konzentrieren und gleichzeitig abzulenken. Irgendwie fühle ich mich wie als würde ich auf den Besuch des Baders warten, der mir einen fauligen Backenzahn ziehen muß. Nicht, daß ich irgendwelche schadhaften Zähne hätte, Meersalz und Zitrone haben mir bislang gute Dienste geleistet und ich kann eine Walnuß mit meinen Kiefern öffnen, ohne Sorge zu haben. Abr gesund geht man ja auch nicht zum Bader und wäre ich, wenn ich mal so sagen soll: gesund, stünde ich nicht hier, sondern wäre daheim bei meiner Mutter und würde aufs Meer hinaus fahren und Fische mit Pedro fangen. Warum ist er nicht mitgekommen? Weil ich ihn nicht gefragt habe, ich einfältiger feiger Esel - darum. Und weil er Familie in Flaviobriga hat. Ich nicht, nicht mehr.


    Ein wenig mit dem Glaspokal spielend höre ich, wie hinter mir Stoff raschelt. "Salve, Cnaeus Flavius Lucanus!" ruft es - ich drehe mich um und bin überrascht. Der Mann, der da herankommt, ist nicht älter als meine Mutter, sicher nicht. 'Groß-Onkel'?


    Den Kelch immernoch in der Hand mache ich eine leichte Verbeugung:


    Salve Manius Flavius Gracchus, ich bin der Sohn des Caius Flavius Maximus und der Foslia Milonia und wünsche Euch allen Segen und alles Glück der Götter!


    Mit seiner Aufforderung, mich zu setzen, nehme ich meine paenula ab und lege sie mit der Innenseite auf das Polster und setze mich, als auch er sich es mehr oder weniger bequem gemacht hat. Di immortales!


    Wie ihr vielleicht wißt, ist mein Vater schon seit vielen Jahren tot, ich habe ihn nicht gekannt und bin bei meiner Mutter in der fast vorletzten Ecke der bewohnten Welt in der Gründung Flaviobriga aufgewachsen. Dort habe ich sie vor neun Wochen begraben und bin dann zu Fuß nach Narbo Martius, wo ich auf Kaufmannsschiffen über Massilia, Cemelenum und Aleria nach Ostia gereist bin. Seit gestern bin ich hier und seit heute in Rom. Das war der Wunsch meiner Mutter, daß ich in Rom ausgebildet und ein dankbares und nützliches Mitglied der Familie werde. Natürlich will ich für meinen Unterhalt und die Erziehung arbeiten ... Geld ist mir leider keines geblieben,


    setze ich leise hinzu. 'Mit dem Ding da in meiner Hand könnte ich wahrscheinlich die nächsten zehn Jahre fürstlich leben' saust ein Gedanke durch meinen Kopf und ich fühle mich ziemlich unordentlich und unglücklich. Wahrscheinlich bin ich noch unordentlicher und unglücklicher als ich mich fühle - oje. Ein Bad im Meer, das wär's jetzt - ob der Mann, mein Großonkel!, auch schwimmen kann? Oder nur im Seichten pritschelt? Und huchhach wie ein Mädchen sich anstellt?


    Fast wünsche ich, er würde mich hinausjagen, dann kann ich wieder nach Hause, werd' schon zurechtkommen, Pedros Mutter war immer wie eine Tante zu mir, wir können Fischen gehen, die Ziegen hüten, ab und an jagen ... tja, werde ich an Mutters Grab ihr sagen, die wollten den Ibererburschen nicht, da bin ich wieder heimgekommen. Aber sie wird's merken, wie ich erleichtert grinse, was ihr das Herz zerreißen würd. Also lächele ich und schaue meinen Großonkel erwartungsvoll an. Sollte ich Männchen machen, ein Kunststück als nächstes zum besten geben?


    Ich kann Lateinisch und ein bißchen Griechisch, lesen und schreiben und bis C rechnen,


    füge ich mal hinzu, mal sehen ...

  • Foslia Milonia trieb durch Gracchus' Sinne, ungreifbar, transparent wie ein Tropfen parfümiertes Wasser in der seichten Uferspülung des Ozeans, verflüchtigte sich alsbald wie die Transformation eines granularen Krümels Weihrauch auf einem gewaltigen Opferrost. Womöglich hatte er sie einmal gesehen auf einem der flavischen Feste, womöglich auch nicht, doch wahrgenommen in keinem Falle, obgleich ihr Name ihm nun, da er im Raume schwebte, durchaus bekannt war. Einer jener unscheinbaren Sklaven in ihren liebreizenden kurzen Tuniken, welche die Schatten der Villa bevölkerten, welche immer klandestin präsent zur Stelle waren, sobald es eine der Herrschaften nach etwas verlangten, welche mehr noch bereits zugegen waren, noch bevor es eine der Herrschaften nach etwas verlangte, einer jener Sklaven verließ seinen Platz, um auch Gracchus eines der edlen Gläser - doch bei weitem nicht eines der edelsten Sorte in diesem Hause, standen jene im Atrium doch für alltägliche Gäste bereit - mit verdünntem Wein einzuschenken und ihm darzureichen. Bedauern klang in Gracchus' an, ob der desolaten Jugend des Lucanus, ein wenig mager schien sein bisheriger Weg, doch war und blieb er ein Flavius, und die Vergangenheit hatte gezeigt, dass längst nicht allein die Jugend den Erfolg des Weges allein zierte.
    "Mein tiefes Bedauern möchte ich vor allem anderen dir aussprechen, Lucanus, ob des deplorablen Verlustes deiner Mutter. Sie tat wohl daran, dir deinen Weg nach Rom zu weisen, denn hier ist der Platz der Flavia."
    Die unsäglichen hispanischen Flavia mochte Gracchus nicht erst zur Sprache brinen, da augenscheinlich Lucanus bislang von ihrem Einfluss nicht tangiert worden war.
    "Hättest du nur einen Boten gesandt, dein Fußmarsch wäre nicht notwendig gewesen, wir hätten dir für eine agreablere Reise Sorge tragen können. In diesem Sinne ist auch eine Gegenleistung nicht nur unnötig, sondern ebenso inadequat."
    Der Ring an Lucanus' Hand - höchstwahrscheinlich der Siegelring seines Vaters - war mehr wert als alle Sesterzen der Welt und dass der junge Mann ihn nicht hatte in Geld umgesetzt, dies bewies, dass er sich durchaus seiner Wurzeln bewusst war.
    "Dies ist das Haus deiner Familie, dein Ur-Ur-Großvater und mein Großvater Marcus Flavius Romulus lebte hier und vermachte es samt seinen Besitztümern seinen Söhnen. Heute teilen sich diesen Besitz seine Enkel, seine Ur-Enkel und mit dir nun auch seine Ur-Ur-Enkel. Keiner von ihnen hat je gewagt, dies alles für sich allein zu beanspruchen, denn mögen wir Flavia auch des manchen Males ein wenig größenwahnsinnig sein, so gehört Gier doch nicht zu unseren Makeln und gegenteilig die Familie zu einem unserer wertvollsten Güter."
    In einer fließenden Bewegung wandte Gracchus den Kopf zur Seite zu einem der Sklaven, ein marginales Nicken nur folgte, sodann sah er erneut zu seinem jungen, in diesem Hause trotz allem ein wenig deplatziert wirkenden Verwandten. Er fühlte sich an seine eigene, blamable Rückkehr in den Schoß der römischen Villa erinnert - doch nicht, da seine Jugend ihm nichts hätte geschenkt war er mit leeren Händen erschienen, denn da er alles in leichtfertiger Manier hatte zunichte gemacht.
    "Es wird dir ein Zimmer bereitet werden, es soll dein sein, solange du hier verweilen wirst und darüber hinaus. Deiner Bildung werden wir ein wenig nachhelfen können, unsere Bibliothek ist äußerst gut bestückt, auch mit Erstausgaben, und sollte dies notwendig sein, so werden wir uns nach einem geeigneten Gelehrten umsehen, welcher die Lücken deiner Ausbildung schließen wird. Indes, hast du bereits Pläne für deinen zukünftigen Weg gefasst? Welche Richtung du auch einschlagen möchtest, die Familie wird dich dabei unterstützen können."
    Natürlich sah Gracchus als Ziel jeden Flaviers letztlich die politische Karriere, doch dorthin konnten überaus unterschiedliche Wege führen.

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  • Mit einem Male werde ich ganz müde - die lange Reise, der leichte Schlaf, das Herumirren durch diese große Stadt und nun die vielfältigen Eindrücke, die auf meine Sinne einstürzen. Am liebsten würde ich mich in meinen Mantel hüllen und irgendwo in einer Ecke mich ausruhen und schlafen bis ich von alleine wieder wach werde - und nicht durch Fußtritte eines Angetrunkenen ...


    Nun, Manius Flavius Gracchus, ich bin der Bote und die Nachricht in einem, es gab für mich keinen Grund, eine Abreise hinauszuzögern um so meine Ankunft in Rom zu verzögern. Ich hätte mir kaum eine passablere Reise wünschen können ...


    sage ich und denke an den sternenbedeckten Himmel, die septem Triones, die mich nächtens leiteten und meinen Schlaf im noch vom Sonnentag warmen Moos beschützten - aber auch an die notablen Tritte des allzeit betrunkenen Kapitäns auf dem Kaufmannssegler "Delphin", die wie ein Walroß an der Küste entlangdümpelte ...


    ... und nicht weniger diese freundliche Aufnahme durch Euch. In der Tat ist das sehnlichste, das ich mir wünsche, ein Platz zum Schlafen und morgen einen Besuch der großartigen Thermen, um mich von meiner Reise reinzuwaschen.


    Mit einem Sprung ins Meer wäre es ja auch getan, aber ich hatte mich gestern nicht getraut, in das dreckige Wasser bei Ostia und auch heute einfach in den Tiber zu springen schien mir kaum angeraten - und es sieht kaum so aus, als wäre in Rom frisches Wasser anders als in Stein gefaßt und abgemessen zum Baden bereit.


    Das sind im Grunde meine Pläne, muß ich gestehen.


    Daß ich meinen zukünftiger Weg für mich am liebsten an einem Strand bei selbstgefangenem gegrillten Fisch bei Sonnenaufgang enden sehe - genau und nur dort, wo ich den Strand, den Fisch und den Sonnenaufgang habe lassen müssen, verschweige ich lieber, was verstehen Stadtmenschen schon davon, flüstert mir Pedro verächtlich ins Ohr ...


    Ich möchte lernen, das zu tun, was der Familie, dem Kaiser und dem Reich von Nutzen ist. Vielleicht sollte ich beizeiten in die Schola gehen und Kurse belegen, um ein nützlicher Bürger und ein ehrbares Mitglied der Familie zu werden ... ich bin willig und fleißig auch dort, wo die Götter mir ihre Gaben versagten.

  • Ein sublimes Lächeln kräuselte Gracchus' Lippen als er Lucanus' Wünsche vernahm, sowohl jene profan physischen, als auch jene intellektueller Natur.
    "Es ist nicht nötig, bis Morgen zu warten, um den Staub von deinem Leibe abzuwaschen. Dieser Villa ist ein Bad immanent, natürlich nicht zu Vergleichen in Größe mit den Thermen des Agrippa etwa, doch die Annehmlichkeit eines heißen Beckens ist auch in geringerer Ausführung nicht zu verachten. Ich werde dafür Sorge tragen, dass das Wasser dir geheizt wird, bis du dein Zimmer besichtig hast, wird das Becken gefüllt sein. Indes, wenn es dich dürstet oder du hungrig bist, gleich ob jetzt oder später, so lass es nur die Sklaven wissen."
    Zielsicher pickte Gracchus einen Sklaven mit seinen Blicken aus dem Schatten der Wand, auf dass dieser hervor trat. Es war der dunkelhäutige, kleine Kaïlos, dessen Name sich Gracchus ob des malerisch Klanges dessen merkte.
    "Dies ist Kaïlos, er wird dir dein Cubiculum und alles weitere weisen. Solltest du noch etwas bedürfen, so zögere nicht, danach zu fragen."

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  • Ich bin Euch so dankbar, Manius Flavius Gracchus,


    rutscht es mir etwas voreilig überschwenglich heraus, während mich mein Gegenüber etwas - gönnerhaft? wohlwollend? aufmunternd? - anlächelt. Für den letzten Fußmarsch hatten meine Kräfte noch gereicht, jetzt aber, in dieser über und über luxuriösen und einlullenden Umgebung verliere ich meine Anspannung, meine Energie fließt aus meinem Körper wie Sand aus einer Schale. Wenn ich nicht aufpasse, liegt nur noch die leere Hülle auf dem Sofa und mein Ich ist vollkommen ausgelaufen. Er steht auf, winkt mit knapper Bewegung einen Jungen herbei, ich stehe auf, etwas zögerlich und unschlüssig.


    Nun, sage ich etwas fester, nach meinem Sack, der am Boden liegt, greifend, nochmals Danke für Euren ... warmen ... und Euren freundlichen Empfang werde ich niemals vergessen, versuche ich, den Satz zu retten.


    Er drückt mir, nun wirklich herzlich, die Hand und ich folge erneut einem Kind, das wie von Seilen gezogen, sich sicher durch die Räume und Gänge bewegt ...

  • Nachdenklich auf seiner Unterlippe herumkauend blickte Gracchus Lucanus hernach, dem kläglichen hispanischen Rest der Verwandtschaft - abgesehen von Aquilius, welchen er längstens nicht als Hispanier betrachtete, obgleich jener sich noch immer selbst so sah. Kläglich, fürwahr, im ersten Anblicke, und weshalb indes hatte Foslia Milonia ihren Sohn in der Ferne gehalten so lange Zeit? Um seinem flavischen Erbe ihn zu entziehen womöglich, vielleicht auch aus Eigennutz oder mehr noch, um ihn zu schützen vor dem manches mal allzu unnachgiebigen, allzu rabiaten römischen Teil der Familie? Gleich jedoch weshalb, so hatte Lucanus Anteil am flavischen Recht, denn weder intrigant noch perikulös schien er, eher unbedarft und ein wenig weltfremd - doch wer war dies nicht erschienen im ersten Anblicke der schönen, betörenden Roma, und wer indes konnte schon wissen, ob nicht eines Tages noch ein Proconsul würde aus ihm werden? In seine Gedanken gekehrt verließ auch Gracchus das Atrium.

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