Das Haus des Consuls

  • Auch diese Tafel nahm der Consul entgegen und studierte die ersten Zeilen, bevor er wieder aufblickte.


    "Ja, der Artikel über die Steuerdebatte. Den habe ich gelesen."


    Mehr sagte er erstmal nicht, denn er wusste noch nicht, in welche Richtung es gehen sollte. Die Debatte hatte er noch präsent und der Artikel hatte korrekte Überlegungen widergegeben, soweit er sich erinnerte. Noch konnte er also keinen Gesprächsbedarf erkennen.

  • Regungslos nahm Seiana hin, dass der Consul noch nichts weiter dazu kommentierte. Sie konnte sich auch so weiter vortasten. „Bestehen denn Planungen im Senat, aus anderen Bereichen ebenso Finanzberichte einzuholen und diese zu prüfen?“

  • Diesmal schüttelte der Consul den Kopf.


    "Nein, mir sind keine derartigen Anträge bekannt. Seit der damaligen Debatte und Abstimmung wurde das Thema nicht wieder im Senat diskutiert, auch nicht aufgrund dieses Artikel oder aus einem anderen Grund. Was freilich nicht heißt, dass nicht doch der eine oder andere Senator entsprechende Pläne vorbereiten könnte. Aber ich habe nichts derartiges gehört in der letzten Zeit."

  • Seiana neigte ihren Kopf ein wenig zur Seite, andeutungsweise nur. „Nun, Zeit genug ist inzwischen verstrichen, denke ich, dass ein Senator eventuelle Pläne hätte vortragen können.“ Sie machte eine Kunstpause, fuhr allerdings fort, bevor der Consul etwas darauf sagen konnte: „Die beiden einzigen Institutionen, von denen also bislang Finanzberichte eingefordert wurden, sind jene, die von mir geführt werden. Kann es sein, dass es irgendwelche Vorbehalte gegen meine Person gibt? Misstraut mir der Senat?“

  • Die Schlussfolgerung, die Decima Seiana aus den bisherigen Feststellungen zog, traf den Consul ziemlich unvorbereitet. Mit ziemlich vielem hatte er gerechnet, aber nicht mit einer solchen Spekulation. Hatte er bisher eher geschäftsmäßig geschaut, blickte er Decima Seiana nun ziemlich direkt und mit einer Spur von Bestürzung an.


    "Nein, ganz und gar nicht. Diese Deutung würde ich doch für völlig abwegig halten. Da brauchst du dir nun wirklich keine Sorgen zu machen. Vielmehr ist es doch so, dass du zwei besonders wichtigen, staatliche geschützten Institutionen vorstehst, die im Gegensatz zu anderen Vereinigungen und Einrichtungen sogar gesetzlich verankert sind. Aus dieser bevorzugten Stellung ergeben sich natürlich auch besondere Verantwortungen und ein natürliches Interesse des Senates, über die laufenden Geschäfte informiert zu sein. Würde der Senat dir misstrauen, hätte jeder Senator die Gelegenheit gehabt, dies offen zum Ausdruck zu bringen und einen anderen Kandidaten vorzuschlagen, was aber bekanntlich nicht geschehen ist."

  • Eine Antwort in dieser Art hatte Seiana bereits erwartet. Sie war sich nicht ganz so sicher, ob es nicht doch irgendwie mit ihr zusammenhing – oder womöglich der Tatsache, dass sie eine Decima war –, aber letztlich ging es ihr auch gar nicht darum, und sie wollte schon gar nicht den Consul in Frage stellen. Selbst wenn es nicht so wäre, wie der Mann sagte, würde er ihr das kaum ins Gesicht sagen, solange der Senat noch keinen offiziellen Beschluss getan hatte.
    Entsprechend hatte sie ihre Antwort bereits parat, die sie mit einem leichten Lächeln vortrug. „Das freut mich zu hören, Consul. Zumindest mir mutete es doch ein wenig merkwürdig an, dass bislang nur von mir etwas Derartiges gefordert wurde.“ Ihr Lächeln verstärkte sich ein wenig, während sie das Gespräch nun in die Richtung lenkte, in der sie es eigentlich hatte haben wollen. „Sicherlich wirst du dann mit mir übereinstimmen, dass es sinnvoll wäre, auch von anderen Einrichtungen Finanzberichte einzuholen. Wenn ich mich richtig erinnere, stammt beispielsweise der letzte offizielle Bericht über die Finanzen einer Provinz, der dem Senat vorgelegt wurde, noch aus Flavius Furianus’ Zeiten als hispanischer Proconsul. Und auch die Legionen oder der Cursus Publicus sind doch sicherlich ebenso bedeutsam wie Acta und Schola – wenn sie sie nicht gar übertreffen. Kann ich also davon ausgehen, dass du einen entsprechenden Antrag im Senat einbringen wirst?“

  • Erneut schien dem Consul die weitere Fortführung des Gespräches ein ziemlicher Gedankensprung zu sein, auch wenn er nicht ganz so gewaltig und abwegig gewesen war wie der vorherige. Auch mit der Antwort tat sich der Consul leichter.


    "Ebenso bedeutsam zweifellos, aber auch in einer völlig anderen Struktur. Die Legionen unterstehen ausnahmslos dem Kaiser und nicht dem Senat und jener hat folglich keinerlei Kontrollfunktion über die kaiserliche Militärkasse. Zwar setzt der Kaiser für die verwaltung dieser Kasse durchaus Senatoren ein, aber einen Bericht darüber kann der Senat nicht einfordern. Ähnliches gilt für den Cursus Publicus, der ja den Cohortes Praetoriae untersteht und mithin auch dem Militär oder zumindest dser Aufsicht des Kaisers zuzurechnen ist."

  • Seiana verzog keine Miene – auch wenn ihr nicht unbedingt gefiel, was sie da hörte. Natürlich hatte der Consul Recht mit dem, was er sagte. Dennoch... „Von den Einrichtungen, die dem Senat unterstehen – die Provinzverwaltungen der senatorischen Provinzen beispielsweise –, kann der Senat auch Berichte einfordern. Und was die übrigen betrifft, steht es dem Senat doch sicherlich wenigstens zu, einen Zwischenbericht über die Finanzen zu beantragen. Oder darum zu bitten.“ Sie lächelte, aber es war ein schmales Lächeln, dass dieser Spitze nicht die Schärfe nahm, sondern sie eher noch verstärkte. „Wenn dieser Bitte durch den Kaiser nicht stattgegeben wird, ist das natürlich etwas anderes, aber dann hätte der Senat immerhin sein Interesse und seinen Willen bekundet. Sollte es denn tatsächlich so sein, dass die Senatoren sich nur für die Finanzen von zwei Institutionen interessieren, die finanziell unabhängig sind? Ist es nicht wichtiger, von Zeit zu Zeit jene zu prüfen, die Staatsgelder erhalten?“ Jetzt wurde ihr Gesichtsausdruck ernst. „Versteh mich nicht falsch, Consul. Ich werde dem Senat jeden Bericht liefern, den er haben möchte. Aber es verwundert mich nach wie vor, dass dieses Interesse nur mich betrifft“ – und erst aufgekommen war, als sie die Leitung übernommen hatte, aber das sagte sie nicht laut. „Und noch etwas anderes kommt dazu. Weder Acta noch Schola erhalten finanzielle Unterstützung. Insbesondere bei der Acta ist es Usus, dass die Entschädigungen aller Mitarbeiter gekürzt werden, wenn ein Jahr schlecht läuft. Der Posten des Rectors ist ehrenamtlich, der Posten des Auctors war es bis vor gar nicht allzu langer Zeit, ebenso wie andere wichtige Stellen innerhalb der Acta, und entschädigt werden die Mitarbeiter bei beiden Einrichtungen grundsätzlich nach dem Leistungsprinzip. In Anbetracht dieser Tatsachen liegt es durchaus auch in meinem Interesse – als Verantwortliche für meine Mitarbeiter wie auch persönlich – zu erfahren, wie andere Institutionen mit ihren Geldern umgehen. Geldern, die sie noch nicht einmal selbst einbringen, sondern vom Staat erhalten. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass ich die Einzige bin, der es so geht.“

  • So sehr der Consul das Engagement der Decima schätzt und sich sogar gerne davon beeindrucken ließ, so wenig konnte er jetzt hier genau in diesem Moment für sie tun. Zumindest, wenn man mal von tapfer lächeln und offene Türen einrennen lassen absah. Er machte sich nicht persönlich dafür verantwortlich, dass der Senat an bestimmten Kassen offenbar tatsächlich kein Interesse hatte und konnte jeden Blick in jedwede Bücher nur unterstützen, wenn es denn eben jemanden gab, der sich dafür interessierte.


    "Ich kann es schon nachvollziehen, wenn sich die Senatoren mehrheitlich nur für jene Kassen interessieren, auf die sie auch mehr oder minder direkten Einfluss nehmen können. Dazu gehört eben die Acta Diurna oder die Schola Atheniensis und dazu gehören nicht die Legionen und die kaiserlich verwalteten Provinzen. Die Kassen der senatorisch verwalteten Provinzen werden regelmäßig geprüft, dessen kannst du dir versichert sein. Aber ich werde deine Idee nur zu gerne aufgreifen und den Senat an seine Kontrollpflichten und Rechte auch in anderen Bereichen erinnern. Dann werden wir sehen, ob es auch Senatoren gibt, die sich für kaiserliche Kassen interessieren oder jene der Städte oder sonstige, auf die der Senat ein Auge werfen könnte."

  • Nein, Seiana gefiel nicht wirklich, was sie zu hören bekam. Ihr war klar, dass der Consul nicht viel bewirken – und ihr in diesem Augenblick schon gar keine Zusage geben konnte. Dennoch hätte sie sich gewünscht, ein wenig mehr Verbindlichkeit zu bekommen, wenn schon keine ausdrückliche Zustimmung. Letztlich blieb er in seinen Worten recht neutral. Vielleicht sollte sie ihm das nächste Mal einen fertig formulierten Antrag bringen... Andererseits war sie auch dann darauf angewiesen, dass der Consul – oder sonst ein Senator – diesen für sie nicht nur einbrachte, sondern auch unterstützte. Sonst hatte das ohnehin keinen Sinn.


    In diesem Moment gab es jedenfalls nicht mehr viel für sie zu erwidern. Sie konnte nur darauf hoffen, dass der Consul das Thema in den Senat einbringen würde, und dies auch mit einer entsprechenden Ernsthaftigkeit, so dass die Senatoren sich tatsächlich Gedanken darüber machen würden. Ein Antrag an den Kaiser – respektive den Praefectus Urbi – über die Offenlegung manch anderer Finanzen, der dann abgeschlagen wurde, sagte ja immerhin auch etwas aus, sowohl über die, die sich dafür interessierten, als auch über jene, die abschlugen. „Ich hoffe doch sehr, dass die Senatoren sich auch dafür interessieren werden.“ Und sich nicht als so engstirnig erweisen würden, dass nur in ihrem Interesse lag, was sie auch direkt beeinflussen konnten, während ihnen alles andere egal war. Sollte es so sein, war es wohl kein Wunder, dass der Praefectus Urbi die Geschicke des Reichs so massiv an sich gerissen hatte – und vermutlich noch nicht einmal so schlecht, denn irgendjemand musste ja dafür sorgen, dass der Apparat weiter funktionierte. „Ich danke in jedem Fall dafür, dass du dieses Thema ansprechen wirst, Consul – und ebenso danke ich dir für die Zeit, die du für mich erübrigt hast. Sofern du nichts mehr zu besprechen hast, würde ich nun nicht mehr davon in Anspruch nehmen“, leitete sie dann den Abschied ein.

  • Damit schien der Consul das Thema wohl zur Zufriedenheit der Decima entgegen genommen zu haben, des es erfolgten keine weiteren Rückfragen. Viel mehr, als einen Punkt auf die Tagesordnung zu setzen und für die Wichtigkeit des Anliegens zu werben hätte er nun auch wirklich nicht versprechen können. So lächelte er weiterhin freundlich und griff die begonnene Verabschiedung gerne auf.


    "Das ist meine Pflicht, Themen auf die Tagesordnung des Senates zu setzen, die für das Volk Roms wichtig sind. Und ich erfülle diese Pflicht gerne. Du wirst sicher jederzeit informiert sein, was im Senat passiert, aber ich werde dir auch eine Nachricht zukommen lassen, sobald sich bezüglich deiner Anträge etwas ergibt, mögen es nun Beschlüsse oder Rückfragen sein. Bis dahin gibt es von meiner Seite nichts weiter zu besprechen. Vielen Dank und Vale."

  • Seiana erwiderte das Lächeln und neigte leicht den Kopf. „Ich bin schon gespannt auf deine Rückmeldung, Consul. Vale“, verabschiedete auch sie sich endgültig, dann gab sie ihrem Sklaven mit einem Wink zu verstehen, dass er ihr folgen sollte, und verließ das Haus des Consuls.

  • Als der Finanzbericht der Acta fertig war, war es wieder ein Bote, der diesen mit einer kurzen Noitz der Auctrix vorbei brachte.


    Werter Consul Livius,


    anbei übersende ich dir den Finanzbericht der Acta Diurna für das vergangene Jahr. Ich bitte dich darum, diesen dem Senat vorzulegen. Für Rückfragen deinerseits oder des Senates stehe ich selbstverständlich gerne zur Verfügung.


    Mögen die Götter deinen Weg schützen,


    [Blockierte Grafik: http://img46.imageshack.us/img46/6479/siegelds.png]



    Finanzbericht der Acta für das abgeschlossene Geschäftsjahr*




    Sim-Off:

    *2. Quartal 2011
    **Stand: 1.4.2011
    ***Stand: 1.7.2011


  • [Blockierte Grafik: http://pages.imperiumromanum.net/images/gens/flavia.png]


    Consuli Marco Livio Tuberoni
    Casa Livia
    Roma - Italia


    ___________________________________________________________




    Q' FLAVIVS FLACCVS MARCO LIVIO TVBERONI S.



    Ich, QVINTVS FLAVIVS CNAEI FILIVS APPII NEPOS COLLINA TRIBV FLACCVS, gebe hiermit meine Kandidatur zum Vigintivirat bekannt. Wiewohl ich das Amt eines tresvir aere argento auro flando feriundo anstrebe, nehme ich natürlich auch jedes andere Amt an, welches der Senat mir in seiner weisen Voraussicht zuteilen könnte. Ferner bitte ich, in dieser Angelegenheit zur rechten Zeit vor dem ehrwürdigen Senat sprechen zu dürfen.



    Mögen die Unsterblichen stets mit dir sein. Vale.




    [Blockierte Grafik: http://img30.imageshack.us/img30/7762/flaccussign.png]



    ___________________________________________________________




    [Blockierte Grafik: http://imageshack.us/m/840/4438/siegelflavia2qk0.png]


  • Noch am Abend desselben Tages, an dem ein Liktor der Acta einen Besuch abgestattet hatte, kam ein decimischer Sklave beim Haus desjenigen amtierenden Consuls vorbei, dem Seiana schon einmal einen Besuch abgestattet hatte. Diesmal nur mit einer simplen Botschaft, die der Sklave auszurichten hatte.

  • Der Sklave - diesmal nicht Raghnall - räusperte sich, als die Tür geöffnet wurde. „Salve“, grüßte er dann, bevor er fortfuhr: „Ich soll von meiner Herrin Decima Seiana ausrichten, dass sie zur übernächsten Senatssitzung kommen kann. Sie wird sich rechtzeitig in der Curia Iulia einfinden.“

  • Der Ianitor des Consuls hatte keine Ahnung von dem größeren Kontext, in den diese Nachricht einzuordnen war. Weder wusste er, wann Senatssitzung sind, noch wer diese Decima Seiana war. Aber das braucht er auch nicht. Er musste sich das nur merken, bis er es drinnen weitererzählt hatte. "Ich werde es meinem Herrn ausrichten. Vielen Dank für diese Nachricht", antwortete er stattdessen hochprofessionell und in einem Tonfall, als hätte er jeden Augenblick auf genau diese Mitteilung gewartet.


    Sim-Off:

    Dein Auftritt: Finanzbericht der Acta Diurna

  • Der Sklave nickte und freute sich, seinen Auftrag so gut ausgeführt zu haben. „Vielen Dank, und vale bene“, verabschiedete er sich.

  • Ein Bote überbrachte den amtierenden Consul folgende Einladung:


    Consul
    Lucius Vipstanus Sermo
    Casa Vipstanus
    Roma - Italia



    ~ Einladung ~


    Zum Anlass der Eheschließung von


    Appius Terentius Cyprianus


    und


    Decima Seiana


    laden wir dich mit Begleitung herzlich ein, am ANTE DIEM VIII ID OCT DCCCLXI A.U.C. (8.10.2011/108 n.Chr.) den Hochzeitsfeierlichkeiten in der Casa Decima Mercator in Rom beizuwohnen.


    Appius Terentius Cyprianus & Decima Seiana

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